Oberlandesgericht Karlsruhe:
Beschluss vom 21. Juli 2005
Aktenzeichen: 17 W 30/05

(OLG Karlsruhe: Beschluss v. 21.07.2005, Az.: 17 W 30/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung geht es um den Antrag eines Klägers auf Prozesskostenhilfe. Das Landgericht Karlsruhe hatte dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt, jedoch nur unter der Bedingung, dass ihm ein Rechtsanwalt am Ort des Prozessgerichts beigeordnet wird. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers legten gegen diese Einschränkung der Beiordnung eine sofortige Beschwerde ein und forderten eine uneingeschränkte Beiordnung. Ihrer Meinung nach sei die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts ohne Einverständnis unzulässig. Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied, dass das Gericht bei der Beiordnung eines nicht ortsansässigen Rechtsanwalts auch prüfen muss, ob die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen. Nur wenn dies nicht der Fall ist, darf das Gericht einen auswärtigen Rechtsanwalt zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beiordnen. Es muss auch geprüft werden, ob durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts Mehrkosten entstehen. Diese Kosten müssen mit den Kosten eines Verkehrsanwalts, der am Wohnort des Klägers tätig ist, verglichen werden. Das Gericht stellte fest, dass die Entscheidung über die Beiordnung nicht aufgrund einer Prognose der voraussichtlichen Reisekosten getroffen werden kann. Vielmehr müssen die Mehrkosten bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts am Wohnort des Klägers erstattungsfähig sein. Der Anwalt, der den Antrag auf Beiordnung stellt, muss bereits mit dem Antrag zu erkennen geben, dass er mit einer solchen Beiordnung einverstanden ist. Nur wenn er ausdrücklich erklärt, dass er im Falle einer Einschränkung nicht bereit ist weiterzuarbeiten, wird der Antrag abgelehnt. Das Gericht stellte auch fest, dass die Partei, die auf Prozesskostenhilfe angewiesen ist, grundsätzlich die Wahl zwischen verschiedenen zuständigen Gerichten hat. Die Wahl wird nur als mutwillig angesehen, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen missbräuchlichen Auswahl des weiter entfernten Gerichts vorliegen. Die Beschwerde der Anwälte des Klägers hatte teilweise Erfolg, und die Einschränkung der Beiordnung wurde aufgehoben. Das Gericht erlaubte zudem die Rechtsbeschwerde wegen der rechtlichen Bedeutung des Falles.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Karlsruhe: Beschluss v. 21.07.2005, Az: 17 W 30/05


1. Unter Geltung des RVG ist dem Antragsteller bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der Regel der von ihm gewählte Rechtsanwalt an seinem Wohn- oder Geschäftsort beizuordnen, es sei denn es handelt sich um einen einfach gelagerten Rechtsstreit, der ohne weiteres die ausschließlich schriftliche Information eines Prozessbevollmächtigten am Ort des Prozessgerichts zulässt.2. Bei der Frage, ob durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts Mehrkosten i. S. v. § 121 Abs. 3 ZPO entstehen, ist auch zu prüfen, ob neben einem Prozessbevollmächtigten am Ort des Prozessgerichts zusätzlich ein Verkehrsanwalt (§ 121 Abs. 4 ZPO) am Wohnort des Antragstellers beizuordnen wäre (Gesamtbetrachtung; BGH NJW 2004, 2749, 2750). Nur wenn dieses nicht der Fall ist, darf das Gericht den auswärtigen Rechtsanwalt noch "zu den Bedingungen eines am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts" beiordnen.3. Die Sicherstellung der Einhaltung von § 121 Abs. 3 ZPO erfordert die Begrenzung der abrechenbaren Mehrkosten auf die Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts bereits bei der Entscheidung über die Beiordnung. Die Entscheidung kann nicht aufgrund einer bloßen Prognose der voraussichtlich entstehenden Reisekosten getroffen werden. Die Begrenzung darf auch nicht über § 46 Abs. 1 RVG ins Festsetzungsverfahren verlagert werden (entgegen OLG Hamm MDR 2005, 538). Vielmehr ist der Rechtsanwalt mit der Maßgabe beizuordnen, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der beigeordnete Rechtsanwalt seine Kanzlei nicht am Ort des Prozessgerichts hat, nur bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts am Wohnort des Antragstellers erstattungsfähig sind.4. Stellt der Wahlanwalt den Antrag auf die eigene Beiordnung selbst, so bedarf es keiner Nachfrage oder der Herbeiführung eines ausdrücklichen Einverständnisses zu einer solchermaßen eingeschränkten Beiordnung. Der Rechtsanwalt gibt bereits mit dem Beiordnungsantrag zu erkennen, dass er mit einer solchen Beiordnung, die § 121 Abs. 3 ZPO Rechnung trägt, einverstanden ist, es sei denn er weist ausdrücklich darauf hin, dass er im Falle der Einschränkung nicht bereit ist, für die vertretene Partei weiter tätig zu werden. Dann ist der Beiordnungsantrag abzulehnen.5. Auch die Partei, die auf Prozesskostenhilfe angewiesen ist, hat grundsätzlich unter mehreren zuständigen Gerichten die Wahl (§ 35 ZPO). Mutwillig handelt sie nur, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Auswahl des weiter entfernten Gerichts vorliegen.

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers/Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 18.02.2005 - 10 O 695/04 - in Satz 1, 2. Halbsatz unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise geändert.

Dem Antragsteller/Kläger werden die im Beschluss genannten Rechtsanwälte mit der Maßgabe beigeordnet, dass Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der beigeordnete Rechtsanwalt seine Kanzlei nicht am Ort des Prozessgerichts hat, nur bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts i.S. von § 121 Abs. 4 2. Alt. ZPO am Wohnort des Antragstellers/Klägers erstattungsfähig sind.

II. Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist nicht zu erheben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Der in L. wohnhafte Kläger hat Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung der Rechtsanwälte W. und Koll. in H. (S.) beantragt für eine Klage vor dem Landgericht Karlsruhe gegen die Beklagte mit Sitz oder Niederlassung in 76133 Karlsruhe.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt und die Prozessbevollmächtigten des Klägers zu den Bedingungen eines am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.

Gegen diese eingeschränkte Beiordnung in dem ihnen am 23.02.2005 zugegangenen Beschluss richtet sich die am 21.03.2005 beim Landgericht eingelegte sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers, mit der sie eine uneingeschränkte Beiordnung erstreben. Sie berufen sich darauf, dass die Beiordnung eines Anwalts zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts ohne Einverständnis der Prozessbevollmächtigten unzulässig sei. Eine Einwilligung der Beschwerdeführer zu der eingeschränkten Beiordnung sei nicht eingeholt worden, weshalb diese Beschränkung unzulässig und die Beschwerdeführer beschwert seien.

Die Beschwerdeführer machen ferner geltend, nach § 121 Abs. 3 ZPO dürfe zwar ein beim Prozessgericht zugelassener Anwalt nur dann beigeordnet werden, wenn dadurch keine höheren Kosten entstünden. Dies sei hier aber nicht der Fall. Die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts sei nicht etwa stets wegen entstehender Reisekosten abzulehnen. Vielmehr müssten die zu erwartenden Kosten und Kostenersparnisse miteinander verglichen werden. Voraussichtlich könne das Gericht nach einem Termin ein Urteil fällen. Es sei daher nur eine Anreise der Prozessbevollmächtigten des Klägers zur Wahrnehmung eines Gerichtstermins notwendig. Die hierdurch entstehenden Reisekosten seien nicht höher als diejenigen des Klägers für eine Reise zu einer Besprechung mit einem am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt. Des weiteren überstiegen die Reisekosten nicht die Kosten eines Verkehrsanwalts, der aufgrund der erheblichen Reiseentfernung zwischen Wohnort des Klägers und Gerichtsort auf Antrag zu bestellen wäre. Diese Kosten würden hier durch uneingeschränkte Beiordnung der Beschwerdeführer erspart, so dass keine höheren Kosten i.S. von § 121 Abs. 3 ZPO anfielen. Der vorliegende Rechtsstreit sei auch nicht als einfach im Sinne der Rechtsprechung des OLG Koblenz zu bezeichnen. Das Gericht habe über Fragen eines verbundenen Geschäfts im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes und damit zusammenhängender Formvorschriften zu entscheiden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf die Beschwerdeschrift verwiesen.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Wegen der Gründe wird auf den Beschluss vom 11.04.2005 (Ziff. 2) Bezug genommen.II.

Über die Beschwerde gegen die vom Einzelrichter des Landgerichts getroffene Entscheidung hat gemäß § 568 Satz 1 ZPO an sich der Einzelrichter des Beschwerdegerichts zu entscheiden. Dieser hat die Sache jedoch durch Beschluss vom 15.06.2005 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO dem Senat übertragen. Im Hinblick auf die Änderungen mit Inkrafttreten des RVG am 01.07.2004 (§ 46 RVG hat die Einschränkung des § 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO nicht übernommen, § 121 Abs. 3 ZPO ist allerdings unverändert geblieben) und die - von der im hiesigen Bezirk bislang üblichen Praxis der Beiordnung auswärtiger Rechtsanwälte zu den Bedingungen eines am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts - abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg (NJW 2005, 687) erscheine eine Grundsatzentscheidung des Senats, ggf. auch die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur weiteren Klärung dieser eine Vielzahl von PKH-Verfahren betreffenden Rechtsfrage geboten.

Dem Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Auf seine Ausführungen vom 28.06.2005 wird verwiesen.III.

Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO), insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 569 Abs. 3 Nr. 2, 571 Abs. 4 Satz 1, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Dem Wahlanwalt der Partei steht bei einer Beiordnung mit der genannten Einschränkung ohne sein erklärtes Einverständnis ein eigenes Beschwerderecht zu (arg. § 32 Abs. 2 RVG; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 127 Rn. 19). Die Beschwerde hat in der Sache - mit Ausnahme der aus dem Tenor ersichtlichen Einschränkung - auch Erfolg.

Die Entscheidung über die Anwaltsbeiordnung war teilweise abzuändern. Die Beschwerdeführer beanstanden zu Recht die eingeschränkte Beiordnung zu den Bedingungen eines am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2004, 2749, 2750) ist bei der Entscheidung über die Beiordnung eines nicht ortsansässigen Rechtsanwalts immer auch zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen. Nur wenn dieses nicht der Fall ist, darf das Gericht einen von der Partei nach § 121 Abs. 1 ZPO gewählten auswärtigen Prozessbevollmächtigten zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beiordnen. Die Frage, ob weitere Kosten i.S. von § 121 Abs. 3 ZPO entstehen, ist nicht lediglich davon abhängig, ob der Rechtsanwalt bereit ist, auf die Geltendmachung von - bei Beiordnung eines Rechtsanwalts am Ort des Prozessgerichts nicht entstehenden - Kosten, insbesondere Reisekostenvergütungen, gegenüber der Staatskasse zu verzichten. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung unter Einschluss von § 121 Abs. 4 ZPO erforderlich. Die im Falle der Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts einzusparenden Kosten eines Verkehrsanwalts sind mit den Mehrkosten, die im Wesentlichen wohl Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts zur Terminswahrnehmung beim Prozessgericht betreffen, gegenzurechnen.

Der Senat ist allerdings, anders als das OLG Hamm (NJOZ 2005, 767; NJW 2005, 1724) und wohl auch das OLG Nürnberg (NJW 2005, 687), der Auffassung, dass in einem solchen Fall keine uneingeschränkte Beiordnung auszusprechen ist auf der Basis einer bei der Entscheidung über die Beiordnung des Rechtsanwalts zu treffenden Prognose der voraussichtlichen Reisekosten. Die Möglichkeiten der Begrenzung im späteren Festsetzungsverfahren, etwa über § 46 Abs. 1 RVG, erscheinen in diesem Zusammenhang unzureichend. Vielmehr erfordert die Sicherstellung der Einhaltung von § 121 Abs. 3 ZPO, der sonst der Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts generell entgegenstünde, die Begrenzung der abrechenbaren Mehrkosten auf die Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts bereits bei der Entscheidung über die Beiordnung, weil im PKH-Verfahren nicht hinreichend sicher beurteilt werden kann, in welchem Umfang im sich anschließenden Rechtsstreit Reisekosten des beigeordneten Rechtsanwalts entstehen werden (etwa wie viele Termine er wahrzunehmen haben wird, ob eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen kann und ob eine Beweisaufnahme erforderlich ist). Die im Hinblick auf § 121 Abs. 3 ZPO notwendige Einschränkung darf nicht dem Festsetzungsverfahren überantwortet werden (OLG Düsseldorf BeckRS 2004, 10163), weil dieses dafür nicht geeignet ist. Das dadurch auch für die Partei gegebene Risiko, nicht alle anfallenden Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten (ggf. vorläufig) aus der Staatskasse ersetzt zu bekommen, hat die Partei im Hinblick auf die Regelung des § 121 Abs. 3 ZPO zu tragen, wenn sie die Beiordnung eines nicht am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts beantragt.

Da der Rechtsanwalt diesen Gesichtspunkt schon beim Antrag auf seine Beiordnung zu bedenken hat und nicht davon ausgegangen werden kann, dass er einen solchen Antrag in Kenntnis der unweigerlichen Ablehnung seiner Beiordnung stellt, kann dem Antrag das entsprechende stillschweigende Einverständnis zu einer Einschränkung, die § 121 Abs. 3 ZPO Rechnung trägt, entnommen werden, ohne dass es einer Nachfrage und der Herbeiführung eines ausdrücklichen Einverständnisses bedürfte (so auch KG NJW-RR 2005, 924 m.w.N.; OLG Hamm MDR 2001, 832; a.A. OLG Bremen NJW-RR 2001, 1229; OLG Zweibrücken NJW-RR 2002, 500).

Der vorliegende Rechtsstreit ist nicht so einfach gelagert, dass dem Antragsteller die ausschließlich schriftliche Information eines Prozessbevollmächtigten am Ort des angerufenen Gerichts zugemutet werden könnte. Über die Information des Rechtsanwalts durch Überlassung der schriftlichen Dokumente zu den abgegebenen Erklärungen und abgeschlossenen Verträgen hinaus bedarf es zur sorgfältigen Vorbereitung des Rechtsstreits der näheren Aufklärung des komplexen Sachverhalts zu einer etwaigen Haustürsituation und der Erörterung der Rechtsfolgen und möglichen sonstigen Auswirkungen eines Widerrufs in einem persönlichen Gespräch. Die durch Art. 3 Abs. 1 GG i.V. mit dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip gebotene weitgehende Angleichung der Situation von bemittelten und Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmenden Prozessparteien bei der Verwirklichung ihres Rechtsschutzes (BVerfG NJW 2004, 1789) erfordert hier die Beiordnung des wohnortnahen Rechtsanwalts. Denn eine ihre Belange vernünftig und kostenbewusst wahrnehmende Partei darf für das zur Verfolgung ihrer Interessen notwendige persönliche Beratungsgespräch mit einem Rechtsanwalt den für sie einfacheren und nahe liegenden Weg wählen und einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beauftragen (BGH NJW 2003, 898, 901; OLG Hamm NJOZ 2005, 767, 769; für eine Lösung über die eingeschränkte Beiordnung mit zusätzlicher Anordnung der Erstattung von Fahrtkosten: OLG Zweibrücken NJW-RR 2002, 500).

Der Senat hat erwogen, ob hier die lediglich eingeschränkte Beiordnung zu den Bedingungen eines am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts deshalb gerechtfertigt ist, weil der Antragsteller/Kläger nach § 29c ZPO die Klage hätte vor dem Landgericht L. erheben können. Nach § 35 ZPO kann der Kläger allerdings unter mehreren zuständigen Gerichten frei wählen, welches Gericht er anrufen will. Die gebotene weitgehende Gleichstellung von Bemittelten und Unbemittelten führt dazu, dass dem Antragsteller dieses Wahlrecht grundsätzlich erhalten bleiben muss, auch wenn er Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen will. Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Auswahl des weiter entfernten Gerichts bestehen nicht.IV.

Da die sofortige Beschwerde überwiegend Erfolg hatte, erschien es angezeigt, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren abzusehen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, zur Fortbildung des Rechts (die oben zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.06.2004 - NJW 2004, 2749 - erging noch zur alten Rechtslage nach § 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (§ 574 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Abs. 2 ZPO), um eine höchstrichterliche Entscheidung nach Inkrafttreten des RVG am 01.07.2004 zu ermöglichen zu der - soweit ersichtlich - bislang noch ungeklärten und von den Oberlandesgerichten unterschiedlich entschiedenen Rechtsfrage, ob - bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe - die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts vor dem Hintergrund des fortgeltenden § 121 Abs. 3 ZPO - ggf. auch ohne sein ausdrückliches Einverständnis - dergestalt eingeschränkt werden kann, dass die die Vergütung eines Verkehrsanwalts übersteigenden Mehrkosten nicht erstattungsfähig sind.






OLG Karlsruhe:
Beschluss v. 21.07.2005
Az: 17 W 30/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/3712b976bea4/OLG-Karlsruhe_Beschluss_vom_21-Juli-2005_Az_17-W-30-05




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