Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Januar 2007
Aktenzeichen: 29 W (pat) 228/03
(BPatG: Beschluss v. 10.01.2007, Az.: 29 W (pat) 228/03)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 10. Januar 2007 (Aktenzeichen 29 W (pat) 228/03) eine Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Wortmarke mit dem Namen "flyer24" für Druckereierzeugnisse wie Flugblätter, Prospekte und Eintrittskarten abgelehnt. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung zuvor als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Das Gericht stützt seine Entscheidung auf das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Das Wort "flyer" sei im deutschen Sprachgebrauch als "Flugblatt" lexikalisch belegt und die Zahl 24 stehe für einen 24-Stunden-Service. Daher sei das angemeldete Zeichen in Verbindung mit den beanspruchten Druckereierzeugnissen lediglich ein Hinweis auf ein rund um die Uhr verfügbares Angebot von Flyern. Auch die Schreibweise in Form der Kleinschreibung des Wortes "flyer" und des fehlenden Zwischenraums zwischen beiden Bestandteilen ändere den beschreibenden Aussagegehalt des Zeichens nicht. Das Gericht verweist zudem auf seine ständige Rechtsprechung zu vergleichbaren Zeichen.
Der Anmelder hatte argumentiert, dass das Zeichen als Wortneubildung die erforderliche Unterscheidungskraft aufweise und dass die Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts unklar sei. Das Gericht sieht jedoch keine Willkür in der Entscheidungspraxis und verweist auf die Rechercheergebnisse im Schutzrechtsinformationssystem, die zeigen, dass Zeichen mit der Zahl 24 immer als rein beschreibende Hinweise auf ein 24-stündiges Angebot abgelehnt wurden.
Zudem hat das Deutsche Patent- und Markenamt mittlerweile auf Antrag eines Dritten die Löschung ähnlicher Marken des Anmelders angeordnet. Diese Entscheidungen wurden auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht bestätigt. Die Frage, ob weitere Voreintragungen zu Unrecht erfolgt sind, ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 10.01.2007, Az: 29 W (pat) 228/03
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Angemeldet ist die Wortmarkeflyer24 für die Waren Druckereierzeugnisse, insbesondere Werbematerial wie Flugblätter, Prospekte, Eintrittskarten.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 18. März 2003 und 5. August 2003 als freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Das englische Wort "flyer" sei mit der Bedeutung von "Flugblatt" für den deutschen Sprachgebrauch lexikalisch belegt. Bei der Zahl 24 handele es sich um einen werbeüblichen Hinweis auf einen 24-Stunden-Service, insbesondere in Form einer Internetpräsenz. Das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit erschöpfe sich daher in Verbindung mit den beanspruchten Druckereierzeugnissen in dem reinen Sachhinweis auf ein rund um die Uhr verfügbares Angebot von Flyern. Die vom Anmelder geltend gemachten Voreintragungen könnten mangels Bindungswirkung keinen Eintragungsanspruch begründen. Die Wort-/Bildmarke "flyer 24" sei allein auf Grund der grafischen Gestaltung eingetragen worden.
Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass das Zeichen als Wortneubildung die erforderliche Unterscheidungskraft aufweise. Der Begriff "flyer" sei nicht im Sinne von "Flugblatt" in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen. Ein eindeutiger Hinweis auf einen 24-Stunden-Service lasse sich der Zahl 24 nicht zuordnen, denn sie könne auch als Hinweis auf das Gründungsjahr des Unternehmens verstanden werden. Ungewöhnlich seien außerdem die Schreibweise des Zeichens in Form der Kleinschreibung des Wortes "flyer" und des fehlenden Zwischenraums zwischen beiden Bestandteilen. Im Übrigen habe das Deutsche Patent- und Markenamt bereits die entsprechend gebildeten Marken "block24, businesspaper24, card24, druck24, formular24, kalender24, office24, Plakat 24, print24, propekt24" eingetragen. Angesichts dieser Eintragungspraxis sei die angefochtene Entscheidung nicht nachvollziehbar.
Der Anmelder hat keinen Antrag gestellt.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 f. - BioID; GRUR 2004, 674, Rn. 34 - POSTKANTOOR; BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, Tz. 18 - FUSSBALL WM 2006). Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke nur dann, wenn sich dem Zeichenwort ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen klarer und ohne weiteres verständlicher beschreibender Begriffsinhalt zuordnen lässt oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom angesprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, Tz. 18 ff. - FUSSBALL WM 2006). Nach diesen Grundsätzen weist die angegriffene Marke nicht die erforderliche Unterscheidungskraft auf.
2. Das englische Wort "flyer" ist für den deutschen Sprachgebrauch mit der Bedeutung von "Handzettel" lexikalisch belegt. Soweit der Begriff daneben auch eine besondere Spinnmaschine bzw. einen an einer solchen Maschine tätigen Arbeiter bezeichnen kann (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]), sind diese Bedeutungen in dem hier maßgeblichen Warensegment der Druckereierzeugnisse nicht einschlägig.
3. In Verbindung mit den beanspruchten Waren "Druckereierzeugnisse" erschöpft sich die Kombination dieses Begriffs mit der Zahl 24 in dem werbeüblichen und ohne weiteres verständlichen Hinweis auf ein rund um die Uhr verfügbares Angebot von Flyern. Sowohl die Kleinschreibung des Wortbestandteils als auch der fehlende Zwischenraum zwischen dem Wort "flyer" und der Zahl 24 bewegen sich im Rahmen werbeüblicher Schreibweisen und verändern den beschreibenden Aussagegehalt des Zeichens nicht. Diese Beurteilung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts zu vergleichbar gebildeten Zusammensetzungen (vgl. 26 W (pat) 158/04 vom 21. Juni 2006 - mailing24; 25 W (pat) 113/04 vom 26. April 2006 - adress24; 29 W (pat) 196/03 vom 19. Oktober 2005 - Autorecht24; 24 W (pat) 162/03 vom 16. November 2004 - unfallrecht24; 29 W (pat) 155/04 vom 29. September 2004 - design24; 29 W (pat) 137/02 vom 29. September 2004 - cam24; 29 W (pat) 262/02 vom 7. Juli 2004 - auskunft 24; 29 W (pat) 251/03 vom 14. Januar 2004 - Druck-Discount24.de; 30 W (pat) 210/02 vom 3. November 2003 - pharmacy24; 25 W (pat) 110/03 vom 23. Oktober 2003 - beauty24.de [GRUR 2004, 336 ff.]; 24 W (pat) 126/02 vom 24. Juni 2003 - surf24; 28 W (pat) 92/02 vom 14. Mai 2003 - fleisch24; 25 W (pat) 280/01 vom 19. September 2002 - Alarm 24).
4. Der Annahme fehlender Unterscheidungskraft steht dabei nicht entgegen, dass die Zahl 24 regelmäßig ein 24-stündiges Angebot und damit eine Vertriebsmodalität, nicht hingegen unmittelbar die angebotenen Waren beschreibt. Denn zwischen dem Anbieten von Flyern rund um die Uhr und den Flyern selbst besteht ein so enger funktioneller Zusammenhang, dass das angesprochene Publikum den beschreibenden Begriffsinhalt der Angabe "flyer24" auch hinsichtlich der beanspruchten Druckereierzeugnisse ohne weiteres erfasst und darin keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennt (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Tz. 19 und 28 - FUSSBALL WM; BPatG GRUR 2007, 58, 60 - Buchpartner).
5. Die zu Gunsten des Markeninhabers erfolgten Voreintragungen der Marken "block24, broschüre24, businesspaper24, card24, formular24, kalender24, logo24, office24, pen24, Poster 24, print24, prospekt24" rechtfertigen keine andere Beurteilung. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich darstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche unrechtmäßig waren. Anhaltspunkte für eine solche auf Willkür beruhende, ungleiche Amtspraxis sind für den Senat jedoch nicht ersichtlich.
6. Zu Marken, die aus Zusammensetzungen mit einer Sachangabe und der Zahl 24 gebildet sind, zeigt die Recherche im amtlichen Schutzrechtsinformationssystem DPINFO, dass das Deutsche Patent- und Markenamt solchen Zeichen jedenfalls seit dem Jahr 1998 in ständiger Entscheidungspraxis als rein beschreibenden Hinweisen auf ein 24-stündiges Waren- oder Serviceangebot für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen die Eintragung versagt hat. Dies ergibt sich z. B. aus der sog. "Nichtschutzbegründung" für die Zurückweisung der Marken "SHOPPING 24; Archiv 24; dryclean 24; PFLEGE 24; FITNESS 24; Versandapotheke 24; camping 24". Die Prüfungspraxis des Amtes steht damit im Einklang mit der oben zitierten Rechtsprechung des Bundespatentgerichts, die wiederholt die Schutzunfähigkeit derartiger Kombinationszeichen festgestellt hat. Soweit Marken mit dem Bestandteil "24" zur Eintragung gelangt sind, handelt es sich entweder um Kombinationen, bei denen der zusätzliche Wortbestandteil keinen klaren und eindeutigen Aussagegehalt aufweist, wie z. B. "MEG 24; PERSO JOB 24; LaLeLu 24; genial getroffen 24" oder um Wort-/Bildmarken, die wegen ihrer grafischen Gestaltung mit der angegriffenen Wortmarke nicht vergleichbar sind.
7. Im Übrigen hat das Deutsche Patent- und Markenamt mittlerweile auf Antrag eines Dritten die Löschung der für den Anmelder eingetragenen Wortmarken "druck24", "Plakat 24" und der Wort-/Bildmarke "flyer 24" wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 50 Abs. 1 MarkenG angeordnet. Im Beschwerdeverfahren hat der Senat diese Löschungsanordnung bestätigt (29 W (pat) 13/05, 135/05 und 137/05). Die Frage, ob die weiteren zu Gunsten des Anmelders erfolgten Voreintragungen zu Unrecht erfolgt sind, ist nicht Gegenstand des hier zu entscheidenden Verfahrens und bedarf daher keiner weiteren Erörterung.
BPatG:
Beschluss v. 10.01.2007
Az: 29 W (pat) 228/03
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