Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 31. Mai 2000
Aktenzeichen: 6 W 28/00
(OLG Köln: Beschluss v. 31.05.2000, Az.: 6 W 28/00)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Köln hat in einer Entscheidung vom 31. Mai 2000 (Aktenzeichen 6 W 28/00) eine sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts Köln zurückgewiesen. Die Antragstellerin wurde dazu verurteilt, die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
In der Begründung heißt es, dass die sofortige Beschwerde der Antragstellerin nach den relevanten §en der Zivilprozessordnung zulässig, aber nicht erfolgreich ist. Das Landgericht habe zurecht die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens, das von den Parteien letztendlich einvernehmlich erledigt wurde, der Antragstellerin auferlegt. Dies sei gerechtfertigt, da die Antragsgegnerin keine Veranlassung für die Einleitung des Verfahrens gegeben habe.
In wettbewerbsrechtlichen Fällen sei die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens grundsätzlich nur dann gerechtfertigt, wenn auf eine Abmahnung nicht oder negativ reagiert wird. Es gäbe Ausnahmen, in denen eine Abmahnung nicht erforderlich wäre, aber diese lägen im vorliegenden Fall nicht vor.
Die Antragstellerin habe argumentiert, dass eine Abmahung aufgrund der besonderen Dringlichkeit unzumutbar war, aber das Landgericht habe dieses Argument zu Recht abgelehnt. Die Antragstellerin hat bereits im November 1999 Kenntnis von dem beanstandeten Kennzeichengebrauch durch die Antragsgegnerin gehabt und es war ihr möglich und zumutbar, die Antragsgegnerin vor der geplanten Veranstaltung im November abzumahnen.
Auch die Argumente der Antragstellerin bezüglich der Vorsätzlichkeit und Schädigungsabsicht der Geschäftsführer der Antragsgegnerin wurden vom Gericht abgelehnt. Es müsse ein Bewusstsein für die wettbewerbsrechtliche Unrechtmäßigkeit des Verhaltens des Verletzers vorliegen, um eine Abmahnung als unzumutbar anzusehen. Dies war im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
Da die Antragsgegnerin die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens nicht veranlasst hat, war es gerechtfertigt, die Antragstellerin nach der erledigten Hauptsache mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens basiert auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens entspricht dem Wert der erstinstanzlich angefallenen Kosten.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Köln: Beschluss v. 31.05.2000, Az: 6 W 28/00
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den am 15.02.2000 verkündeten Beschluss der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 14/00 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe
Die gemäß §§ 91 a Abs. 2, 567 ff ZPO statthafte und insgesamt zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss der Antragstellerin die Kosten des in der Hauptsache einvernehmlich zur Erledigung gebrachten einstweiligen Verfügungsverfahrens auferlegt. Unter Berücksichtigung des bis zur übereinstimmenden Erledigung der Hauptsache gegebenen Sach- und Streitstandes entspricht diese Kostenverteilung billigem Ermessen, weil die Antragsgegnerin keine Veranlassung zur Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens durch die Antragstellerin gegeben hat, so daß letztere nach dem auch im Rahmen der Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO heranzuziehenden Rechtsgedanken des § 93 ZPO mit den Kosten zu belasten ist. Gemäß § 93 ZPO fallen der klagenden Partei die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und sein Verhalten auch nicht Anlaß für die Klageerhebung geboten hat. So liegt der Fall hier. Die Antragsgegnerin, die sich mit der in der Widerspruchsschrift formulierten strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung dem Unterlassungsbegehren der Antragstellerin unterworfen hat, hat nicht nur "sofort" i.S. der vorerwähnten Bestimmung reagiert, sondern sie hat - da die Antragstellerin sie nicht vor Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens zunächst im Rahmen einer vorprozessualen Abmahnung zur Abgabe einer solchen Unterlassungsverpflichtungserklärung außerhalb des einstweiligen Verfügungsverfahrens aufforderte - dieses gerichtliche Verfahren auch nicht veranlasst.
In wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsfällen gibt Veranlassung zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens grundsätzlich nur derjenige, der auf eine Abmahnung nicht oder negativ reagiert. Ausnahmen - also die Entbehrlichkeit einer Abmahnung ohne das Kostenrisiko des § 93 ZPO - sind nur dort zuzulassen, wo die Abmahnung das Verhalten des Abgemahnten ersichtlich ohnehin nicht beeinflussen würde, mithin erfolglos bliebe, oder in denen eine Abmahnung aus sonstigen rechtlich anerkennenswerten Gründen dem Verletzten nicht zumutbar, ihre Unterlassung daher rechtlich bedeutungslos ist (vgl. OLG Köln, WRP 1988, 404; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, Rdn. 542 ff UWG Einl; Teplitzky, wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, 41. Kap. Rdn. 21 ff - jeweils m.w.N.). Die Voraussetzungen eines solchen, die Entbehrlichkeit der Abmahnung begründenden Ausnahmefalls liegen hier indessen nicht vor.
Soweit die Antragstellerin eine Abmahnung wegen der besonderen Dringlichkeit für unzumutbar, mithin entbehrlich hält, hat das Landgericht diesem Argument mit Recht die Überzeugungskraft versagt. Denn angesichts des - durch das als Anlage A 11 (Bl. 44 d.A.) vorgelegte Schreiben dokumentierten - Umstandes, dass die Antragstellerin bereits am 02.11.1999 Kenntnis des beanstandeten Kennzeichengebrauchs durch die Antragsgegnerin hatte, war es ihr möglich und zumutbar, die Antragsgegnerin vor der am 10.11.1999 geplanten Veranstaltung abzumahnen, um letzterer noch in diesem vorprozessualen Stadium der Auseinandersetzung die Gelegenheit zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung zu geben, welche die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe vermieden hätte. Anhaltspunkte, weshalb es ihr aus Zeitgründen nicht habe abverlangt werden können, der Antragsgegnerin nicht zumindest per Fax ein solches, mit der kurzfristigen Aufforderung zur außergerichtlichen Unterwerfung verbundenes Abmahnschreiben zu übermitteln, hat die Antragstellerin auch mit der Beschwerde nicht vorgebracht.
Im Ergebnis Gleiches gilt, soweit die Antragstellerin auf die Vorsätzlichkeit und vermeintliche Schädigungsabsicht bzw. Böswilligkeit der Geschäftsführer der Antragsgegnerin abzustellen sucht, denen nicht nur die streitbefangenen Kennzeichen als solche, sondern auch deren tatsächliche Verwendung durch die Antragstellerin aus ihrer früheren Tätigkeit für die Antragstellerin bekannt gewesen seien. Allerdings trifft es zu, dass sich eine Abmahnung auch wegen des besonderen Charakters des Wettbewerbsverstoßes als unzumutbar bzw. entbehrlich erweisen kann. Hierzu gehören die Fälle eines vorsätzlich wettbewerbswidrigen Verhaltens des Verletzers, die aus der maßgeblichen Sicht des Verletzten entweder die voraussehbare Nutzlosigkeit einer Abmahnung oder aber deren allgemeine Unzumutbarkeit indizieren können, da es dem Verletzten nicht anzusinnen ist, einen bösartigen Verletzer unter Zeitverlust und mit besonderem Aufwand nochmals warnend auf das ihm - ohnehin bekannte und von ihm gewollte - Unrechtmäßige seines Verhaltens hinzuweisen (vgl. Teplitzky, a.a.O., 41. Kap. Rdn. 25 und 35 m.w.N.). Aber auch unter Berücksichtigung dieser Kriterien war die Abmahnung vorliegend nicht entbehrlich. Allein der Umstand eines als solches gewollten Verhaltens des Verletzters reicht hierfür nicht aus. Hinzutreten muß vielmehr auch das Bewußtsein gerade der Rechts- bzw. wettbewerblichen Sittenwidrigkeit der Verhaltensweise (vgl. Teplitzky, a.a.O., 41. Kap. Rdn. 42; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdn. 543 UWG Einl. - jeweils mit weiteren Nachweisen). Ein solches Bewußtsein und eine darauf gegründete, die Unzumutbarkeit der Abmahnung ergebende Bösartigkeit der Antragsgegnerin läßt sich im Streitfall nicht erkennen. Dafür wäre vorauszusetzen gewesen, daß die Antragsgegnerin bzw. ihre Geschäftsführer bei Aufnahme des Kennzeichengebrauchs positive Kenntnis davon hatten, daß die Antragstellerin die streitbefangenen Bezeichnungen im Inland bereits in Gebrauch genommen hat oder aber insoweit eine konkrete Benutzungsabsicht besteht. So liegt der Fall hier aber nicht.
Selbst unterstellt, die jetzigen Geschäftsführer der Antragsgegnerin hätten ihre aktive Tätigkeit bei der Antragstellerin
erst zum 31.12.1998 eingestellt, so ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin die in Rede stehenden Kennzeichen, deren wissentlich und willentlich rechtswidrige Übernahme durch die Antragsgegnerin sie geltend macht, bereits zu diesem Zeitpunkt im Inland in Benutzung genommen hatte oder aber eine solche Benutzung unmittelbar bevorstand. Den von ihr vorgelegten Unterlagen sowie der eidesstattlichen Versicherung des Herrn B.S. vom 06.01.2000 läßt sich vielmehr nur entnehmen, dass die streitgegenständlichen Produktbezeichnungen im Dezember 1998 "länderbezogen" in Ägypten verwendet worden seien und dass sie erstmals im März 1999 - also erheblich nach dem Ausscheiden der Geschäftsführer der Antragsgegnerin aus ihrer Tätigkeit bei der Antragstellerin - im Inland angeblich in Benutzung genommen worden sind. Auch wenn es danach schon im Dezember 1998 nicht fernlag, daß die Antragstellerin die Kennzeichen möglicherweise irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt im Inland verwenden werde, so ist doch vor diesem Hintergrund auf Seiten der Geschäftsführer der Antragsgegnerin nicht erkennbar, daß sie bei Aufnahme der Benutzung der Bezeichnungen durch die Antragsgegnerin in definitver Kenntnis einer solchen tatsächlichen Benutzung durch die Antragstellerin oder zumindest deren konkreter Benutzungsabsicht, daher in dem Bewußtsein gehandelt haben, sich rechtsverletzend und wettbewerbswidrig zu verhalten, wenn sie diese Bezeichnungen nunmehr selbst gebrauchen.
Kann somit auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerin insgesamt nicht von der ausnahmsweisen Entbehrlichkeit der Abmahnung ausgegangen werden, so hat die Antragsgegnerin die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens der einstweiligen Verfügung nicht veranlasst und ist es gerechtfertigt, die Antragstellerin nach der übereinstimmenden Erledigung der Hauptsache
nach Maßgabe von § 91 a Abs. 1 ZPO mit den Kosten dieses Verfahrens zu belasten.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat ihre Rechtsgrundlage in § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens entspricht dem Wert der erstinstanzlich angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.
OLG Köln:
Beschluss v. 31.05.2000
Az: 6 W 28/00
Link zum Urteil:
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