Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Januar 2002
Aktenzeichen: 8 W (pat) 67/99
(BPatG: Beschluss v. 31.01.2002, Az.: 8 W (pat) 67/99)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In der vorliegenden Gerichtsentscheidung geht es um das Patent mit der Bezeichnung "Verfahren und Spritzgießvorrichtung zum Herstellen eines wenigstens bereichsweise hohlen Kunststoffkörpers". Das Patent wurde vom Bundespatentgericht aufrechterhalten, jedoch in beschränktem Umfang. Es wurde festgestellt, dass der Gegenstand des Patents gegenüber dem Stand der Technik neu und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Das Verfahren umfasst das Einspritzen einer Kunststoffschmelze in einen Formhohlraum, das Einbringen eines unter Druck stehenden Gases in die Kunststoffschmelze, das Verdrängen eines Teils der Kunststoffschmelze in einen zusätzlichen Hohlraum und das Abkühlen und Verfestigen der Kunststoffschmelze. Die Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens besteht aus einem Formhohlraum, einem Angusskanal, einer Öffnung zur Gaseinspritzung, einem zusätzlichen Hohlraum mit beweglicher Trennwand und einer Kraft- oder Druckbeaufschlagung, die das Volumen des zusätzlichen Hohlraums in Richtung des Formhohlraums verkleinert.
In der Entscheidung wurde auch geprüft, ob der Gegenstand des Patents auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Es wurde festgestellt, dass keiner der sich im Verfahren befindlichen Stand der Technik den patentgemäßen Gegenstand nahelegt. Insbesondere erfolgt die Öffnung zur Nebenkavität, in die die Kunststoffschmelze aus dem Innenbereich des Kunststoffkörpers gelangen kann, erst nachdem der Formhohlraum vollständig mit Kunststoffschmelze gefüllt ist. Im Gegensatz dazu sieht das Patent vor, dass der Zugang zur Nebenkavität geöffnet wird, sobald der Spritzdruck einen Grenzwert überschreitet.
Das Gericht hat den Aufrechterhaltungsbeschluss der Patentabteilung teilweise geändert und das Patent mit bestimmten Einschränkungen aufrechterhalten. Es wurde festgestellt, dass die Patentansprüche 1 bis 12 sowie die Beschreibung und Zeichnungen des Patents in der mündlichen Verhandlung angepasst wurden.
Die Entscheidung bestätigt somit, dass das Patent in abgeänderter Fassung bestandsfähig ist und die geltenden Patentansprüche neues und erfinderisches technisches Wissen enthalten.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 31.01.2002, Az: 8 W (pat) 67/99
Tenor
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluß der Patentabteilung 16 des Patentamts vom 1. September 1999 wie nachstehend geändert.
Das Patent 195 15 741 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 12, Beschreibung Spalten 1 bis 8 mit Einfügungen in Spalte 2, Zeile 22, Spalte 3, Zeilen 50 und 52, 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.
Gründe
I Das Patent 195 15 741 mit der Bezeichnung "Verfahren und Spritzgießvorrichtung zum Herstellen eines wenigstens bereichsweise hohlen Kunststoffkörpers" wurde am 03. Mai 1995 beim Patentamt angemeldet. Mit Beschluss vom 16. Dezember 1996 wurde hierauf das Patent erteilt und am 19. Juni 1997 dessen Erteilung veröffentlicht. Nach Prüfung des Einspruchs der Firma F... ... GmbH vom 19. September 1997 hat die Patentabteilung 16 des Pa- tentamts das Patent mit Beschluss vom 01. September 1999 aufrechterhalten, weil der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber dem genannten Stand der Technik 1. DE 39 13 109 A1;
2. DE 40 02 503 C1;
3. WO 90/00466 A1 (entspricht der US 5 098 637)
neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Gegen den Aufrechterhaltungsbeschluss der Patentabteilung 16 hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt.
Im Beschwerdeverfahren sind zum Stand der Technik noch folgende Druckschriften genannt worden:
4. JP 6 - O64024;
5. JP 6 - 297522;
6. JP 6 - 304951.
Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung neugefasste Unterlagen (Patentansprüche 1 bis 12 und Beschreibung Spalten 1 - 8 mit Einfügungen in Spalte 2, Zeile 22, Spalte 3, Zeilen 50 und 52 und zwei Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2) überreicht.
Nach dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruch 1 betrifft der Patentgegenstand ein Verfahren zum Herstellen eines wenigstens bereichsweise hohlen Kunststoffkörpers mit den Schritten:
- Einspritzen einer Kunststoffschmelze in einen Formhohlraum,
- Einbringen eines unter Druck stehenden Gases in die bereits in den Formhohlraum eingespritzte Kunststoffschmelze, spätestens wenn der Formhohlraum mit Kunststoffschmelze gefüllt ist,
- Verdrängen eines Teils der noch fließfähigen Kunststoffschmelze aus dem hohl auszuführenden Bereich des Kunststoffkörpers in einen zusätzlichen, mit dem Formhohlraum über einen Kanal verbundenen, volumenveränderlichen Hohlraum, gegen die Kraft einer kraft- oder druckbeaufschlagten, beweglichen Trennwand im zusätzlichen Hohlraum, wobei die Kraft zunächst größer ist als die durch den Druck des Kunststoffs während des Füllens des Formhohlraums erzeugte Kraft, ein Zurückweichen der beweglichen Trennwand ohne merkliche Erhöhung des Spritzdrucks jedoch zulässt, falls mehr Kunststoffschmelze in den Formhohlraum eingespritzt wird, als er aufnehmen kann, so dass eine Teilmenge aus dem Formhohlraum direkt in den zusätzlichen Hohlraum übertritt und wobei diese Kraft spätestens jedoch mit Beginn des Austreibens von Kunststoffschmelze in den zusätzlichen Hohlraum mittels des unter Druck stehenden Gases kleiner als die durch den Druck des in die Kunststoffschmelze eingebrachten Gases erzeugte Kraft ist,
- Abkühlen und Verfestigen der Kunststoffschmelze,
- Druckentlasten des durch Einbringen von Gas gebildeten hohlen Bereichs,
- Entformen des Kunststoffkörpers und des in den zusätzlichen Hohlraum verdrängten Kunststoffs.
Der Patentgegenstand betrifft ferner gemäß dem überreichten Patentanspruch 6 eine Spritzgießvorrichtung zum Herstellen eines wenigstens bereichsweise hohlen Kunststoffkörpers zur Durchführung des Verfahrens gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5 mit - wenigstens einem in einem Formwerkzeug angeordneten Formhohlraum,
- wenigstens einem Angußkanal zum Einspritzen von Kunststoffschmelze, - wenigstens einer Öffnung zum Einbringen eines unter Druck stehenden Gases in die bereits in den Formhohlraum eingespritzte Kunststoffschmelze,
- wenigstens einem im Formwerkzeug außerhalb des Formhohlraums angeordneten und mit diesem über einen Kanal verbundenen, zusätzlichen Hohlraum,
- einer beweglichen Trennwand im zusätzlichen Hohlraum und - einer auf die Trennwand im Sinne einer Verkleinerung des Volumens des zusätzlichen Hohlraums in Richtung des Formhohlraums wirkenden Kraft- oder Druckbeaufschlagung, die so bemessen ist, dass sie zunächst größer ist als die durch den Druck des Kunststoffs während des Füllens des Formhohlraums erzeugte Kraft ein Zurückweichen der beweglichen Trennwand ohne merkliche Erhöhung des Spritzdrucks jedoch zulässt, falls mehr Kunststoffschmelze in den Formhohlraum eingespritzt wird, als er aufnehmen kann, so dass eine Teilmenge aus dem Formhohlraum direkt in den zusätzlichen Hohlraum übertritt, spätestens jedoch mit Beginn des Austreibens von Kunststoffschmelze in den zusätzlichen Hohlraum mittels des unter Druck gesetzten Gases kleiner als die durch den Druck des in die Kunststoffschmelze im Formhohlraum eingebrachten Gases auf die Trennwand ausgeübte Kraft ist.
Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 bis 5 bzw. 7 bis 12 wird auf die Akten Bezug genommen.
Dem Patentgegenstand liegt gemäß Spalte 2, Zeilen 7 - 16 der geltenden Beschreibung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Spritzgießvorrichtung zum Herstellen eines wenigstens bereichsweisen hohlen Kunststoffkörpers zur Verfügung zu stellen, mit denen sich diese hohlen Bereiche mit wiederhohlbar gleichmäßiger Wandstärke gezielt herstellen lassen, ohne dass eine aufwendige, rechnergestützte Regelung des Schussvolumens innerhalb enger Grenzen erforderlich ist.
Die Patentinhaberin trägt vor, dass der Gegenstand des Patents gegenüber dem Stand der Technik neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Insbesonders könne die JP 6 - 297522 den Patentgegenstand nicht nahe legen.
Sie beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 12, Spalten 1 bis 8 mit Einfügungen in Spalte 2, Zeile 22, Spalte 3, Zeilen 50 und 52 und zwei Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung.
Die Einsprechende ist wie angekündigt zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Sie beantragte in ihrem schriftlichen Vorbringen den Widerruf des Patents, da der Gegenstand des Patents nicht neu sei bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
II Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insoweit begründet, als sie zur Aufrechterhaltung des Patents in beschränktem Umfang führt.
Der Gegenstand des Patents stellt eine patentfähige Erfindung iSd §§ 1 bis 5 PatG dar.
1. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 12 sind zulässig.
Der geltende Patentanspruch 1 ist auf der Grundlage des erteilten Patentanspruchs 1 formuliert. Hinzugefügt wurden die in Spalte 6, Zeilen 54 bis 63 der Patentschrift offenbarten Merkmale. Gleiches gilt für den geltenden Patentanspruch 6. Die geltenden Patentansprüche 2 bis 5 und 7 bis 12 sind mit den erteilten Ansprüchen gleicher Numerierung identisch.
2.1 Das aufgrund seiner Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbare Verfahren nach dem Patentanspruch 1 hat gegenüber dem im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik als neu zu gelten, denn nach keiner dieser Druckschriften wird durch die in einen Formhohlraum eingespritzte Kunststoffschmelze bei Überschreiten eines Grenzwertes des Spritzdruckes (Forminnendruck) der Zugang zu einer Nebenkavität mit variablen Volumen geöffnet, um eine merkliche Erhöhung des Spritzdruckes zu vermeiden.
Bei den Verfahren nach der DE 39 13 109 A1, der JP 6 - 064024 und der JP 6 - 297522 erfolgt die Öffnung des Zugangs zur Nebenkavität erst nachdem der Formhohlraum mit Kunststoffschmelze vollständig gefüllt ist. Bei der DE 40 02 503 C1 ist keine zusätzliche Nebenkavität mit einstellbarem Volumen zur Aufnahme von überflüssiger Schmelze vorhanden. Beim Verfahren nach der WO 90/00466 A1 (entsprechend der US 5 098637 aus dem Prüfungsverfahren) ist die Nebenkavität nicht mit einer verschiebbaren Trennwand versehen. Die Nebenkavität nach der JP 6 - 304951 dient der Steuerung der Größe des Hohlraumes im Kunststoffkörper.
2.2 Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Mit dem Verfahren nach dem Patentanspruch 1 soll durch gezieltes Zurückweichen einer beweglichen Trennwand, die eine Nebenkavität mit variablem Volumen abschließt, eine merkliche Erhöhung des Spritzdruckes vermieden werden. Ferner soll das durch das Einströmen von Gas in den noch schmelzflüssigen Kern verdrängte Kunststoffmaterial aufgenommen werden mit dem Ziel hohle Kunststoffkörper mit wiederholbar gleichmäßiger Wandstärke herzustellen.
Dies wird dadurch erreicht, dass in einem Vorversuch das für einen in seinen Abmessungen optimalen Kunststoffkörper erforderliche Schussvolumen in den Formhohlraum eingespritzt und der dabei sich einstellende Wert für den Spritzdruck ermittelt wird. Dieser Wert wird als Grenzwert für den Spritzdruck betrachtet und nach diesem Grenzwert wird die von der Trennwand aufzubringende Gegenkraft eingestellt. Für diese Maßnahme vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann, ein in der Verfahrenstechnik von Kunststoff-Spritzgießmaschinen versierten Maschinenbauingenieur (FH), keine Anregungen.
In der JP 6 - 297522 ist ein Verfahren zum Herstellen von wenigstens bereichsweise hohlen Kunststoffkörpern beschrieben, bei dem in eine Nebenkavität mit variablem Volumen, die mit einer kraft- oder druckbeaufschlagten Trennwand versehen ist, Kunststoffschmelze eindringen kann. Die Kraft für das Verschließen der Nebenkavität durch die Trennwand ist so eingestellt, dass sie immer größer ist als der beim Einspritzen der Schmelze auftretende Spritzdruck (s. z.B. Abs 007 der englischsprachigen Übersetzung). Erst das Gas dringt mit einem höheren Druck als der Spritzdruck in die Kunststoffschmelze ein. Infolge des höheren Gasdruckes weicht die Trennwand zurück und das vom Gas verdrängte Schmelzevolumen wird von der Nebenkavität aufgenommen. Durch diese Vorgehensweise soll vermieden werden, dass die Nebenkavität zu früh öffnet und der durch das Gas geschaffene hohle Bereich bis in die Nebenkavität reicht. Dies würde zu unerwünschten Öffnungen im Endbereich des hergestellten hohlen Kunststoffkörpers führen (Abs 007, Zeile 16 ff). Ein Zurückweichen der Trennwand bei erhöhtem Spritzdruck, wie es beim Patentgegenstand vorgesehen ist, ist nicht vorgesehen. Vielmehr soll gerade dieses Zurückweichen beim Einspritzvorgang verhindert werden (vgl insb Abs 019, vorletzter Satz).
Die DE 39 13 109 A1 offenbart ein Verfahren zum Herstellen eines hohlen Kunststoffkörpers, bei dem der Formhohlraum zunächst vollständig mit Kunststoffschmelze gefüllt und nach Einsetzen des Abkühlvorganges an den Wänden des Formhohlraums der noch schmelzflüssige Innenbereich mittels eines Fluids in mindestens eine Nebenkavität ausgetrieben wird und zwar nachdem die Verbindung zur Nebenkavität geöffnet wurde. Als Nebenkavitäten werden hier nicht nur die durch einen Schieber zu öffnenden außerhalb des Formhohlraums angebrachten Nebenkavitäten (s. Fig 4 bis 6), sondern auch das Innere des Angußkanals und der Schneckenvorraum angesehen. Diese Nebenkavität ist durch die bewegliche Schnecke volumenveränderlich (Fig 1 und 2).
Selbst wenn durch diese Druckschrift eine volumenveränderliche zusätzliche Nebenkavität, die mit dem Formhohlraum durch einen Kanal verbunden ist, und in die noch flüssiges Kunststoffmaterial aus dem Inneren des Kunststoffkörpers durch das Eindringen des Fluids einfließen kann, als bekannt angesehen wird, ist ihr jedoch nicht der Hinweis zu entnehmen, Kunststoffschmelze in diese, als einstellbares "Überdruckventil" arbeitende Nebenkavität zum Abbau von überhöhtem Spritzdruck einzubringen. Dies wäre insbesonders dann nicht möglich, wenn während des Einbringens der Kunststoffschmelze in den Formhohlraum bereits das Fluid in die Kunststoffschmelze eingeblasen wird, wie es beim Patentgegenstand vorgesehen ist. Zu diesem Zeitpunkt können Düse, Anguß und Schneckenvorraum gemäß der DE 39 13 109 A1 nicht als Nebenkavität angesehen werden, da über diese Teile noch der Einspritzvorgang abläuft.
Beim Verfahren nach der JP 6 - 064024 wird, wie beim Verfahren nach der JP 6 - 297522, die Nebenkavität erst dann geöffnet, wenn der Einspritzvorgang beendet ist und das Fluid unter Druck in die noch schmelzflüssige Seele einströmt (she. Fig. 2 und 3 sowie Text des abstracts). Auch hier kann der Fachmann keinen Hinweis entnehmen, eine Nebenkavität so auszubilden, dass sie als "Überdruckventil" wirkt.
In der JP 6 - 304951 wird ein Verfahren zum Herstellen bereichsweise hohler Kunststoffkörper beschrieben, bei dem zunächst der Forminnenraum mit Kunststoffschmelze gefüllt wird. Sollte nunmehr z.B. beim Einströmen des Fluids in den schmelzflüssigen Innenraum des Kunststoffkörpers festgestellt werden, dass der entstehende Hohlraum zu klein ist, wird in der Nebenkavität ein Kolben so verschoben, dass dem Forminnenraum Schmelze entzogen (s. Fig 2 und 3) wird. Dadurch kann sich das Fluid weiter ausbreiten und es tritt eine entsprechende Vergrößerung des Hohlraumes ein. Ein Hinweis auf die Beeinflussung des Spritzdrucks beim Einspritzen des Kunststoffmaterials ist auch hier nicht zu finden.
Die WO 90/00466 A1 (entspricht der US 50 98 637) zeigt ein Verfahren zum Herstellen hohler Kunststoffkörper, bei dem Kunststoffschmelze in eine Nebenkavität fließt, die jedoch lediglich ein für den jeweiligen Spritzvorgang fest einstellbares Volumen aufweist. Eine Trennwand, die gegen die Kraft des eintretenden Kunststoffs bzw. des Fluids gesteuert verschiebbar ist, ist hier nicht vorhanden, so dass auch diese Druckschrift keinen Hinweis auf die patentgemäße Lösung geben kann.
Noch weniger kann die DE 40 02 503 C1 zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 führen, denn hier wird der Formhohlraum durch Einbringen eines Schiebers zunächst verkleinert. Nach dem Einspritzen der Kunststoffschmelze und während des Einbringens des Fluids wird dieser Schieber zurückgezogen, so dass sich an den Stellen des nunmehr vergrößerten Formhohlraums im Kunststoffkörper durch das Fluid sich Hohlräume ausbilden können. Hierbei wird also keine Schmelze aus dem Innern eines Kunststoffkörpers in eine Nebenkavität ausgetrieben.
Mithin hat der Patentanspruch 1 in seiner beschränkten Fassung Bestand.
Mit diesem zusammen sind auch die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5 bestandsfähig, da sie auf Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 gerichtet sind.
3.1 Der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 6 hat als neu zu gelten.
Dies ergibt sich schon daraus, dass bei keiner der sich im Verfahren befindlichen Druckschriften die auf die Trennwand wirkende Kraft so bemessen ist, dass bei einer unzulässigen Erhöhung des Spritzdrucks der Zugang zur Nebenkavität geöffnet wird. Dies gilt insbesonders für die in der JP 6 - 297522 beschriebene Vorrichtung, denn dort ist die auf die Trennwand einwirkende Kraft immer so groß, dass beim Einspritzen des Kunststoffs die Nebenkavität auf jeden Fall verschlossen bleibt.
3.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 6 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich des Verfahrens nach dem geltenden Patentanspruch 1 ausgeführt ist, sind im genannten Stand der Technik keine Vorkehrungen beschrieben oder nahegelegt, die die Vorrausetzung dafür schaffen, dass die hohlen Bereiche des Kunststoffkörpers eine wiederholbar gleichmäßige Wandstärke aufweisen. Da der Vorrichtungsanspruch eine Kombination von Merkmalen zum Inhalt hat, die in Anpassung an den Charakter eines Vorrichtungsanspruchs im wesentlichen mit den Merkmalen des Verfahrensanspruchs 1 übereinstimmen, ist das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen.
Patentanspruch 6 ist daher in seiner beschränkten Fassung bestandsfähig, da sein Gegenstand gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Mit diesem zusammen sind auch die auf Patentanspruch 6 rückbezogenen Unteransprüche 7 bis 12 bestandsfähig, da sie auf Ausgestaltungen der Vorrichtung nach Anspruch 6 gerichtet sind.
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BPatG:
Beschluss v. 31.01.2002
Az: 8 W (pat) 67/99
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