Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juli 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 132/99
(BPatG: Beschluss v. 26.07.2000, Az.: 29 W (pat) 132/99)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde abgelehnt und somit die Entscheidung der Markenstelle bestätigt. In der Beschwerde ging es um die Wortfolge "Fon + more", welche als Marke für verschiedene elektronische und optische Geräte sowie Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation angemeldet wurde. Die Markenstelle hatte die Anmeldung abgelehnt, da die Wortfolge keine Unterscheidungskraft aufweise und im Verkehr verständlich sei. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Wortfolge für die Durchschnittsverbraucher unscharf sei, da sie aus zwei fremdsprachigen Teilen bestehe und keine einheitliche Übersetzung habe. Das Bundespatentgericht kam jedoch zu dem Schluss, dass die Wortfolge für die betreffenden Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Aussage darstelle. Das Markenbestandteil "Fon" werde im Verkehr als Kurzform von "Telefon" verstanden und die Floskel "+ more" sei eine verbreitete Wendung in der Werbesprache. Somit könne die Wortfolge vom Verkehr nur als Angebotshinweis und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden werden. Daher wurde der Eintragung der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen und die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 26.07.2000, Az: 29 W (pat) 132/99
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen
Gründe
I.
Angemeldet ist die Wortfolge
"Fon + more"
als Marke für "Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel); Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung von Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation".
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung zurückgewiesen, der Schwerpunkt der Waren und Dienstleistungen der Marke liege bei Datenverarbeitung und -kommunikation. Auf diesem Gebiet sei dem Verkehr die fremdsprachige Wortkombination ohne weiteres verständlich. Die Marke weise werbesprachlich verkürzt darauf hin, daß neben Telephon bzw Telephon-Dienstleistungen noch andere in Zusammenhang damit stehende Waren und Dienstleistungen angeboten würden.
Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin ua geltend, für die angesprochenen Durchschnittsverbraucher sei der Inhalt der Marke unscharf, die Wortfolge, die eine Kombination aus zwei fremdsprachigen Teilen sei, erfahre keine konkrete einheitliche Übersetzung. Das Element "more" sei mehrdeutig und "Fon" weder in der deutschen noch englischen Sprache nachweisbar. Die Marke biete jedenfalls in ihrer Gesamtheit allenfalls eine Grundlage für Assoziationen und weise auch eine gewisse Originalität auf.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Insoweit steht der Eintragbarkeit der angemeldeten Marke ein Freihaltebedürfnis entgegen und sie besitzt auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 2 und 1 MarkenG).
Nach den - in der mündlichen Verhandlung erörterten - Feststellungen des Senats, insbesondere nach dem Ergebnis einer Internet-Recherche, wird die Wortfolge der Marke zwar gegenwärtig nicht für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sachbeschreibend verwendet. Der Senat hat aber Anhaltspunkte dafür, daß die Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen künftig ernsthaft als eine für die beteiligten Verkehrskreise freihaltebedürftige Sachangabe benötigt wird.
Der Markenbestandteil "Fon" ist entgegen der Meinung der Anmelderin lexikalisch nachweisbar und wird selbst vom allgemeinen Publikum, soweit es sich mit den Waren und Dienstleistungen der Marke befaßt, ohne weiteres als Kurzform von "Telefon" verstanden (s Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl; Loskant, Des neue Trendwörterlexikon, Bertelsmann 1998, jeweils zu diesem Stichwort; ferner zB die mit der Anmeldervertreterin in der mündlichen Verhandlung erörterte Werbung im Internet "Sparen gehört zum guten Fon, Telefonieren mit VIAG Interkom"). Der weitere Markenbestandteil "+ more" - gleichbedeutend mit "und/and more" - ist eine auch im Inland in der Werbesprache inzwischen sehr verbreitete Floskel (s zahlreiche Fundstellen im Internet, zB "Beauty and more", "Jobs and more", "Logos and more", "MUSIC AND MORE", "screen and more", "miles and more", "travel and more" usw). Insgesamt sagt die Marke dem inländischen Verkehr in leicht verständlicher Weise "Telephon und mehr". Sie verdeutlicht damit, daß zwar in erster Linie Telephone Kern des Sortiments sind, aber im engeren und weiteren Umfeld auch ergänzende Waren und Dienstleistungen als umfassendes Angebot auf diesem Gebiet gemeint sind. Dabei ist zwar im strikten Wortsinne nicht ausgeschlossen, daß sich "+ more" sogar auf gattungsmäßig Anderes erstrecken könnte, da das "Mehr" inhaltlich offen und unbeschränkt ist. Der Verkehr faßt jedoch angesichts des gegenwärtigen Gebrauchs dieser Formulierung und der objektiven Unmöglichkeit, Alles und Jedes anzubieten, sie einschränkend dahingehend auf, daß der Werbende über den erwähnten Kernbereich und dessen Umfeld hinaus nicht unbeschränkt Andersartiges in Verkehr bringen will. Die Floskel "and more/und mehr" teilt daher im vorliegenden Falle mit, daß ein in diesem Bereich umfassendes fachliches Angebot beworben wird, das dort endet, wo überhaupt kein Zusammenhang mehr mit Telekommunikation elektronischmoderner Art mehr besteht (vgl auch Entscheidung des Bundespatentgerichts 33 W (pat) 119/98 vom 23. April 1999, betr "Kaffee & mehr", bezogen auf Kaffee und Zubehör, s PAVIS-Datenbank). Die Marke stellt daher eine Mitteilung teils der Beschaffenheit der Waren der Klasse 9 als Telephonapparate verschiedenster Art, teils ihres Einsatzzwecks zum Telephonieren und weiterer, damit verbundenen Funktionen dar. Dabei ist es unerheblich, ob sich "more" auf die Telephonapparate selbst bezieht in dem Sinne, daß diese mit weiteren Funktionen versehen sind (zB Anrufbeantworter, Kombifax, integrierte Scanner, Drucker und Kopierer), oder es sich um Apparate im Umfeld des Telephonierens handelt, zu denen auch die beanspruchten "Verkaufsautomaten" und "Mechaniken für geldbetätigte Apparate" gehören, etwa im Zusammenhang mit dem Verkauf von Telephonkarten oder sonstigem Zubehör. Auch für "Lehr- und Unterrichtsmittel" und "Büroartikel" liegen Einsatzbereiche ua bei der Einweisung in den Gebrauch der Apparate und die Nutzung von Telephon-Dienstleistungen, und dies auch unter Anwendung einschlägiger Hilfsmittel im Bürobereich (zB Handbücher, Apparatehalter, Notizblöcke) auf der Hand. Für die beanspruchten Dienstleistungen ist die Marke eine konkrete und unmittelbarer Sachangabe, daß sie im Zusammenhang mit Telephonapparaten erbracht werden. In Anbetracht der hohen Durchdringung sämtlicher Telekommunikation mit Elektronischer Datenverarbeitung (zB digitale Netze, multifunktionale Geräte, umfassende Mehrwertdienste) ist die Angabe "+ more" für den Verkehr, insbesondere die teilweise ausschließlich betroffenen Fachkreise lediglich ein Hinweis, daß für die eng an der EDV orientierten Dienstleistungen der Marke die Telephonie als Kernbereich zu verstehen ist, als Anknüpfungspunkt dient und den Anwendungsbereich angibt.
Ist aus diesen Gründen für die oben geschilderten Waren und Dienstleistungen, die sämtlich einen engen sachlichen Zusammenhang mit Telephonen haben, ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt der Marke (vgl BGH MarkenR 1999, 347, 348f. - Absolut) feststellbar, so muß der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft gänzlich abgesprochen werden. Bei der Floskel der Marke "+ more" handelt es sich, wie oben ausgeführt, um einen nahezu sloganartigen, gebräuchlichen Ausdruck der deutschen Sprache und zugleich der englischen Fremdsprache, um auf ein mit dem weiteren Markenbestandteil näher definierten Angebotsbereich des Werbenden hinzuweisen. Eine solche Wendung wird vom Verkehr stets nur als solcher Angebotshinweis und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden. Deshalb bestehen im vorliegenden Falle genügende Anhaltspunkte dafür, daß er die Marke aufgrund ihrer - wie oben ausgeführt - eindeutig beschreibenden Aussage als Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis deuten wird.
Meinhardt Vogel von Falckenstein Guth Hu
BPatG:
Beschluss v. 26.07.2000
Az: 29 W (pat) 132/99
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