Landgericht Köln:
Urteil vom 2. August 2006
Aktenzeichen: 28 O 121/06
(LG Köln: Urteil v. 02.08.2006, Az.: 28 O 121/06)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Landgericht Köln hat in dem Urteil vom 2. August 2006 (Aktenzeichen 28 O 121/06) die Klage abgewiesen. Es ging um den Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe eine Bühnenshow durchgeführt, die die Songs einer bestimmten Gruppe beinhaltete und Kostüme und Perücken verwendete, die den Kleidungsstilen verschiedener jugendlicher Subkulturen nachempfunden waren. Die Klägerin führte ähnliche Promotionsveranstaltungen für ein Musical durch und behauptete, die Beklagte habe ihre Ideen und Stilelemente kopiert. Das Gericht urteilte, dass die Beklagte keine urheberrechtlich geschützte Leistung der Klägerin übernommen habe und somit kein Anspruch auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz bestehe. Es fehle an einem ausreichenden Vortrag, der eine Übernahme der Stilelemente durch die Beklagte belegen könnte. Darüber hinaus sei die Idee, Tänzer entsprechend zu kleiden, nicht urheberrechtlich geschützt. Auch ein Anspruch auf wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz bestehe nicht, da die Beklagte kein fremdes Leistungsergebnis mühelos ausbeute. Das Gericht wies daher die Klage ab und legte die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auf. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, sofern Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags erbracht wird.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
LG Köln: Urteil v. 02.08.2006, Az: 28 O 121/06
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Unterlassung der Aufführung einer Bühnenshow bzw. Konzert oder Eventveranstaltungen mit folgenden kumulativ vorliegenden Merkmalen:
a) Darbietung von Musikstücken von R1
b) Verwendung von Kostümen, welche Kleidungsstücken verschiedener jugendlicher Subkulturen nachempfunden sind, insbesondere unter Abbildung eines Totenschädels gemäß nachstehenden Abbildungen a) und b),
c) Verwendung von bunten Perücken mit im Punkstil toupierten Haaren oder entsprechende Frisuren, gemäß nachstehenden Abbildungen a) und b),
Die Klägerin leitet ihre Rechte von der N2 GmbH & Co KG ab, die die Rechte für das Musical "X1" für Deutschland besitzt und dieses in Köln seit 2004 aufführt. Dazu hat die Klägerin den Lizenzvertrag vom 21. Februar 2005 (Anlage K 20, Blatt 124 bis 127 der Akte) vorgelegt. Die Klägerin führt entsprechende Promotionsveranstaltungen durch, so etwa bei der Eröffnung der B1-Arena in München am 31. Mai 2005 (Mitschnitt Anlage K 1), auch bei "X2...€" und anderen Gelegenheiten. Die Präsentation zur Eröffnung der B1-Arena wurde von 66.000 Zuschauern life verfolgt und vom ZDF übertragen. Der Auftritt bei "X2...€" wurde von ca. 2500 Zuschauern in der Halle und ca. 14 Millionen Fernsehzuschauern verfolgt. Dabei werden Ausschnitte aus dem Musical unter Verwendung der Texte, der Musik, der Kostümierungen und der tänzerischen Choreografie aufgeführt. Es treten neben (Solo-) Sängern auch Tänzer auf, die vorwiegend im Punklook, aber auch anderen jugendlichen Stilrichtungen wie Hardrock, Rock 'n' Roll, Techno, Hip Hop, Flower Power und Woodstock gekleidet sind.
Die Beklagte sollte den CDU-Parteitag im August 2005 in Dortmund ausrichten. Dazu fragte sie die Klägerin an. Die Beklagte erhielt von der Klägerin daraufhin Schriftmaterial und DVD-Material über die Konzeption sowie die künstlerische und bühnentechnische Gestaltung der Bühnenshow zur Information. Zwischen den Parteien wurden Verhandlungen geführt. Die Klägerin gab für einen 20-minütigen Halbplay-back-Auftritt ohne Musiker ein Angebot über 45.000 € netto ab (AnlageK 15, Blatt 87 der Akte). Es kam jedoch ohne Angabe von Gründen nicht zu einer Beauftragung. Die Beklagte engagierte vielmehr die Coverband "N2", ließ diese R1-Hits spielen und ließ ebenfalls Tänzer auftreten, die im Punklook gekleidet sind. Daneben wurden auch ein Chor, Streicher und eine Sopranistin eingesetzt. Die Gruppe "N2" tritt schon seit vielen Jahren auch mit Chor, Streichern und Solisten auf. Das in der Anlage K 5 (Blatt 24 der Akte) gezeigte Foto ist ein Standbild eines Mitschnitts der Bühnenshow auf dem CDU-Parteitag, worauf Bezug genommen wird. Weitere Bilder sind auf der von der Klägerin als Anlage K 3 vorgelegten DVD aus der "heute-Sendung" vom 28. August 2005 zu sehen, worauf ebenfalls Bezug genommen wird. Während der Aufführung auf dem CDU-Parteitag sind insgesamt 11 Musikstücke der Gruppe "R1" dargeboten worden. Außer den Titeln "01", "X1" und "02" waren nur andere Musikstücke dargeboten worden, als die Klägerin angeboten hatte. Die Musikstücke wurden auch mit den Originaltexten und nicht mit den - wie im von der Klägerin beworbenen Musical - eingedeutschten Texten vorgetragen.
Die Klägerin behauptet, der Gesamteindruck zeige die Imitation. Grundlegendes Konzept der Promotionsauftritte der Klägerin sei die Darbietung von Songs der Gruppe "R1" durch einen Solosänger. Die Übernahme dieses Konzeptes sei auf der Ablichtung in der Anlage K 5 zu erkennen. Auch habe die Klägerin die Kostümierungen der Tänzer übernommen. So trage einer der Tänzer der Klägerin ein dunkles T-Shirt mit einem Totenkopf (Anlage K 6, Blatt 25 der Akte). Auch die Beklagte habe - insoweit unstreitig - einen Tänzer mit einem Totenkopf-T- Shirt ausgestattet. Auch die im Punkstil toupierten Perücken habe die Beklagte übernommen. Dazu verweist sie unter anderem auf das Foto in der Anlage K 9 (Blatt 32 der Akte). Die Klägerin legt ferner eine Abbildung aus dem Prospekt zu dem Musical als Anlage K 10 (Blatt 33 der Akte) vor, auf dem eine Tänzerin mit einem roten Rock zu sehen ist. Sie behauptet dazu, dass sich aus dem Foto in der Anlage K 9 die Übernahme durch die Beklagte ergebe, da eine der dort abgebildeten Tänzerinnen ebenfalls einen roten Rock und lange Stiefel trage. Einzigartig seien insbesondere die Kostümierungen der Tänzer der Klägerin, die nicht nur im Stile des Punk, sondern Elemente von Kostümen bis zu sechs Subkulturen aufwiesen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei den von ihr präsentierten Promotionsveranstaltungen um musikalisch-tänzerische Werke im Sinne von § 2 UrhG handele. Für den Fall, dass es sich nicht um eine Urheberrechtsverletzung handele, sei jedenfalls von einer Nachahmung der Promotionsveranstaltungen der Klägerin durch die Beklagte auszugehen, was eine Wettbewerbshandlung zum Nachteil der Klägerin gemäß §§ 3,4 Nr. 9 UWG darstelle, da es sich um eine Herkunftstäuschung handele.
Auf die Hinweise des Gerichts im Termin vom 7. Juni 2006 hat die Klägerin dann mit insoweit nachgelassenem Schriftsatz vorgetragen, dass das Choreografiekonzept als maßgeblichen Bestandteil die Makrostruktur der Raumaufteilung habe. Im wesentlichen seien es drei Hauptaspekte, welche den maßgeblichen Einfluss auf das Choreografiekonzept der Promotionsveranstaltungen hätten. Diese seien die strukturelle Grundaufteilung der Mitwirkenden, die Animation der Zuschauer und der musikalisch-dramaturgische Spannungsbogen. Die strukturelle Grundaufteilung der Mitwirkenden sei in drei funktionelle Gruppen eingeteilt, nämlich die Band, das Tänzerensemble sowie die Solisten. Dabei sei die Band im Hintergrund aufgebaut, während die Mitte der Bühne von den Tänzern gefüllt werde und im Vordergrund die Solisten aufträten. Der zweite Konzeptgedanke bestehe darin, die Zuschauer zu animieren. So würden sich die Tänzer rundheruman der gesamten Bühnenkante mit dem Gesicht zum Publikum wenden und dieses zum Mitsingen und Mittanzen animieren. Dies geschehe insbesondere durch das bekannte Mitklatschen zu "X1" und das so genannte "Head-Banging". Schließlich werde ein musikalisch-dramaturgischer Spannungsbogen durch die Auswahl und Abfolge der dargebotenen Songs erzeugt, wobei die Choreografie für jeden Song einen Tanzstil einsetze, der einen Gegenpol zur bisherigen Darbietung schaffe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darlegungen der Klägerin im Schriftsatz vom 10. Juli 2006, dort insbesondere auch auf die Anlage K 21, Bezug genommen. Die Übernahme durch die Beklagten folge daraus, dass die Kostüme kopiert worden seien. Ebenso entspreche die Positionierung der Band, der Tänzer und der Solisten der Bühnenveranstaltung der Beklagten derjenigen der Klägerin. Denn auch hier sei die Band im Hintergrund, während davor die Tänzer aufträten und die Solisten sich am Rande der Bühne bewegten, um Kontakt mit dem Publikum zu halten. Darüber hinaus sei auch das Schwenken der ausgestreckten Arme über den Kopf nachgeahmt. Die Klägerin führt weiter aus, dass in dem Fall, wenn man den gesamten Mitschnitt der Bühnenveranstaltung der Beklagten betrachten würde, zweifelsohne weitere Choreografieelemente des Konzeptes der Klägerin ins Auge stechen würden, welche von der Beklagten übernommen worden seien. Sie führt ferner aus, dass sie über ein Mitglied der CDU erfahren habe, dass die CDU im Besitz einer vollständigen Aufzeichnung des Bundesparteitages ist, diese aber nicht herausgeben wolle.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meinung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an den jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr Bühnenshows sowie Konzert- und/oder Eventveranstaltungen jeglicher Art durchzuführen, welche kumulativ die nachfolgend aufgeführten Merkmale und Stileelemente aufweisen:
a) Darbietung von Musikstücken von R1
b) Verwendung von Kostümen, welche Kleidungsstücken verschiedener jugendlicher Subkulturen nachempfunden sind, insbesondere unter Abbildung eines Totenschädels gemäß nachstehenden Abbildungen a) und b),
c) Verwendung von bunten Perücken mit im Punkstil toupierten Haaren oder entsprechende Frisuren, gemäß nachstehenden Abbildungen a) und b),
2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die unter Ziff. 1 beschriebenen Handlungen begangen hat und zwar unter Angabe
a) des Datums und des Ortes der jeweils durchgeführten Veranstaltungen,
b) des Namens und der Anschrift des Kunden,
c) der Anzahl und des Inhalts von Angeboten,
d) der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
e) der Gestehungskosten und sämtlicher Kostenfaktoren,
f) des erzielten Gewinns,
g) der Art und des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, Bundesländern und Werbeträgern,
wobei der Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten wird, die Namen und Anschriften ihrer Kunden und Angebotsempfänger nicht der Klägerin, sondern einem von der Klägerin zu benennenden und der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die Kosten der Einschaltung des Wirtschaftsprüfers trägt und den Wirtschaftsprüfer zugleich ermächtigt, der Klägerin auf konkretes Befragen Auskunft darüber zu geben, ob bestimmte durchgeführte Veranstaltungen oder bestimmte Kunden in der erteilten Auskunft (Rechnungslegung) enthalten sind.
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr im Zusammenhang mit dem vorstehend unter Ziff. 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.
Die Klägerin stellt ferner den Antrag,
der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU), vertreten durch Dr. N, L-Straße, Berlin, aufzugeben, die sich in den Räumlichkeiten der CDU-Bundesgeschäftsstelle in K.-Haus, L- Straße, Berlin, befindlichen Aufzeichnungen des CDU- Bundesparteitages, welche am 28. August in der Dortmunder Westfalenhalle stattfand, vorzulegen und hierfür eine Frist zu setzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass jedenfalls keine Nachahmung der von der Klägerin durchgeführten Promotionsveranstaltungen für das Musical "X1" stattgefunden habe. Dazu beruft sie sich darauf, dass die von ihr beauftragte Coverband "N2" mit eigenen Kostümen, einem Chor, Streichern und eine Sopranistin aufgetreten sei, was sie so und ähnlich - unstreitig - schon seit vielen Jahren tue. Sie habe eine Choreografin mit der Erarbeitung einer Choreografie beauftragt. Die Choreografin habe das Musical "X1" niemals gesehen. Auch der beauftragte Kostümbildner kenne das Musical nicht. Er habe seine Kostüme und Perücken vielmehr ausschließlich an aktuellen Trends ausgerichtet. Als Vorbildhabe ihm die damalige Punkbewegung gedient, wobei man sich insbesondere auch am (damaligen) Kleidungsstil der Sängerin Madonna orientiert habe. Dazu legt sie eine Abbildung in der Anlage B 3 (Blatt 61 der Akte) vor. Ferner habe die Kleidung der Band "N2" als Anregung gedient, wozu sie Abbildungen der Gruppe in der Anlage B 4 (Blatt 62 Akte) vorlegt, sowie anderer Gruppen, wie beispielsweise der "T1" (Anlage B 5, Blatt 67 der Akte). Bei dem Totenkopf-T-Shirt handele es sich um ein handelsübliches, was unstreitig ist, sodass dies mit den ausgefallenen Kostümen der Klägerin nichts gemein habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz zu. Für derartige aus § 97 UrhG (ggf. i. V. m. §§ 242, 259 BGB) sich grundsätzlich ergebenden Ansprüche fehlt es an einer urheberrechtlich schutzfähigen Leistung, die durch die Beklagten übernommen worden ist.
Dabei kann offen bleiben, ob man bei den im Rahmen der von der Klägerin durchgeführten Promotionsveranstaltungen vorgeführten Aufführungen von einem urheberrechtlich geschützten musikalisch-tänzerischen Werk ausgehen kann, wie dies wohl auch die Beklagte tut.
Die Ansprüche scheitern jedoch daran, dass die Beklagte dieses ggf. urheberrechtlich geschützte Werk weder ganz noch teilweise in urheberrechtlich relevantem Umfang übernommen hat. Es fehlt bislang - auch nach den Hinweisen der Kammer im Termin vom 7. Juni 2006 - an jeglichem Vortrag dazu, der eine Übernahme der sich aus dem Antrag der Klägerin ergebenden, ihr Werk angeblich prägenden Stileelemente durch die Beklagte auf der Veranstaltung des CDU- Parteitags belegen könnte. Außer Betracht zu bleiben haben dabei zunächst insbesondere die Songs der Gruppe R1. Die Rechte daran hat die Klägerin jedenfalls nicht in einem die Beklagte oder die Gruppe N2 ausschließenden Maße. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Unstreitig ist als weiteres insbesondere auch, dass die Gruppe "N2" stets mit Chor, Streichern und Solisten auftritt und dies auch im vorliegenden Fall während des CDU-Parteitags getan hat. Die dabei vorgetragenen Musikstücke von R1 wurden zudem abweichend von den Veranstaltungen der Klägerin, die sich - offenbar - an den für das Musical angepassten deutschen Texten orientieren, mit den Originaltexten dargeboten. Auch wurden nur 3 der von der Klägerin vorgesehenen Songs dargeboten. Dass "X1" und "02" darunter waren, hat für die Beurteilung der Frage einer Übernahme keine Bedeutung. Denn dies sind die beiden bekanntesten Lieder der Gruppe R1, ohne die ein R1-Konzert keinesfalls auskommt.
Damit bleiben nach dem im Antrag zu 1 ausgedrückten Begehren der Klägerin, worauf die Anträge zu 2 und 3 Bezug nehmen, nur die Verwendung von Kostümen und Perücken. Der Umstand, dass dem Auftritt der Gruppe "N2" auch noch eine Tänzergruppe beigefügt wurde, die in Kostümen mit typischen jugendlichen Kleidungsarten der 70er und 80er Jahre gekleidet waren, führt nicht dazu, dasseine Übernahme eines etwaig urheberrechtlich geschützten Werkes der Klägerin durch die Beklagte anzunehmen ist. Denn zum einen ist unstreitig, dass eine Vielzahl von Künstlern sich in den 70er und 80er Jahren in ähnlicher Weise für ihre Auftritte gekleidet haben. Zum anderen behauptet auch die Klägerin nicht, dass von der Beklagten konkrete Kostüme ihrer Promotionsveranstaltungen eins zu eins übernommen worden sind. Auch eine ausreichende Ähnlichkeit ist nicht dargelegt. Soweit sie auf den Tänzer mit dem Totenkopf auf dem T-Shirt abstellt, ist eine Übernahme nicht gegeben. Auch nach dem Vortrag der Klägerin handelt es sich bei dem T-Shirt, das der Tänzer auf der Veranstaltung des CDU-Parteitages getragen hat, um ein handelsübliches. Demgegenüber ist das von ihrem Tänzer getragene Hemd, wie es etwa in der Anlage K 6 (Blatt 27 der Akte) zu sehen ist, mit einem viel aufwändiger gestalteten Motiv versehen. Eine Ähnlichkeit insbesondere auch der beiden mit dem Totenkopf versehenen Tänzer im übrigen ist nicht gegeben, wie der Vergleich mit dem Bild aus der Anlage K 7, Blatt 28 der Akte, zeigt. Denn die Kleidung im übrigen unterscheidet sich in Farben und Schnitt. Auch sind die Frisuren völlig anders. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin zu einer Tänzerin mit einem roten Kleid und hohen Stiefeln. Selbst wenn man die Kopie aus dem Programmheft (Anlage K 10) mit der Tänzerin auf dem Foto in der Anlage K 9 auf eine Übereinstimmung überprüfen wollte, ergeben sich eine Reihe von Unterschieden. Ob die Tänzerin aus dem Prospekt lange Stiefel trägt, ist bereits nicht erkennbar. Soweit dies ersichtlich ist, handelt es sich bei dem Kleid bzw. der Aufmachung der Tänzerin aus der Anlage K 10 um ein mit Nieten und Leder sowie Ketten besetztes Kostüm, während das Kleid der Tänzerin auf der Anlage K 9 ohne Nieten und Ketten ausgestaltet ist. Auch die Frisuren unterscheiden sich erheblich. Unabhängig davon jedoch hat die Klägerin noch nicht einmal vorgetragen, dass sie ebenfalls eine Tänzerin wie aus dem Musicalprospekt, Anlage K 10, ersichtlich einsetzt. Damit bliebe aber alleine die Idee, die Tänzer entsprechend zu kleiden. Die Idee als solche ist jedoch urheberrechtlich bekanntlich nicht geschützt (vgl. statt aller nur Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 37 m. w. N.).
Vor diesem Hintergrund ist auch nicht in der Gesamtschau von einem einheitlichen Werk und einer entsprechend einheitlichen Übernahme auszugehen. Zwar kann sich ein urheberrechtlich geschütztes Werk auch aus dem Gesamteindruck der einzelnen ggf. für sich genommen nicht geschützten Gestaltungselemente und Bestandteile ergeben. Die Verbindung der Elemente des üblichen Auftritts der Gruppe "N2" mit einer Tänzergruppe reicht jedoch nicht aus. Es fehlt vor allem an der Darlegung, dass etwa tänzerische Choreografieelemente übernommen worden sind. Nicht ausreichend ist dafür insbesondere das Bewegen der Arme über dem Kopf verbunden mit rhythmischem Klatschen. Auch die Klägerin führt aus, dass letzteres die typische Reaktion nicht nur der Gruppe R1 selbst, sondern sämtlicher Zuschauer und Zuhörer bei der Vorführung des Stückes "X1" ist. Der Klatschrhythmus wird von der Gruppe selbst in ihrer ursprünglichen Besetzung und auf jeder Originalaufnahme vorgegeben.
2. Nach allem ist auch dem Antrag auf Vorlage angeblicher Bandaufzeichnungen durch die CDU gemäß § 144 ZPO nicht nachzukommen. Es erscheint vielmehr als reine Spekulation, dass sich bei Vorlage der Aufzeichnung "zweifelsohne" weitere Übernahmen durch die Beklagte ergeben würden. Die Klägerin weiß vielmehr auch nach eigenem Vortrag nicht, ob und wenn ja, in welchem Umfang Nachahmungen bzw. Übernahmen durch die Beklagte stattgefunden haben. In Anbetracht des von ihr selbst eng gezogenen Schutzbereichs, für den sie mit der vorliegendenKlage Unterlassung und Schadensersatz begehrt, nämlich den Bühnenshows und ähnlichen Veranstaltungen, welche kumulativ die nachfolgend aufgeführten Merkmale und Stileelemente aufweisen:
- Darbietung von Musikstücken von R1
- Verwendung von Kostümen, welche Kleidungsstücken verschiedener jugendlicher Subkulturen nachempfunden sind, insbesondere unter Abbildung eines Totenschädels gemäß nachstehenden Abbildungen a) und b),
- Verwendung von bunten Perücken mit im Punkstil toupierten Haaren oder entsprechende Frisuren, gemäß nachstehenden Abbildungen a) und b),
reicht dies nicht aus. Dies würde vielmehr einer Ausforschung gleichkommen. Die über §§ 144, 371 ZPO mögliche Augenscheinnahme ist ein Beweismittel. Voraussetzung ist mithin, dass die zu beweisenden Tatsachen vorgetragen werden. Daran fehlt es. Wie dargelegt, sind zudem bloße Ähnlichkeiten nicht ausreichend, da allein schon die Musik der Gruppe R1 jeder Aufführung die maßgebliche Prägung gibt und diese von der Beklagten bzw. der von ihr beauftragten Gruppe "N2" originalgetreu dargeboten werden durfte.
3. In Anbetracht der sich nach dem Urheberrecht ergebenden Rechtslage scheidet auch ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz aus. Denn grundsätzlich gilt, dass in dem Fall, wenn jemand durch seine Handlungen keine fremden Urheberrechte verletzt, zunächst der Grundsatz der Nachahmungsfreiheit (so schon der BGH in GRUR 1966, 507 - Apfelmadonna; seitdem ständige Rechtsprechung). In der genannten Entscheidung hat der BGH wie folgt ausgeführt:
Es ist anerkannt, daß die Nachbildung von Gegenständen, an denen ein Sonderrechtsschutz urheberrechtlicher oder geschmacksmusterrechtlicher Art nicht oder nicht mehr besteht, gestattet ist (BGHZ 37 , 1 , 19 f. - AKI 1 ; BGH in GRUR 1958 , 351 Deutschlanddecke). Es dürfen insbesondere die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nicht herangezogen werden, um einen nicht bestehenden Urheberrechtsschutz zu ersetzen, da sonst die zeitliche Begrenzung des Urheberschutzes ihren Sinn verlöre (BGHZ 26 , 52 , 59 - Sherlock Holmes 3 ; Ulmer, a.a.O., S. 27; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 9. Aufl., § 1 UWG Anm. 287).
Allerdings ist dadurch ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz nicht vollständig ausgeschlossen. Der BGH (aaO.) weiter:
Das schließt jedoch nicht aus, eine wettbewerbliche Leistung dann gegen eine im Wege der Nachahmung erfolgende Ausnutzung zu schützen, wenn besondere - außerhalb des kunstschutzrechtlichen Tatbestands liegende - Umstände hinzutreten, welche die Ausnutzung wettbewerbsrechtlich als unlauter erscheinen lassen (BGHZ 5 , 1 , 10 - Hummel-Figuren 4 ). Ein Tatbestand der Nachbildung, bei dem ein Urbild durch eigene Leistung nachschaffend wiederholt wird, liegt jedoch nicht vor, wenn einfremdes Leistungsergebnis unmittelbar ausgenutzt wird. Diese Art der Ausschlachtung ist wettbewerbsrechtlich unlauter, wenn dadurch ein fremdes, den Einsatz beträchtlicher Arbeit und Kosten voraussetzendes Leistungsergebnis ohne ins Gewicht fallende zusätzliche eigene Leistung zur Förderung des eigenen Erwerbs unter Schädigung der wettbewerblichen Stellung desjenigen, der das Leistungsergebnis geschaffen hat, mühelos ausgebeutet wird (BGHZ 37 , 1 , 19 f. - AKI 1 ).
Auch für ein derartiges müheloses Ausbeuten sind keine Anhaltspunkte gegeben. Zwar ist unstreitig zwischen den Parteien, dass die Beklagte Informationsmaterial, insbesondere auch den Auftritt der Klägerin in der Münchener B1-Arena von der Klägerin im Rahmen der Verhandlungen zwischen den Parteien erhalten hat. Zum einen war aber auch nach der Darstellung der Klägerin dieser Auftritt - sowie auch alle anderen Auftritte - öffentlich einem Millionenpublikum und damit auch der Beklagten zugänglich. Vor diesem Hintergrund scheidet insbesondere die Annahme besonderer Umstände i. S. von §§ 17,18 UWG und der dort geregelten unbefugten Vorlagenverwertung aus. Denn ein "Anvertrauen" mit der Pflicht zur Geheimhaltung liegt bei Überlassung von öffentlich zugänglichen Informations- und Werbematerial nicht vor. Zum anderen gab die Gruppe "N2" ein Konzert, das neben den Tänzern auch von einem Chor, Streichern und einer Solosängerin begleitet wurde. Das Angebot der Klägerin sah vielmehr einen Auftritt ohne Musiker vor. Auch musste der tänzerische Auftritt und die Choreografie für den konkreten Auftritt in der Dortmunder Westfalenhalle kreiert werden. Der Umstand, dass sich die Band mittig im Hintergrund, die Tänzer in der Mitte und Solisten am Rand der Bühne befinden, und dies grundsätzlich auch von der Klägerin so vorgenommen wird, gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Denn dies ist das übliche Konzept, dass bei einer Bühnenshow mit Band, Tänzern und Solisten in aller Regel verwendet wird. Ein wettbewerbswidriges Verhalten kann darin nicht gesehen werden.
4. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 ZPO.
Streitwert: 50.000,00 €
LG Köln:
Urteil v. 02.08.2006
Az: 28 O 121/06
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