Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 6. Februar 2004
Aktenzeichen: L 2 B 12/02 KN KR
(LSG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 06.02.2004, Az.: L 2 B 12/02 KN KR)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In dieser Gerichtsentscheidung wird über die Beschwerde zweier Parteien gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf entschieden. Die Beschwerde der Kläger wird abgelehnt, während die Beschwerde der Beklagten teilweise erfolgreich ist. Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit wird auf 20.451,68 Euro festgesetzt.
Die Entscheidung lautet so, da gemäß Artikel 17 Absatz 1 Satz 1 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes das alte Gebührenrecht anzuwenden ist. Der Gebührenanspruch ist laut § 16 Satz 1 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte mit der Erledigung der Angelegenheit im November 2001 fällig geworden. Die Umstellung der DM-Beträge auf Euro durch ein Gesetz vom 27.04.2001 greift hier nicht, stattdessen müssen die alten DM-Beträge in Euro umgerechnet werden.
Die Beschwerden sind statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes offensichtlich den Betrag von 50 Euro übersteigt. Die Beschwerde der Kläger wird als unbegründet abgewiesen, während die Beschwerde der Beklagten, die eine Reduzierung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit um die Hälfte beantragt hat, erfolgreich ist.
Im Anwendungsbereich des § 116 Absatz 2 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen. Es ist dabei auf das wirtschaftliche Interesse der Kläger an der Entscheidung abzustellen, wobei der Höchstwert 2.500.000.000,00 Euro beträgt. Entgegen der Auffassung der Kläger findet § 8 Absatz 1 Satz 1 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte keine Anwendung. Das wirtschaftliche Interesse der Kläger ist nicht darauf gerichtet, den im Vertrag geregelten Austausch durchzusetzen, sondern darauf, auch in Zukunft auf Grundlage eines Vertrags zu leisten, der mindestens die bisherigen Vergütungsregelungen enthält. Da der Gegenstandswert nicht aus Wertvorschriften feststeht, wird er nach billigem Ermessen auf 8.000 DM geschätzt, da keine Anhaltspunkte für eine Abweichung vorliegen. Der Gegenstandswert beträgt somit 40.000,00 DM = 20.451,68 Euro.
Gegen diese Entscheidung kann keine weitere Beschwerde beim Bundessozialgericht eingereicht werden.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
LSG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 06.02.2004, Az: L 2 B 12/02 KN KR
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.10.2002 wird zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.10.2002 wird der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit auf 20.451,68 Euro festgesetzt.
Gründe
Gemäß Artikel 17 Abs 1 Satz 1 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes(6. SGGÄndG) vom 17.08.2001 (Bundesgesetzblatt (BGBl) I, 2144ff) ist hier noch das alte, bis zum 01.01.2002 geltende Gebührenrecht anzuwenden, da der Gebührenanspruch gem. § 16 Satz 1 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) mit der Erledigung der Angelegenheit im November 2001 (prozessbeendende Erklärungen im Termin vor dem Senat am 08.11.2001) fällig geworden ist, §§ 197, 193 Abs 4 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 116 Abs 2 BRAGO. Nach § 134 Abs 1 Satz 3 iVm Satz 1 BRAGO ist der Gebührenanspruch damit auch noch nach dem bisherigen Recht zu berechnen, so dass die Umstellung der DM-Beträge auf Euro durch das Gesetz zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuerberatergebührenverordnung auf Euro vom 27.04.2001 (BGBl I, 751ff) nicht eingreift; vielmehr sind die alten DM-Beträge in Euro umzurechnen und kaufmännisch zu runden. Für die Berechnung des Gegenstandswerts gelten außer den sinngemäß anwendbaren Vorschriften des 3. Abschnitts (§ 116 Abs 2 Satz 1 BRAGO) die allgemeinen Vorschriften des 1. Abschnitts der BRAGO und damit auch deren § 8 (Bundessozialgericht (BSG) SozR 1930 § 8 Nr. 2; BSG SozR 3-1930 § 8 Nr. 1).
Die Beschwerden sind statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes für beide Beteiligten offensichtlich den Betrag von 50 Euro (§ 10 Abs 3 Satz 1 BRAGO) übersteigt.
Die Beschwerde der Kläger ist unbegründet, die Beschwerde der Beklagten, mit der sie eine Reduzierung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit um die Hälfte begehrt (Schreiben vom 21.11.2002), ist begründet.
Im Anwendungsbereich des § 116 Abs 2 BRAGO ist der Gegenstandswert mangels einschlägiger Wertvorschriften nach billigem Ermessen zu bestimmen, § 8 Abs 2 Satz 2 BRAGO. In Anlehnung an § 13 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ist dabei auf die für die Kläger sich ergebende Bedeutung der Sache, in der Regel also auf ihr wirtschaftliches Interesse an der erstrebten Entscheidung, abzustellen (vgl dazu BSG SozR 1930 § 8 Nr 2), wobei der Höchstwert 2.500.000.000,00 Euro beträgt, § 13 Abs 7 GKG (BSG Beschluss vom 08.10.2002, Aktenzeichen (Az) B 3 KR 63/01 R).
Entgegen der Auffassung der Kläger findet § 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO keine Anwendung. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei den hier streitigen Rahmenverträgen zwischen den Spitzenverbänden um Austauschverträge im Sinne von § 39 Abs 2 der Kostenordung (KostO) handelt. Denn diese Vorschrift kann für die Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 8 Abs 2 BRAGO nur dann maßgeblich sein, wenn das wirtschaftliche Interesse gerade darauf gerichtet ist, den in den Verträgen geregelten Austausch durchzusetzen. Das ist vorliegend gerade nicht der Fall. Zwar ist streitig gewesen, ab welchem Zeitpunkt der Vertrag wirksam gekündigt ist und damit keinen Rechtsgrund für den darin geregelten Austausch mehr darstellt. Die Beklagte hatte jedoch von vorne herein erklärt, dass sie unabhängig vom Zeitpunkt der Kündigung die im Vertrag festgelegten Vergütungsregelungen auch nach Ablauf des Vertrages bis zum Abschluss eines neuen Vertrages weiter gegen sich gelten lassen und beachten wolle. Damit gelten die gegenseitigen Pflichten aus dem Vertrag trotz der Kündigung zunächst weiter. Ein konkret bezifferbares wirtschaftliches Interesse ist daher für die Kläger mit dem Streit um die Wirksamkeit der Kündigung (erst zum 31.12.2001 statt bereits zum 31.12.1999) nicht verbunden. Ihr wirtschaftliches Interesse ist allenfalls darauf gerichtet, auch in Zukunft auf der Grundlage eines Vertrages zu leisten, der mindestens die bisherigen Vergütungsregelungen enthält. Dies ist aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits gewesen.
Da sich der Gegenstandswert somit nicht nach für Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften richtet, er sich nicht aus sinngemäß anzuwendenden Vorschriften der KostO ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen (BSG aaO). Dabei ist in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung der Gegenstandswert auf DM 8000, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über eine Million DM einzunehmen, § 18 Abs 2 Satz 2 2. Halbsatz BRAGO aF. Anhaltspunkte dafür, dass der Gegenstandswert abweichend vom Regelwert 8.000,00 DM anzunehmen ist, liegen nicht vor. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Gegenstandswert hier das Fünffache dieses Wertes betragen muss, da auf Klägerseite 5 Innungen, die alle auch für sich allein hätten klagen können, zu berücksichtigen sind. Dementsprechend beträgt der Gegenstandswert 40.000,00 DM = 20.451,68 Euro.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
LSG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 06.02.2004
Az: L 2 B 12/02 KN KR
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