Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Februar 2005
Aktenzeichen: 20 W (pat) 330/02

(BPatG: Beschluss v. 02.02.2005, Az.: 20 W (pat) 330/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 2. Februar 2005 das Patent mit dem Aktenzeichen 20 W (pat) 330/02 beschränkt aufrechterhalten. Das Patent umfasst Patentansprüche 1 bis 11, die Beschreibung in den Spalten 1 bis 8 sowie zwei Blatt Zeichnungen mit den Figuren 1 bis 4. Gegen das Patent hatte die L... GmbH + Co. Einspruch eingelegt und mangelnde Patentfähigkeit geltend gemacht. Die Einsprechende verwies auf verschiedene Druckschriften, die sie als Beweis für ihre Argumente anführte. Die Einsprechende zog ihren Einspruch später zurück. Die Patentinhaberin beantragte, das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 11 aufrechtzuerhalten. Die zuständigen Richter entschieden, dass der Einspruch zulässig ist und das Patent in beschränkter Form aufrechterhalten wird. Sie argumentierten, dass die geltenden Patentansprüche 1 und 9 neu sind und auf erfinderischer Tätigkeit beruhen. Der Fachmann könne die Erfindung ausführen, und die Beschreibung genüge den Anforderungen des PatG.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 02.02.2005, Az: 20 W (pat) 330/02


Tenor

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 11, Beschreibung Spalten 1 bis 8, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, wie Patentschrift.

Gründe

I Gegen das Patent 197 42 716 hat die L... GmbH + Co., In der Braike in O..., Einspruch erhoben.

Die Einsprechende macht mangelnde Patentfähigkeit geltend und stützt ihren Einspruch auf folgende Druckschriften D1 DE 44 12 653 C2, D2 Prospektblatt "InterBus-Safe - der Sicherheits-Feldbus", April 1997, D3 Europäische Norm PrEN50159-1, August 1996, und D4, D4.1-D4.21, D5 Dokumenten-Konvolut zu Sitzungen des Arbeitskreises "Sicherheitsbus".

Kursorisch verweist die Einsprechende außerdem auf die im Prüfungsverfahren genannten Druckschriften P1 DE 37 06 325 C2 und P2 DE 40 32 033 A1.

Sie hat weiter ausgeführt, daß die mit Anspruch 9 beanspruchte Lehre zum technischen Handeln nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2003 hat die Einsprechende den Einspruch zurückgenommen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit Patentansprüchen 1 bis 11, überreicht in der mündlichen Verhandlung, aufrechtzuerhalten, und erklärt die Teilung des Patents.

Patentanspruch 1 lautet:

"1. Steuer- und Datenübertragungsanlage umfassend einen seriellen Feldbus (10), an den eine Master-Steuereinrichtung (20) und mehrere Busteilnehmer (30, 40, 50) angeschaltet sind, in der Master-Steuereinrichtung (20) und in den Busteilnehmern (30, 40, 50) jeweils eine sicherheitsbezogene Einrichtung (210; 80) zum Ausführen von vorbestimmten Sicherheitsfunktionen angeordnet ist, wobei jeder Busteilnehmer (30, 40, 50) über eine Bus-Anschalteinrichtung (70) an den Feldbus (10) angeschlossen ist, und jeder Busteilnehmer (30, 40, 50) und/oder die Master-Steuereinrichtung (20) wenigstens einen Ausgang aufweist, der mit einer zu sichernden Einrichtung (110, 120) verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, daß

die sicherheitsbezogenen Einrichtungen (210; 80) über den Feldbus (10) miteinander kommunizieren können, und jeder Ausgang eines Busteilnehmers (30, 40, 50) über einen Schalter (170, 180) mit der Bus-Anschalteinrichtung (70) und unmittelbar mit der sicherheitsbezogenen Einrichtung (210, 80) des jeweiligen Busteilnehmers (30, 40, 50) verbunden ist."

Patentanspruch 9 lautet:

"9. Übertragen von sicherheitsbezogenen Daten in einer Steuer- und Datenübertragungsanlage nach einem der Ansprüche 1 bis 8, mit folgenden Verfahrensschritten:

a) Implementieren eines Datenübertragungsprotokolls und eines Sicherheitsprotokolls zur Ausführung vorbestimmter, anlagespezifischer Sicherheitsfunktionen in jedem Busteilnehmer und in der Master-Steuereinrichtung;

b) unter Ansprechen auf die Ausgangssignale einer dem Busteilnehmer zugeordneten Überwachungseinrichtung erzeugt das entsprechende Sicherheitsprotokoll sicherheitsbezogene Daten, die den Zustand des jeweiligen Busteilnehmers widerspiegeln, und leitet diese an das Datenübertragungsprotokoll weiter;

c) das Datenübertragungsprotokoll überträgt die sicherheitsbezogenen Daten des jeweiligen Busteilnehmers in dem Nutzdatenfeld eines vorbestimmten Datenrahmens über den seriellen Feldbus zur Master-Steuereinrichtung;

d) das Sicherheitsprotokoll der Master-Steuereinrichtung, empfängt die vom Busteilnehmer kommenden sicherheitsbezogenen Daten, erzeugt in Abhängigkeit davon neue sicherheitsbezogene Daten, die einer vorbestimmten Sicherheitsfunktion entsprechen, und überträgt die neuen sicherheitsbezogenen Daten in dem Nutzdatenfeld eines Datenrahmens zu dem entsprechenden Busteilnehmer zurück;

e) unter Ansprechen auf die neuen sicherheitsbezogenen Daten führt das Sicherheitsprotokoll des Busteilnehmers die zugehörige Sicherheitsfunktion aus."

Zu den Ansprüchen 2 bis 8 und 10 bis 11 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, die Gegenstände der geltenden Ansprüche 1 und 9 seien nicht nur neu, sondern beruhten auch auf erfinderischer Tätigkeit. Auch sei die mit den geltenden Ansprüchen beanspruchte Lehre zum technischen Handeln so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

II Der Einspruch ist zulässig und führt zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents. Den geltenden Patentansprüchen kann Bestandsfähigkeit zuerkannt werden.

Der zu berücksichtigende Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik, der über mehrjährige Erfahrungen mit Feldbussystemen und deren sicherheitsbezogenem Einsatz verfügt.

1. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig.

a) Der geltende Anspruch 1 ist zulässig. Er ist enger gefaßt als der erteilte Anspruch 1, vgl die Streitpatentschrift DE 197 42 716 C2, Spalte 8 Zeilen 22 bis 44, der nun beschränkt ist jeweils darauf, daß

- jeder Ausgang eines Busteilnehmers (30, 40, 50) über einen Schalter (170, 180) mit der Bus-Anschalteinrichtung (70) und - unmittelbar mit der sicherheitsbezogenen Einrichtung (210, 80) des jeweiligen Busteilnehmers (30, 40, 50) verbunden ist.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 9 ist nunmehr gerichtet auf ein Übertragen von sicherheitsbezogenen Daten in einer Steuer- und Datenübertragungsanlage nach einem der Ansprüche 1 bis 8, mit den dem erteilten Anspruch 9 entsprechenden Verfahrensschritten, vgl Spalte 9 Zeile 37 bis Spalte 10 Zeile 5 der Streitpatentschrift.

b) Die geltenden Ansprüche 2 bis 8 und 10 bis 11 entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 bis 8 und 10 bis 11.

2. Der Fachmann kann die Erfindung, die gemäß den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Patentansprüchen, insbesondere gemäß dem Patentanspruch 9, geschützt wird, ausführen.

a) Die Einsprechende hat vorrangig die Merkmale b), c) und d) im erteilten Anspruch 9 angegriffen mit der Argumentation, daß die dort geforderten Datenübertragungs- und Sicherheitsprotokolle nur Listen von Daten und Prüfsummen umfaßten, derartige Listen könnten aber keine Daten weiterleiten.

Nach Überzeugung des Senats kann der Fachmann unter Heranziehung seines Fachwissens und der Offenbarung des Patents als Ganzes den beanspruchten Gegenstand ohne Schwierigkeiten praktisch verwirklichen, indem er die auf die genannten Protokolle bezogenen Beschreibungsteile des Patents, vor allem Spalte 4 Zeile 21 bis Spalte 8 Zeile 7 der Streitpatentschrift, und die dort genannten Normen in Betracht zieht.

b) Auch zur Ausführbarkeit im Übrigen hat der Senat keine Bedenken.

3. Der - zweifelsfrei gewerblich anwendbare - Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

a) Neuheit Aus der D1 ist eine Steuer- und Datenübertragungsanlage mit den Merkmalen im Oberbegriff des Anspruchs 1 als bekannt entnehmbar, vgl die Figuren 1 und 2, serieller (Feld-) Bus 4, Master-Steuereinrichtung 6', 6'', Busteilnehmer 2 (einschließlich sicherheitsbezogener Einrichtung), Bus-Anschalteinrichtung 3, Spalte 1 Zeilen 5 bis 21, Spalte 2 Zeilen 1 bis 14, Spalte 3 Zeilen 2 bis 15 und 36 bis 47. Einen Ausgang, der mit einer zu sichernden Einrichtung verbunden ist, entnimmt der Fachmann aus Spalte 1 Zeilen 5 bis 18. Die sicherheitsbezogenen Einrichtungen kommunizieren miteinander über den Feldbus gemäß dem ersten Merkmal im Kennzeichen des Anspruchs 1 (Sp 3 Z 2-8). Die des weiteren im Kennzeichenteil des Anspruchs 1 genannten Merkmale, nämlich, daß jeder Ausgang eines Busteilnehmers über einen Schalter mit der Bus- Anschalteinrichtung und unmittelbar mit der sicherheitsbezogenen Einrichtung des jeweiligen Busteilnehmers verbunden ist, sind in D1 nicht beschrieben.

Die Einsprechende hat die Auffassung vertreten, daß die von den Relais 7', 7'' betätigten Kontakte nach D1 auf die Schalter 170, 180 des Streitpatents lesbar seien, jedoch geben die mit den Relais 7', 7'' befaßten Beschreibungsteile der D1, vgl Spalte 3 Zeilen 2 bis 15 und Spalte 4 Zeilen 2 bis 6, eine solche Auslegung nicht her.

Die außerdem im Einspruchsverfahren genannten Druckschriften haben in der mündlichen Verhandlung keine Rolle gespielt und bringen hinsichtlich der Beurteilung der Patentfähigkeit keine neuen Gesichtspunkte.

b) Erfinderische Tätigkeit Der Gegenstand des Patentanspruches 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Es mag sein, daß der hier zuständige Fachmann, ausgehend von der sich ihm in der Praxis stellenden Aufgabe, eine Steuer- und Datenübertragungsanlage mit einem seriellen Feldbus derart zu verbessern, daß Nachteile vorhandener Anlagen vermieden werden, in Betracht zieht, die aus D1 bekannte Anlage hinsichtlich ihrer mit zu sichernden Einrichtungen verbundenen Ausgänge zu verbessern, indem er Schalter in Betracht zieht, über die die jeweiligen Ausgänge mit den zu sichernden Einrichtungen verbunden sind, vgl D1, Spalte 1 Zeilen 5 bis 18.

Der Druckschrift D1 ist jedoch keine Veranlassung für den Fachmann dahingehend zu entnehmen, gemäß den Merkmalen im Kennzeichenteil des Anspruchs 1 jeden Ausgang eines Busteilnehmers (30, 40, 50) über einen Schalter (170, 180) mit der Bus-Anschalteinrichtung (70) und unmittelbar mit der sicherheitsbezogenen Einrichtung (210, 80) des jeweiligen Busteilnehmers (30, 40, 50) zu verbinden.

Selbst wenn der von der Einsprechenden vertretenen Lesart bzgl von den Relais 7', 7'' betätigter Kontakte nach D1 gefolgt werden könnte, ist damit auch noch kein Hinweis an den Fachmann verbunden, eine Verschaltung der Schalter gemäß den vorgenannten Merkmalen im Kennzeichen des Anspruchs 1 vorzusehen.

4. Von der Patentfähigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 werden auch die auf ihn zurückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 getragen. Dasselbe gilt für Patentanspruch 9, der auf das Übertragen von sicherheitsbezogenen Daten in einer Steuer- und Datenübertragungsanlage nach einem der Ansprüche 1 bis 8 gerichtet ist, und weiter auch für die auf diesen rückbezogenen Ansprüche 10 und 11.

5. Die Beschreibung genügt den an sie nach § 34 PatG zu stellenden Anforderungen.

Dr. Anders Dr. Hartung Martens Dr. Zehendner Pr






BPatG:
Beschluss v. 02.02.2005
Az: 20 W (pat) 330/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/3d05a3c0ece9/BPatG_Beschluss_vom_2-Februar-2005_Az_20-W-pat-330-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share