Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. April 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 172/03
(BPatG: Beschluss v. 28.04.2004, Az.: 32 W (pat) 172/03)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Die Beschwerde der Anmelderin gegen die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts wurde vom Bundespatentgericht am 28. April 2004 angenommen. In der Entscheidung des Patent- und Markenamts wurden die beiden vorherigen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 aufgehoben.
Das Patentamt hatte die Wortmarke PEACH MALLOW, die für Bonbons und Dragees mit Pfirsichgeschmack angemeldet wurde, zurückgewiesen. Die Markenstelle begründete ihre Entscheidung damit, dass die angemeldete Marke aus Begriffen bestehe, die eine beschreibende Bedeutung für die Waren haben könnten. Die englischen Wörter "Pfirsich" und "Malve" würden im Deutschen auf die Herstellung der Waren mit Aromastoffen aus diesen Pflanzen hinweisen.
Die Anmelderin hatte gegen diese Entscheidung Einspruch eingelegt, der jedoch vom Patent- und Markenamt zurückgewiesen wurde. Das Amt argumentierte, dass die Verwendung des Wortes "MALLOW" eine fremdsprachige Sachangabe sei und im Inland für Bonbons mit Malvengeschmack verwendet werden könne. Die Verwendung von MALLOW auf Bonbons aus dem englischsprachigen Raum sei aufgrund des zunehmenden internationalen Warenverkehrs wahrscheinlich. Das Bundespatentgericht hob diese Entscheidung auf.
Das Gericht stellte fest, dass die angemeldete Marke PEACH MALLOW für die beanspruchten Waren nicht jegliche Unterscheidungskraft fehle. Während PEACH im Inland verstanden werde, könne dies für das Wort MALLOW nicht festgestellt werden. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Marke als Fantasiebezeichnung oder Firmenschlagwort angesehen werde.
Das Gericht entschied auch, dass die angemeldete Marke nicht nur aus Angaben bestehe, die im Verkehr zur Beschreibung der Waren dienen könnten. Obwohl der Begriff PEACH MALLOW auf englischsprachigen Internetseiten für Getränke, Süßspeisen und Pasteten verwendet werde, gebe es keine ausreichenden Nachweise dafür, dass die Wortfolge eine generelle Geschmacksangabe im Süßwarenbereich darstelle oder in Zukunft eine solche Entwicklung haben werde.
Das Bundespatentgericht kam zu dem Schluss, dass keine Schutzhindernisse nach dem Markengesetz vorliegen und die angemeldete Marke daher registriert werden könne.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 28.04.2004, Az: 32 W (pat) 172/03
Tenor
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 10. April 2001 und vom 11. März 2003 aufgehoben.
Gründe
I.
Die für die Waren Bonbons und Dragees mit Pfirsichgeschmack, teilweise oder vollständig bestehend aus Schaumzucker, Fruchtgummi, Gelee (ausgenommen für medizinische Zwecke)
angemeldete Wortmarke PEACH MALLOW hat die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts in einem ersten Beschluss vom 10. April 2001 zurückgewiesen.
Die angemeldete Marke bestehe ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren dienen könnten. Die englischsprachigen Markenwörter wiesen im Deutschen die Bedeutung "Pfirsich" und "Malve" auf und gäben somit in glatt beschreibender Weise lediglich Auskunft darüber, dass die betreffenden Waren insbesondere unter Verwendung von Aromastoffen aus diesen Pflanzen hergestellt würden.
Die Erinnerung der Anmelderin hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle mit Beschluss vom 11. März 2003 zurückgewiesen. Selbst wenn das Wort MALLOW im Inland nur von einem kleinen Teil der Bevölkerung verstanden werden sollte, handele es sich um eine fremdsprachige Sachangabe, deren beschreibende Verwendung im Inland möglich und wahrscheinlich sei. Ein Anhaltspunkt dafür sei, dass Bonbons mit den Inhaltsstoffen der Malve seit geraumer Zeit auf dem deutschen Markt angeboten würden (unter Hinweis auf Ermittlungen im Internet). Wegen der zunehmenden internationalen Verflechtung des Warenverkehrs sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass Mitwerber der Anmelderin die angemeldete Wortfolge in grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr zur sachgerechten Beschreibung ihrer Waren benötigen würden. Soweit Produkte aus dem englischsprachigen Raum importiert oder dorthin exportiert würden, liege es nahe, die Geschmacksrichtung auf der Warenverpackung (auch) in englischer Sprache anzugeben.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke zu beschließen.
Den seitens der Markenstelle angeführten Belegstellen sei lediglich zu entnehmen, dass MALLOW der botanische Name einer Pflanze (Malve) sei, nicht aber, dass es sich hierbei auch um die Angabe einer Geschmacksrichtung handele. Im Inland werde das deutsche Wort Malve lediglich in Verbindung mit Hals- und Hustenbonbons verwendet, die sich von den vorliegend beanspruchten Waren deutlich unterschieden. Für letztere sei weder eine beschreibende Verwendung der englischsprachigen Wortfolge PEACH MALLOW, noch von MALLOW oder den jeweiligen deutschen Übersetzungen nachgewiesen. Somit könne unter keinem Gesichtspunkt davon ausgegangen werden, dass gegenwärtig oder in absehbarer Zukunft ein Interesse der Allgemeinheit oder von Mitbewerbern an der beschreibenden Verwendung der angemeldeten Bezeichnung bestehe. Breiten deutschen Verkehrskreisen sei die Bedeutung des englischsprachigen Wortes MALLOW durchweg nicht bekannt. Regelmäßig werde hierin die fantasievolle Verkürzung der für Süßigkeiten geläufigen Sachbezeichnung Marshmallows gesehen werden.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und begründet. Einer Registrierung der angemeldeten Wortmarke stehen Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 MarkenG nicht entgegen.
1. Die Bezeichnung PEACH MALLOW entbehrt für die beanspruchten Waren nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - IN-DIVIDUELLE).
Während PEACH (= Pfirsich) zum Grundwortschatz der englischen Sprache zählt und in seiner Bedeutung auch im Inland - weitgehend - verstanden wird, lässt sich eine entsprechende Feststellung für das zweite Markenwort MALLOW (= Malve) nicht treffen. Nur wenige deutsche Verbraucher, die über sehr gute Englischkenntnisse verfügen, werden in der Lage sein, den Sinngehalt dieses Wortes zu erfassen. Da sich die beanspruchten Waren an breite Konsumentenkreise richten, ist somit davon auszugehen, dass im Hinblick auf den unbekannten und daher wie eine Fantasiebezeichnung (oder ein Firmenschlagwort) wirkenden zweiten Wortbestandteil MALLOW in der Gesamtbezeichnung ganz überwiegend eine Marke gesehen wird. Auch der - nach Überzeugung des Senats nicht sehr große - Teil des deutschen Publikums, dem die Süßigkeit Marshmallows als solche bekannt ist, wird PEACH MALLOW nicht durchweg als Marshmallows mit Pfirsichgeschmack verstehen.
2. Die angemeldete Marke ist auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Erzeugnisse dienen können. Zwar handelt es sich um keine völlig neue Wortkombination. Die Markenstelle hat aber keine Belege dafür beigebracht, dass PEACH MALLOW - im englischen oder im deutschen Sprachbereich - zur Bezeichnung einer bestimmten Geschmacksrichtung (Mischung aus Pfirsich- und Malvenaroma) von Bonbons und Dragees bereits Verwendung findet. Auch dem Senat sind entsprechende Nachweise nicht möglich. Auf englischsprachigen Internet-Seiten finden sich zwar Hinweise auf Getränke (Früchtetee, Ginger Ale), Süßspeisen und Pasteten unter dieser Bezeichnung, wobei MALLOW meist auf die Zugabe kleiner Marshmallows hinweist. Ein ausreichend konkreter Hinweis dafür, dass PEACH MALLOW - im englischsprachigen Bereich - eine generelle Geschmacksangabe auf den Süßwarensektor darstellt oder sich in absehbarer Zukunft zu einer solchen entwickeln wird, stellt diese Art der Verwendung nicht dar.
Erst recht fehlen Anhaltspunkte für einen derzeitigen oder künftigen inländischen Gebrauch der angemeldeten Wortfolge für Bonbons und Dragees.
Winkler Sekretaruk Viereck Ko/Pü
BPatG:
Beschluss v. 28.04.2004
Az: 32 W (pat) 172/03
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/3fe8d2c0a885/BPatG_Beschluss_vom_28-April-2004_Az_32-W-pat-172-03