Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Januar 2009
Aktenzeichen: 17 W (pat) 20/08

(BPatG: Beschluss v. 09.01.2009, Az.: 17 W (pat) 20/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in der vorliegenden Entscheidung die Beschwerde der Anmelderin gegen einen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts zugunsten der Anmelderin entschieden. Der Beschluss des Amtes, die Patentanmeldung abzulehnen, wurde aufgehoben und das Patent wurde erteilt. Die Patenterteilung basiert auf den eingereichten Unterlagen, darunter Patentansprüche, eine Beschreibung und Figuren. Die vorliegende Patentanmeldung ist aus einer vorherigen internationalen Anmeldung hervorgegangen, die wiederum die Priorität einer US-Voranmeldung in Anspruch nimmt. Die Anmelderin hatte entsprechende neue Patentansprüche und eine angepasste Beschreibung eingereicht, um zu begründen, dass das als unzulässige Erweiterung betrachtete Merkmal ursprünglich offenbart war. Die neuen Patentansprüche wurden angenommen, da keine formalen Mängel vorlagen, keine unzulässige Erweiterung vorlag, der bekannte Stand der Technik nicht entgegenstand und alle Kriterien für eine Patenterteilung erfüllt waren. Die Entscheidung des Bundespatentgerichts ist endgültig und das Patent wurde erteilt. Die Anmelderin hat nun das Recht, das Patent wirtschaftlich zu nutzen.

Zusammenfassend hat das Bundespatentgericht entschieden, dass das Patent erteilt wird, nachdem das Deutsche Patent- und Markenamt den Antrag ursprünglich abgelehnt hatte. Die Anmelderin hatte erfolgreich gegen diese Ablehnung Beschwerde eingelegt und neue Patentansprüche eingereicht, um zu begründen, dass das als unzulässige Erweiterung betrachtete Merkmal ursprünglich offenbart war. Das Gericht befand, dass die neuen Patentansprüche keine formalen Mängel aufwiesen und den Anforderungen für eine Patenterteilung entsprachen. Die Entscheidung des Gerichts ist endgültig und das Patent wurde erteilt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 09.01.2009, Az: 17 W (pat) 20/08


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patentund Markenamts vom 9. November 2007 aufgehoben und das Patent erteilt.

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1-10, eingegangen am 22. Oktober 2008, Beschreibung Seiten 1 - 8, eingegangen am 21. November 2008, Figuren 1 und 2, eingegangen am 6. Mai 2005, sowie Figur 3, eingegangen am 9. Dezember 2008.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist durch Teilungserklärung vom 16. März 2005 aus der nationalen Phase der PCT-Anmeldung PCT/US93/01816 mit dem Anmeldetag 3. März 1993, veröffentlicht als WO 93/18462 A1, entstanden. Sie nimmt die Priorität einer Voranmeldung in den USA vom 6. März 1992 in Anspruch. Die geltende Bezeichnung lautet:

"Busempfängerschaltung für Hochgeschwindigkeitsbussystem".

Auf die Stammanmeldung ist ein Patent erteilt und am 22. Dezember 2005 als DE 43 91 003 B4 veröffentlicht worden.

Die vorliegende Teilungsanmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patentund Markenamts vom 9. November 2007 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der geltende Patentanspruch 1 unzulässig erweitert worden sei: das Merkmal bezüglich der ansteigenden / fallenden Flanke sei in den Ursprungsunterlagen nicht offenbart. Im Übrigen seien die nebengeordneten Patentansprüche nicht zulässig. Die in der ersten Erwiderung noch beantragte Anhörung sei nicht mehr sachdienlich gewesen, da die Sache ausführlich ausdiskutiert und der Anmelderin ausreichend rechtliches Gehör eingeräumt worden sei.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Sie beantragt:

den Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts vom 9. November 2007 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen: Patentansprüche 1-10, eingegangen am 22. Oktober 2008, Beschreibung Seiten 1-8, eingegangen. am 21. November 2008, Figuren 1 und 2, eingegangen am 6. Mai 2005, sowie Figur 3, eingegangen am 9. Dezember 2008.

In ihrer Beschwerdebegründung erläutert die Anmelderin anhand der (gegenüber der Stammanmeldung gekürzten) Beschreibung und den Figuren ausführlich, dass das von der Prüfungsstelle als unzulässige Erweiterung betrachtete Merkmal ursprünglich offenbart sei. Zur weiteren Klarstellung der beanspruchten Lehre hat sie neue Patentansprüche und eine daran angepasste Beschreibung eingereicht.

Das nunmehr geltende Patentbegehren lautet:

"1. Slave-Gerät mit Busempfängerschaltung zum Abtasten aufeinanderfolgender Datenbits von einem Bussignal synchron zu ansteigenden und abfallenden Flanken eines Taktsignals (CLK), wobei die Busempfängerschaltung zwei Eingangsabtastschaltungen (150, 160) aufweist, welche jeweils umfassen:

eine Abtaststufe (M1-M9, T1, T2) zum Abtasten des Bussignals synchron zu einer ersten Flanke des Taktsignals (CLK), undeine Leseverstärkerstufe (M10-M16), die an die jeweilige Abtaststufe (M1-M9, T1, T2) gekoppelt ist, zum Generieren eines Datensignals, welches auf einer Differenz zwischen dem Bussignal und einer Referenzspannung (VREF) basiert, synchron zu der auf die erste Flanke des Taktsignals (CLK) folgenden Flanke des Taktsignals (CLK), wobei das Taktsignal (CLK) so auf die beiden Eingangsabtastschaltungen (150, 160) geschaltet ist, dass die eine Eingangsabtastschaltung (150) das Bussignal abtastet während die andere Eingangsabtastschaltung (160) das Datensignal generiert, und umgekehrt.

2. Slave-Gerät mit Busempfängerschaltung nach Anspruch 1, wobei die Abtaststufe (M1-M9, T1, T2) der jeweils einen Eingangsabtastschaltung (150) umfasst:

eine erste Differenzverstärkerschaltung (M1-M4, M8, M9) zum Abtasten eines ersten Datenbits von dem Bussignal synchron zu der ersten Flanke des Taktsignals (CLK); undwobei die Abtaststufe (M1-M9, T1, T2) der jeweils anderen Eingangsabtastschaltung (160) umfasst:

eine zweite Differenzverstärkerschaltung (M1-M4, M8, M9) zum Abtasten eines zweiten Datenbits von dem Bussignal synchron zu der auf die erste Flanke des Taktsignals (CLK) folgenden Flanke des Taktsignals (CLK).

3.

Slave-Gerät mit Busempfängerschaltung nach einem der vorstehenden Ansprüche mit jeweils einem Übertragungstor (T1) in den beiden Abtaststufen (M1-M9, T1, T2) zum abwechselnden Verbinden eines Eingangs der ersten Differenzverstärkerschaltung (M1-M4, M8, M9) und eines Eingangs der zweiten Differenzverstärkerschaltung (M1-M4, M8, M9) mit dem Bussignal synchron zu ansteigenden und abfallenden Flanken des Taktsignals (CLK).

4.

Slave-Gerät mit Busempfängerschaltung nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die Leseverstärkerstufe (M10-M16) der jeweiligen einen Eingangsabtastschaltung

(150) umfasst:

einen ersten Lese-Differenzverstärker zum Bestimmen eines logischen Zustands des ersten Datenbits durch Vergleich des in der einen Abtaststufe abgetasteten Bussignals mit der Referenzspannung (VREF) synchron zu einer Flanke des Taktsignals (CLK), welche auf die erste Flanke des Taktsignals (CLK) folgt; undwobei die Leseverstärkerstufe (M10-M16) der jeweiligen anderen Eingangsabtastschaltung (160) umfasst:

einen zweiten Lese-Differenzverstärker zum Bestimmen eines logischen Zustands des zweiten Datenbits durch Vergleich des in der anderen Abtaststufe abgetasteten Bussignals mit der Referenzspannung (VREF) synchron zu einer Flanke des Taktsignals (CLK), welche auf die auf die erste Flanke folgende Flanke des Taktsignals (CLK) folgt.

5.

Slave-Gerät mit Busempfängerschaltung nach Anspruch 4 mit jeweils zwei Trenntransistoren (M5, M6), die zwischen der jeweiligen Abtaststufe (M1-M9, T1, T2) und Leseverstärkerstufe (M10-M16) angeordnet sind, zum abwechselnden Verbinden eines Eingangs des ersten Lese-Differenzverstärkers mit dem in der einen Abtaststufe abgetasteten Bussignal und eines Eingangs des zweiten Lese-Differenzverstärkers mit dem in der anderen Abtaststufe abgetasteten Bussignal synchron zu ansteigenden und abfallenden Flanken des Taktsignals (CLK).

6.

Slave-Gerät mit Busempfängerschaltung nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die Spannungsaussteuerung am Ausgang der Abtaststufen ähnlich gering ist wie an ihrem Eingang, und die Spannungsaussteuerung am Ausgang der Leseverstärkerstufen größer ist als an ihrem Eingang.

7.

Slave-Gerät mit Busempfängerschaltung nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die Differenzverstärkerschaltung (M1-M4, M8, M9) der Abtaststufen (M1-M9, T1, T2) weiterhin umfasst:

einen ersten Transistor (M3) mit einem Gate-Knoten und einem Source-Knoten zum Empfangen des Bussignals am Gate-Knoten; undeinen zweiten Transistor (M4) mit einem Gate-Knoten und einem Source-Knoten zum Empfangen der Referenzspannung (VREF) am Gate-Knoten, wobei der Source-Knoten des zweiten Transistors (M4) mit dem Source-Knoten des ersten Transistors (M3) verbunden ist.

8. Slave-Gerät mit Busempfängerschaltung nach Anspruch 7, wobei die Schaltung der Abtaststufen (M1-M9, T1, T2) weiterhin umfasst:

einem Abgleichtransistor (M7), der zwischen einem Drain-Knoten des ersten Transistors (M3) und einem Drain-Knoten des zweiten Transistors (M4) angeordnet ist, zum Reduzieren der Potentialdifferenz zwischen dem Drain-Knoten des ersten Transistors (M3) und dem Drain-Knoten des zweiten Transistors (M4); undeinem dritten Transistor (M2), der in Reihe mit einem vierten Transistor (M1) geschaltet ist, wobei der dritte Transistor (M2) und der vierte Transistor (M1) Strom vom dem Source-Knoten des ersten Transistors (M3) und dem Source-Knoten des zweiten Transistors (M4) erhalten, der dritte Transistor (M2) eine Vorspannung (VBIAS) an einem Gate-Knoten und der vierte Transistor (M1) das Taktsignal (CLK) empfängt.

9.

Slave-Gerät mit Busempfängerschaltung nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei das Bussignal an dem Eingangsanschluss als stromgetriebenes Signal empfangen wird.

10.

System mit:

einem Master-Gerät zum Bereitstellen von Daten für eine Bussignalleitung mittels eines Bussignals;

einem Abschlusswiderstand zum Abschließen des Bussignals; undeinem Slave-Gerät mit Busempfängerschaltung nach einem der vorstehenden Ansprüche, welches über den Bus mit dem Master-Gerät gekoppelt ist, zum Empfang des Bussignals."

Diesen Patentansprüchen soll jetzt (siehe Beschreibung eingegangen 21. November 2008, S. 3 Zeile 27-29) die Aufgabe zugrunde liegen, einen störungsarmen und energiesparenden Empfang von Daten mittels CMOS-VLSI-Technik an einem Hochgeschwindigkeits-Strommodus-Bus zu ermöglichen.

Bezüglich der übrigen Unterlagen wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Sie hat auch Erfolg, da das nunmehr geltende Patentbegehren keine formalen Mängel mehr aufweist, nicht unzulässig erweitert ist, der nebengeordnete Patentanspruch 10 grundsätzlich zulässig ist, der bekannt gewordene Stand der Technik nicht entgegen steht und auch sonst die Kriterien zur Patenterteilung erfüllt sind (PatG §§ 1 bis 5, § 34).

1. Die Anmeldung betrifft im engeren Sinne eine Datenempfangsschaltung (Bus-Empfänger-Schaltung) für ein Hochgeschwindigkeits-Bussystem mit einem stromgetriebenen Bus, wobei die Schaltung unter Einsatz von CMOS-Technik optimiert werden soll.

Dabei wird eine einzelne Eingangsabtastschaltung, wie sie in den Figuren 2 und 3 der Teilungsunterlagen beschrieben ist, entsprechend der Figur 1 doppelt vorgesehen, jedoch so, dass beide Schaltungen auf unterschiedliche Flanken des Taktsignals CLK reagieren. Damit wird es möglich, jeweils zur ansteigenden und zur abfallenden Flanke des Taktsignals CLK ein Datenbit zu bestimmen.

Als weitere wesentliche Lösungsidee lässt sich der Beschreibung entnehmen, dass die beiden Eingangsabtastschaltungen jeweils als getaktete zweistufige Puffer-Verstärker ausgelegt sind, wobei durch ein Abtrennen der Verstärkerstufe von der Pufferstufe im Laufe des Taktzyklusses die Rückwirkungen auf die Busleitungen minimiert werden sollen.

Als Fachmann für die genannte Aufgabenstellung ist ein Entwicklungsingenieur (FH) für Hochgeschwindigkeits-Bussystem-Schaltungen mit mehrjähriger Berufserfahrung insbesondere auch in der CMOS-Schaltungstechnik anzusehen.

2. Der nunmehr geltende Patenterteilungsantrag verlässt den Rahmen der ursprünglichen Offenbarung nicht.

2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine dem Fachmann in der Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbarte Verfahrensweise (sinngemäß hier: Vorrichtung) auch dann zum Gegenstand eines Anspruchs gemacht werden, wenn auf sie in den ursprünglichen Unterlagen noch kein Anspruch gerichtet war (BGH GRUR 1988, 197 "Runderneuern"; GRUR 2005, 1023 "Einkaufswagen II" u. a.). Entscheidend ist, ob die ursprüngliche Offenbarung für den Durchschnittsfachmann erkennen ließ, der geänderte Lösungsvorschlag solle von vornherein von dem Schutzbegehren umfasst werden (BGH Mitt. 1996, 204 "Spielfahrbahn"). Dabei kommt es wesentlich darauf an, ob der Fachmann neubeanspruchte Merkmale bereits den ursprünglichen Unterlagen ohne weiteres als offenbart und in seiner Bedeutung für den Erfindungsgedanken entnehmen konnte (BGH GRUR 1981, 341 "Piezoelektrisches Feuerzeug").

2.2 Im vorliegenden Fall gibt die PCT-Veröffentlichung WO 93 /18462 A1 der Stammanmeldung den Rahmen für die ursprüngliche Offenbarung an; soweit keine Diskrepanzen bestehen, kann deren deutsche Übersetzung DE4391003 T1 herangezogen werden.

Denn nach der neueren Rechtsprechung des BGH führt eine Teilung nicht zur Aufspaltung des Anmeldungsgegenstandes, sondern nur zur Aufspaltung des Verfahrens; inhaltlich kann der Anmelder auf den gesamten Offenbarungsgehalt der Stammanmeldung zurückgreifen, auch wenn er damit über den Gegenstand der Teilungserklärung hinausgehen sollte (vgl. Benkard / Schäfers, PatG, 10. Auflage (2006), § 39 Rdn. 25-29; Busse / Keukenschrijver, PatG, 6. Auflage (2003), § 39 Rdn. 16; Schulte, PatG, 7. Auflage (2005), § 39 Rdn. 8-10; BGH GRUR 1999, 148 "Informationsträger" Abschnitt IV.).

Bei einer ursprünglich nicht in deutscher Sprache eingereichten PCT-Anmeldung ist im Zweifel nicht die Übersetzung, sondern die Originalfassung maßgeblich, vgl. Busse, a. a. O., § 34 Rdn. 241 Fußnote 508 mit Verweis auf die Entscheidung T 605/ 93 der Beschwerdekammer 3.5.1 des Europäischen Patentamts.

2.3 Die Gegenstände der neuen Patentansprüche konnten diesen ursprünglichen Unterlagen ohne Weiteres entnommen werden.

Ein Slave-Gerät als Busteilnehmer, das notwendigerweise eine Busempfängerschaltung aufweist, ist in der DE 43 91 003 T1 (alle folgenden Zitate beziehen sich auf diese) auf Seite 1 Absatz 2 Zeile 5 angegeben. Das "System" gemäß Anspruch 10 ergibt sich beispielsweise aus dem ursprünglichen Patentanspruch 1 bzw. Figur 1. Die im Detail beanspruchte Busempfängerschaltung beruht auf den Figuren 3, 4a und 4b und der zugehörigen Beschreibung, insbesondere Seite 10 und Seite 12-14.

2.3.1 Die dort beschriebene Busempfängerschaltung umfasst gemäß Figur 3 zwei gleichartige Eingangsabtastschaltungen 150 und 160, die in den Figuren 4a und 4b näher beschrieben sind und selbst jeweils aus zwei Schaltungsstufen bestehen. Die Versorgung des "unteren" Eingangsabtasters 160 in Figur 3 mit einem Taktsignal (CLK) und einem invertierten Taktsignal (in den Figuren durch die Buchstabenfolge CLK mit Überstrich, in der Beschreibung durch -CLK gekennzeichnet), die auch in Figur 4a erkennbar ist, entspricht der Lehre der Beschreibung (siehe Seite 12 Absatz 1 / 2), dass in dem Eingangsabtaster 160 auf eine erste (z. B. positive) Taktflanke hin die erste Schaltungsstufe (Abtaststufe) zu arbeiten beginnt, und auf die folgende (im Beispiel negative) Taktflanke hin die zweite Schaltungsstufe (Leseverstärkerstufe) das Signal der ersten Stufe weiterverarbeitet. Daneben ist aus Figur 3 anhand der über Kreuz geführten Taktleitungen ersichtlich, dass die zweite Eingangsabtastschaltung 150 dieselbe zweistufige Arbeitsweise um eine Taktflanke versetzt durchführt, also im Beispiel deren erste Schaltungsstufe (Abtaststufe) auf die negative Taktflanke hin zu arbeiten beginnt und ihr Signal auf die folgende positive Taktflanke hin an ihre zweite Schaltungsstufe (Leseverstärkerstufe) weitergibt. Dies entspricht der Beschreibung Seite 10 Mitte, dass die Eingangsabtaster "nach Ping-Pong-Art arbeiten" und ihre jeweiligen Abtaststufen das Bussignal "auf abwechselnden Taktflanken abtasten". Vgl. auch den ursprünglichen Anspruch 1: "auf abwechselnden Taktsignalen arbeitet, um den Durchsatz durch den Empfänger zu erhöhen" und Anspruch 2 "wobei die erste Abtaster/Verstärkerschaltung auf einer ersten Flanke des Taktsignals arbeitet und der zweite Abtaster/Verstärker auf einer zweiten Flanke des Taktsignals arbeitet". Der Fachmann ist grundsätzlich bestrebt, eine schriftliche Offenbarung in sinnvollem Zusammenhang zu lesen und ihren Gesamtinhalt im Zweifel so zu verstehen, dass sich Widersprüche nicht ergeben (vgl. Busse, PatG, 6. Auflage (2003), § 14 Rdnr. 43: zu Fußnote 135, m. w. N., für eine Patentschrift).

Daher ist nach Überzeugung des Senats die Formulierung gerechtfertigt, dass die Busempfängerschaltung (als Ganzes gesehen) die Datenbits "synchron zu ansteigenden und abfallenden Flanken eines Taktsignals" abtastet.

2.3.2 Alle übrigen Merkmale, insbesondere auch die der Unteransprüche, ergeben sich ohne Weiteres insbesondere aus den Figuren 3, 4a, 4b und der zugehörigen Beschreibung. Zu Unteranspruch 6 siehe z. B. den ursprünglichen Anspruch 1 (Seite 17 Absatz 1), Anspruch 5 / 6 und Seite 10 unten. Zu Unteranspruch 9 siehez. B. Seite 6 Zeile 1.

3. Der formal nebengeordnete, auf ein "System" gerichtete Patentanspruch 10 stößt auf keine grundsätzlichen Bedenken.

Zwar hängt seine Patentfähigkeit hier allein von den Ansprüchen ab, auf die er rückbezogen ist. Seine Abfassung als sowohl auf die gegenständliche Struktur als auch (indirekt, durch seine Rückbeziehung) auf die verfahrensmäßigen Abläufe gerichtet erscheint jedoch sachgerecht und ist zulässig (vgl. BPatG GRUR 2005, 45 = 17 W (pat) 10/03 "Systemansprüche").

Auch ein Verstoß gegen § 34 Absatz 3 Satz 3 PatG, wie von der Prüfungsstelle im Bescheid vom 5. Februar 2007 geltend gemacht, liegt nicht vor. Eine Forderung der Art, dass sich der Anmelder mit seinen Patentansprüchen auf irgendeinen "Kern der Erfindung" beschränken müsste, findet im Gesetz keinen Rückhalt. Vielmehr kann der Anmelder die Erteilung des Patents grundsätzlich mit dem Inhalt

(d. h.: mit jedem Inhalt) verlangen, der der gegebenen neuen Lehre entspricht. Daraus folgt sein Recht, durch die Fassung der Patentansprüche zu bestimmen, für welche Lehre zum technischen Handeln er um Patentschutz nachsucht (BGH GRUR 1986, 237, II. 2b "Hüftgelenkprothese"); insbesondere ist er berechtigt, die Erteilung des Patents in jeder Patentkategorie zu beanspruchen, der sich die angemeldete Erfindung nach ihrem technischen Inhalt zuordnen lässt (BGH BlPMZ 1998, 81, II. 3 "Handhabungsgerät"). "Die Entscheidung darüber, welchen Inhalt das Schutzrecht letztlich haben soll, muss demjenigen überlassen sein, der es wirtschaftlich nutzen will" (BGH BlPMZ 1989, 32, III. 2d "Verschlussvorrichtung für Gießpfannen").

Der Patentanspruch 10 ist daher in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden.

4.

Eine Identität der geltenden Patentansprüche mit denen des auf die Stammanmeldung erteilten Patents gemäß DE 43 91 003 B4 besteht nicht, so dass das Verbot einer Doppelpatentierung nicht verletzt wird.

5.

Der bekannt gewordene Stand der Technik steht nicht patenthindernd entgegen.

5.1 Dabei sind zunächst die von der internationalen Recherchebehörde ermittelten Druckschriften gemäß WO93 / 18 462 A1 zu berücksichtigen:

E1 US 5 097 157 A ( = EP 0 484 009 A2 ) E2 JP 03 -079 134 A (als abstract aus den Patent Abstracts of Japan) E3 Wooley, B.A. et. al.: Active substrate system integration. In: 1987 IEEE Int. Conf. on Computer Design: VLSI in computers and processors, 1987, Seite 468 -471 E4 US 4 912 724 A E5 EP 0 450 871 A2, ferner die in der ursprünglichen Beschreibung von der Anmelderin selbst genannten Druckschriften:

E6 US 4 481 625 A E7 WO91 /16 680 A1 E8 US 5 023 488 A Die US-Publikation der E1 ist nach dem Prioritätsdatum der vorliegenden Anmeldung veröffentlicht und daher im deutschen Prüfungsverfahren nicht relevant; statt ihrer ist die ebenfalls nach dem Prioritätsdatum veröffentlichte Familienanmeldung EP 0 484 009 A2 gemäß PatG § 3 Abs. 2 Nr. 2 (lediglich) bei der Neuheitsprüfung zu beachten.

Druckschrift E5 ist eine Nachanmeldung der selbstgenannten Druckschrift E8. Im Prüfungsverfahren der vorliegenden Teilungsanmeldung hatte der Prüfer zunächst die Druckschrift E6 entgegengehalten.

Darüber hinaus sind im Prüfungsverfahren zur Stammanmeldung zitiert worden:

D1 US 4 247 817 A D2 US 4 860 198 A Auf die eingangs genannte Voranmeldung in den USA wurde 1994 das Patent US5355391 A erteilt; die dort genannten Entgegenhaltungen sind noch zusätzlich zu berücksichtigen.

Weiterer relevanter Stand der Technik ist nicht bekannt geworden.

5.2 Mit Ausnahme von E2, E4 und einiger Entgegenhaltungen des US-Patents, die ersichtlich noch weiter abliegen, werden all diese Druckschriften in der neuen Beschreibungseinleitung aufgegriffen und kurz kommentiert (siehe dort Seite 1 unten - Seite 3 Mitte). Keines der genannten Dokumente lehrt im Sinne des geltenden Patentanspruchs 1 eine Busempfängerschaltung, welche zwei Eingangsabtastschaltungen aufweist, die jeweils abwechselnd synchron zu aufeinander folgenden ansteigenden und abfallenden Flanken eines Taktsignals betrieben werden.

Dieser Gedanke war für den Fachmann auch nicht aufgrund seines Grundwissens oder aus sich selbst heraus naheliegend, so dass der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht nur neu ist, sondern auch auf erfinderischer Tätigkeit beruht; dasselbe gilt für den formal nebengeordneten, auf ihn rückbezogenen Patentanspruch 10. Diese Ansprüche sind daher patentfähig. Die Unteransprüche 2 bis 9 enthalten zweckmäßige, nicht selbstverständliche Ausgestaltungen der Erfindung und sind in Verbindung mit Anspruch 1 ebenfalls gewährbar.

III.

Das Patent war daher so, wie nunmehr beantragt, zu erteilen.

Dr. Fritsch Eder Baumgardt Wickborn Me






BPatG:
Beschluss v. 09.01.2009
Az: 17 W (pat) 20/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/3ebdb987e315/BPatG_Beschluss_vom_9-Januar-2009_Az_17-W-pat-20-08




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