Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 27. Juni 2013
Aktenzeichen: 20 W 213/12
(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 27.06.2013, Az.: 20 W 213/12)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Die Markgenossenschaft ist im Grundbuch eingetragen und besitzt Anteile an verschiedenen Grundstücken. Das Amt für Straßen- und Verkehrswesen hat beantragt, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (Leitungsrecht) in Bezug auf diese Grundstücke einzutragen. Die Eintragung wurde vom Grundbuchamt jedoch abgelehnt, da der Nachweis der Vertretungsberechtigung des Vorstands der Markgenossenschaft nicht in der erforderlichen Form erbracht wurde. Das Grundbuchamt verlangt einen öffentlich beglaubigten Nachweis. Die Beschwerdeführerin hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde jedoch zurückgewiesen und entschieden, dass der Nachweis der Vertretungsbefugnis in Form einer notariellen Beurkundung oder einer öffentlichen Beglaubigung der Unterschriften der Protokollanten der Wahlversammlung zu erbringen ist. Da diese Nachweise nicht vorgelegt wurden, hat das Grundbuchamt die Eintragung zu Recht abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 27.06.2013, Az: 20 W 213/12
Im Grundbuchverfahren kommt zum Nachweis der Vertretungsberechtigung des Vorstandes einer Markgenossenschaft als altrechtlichem Verband neben der notariellen Beurkundung auch die Vorlage des Protokolles der Wahlversammlung in Betracht, bei der die Unterschriften der durch die Satzung bestimmten Protokollanten öffentlich beglaubigt sind.
Tenor
Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 3.000,-- EURO
Gründe
I.
Für die unter dem eingangs bezeichneten Grundbuchblatt verzeichneten Grundstücke ist in der Eigentümerspalte eingetragen:
€Markgenossenschaft zu A, B, C und D, und zwar:
1. Die Markgenossen zu A zu €/€ Anteile2. Die Markgenossen zu B zu €/€ Anteile3. Die Markgenossen zu C zu €/€ Anteile4. Die Markgenossen zu D zu €/€ Anteile.€
Nachfolgend sind die Markgenossen zu B, C und D jeweils namentlich aufgeführt, nicht jedoch die Markgenossen zu A.
In der Satzung der Markgenossenschaft vom 31. Januar 2008 ist ausgeführt, dass die Markgenossenschaft durch eine Schenkung des Landgrafen Heinrich II. im Jahre 1360 entstanden sei, wegen erheblicher Unsicherheiten im Rechtsverkehr mit Dritten sowie innerhalb der einzelnen Ortsbezirke und den Markgenossen untereinander klare Rechtsverhältnisse geschaffen werden sollten, die Markgenossenschaft eigene Rechte und Pflichten habe und alle Markgenossen Miteigentümer des gemeinschaftlichen Grundeigentums seien. Die Markgenossen von A seien im Einzelnen nicht bekannt und würden bis auf weiteres von der Stadt A vertreten. Sie hätten das Recht, ihr Miteigentum formgerecht nachzuweisen und sich in das Grundbuch eintragen zu lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der von der Beschwerdeführerin zur Grundakte gereichten Satzung Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 01. Oktober 2009 (Bl. 597) beantragte das Amt für Straßen- und Verkehrswesen ... an vier näher bezeichneten Grundstücken die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Leitungsrecht).
Beigefügt war eine Bewilligung der Forstverwaltung Markwald C1, unterzeichnet von den eingangs bezeichneten beiden Vorstandsmitgliedern mit dem Zusatz €Eigentümer€, wobei beide Unterschriften öffentlich beglaubigt wurden.
Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes beanstandete mit Zwischenverfügung vom 18. August 2010, es müsse der Nachweis geführt werden, dass die beiden Unterzeichner alleinige Eigentümer bzw. Vertretungsberechtigte der Eigentümer der in Blatt ... von C eingetragenen Grundstücke seien.
In der Folgezeit wurde von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, die Vertretungsberechtigung der beiden Unterzeichner beruhe auf der Beschlussfassung aller Miteigentümer in der Eigentümerversammlung vom 31. Januar 2008, zu der alle bekannten Markgenossen und Miteigentümer eingeladen worden seien, die zu diesem Zeitpunkt in den Grundbüchern eingetragen gewesen seien. Für die Markgenossen zu A habe der Bürgermeister der Stadt A die Stimmrechte ausgeübt, wie dies schon seit mehr als 150 Jahren gehandhabt werde. In dieser Versammlung vom 31. Januar 2008 sei zu TOP 5 die schriftlich vorgelegte Satzung, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, einstimmig beschlossen worden.
Unter TOP 6 seien X und Y als Vorstandsmitglieder einstimmig gewählt worden, wobei ersterer sodann in der Vorstandssitzung vom 20. Februar 2008 zum Vorstands-vorsitzenden gewählt worden sei. Aus § 7 Abs. 6 der Satzung ergebe sich, dass der Vorstand gerichtlich und außergerichtlich von dem Vorsitzenden und einem weiteren Vorstandsmitglied vertreten werde. Ergänzend werde eine Anwesenheitsliste aller stimmberechtigten Markgenossen und eingetragenen Miteigentümer vorgelegt, aus der sich ergebe, dass bis auf drei Miteigentümer alle entweder persönlich anwesend oder durch Vollmacht vertreten gewesen seien; man sei bemüht, die Zustimmung der nicht anwesenden Miteigentümer zu dem Satzungsbeschluss noch einzuholen.
Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes wies mit Beschluss vom 07. März 2012 den Antrag der Eigentümerin vom 31. August 2009 auf Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zurück.
Zur Begründung wurde in dem Beschluss, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wesentlichen ausgeführt, es seien zwar bisher obergerichtliche Entscheidungen zu verschiedenen Fragen dieser Markgenossenschaft ergangen, jedoch nicht über die Frage entschieden, wie die Markgenossenschaft als Vereinigung nach altdeutschem Recht gegenüber dem Grundbuchamt vertreten werde und ob die Satzung, die sich die Markgenossenschaft gegeben habe, wirksam ergangen sei, Rechtsgültigkeit habe und vom Grundbuch beachtet werden müsse. Ziehe man analog den Nachweis der Vertretungsberechtigung eines Vereins heran, müsse dieser nach § 32 GBO erfolgen. Ziehe man analog den Nachweis der Vertretungsberechtigung einer Gesamthandsgemeinschaft gemäß §§ 705 ff BGB heran, habe der Nachweis gemäß §§ 29 GBO durch Vorlage des Gesellschaftsvertrages (analog Satzung), aus dem sich alle Mitglieder der Gesellschaft (Markgenossenschaft) ergeben, zu erfolgen und Änderungen in der Mitgliederzusammensetzung seien entsprechend nachzuweisen. Nach der Rechtsstruktur sei wohl anzunehmen, dass die Markgenossenschaft wie eine Gesamthandsgemeinschaft zu behandeln sei. Ob der Nachweis der Vertretungsberechtigung in der beschriebenen Form erforderlich und ausreichend sei, sei ungewiss. Die vorgelegten Nachweise erfüllten die vorbeschriebenen Anforderungen nicht. Es seien nicht alle eingetragenen Anteilseigentümer vertreten bzw. Vollmachten seien zu beanstanden. Die zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Satzung noch nicht in das Grundbuch eingetragenen Markgenossen aus C seien bei der Sitzung anwesend gewesen, die Markgenossen von A von der Stadt A vertreten worden. Das Grundbuchamt vermöge nicht zu prüfen, ob alle Mitglieder der Markgenossenschaft zu der Sitzung eingeladen worden seien und ordnungsgemäß abgestimmt worden sei. Auch wenn die Satzung wirksam zustande gekommen sei, sei fraglich, ob sie für das Grundbuch maßgebend sei. Eine Gesamthandsgemeinschaft werde dem Grundbuchamt gegenüber durch alle Mitglieder vertreten, die Satzung der Gesamthandsgemeinschaft regele deren Innenverhältnis und entfalte keine Außenwirkung.
Die Beschwerdeführerin hat gegen den Zurückweisungsbeschluss Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wird durch Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten vom 21. Juni 2012, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wesentlichen ausgeführt, das Landgericht Kassel habe schon in den 90iger Jahren (Az. 2 (6) T 423/84) festgestellt, dass die Markgenossenschaft Grundstückseigentümerin sei und wie jeder andere Privateigentümer am Rechtsverkehr teilnehme, also auch Grundstücke kaufen und verkaufen könne. Das Landgericht habe zur Vertretungsbefugnis des Weiteren ausgeführt, dass die Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder durch Vorlage der entsprechenden Beschlüsse der Markgenossenschaft nachzuweisen sei. Dieser Nachweis sei hier im Hinblick auf die Beschlüsse in der Versammlung vom 31. Januar 2008 erfolgt.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 03. Juli 2012 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gegen den Zurückweisungsbeschluss gerichtete Beschwerde ist zulässig.
Allerdings gibt der Inhalt des Zurückweisungsbeschlusses des Grundbuchamtes dem Senat Anlass zu dem Hinweis, dass der Antrag auf Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit hier nicht von der Beschwerdeführerin gestellt wurde, sondern vielmehr von dem Amt für Straßen- und Verkehrswesen ... für die Bundesrepublik Deutschland - Bundesstraßenverwaltung - als Berechtigte der Dienstbarkeit. Gleichwohl ist die von der Beschwerdeführerin eingelegte Beschwerde zulässig, da das Beschwerderecht nicht nur demjenigen zusteht, der den zurückgewiesenen Eintragungsantrag gestellt hat, sondern jeder Antragsberechtigte, in Bezug auf die hier beantragte Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit also auch der eingetragene Grundstückseigentümer (vgl. BGH NJW 2005, 1430; Demharter, GBO, 28. Aufl., § 13 Rn. 42 und § 71 Rn. 63 jeweils m. w. N.).
Da die Frage der Vertretungsberechtigung für die eingetragene Eigentümerin als sog. doppelrelevante Tatsache sowohl für die Frage der Zulässigkeit der Einlegung des Rechtsmittels als auch für die Begründetheit der Beschwerde von Bedeutung ist, wird diese für die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde unterstellt und es ist erst im Rahmen der Begründetheit zu entscheiden, ob sie tatsächlich gegeben ist (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 59 Rn. 20 f).
Im Hinblick auf die Formulierung des Nichtabhilfebeschlusses ist klarzustellen, dass Beschwerdeführer hier weder der Verfahrensbevollmächtigte in seiner Eigenschaft als Notar noch der Vorstand der Markgenossenschaft ist, sondern die als Eigentümerin im Grundbuch eingetragene Markgenossenschaft selbst, wobei sich aus dem Inhalt des Beschwerdevorbringens ergibt, dass die eingangs bezeichneten Vorstandsmitglieder für die Markgenossenschaft gehandelt haben.
Die zulässige Beschwerde führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg.
Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag im Ergebnis zu Recht zurückge-wiesen, weil die Vertretungsbefugnis der beiden Vorstandsmitglieder, die die Bewilligung in öffentlich beglaubigter Form unterschrieben haben, nicht in der erforderlichen grundbuchmäßigen Form nachgewiesen ist.
Im vorliegenden Falle ist die Beschwerdeführerin unter der Bezeichnung einer Markgenossenschaft als Eigentümerin der betroffenen Grundstücke im Grundbuch eingetragen, und zwar bereits seit sehr langer Zeit, weil eine derartige Eintragung schon vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahre 1900 in den Grundbüchern in Bezug auf die hiesige Beschwerdeführerin bestand, wie das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in seiner Entscheidung vom 19. Januar 1999 (NJW-RR 2000, 538) ausgeführt hat.
Nach Art. 164 EGBGB sind die landesgesetzlichen Vorschriften über die zur Zeit des Inkrafttretens des BGB bestehenden Realgemeinden und ähnlichen Verbände, deren Mitglieder als solche zu Nutzungen an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken berechtigt sind, in Kraft geblieben, ohne dass es einen Unterschied macht, ob diese Realgemeinden und sonstigen Verbände juristische Personen sind oder nicht und ob die Berechtigung der Mitglieder an Grundbesitz geknüpft ist oder nicht.
Damit wurde klargestellt, dass es auf die Frage der rechtlichen Einordnung derartiger altrechtlicher Organisationen als juristische Person im Sinne der später durch das BGB eingeführten Organisationsformen, die von jeher mit erheblichen Unsicherheiten und Schwierigkeiten verbunden war, letztlich nicht entscheidend ankommt, sondern deren Fortbestand gesichert werden sollte (vgl. BayObLGZ 1971, 125/139; OLG München, Beschluss vom 30. Oktober 2009 -34 Wx 56/09- dok bei Juris; Staudinger/Mayer, BGB, Bearb. 2013, Art. 164 EGBGB Rn. 2 und 22). Zudem bleiben auch nach Art. 83 EGBGB die landesgesetzlichen Vorschriften über Waldgenossenschaften unberührt, wobei der Regelungsgehalt des Art. 83 EGBGB über denjenigen des Art. 164 EGBGB nur insoweit hinausgeht und selbständige Bedeutung erlangt, als er die Neubildung solcher Waldgenossenschaften und die Regelung ihrer Angelegenheiten durch den Landesgesetzgeber auch nach Inkrafttreten des BGB gestattet (vgl. Staudinger/Albrecht, BGB, 13. Bearb., Art. 83 EGBGB Rn. 6; Staudinger/Mayer, a.a.O., Rn.13). Organisationen im Sinne der Art. 83 und 164 EGBGB existieren in ganz unterschiedlicher Rechtsnatur, wobei sich die gemeinschaftliche Nutzung auf Grundstücke beziehen kann, die in deutsch-rechtlichem Gesamthandseigentum oder Miteigentum nach Bruchteilen der Mitglieder stehen können oder das Eigentum dem Verband als juristischer Person zugeordnet sein kann (vgl. Staudinger/Albrecht, a.a.O., Rn. 3 ff; Staudinger/Mayer, a.a.O., Rn. 17). Die Vorbehalte der Art. 83 und 164 EGBGB erstrecken sich nicht nur auf die Sicherung der Existenz der bestehenden Verbände und die Fortgeltung der förmlichen Landesgesetze, sondern umfassen auch die seinerzeit ergangenen Verträge und Statuten sowie das früher geltende allgemeine und ungeschriebene Recht einschließlich des Gewohnheitsrechts (vgl. Staudinger/Albrecht, a.a.O., Rn. 6; Staudinger/Mayer, a.a.O., Rn. 28 jeweils m.w.N.). Diesen altrechtlichen Organisationen wurde seit alters her das Recht zugebilligt, über ihre Angelegenheiten mit Stimmenmehrheit der Mitglieder zu beschließen, soweit nicht in das Nutzungs- oder Eigentumsrecht der einzelnen Mitglieder selbst eingegriffen wurde (vgl. Staudinger/Mayer, a.a.O., Art. 164 EGBGB Rn. 7).Mit den Regelungen der Art. 83 und 164 EGBGB sollte der Fortbestand derartiger Zusammenschlüsse im Hinblick auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der Forst- und Landwirtschaft gesichert und Unzuträglichkeiten, die sich aus den Regelungen des BGB über das Eigentum und das Vereins- und Gesellschaftsrecht ergeben hätten, vermieden werden (vgl. Staudinger/Albrecht, a.a.O., Rn. 2 und Staudinger/Mayer, a.a.O., Rn. 2 m.w.N.).
Art. 164 EGBGB und Art 83 EGBGB sind auch auf sog. Markgenossenschaften anzuwenden (vgl. Staudinger/Albrecht, a.a.O., Art. 83 EGBGB Rn. 3; Staudinger/ Mayer, a.a.O., 164 EGBGB Rn. 10; Meikel/Böhringer, GBO, 10. Aufl., § 136 Rn. 19). Unter der Geltung des preußischen Landrechts wurde derartigen altrechtlichen Gemeinschaften die Möglichkeit zur Bildung eines körperschaftlich organisierten Verbandes eingeräumt, der auch selbst Träger des Eigentumes sein konnte (vgl. BayObLGZ 1971, 125/139; OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 538). Sie finden sich in einer Vielzahl von Grundstücksunterlagen und wurden häufig auch in das Grundbuch eingetragen.
Bei einer aus den Institutionen des alten deutschen Rechtes hervorgegangenen Markgenossenschaft, die wie die Beschwerdeführerin als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist und die Berechtigung seit alters her im Rahmen einer körperschaftlichen Struktur ausübt, ist von einer selbständigen Rechtspersönlichkeit auszugehen (vgl. BFHE 56, 396 und 139, 530). Zwar sind in der bereits zitierten Entscheidung des OLG Frankfurt vom 19. Januar 1999 (NJW-RR 2000, 538) Zweifel daran geäußert worden, ob die Beschwerdeführerin als Markgenossenschaft in der vor Inkrafttreten des BGB in früheren Zeiten vorgeschriebenen Form gegründet worden sei und ob gegebenenfalls für die Markgenossenschaft an den betroffenen Grundstücken Eigentum oder nur einzelne Nutzungsrechte bestanden hätten. Hierauf kommt es jedoch letztlich nicht an, weil mit Inkrafttreten des BGB zum 01. Januar 1900 gemäß Art. 164 EGBGB von der Rechts- und Grundbuchfähigkeit der zum damaligen Zeitpunkt bereits existierenden Realgemeinden und sonstigen Verbände und damit auch der hiervon erfassten Markgenossenschaften auszugehen ist. Wegen der seit langer Zeit bestehenden Eintragung der hier betroffenen Markgenossenschaft als Eigentümerin im Grundbuch ist zudem von der Richtigkeitsvermutung des § 892 BGB auszugehen, die auch für das Grundbuchverfahren gilt und bisher in einer Vielzahl von Verfahren nicht ausgeräumt werden konnte (so in Bezug auf die Beschwerde-führerin bereits LG Kassel NJW-RR 1992, 1368 und Beschluss vom 31. Oktober 1988 -2 T 480/88- bestätigt durch Senatsbeschluss vom 5. Dezember 1988 -20 W 425/88- sowie LG Kassel Beschluss vom 29. September 2011 - 3 T 342/09- ).
Da nach der Eintragung im Grundbuch das Eigentum an den betroffenen Grundstücken nicht den einzelnen Personen, sondern der Markgenossenschaft zusteht, ist die Bewilligung zur Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit durch deren Vertretungsorgan zu erteilen.
Für den Nachweis der Vertretungsbefugnis des Vorstandes der Markgenossenschaft als altrechtlichem körperschaftlich organisiertem Verband gegenüber dem Grundbuchamt gelten grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften und damit insbesondere § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO (vgl. BayObLGZ 1991, 24).
Nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO ist der Nachweis der gesetzlichen bzw. organschaftlichen Vertretungsmacht durch öffentliche Urkunden zu führen (vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl., § 29 Rn. 15). Dabei greifen für juristische Personen des geltenden Rechts die gesetzlich vorgesehenen Nachweiserleichterungen durch ein Registerzeugnis oder entsprechende Notarbescheinigungen nach §§ 69 BGB, 26 Abs. 2 GenG, 32 GBO ein. Diese Nachweismöglichkeiten sind jedoch für altrechtliche Personenvereinigungen verschlossen, da für diese keine Register geführt werden.
Deshalb kann entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes wegen der Perpetuierungsregelung des Art. 164 EGBGB gerade nicht uneingeschränkt auf die Regelungen zum Vertretungsnachweis für den Verein nach § 32 GBO oder die Gesamthandsgemeinschaften zurückgegriffen werden.
Damit kommt als Nachweismöglichkeit jedenfalls die öffentliche Beurkundung der Mitgliederversammlung, in welcher der nach der Satzung zur Vertretung berufene Vorstand gewählt wird, durch einen Notar als Tatsachenbeurkundung nach §§ 36 ff BeurkG, 20 Abs. 1 BNotO in Betracht, wie sie nach § 130 AktG auch für die Aktiengesellschaft vorgesehen ist (so BayObLGZ 1991, 24/34; Zeiser-BeckOK GBO Sonderbereich Alte Rechte, Stand 1.2.2013, Rn. 208; Bauer/von Oefele, Grundbuchrecht, 3. Aufl., AT VII 391).
In jüngerer Zeit wird im Hinblick auf die hiermit verbundenen Schwierigkeiten und den besonderen Aufwand der Beweisführung unter Hinweis darauf, dass auch in anderem Zusammenhang ausnahmsweise im Anwendungsbereich des § 29 Abs. 1 GBO Beweiserleichterungen in Erwägung gezogen werden, die Auffassung vertreten, dass in entsprechender Anwendung des § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG und der Rechtsprechung zu § 26 Abs. 1 Satz 3 BGB die Vorlage des Protokolls der Mitgliederversammlung mit den Wahlentscheidungen ausreichen kann, bei dem die Unterschriften der für die Niederschrift verantwortlichen Personen öffentlich beglaubigt sind, (so OLG München Beschluss vom 30. Oktober 2009 -34 Wx 56/09- dok. bei Juris; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 2904 b und 3650 m.w.N.; Staudinger/Mayer, Bearb. 2013 Art. 164 Rn. 45).
Auch in anderem aber ähnlichem Zusammenhang wird eine Lockerung der strengen Beweisanforderungen bezüglich des Vertretungsnachweises für juristische Personen außerhalb des BGB bzw. deutschen Gesellschaftsrechts vertreten. So hat das Kammergericht in einer neueren Entscheidung (FGPrax 2012, 236 m.w.N.) im Grundbuchverfahren für einen dänischen Verein bei der Eigentümereintragung zum Nachweis der Vertretungsberechtigung die Vorlage einer privatschriftlichen Satzung sowie eines Protokolls über die im Rahmen einer Mitgliederversammlung erfolgte Wahl des vertretungsberechtigten Vorstandes ausreichen lassen, da es in Dänemark ein Vereinsregister nicht gibt und damit eine Beweisnot besteht, die ausnahmsweise eine Lockerung der Beweisanforderungen des § 29 Abs. 1 GBO rechtfertige.
Zu Recht hat das OLG München (NZM 2011, 158) darauf hingewiesen, dass die Zulassung von Beweiserleichterungen im Anwendungsfall des § 29 Abs. 1 GBO im Spannungsverhältnis der staatlichen Sicherungspflicht gegenüber Eintragungen steht, die am öffentlichen Glauben teilnehmen und deshalb jeweils der Abwägung bedarf (Hügel/Otto, GBO, § 29 Rn. 1). Aus diesem Grund hat das OLG München in dem dortigen Einzelfall, in welchem die Satzung keine dem § 24 Abs. 6 Satz 2 WEG vergleichbare Bestimmung über Form und Inhalt der Protokollierung enthielt, in Einschränkung seiner vorherigen Entscheidung vom 30. Oktober 2009 (a.a.O.) eine öffentliche Beglaubigung der Unterschriften der Protokollanten der Wahlversammlung nicht für ausreichend erachtet, sondern an der notariellen Beurkundung festgehalten.
Der Senat erachtet bei dieser Abwägung im vorliegenden Fall eine öffentliche Beglaubigung der Unterschriften unter der Wahlversammlung für ausreichend.
In § 8 Ziffer 2 der Satzung der Beschwerdeführerin ist ausdrücklich eine Protokollierung der Beschlüsse und Sitzungen der Eigentümerversammlung dergestalt vorgesehen, dass die Protokolle vom Leiter der Versammlung und zwei weiteren Teilnehmern zu unterzeichnen sind. Diese Personen haben also mit ihren Unterschriften die Verantwortung für die Richtigkeit des protokollierten Wahlergebnisses zu übernehmen. Damit dürfte eine hinreichende Richtigkeitsgewähr durch eine öffentliche Beglaubigung der Unterschriften dieser Unterzeichner gegeben sein, die dem Beweiswert einer notariellen Beurkundung der Versammlung nicht wesentlich nachsteht. Die öffentliche Beglaubigung der Unterschriften dieser Protokollanten der Wahlversammlung in entsprechender Anwendung des § 26 Abs. 3 WEG und den Anforderungen zum Nachweis bei § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., AT VII RN. 283 und Schöner/Stöber, a.a.O. Rn. 3650 m.w.N.) kommt deshalb im Hinblick auf die rechtlichen Besonderheiten der Beschwerdeführerin als altrechtlicher Personenvereinigung zum Nachweis der Vertretungsberechtigung ihres Vorstandes im Grundbuchverkehr in Betracht.
Jedenfalls aber genügen im vorliegenden Fall die bisher vorgelegten Unterlagen in formaler Hinsicht auch der letztgenannten Auffassung nicht, da das Protokoll über die Eigentümerversammlung vom 31. Januar 2008 mit der Wahl des Vorstandes nur in privatschriftlicher Form bzw. in Gestalt einer amtlich beglaubigten Fotokopie vorgelegt wurde, wobei aber weder eine notarielle Beurkundung der Versammlung noch eine öffentliche Beglaubigung der Unterschriften der das Protokoll unterzeichnenden Personen erfolgt ist.
Damit ergibt sich, dass das Grundbuchamt den Eintragungsantrag deshalb im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat, weil es an dem erforderlichen Nachweis der Vertretungsmacht der für die Markgenossenschaft handelnden Personen in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO fehlt.
Soweit die Grundbuchrechtspflegerin in ihrem Zurückweisungsbeschluss außerdem ausgeführt hat, es sei das wirksame Zustandekommen der Satzung zu prüfen, kommt es für die vorliegende Entscheidung hierauf nicht mehr an. Allerdings ist insoweit - ohne Rechtsbindung - darauf hinzuweisen, dass eine Verpflichtung des Grundbuchamtes zur vollständigen Überprüfung der inhaltlichen Wirksamkeit und des formalen Zustandekommens der Satzung nicht gegeben sein dürfte. Das Grundbuchrecht erfüllt gegenüber dem materiellen Recht nur eine dienende Funktion. Eine generelle Überprüfung darauf, ob alle Mitglieder zu der Sitzung ordnungsgemäß eingeladen waren und ordnungsgemäß abgestimmt haben, dürfte deshalb dem Grundbuchamt im Rahmen seiner Verpflichtung zur Überprüfung der organschaftlichen Vertretungsbefugnis nicht angefallen sein. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die zur Protokollierung der Versammlung und der dortigen Beschlüsse berufenen Personen insoweit mit ihren Unterschriften eine Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit übernehmen (vgl. hierzu OLG München NZM 2011, 158) und es den einzelnen Mitgliedern unbenommen ist, Wahlergebnisse und sonstige Beschlüsse des Verbandes einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen.
Im Übrigen wird ein über die Vorlage der notariellen Beurkundung der Wahlversammlung oder der öffentlichen Beglaubigung der Unterschriften der Protokollanten hinausgehender grundbuchmäßiger Nachweis der Vertretungsverhältnisse von fortbestehenden rechtsfähigen Verbänden im Sinne des Art. 164 EGBGB - soweit ersichtlich - weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung, insbesondere den bereits zitierten Entscheidungen des BayObLG und des OLG München verlangt. Dies schließt nicht aus, dass das Grundbuchamt berechtigt sein kann, im Einzelfall weitergehende Nachweise zu verlangen, wenn ihm konkrete Umstände bekannt sind, die nach seiner Rechtsauffassung eine Nichtigkeit begründen können.
Derartige konkrete Umstände hat aber die Grundbuchrechtspflegerin im Einzelnen gerade nicht dargelegt, sondern sich nach der Ankündigung, die Gültigkeit der Satzung in einem eventuellen Beschwerdeverfahren überprüfen lassen zu wollen, auf die Formulierung allgemeiner Fragen und Bedenken beschränkt.
Soweit das Grundbuchamt wohl entgegen seiner bisherigen langjährigen Praxis Bedenken bezüglich der Vertretung der bisher unbekannten und in das Grundbuch noch nicht eingetragenen Markgenossen von A durch die Stadt A äußert, kann nicht von vornherein von einer offenkundigen und damit von dem Grundbuchamt zu beachtenden Rechtsunwirksamkeit dieser Vertretung bei den Beschlussfassungen ausgegangen werden. Da die Vertretung dieser unbekannten Markgenossen durch den Bürgermeister von A bereits seit mehr als 150 Jahren und damit lange vor Inkrafttreten des BGB so gehandhabt wurde, kommt eine Fortgeltung von Gewohnheitsrecht in Betracht, zumal hiermit ein substanzieller Eingriff in die Rechte der unbekannten Markgenossen, denen der Nachweis ihrer Rechtsposition weiterhin eröffnet bleibt, nicht verbunden ist.
Im Übrigen war eine derartige Vertretung dem früheren Recht nicht völlig ungeläufig, wie die Regelung des § 4 Abs. 4 des Preußischen Gesetzes über gemeinschaftliche Holzungen vom 14. März 1881 (Preuß. Gesetzessammlung S. 261) belegt; sie findet zudem auch in neuerer Zeit Anwendung, wie die in ihrer Anwendbarkeit nicht auf die neuen Bundesländer beschränkte Vorschrift des Art. 233 § 10 EGBGB zeigt (vgl. hierzu Staudinger/Rauscher, BGB, Neubearb. 2003., Art 230 EGBGB Rn. 5).
Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, ergibt sich die Kostenpflicht aus § 131 KostO.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes im Wege der Schätzung beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 1 KostO.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§ 78 GBO). Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 70 Rn 41).
OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 27.06.2013
Az: 20 W 213/12
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/3b0a48f1d0bc/OLG-Frankfurt-am-Main_Beschluss_vom_27-Juni-2013_Az_20-W-213-12