Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Juni 2002
Aktenzeichen: 14 W (pat) 86/01

(BPatG: Beschluss v. 13.06.2002, Az.: 14 W (pat) 86/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 13. Juni 2002 (Az: 14 W (pat) 86/01) den angefochtenen Beschluss aufgehoben. Die Sache wurde zur weiteren Bearbeitung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen. Dem Anmelder wurde Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Patentanwalt K... beigeordnet.

Die Patentanmeldung betreffend "Wärmedämmender Körper und Verfahren zu dessen Herstellung" wurde dem Anmelder Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Patentanwalt K... als Vertreter zugewiesen. Die Patentanmeldung wurde jedoch nach anwaltlich erbetener Entscheidung aufgrund eines Verstoßes gegen § 48 PatG zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss wurde fristgerecht Beschwerde eingelegt. Es wurde Verfahrenskostenhilfe und die Beiordnung eines Vertreters für das Beschwerdeverfahren beantragt. Eine Beschwerdebegründung mit neuem Anspruchsbegehren wurde ebenfalls vorgelegt.

Die zulässige Beschwerde hatte Erfolg. Sie führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt. Die Zahlung der Beschwerdegebühr war aufgrund der Verfahrenskostenhilfe nicht erforderlich.

Die Bedürftigkeit des Anmelders wurde nachgewiesen. Die hinreichende Erfolgsaussicht auf Erteilung eines Patents ist ebenfalls gegeben. Es gibt keine Anhaltspunkte für eine mutwillige Anmeldung.

Das Bundespatentgericht stellte fest, dass der angefochtene Beschluss das Recht des Anmelders auf Äußerung verletzt hat. Eine Eingabe des Anmeldevertreters wurde per Telefax an das Deutsche Patent- und Markenamt gesendet, bevor der angefochtene Beschluss abgesandt wurde. Es wird erwartet, dass der Prüfer von dieser Eingabe Kenntnis genommen hätte, wenn die Organisation des Amts entsprechend wäre.

Aufgrund dieser Gründe wurde die Sache gemäß § 79 Absatz 3 Nr. 2 PatG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 13.06.2002, Az: 14 W (pat) 86/01


Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Bearbeitung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

3. Dem Anmelder wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Patentanwalt K... beigeordnet.

Gründe

I Für die Patentanmeldung betreffend "Wärmedämmender Körper und Verfahren zu dessen Herstellung" ist dem Anmelder auf seinen Verfahrenskostenhilfe-Antrag vom 5. Juli 2000 durch Beschluss der Patentabteilung 11 vom 24. Januar 2001 Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden und als Vertreter PA K... in B... bei- geordnet worden.

Mit Beschluss vom 25. September 2001 wurde die Patentanmeldung nach anwaltlich erbetener Entscheidung nach Aktenlage auf Grund § 48 PatG zurückgewiesen.

Der Bitte vom 5. Oktober 2001, die Entscheidung aufgrund neuer Weisungen des Mandanten zurückzustellen und eine Frist bis 30. Oktober 2001 zu gewähren, konnte nicht mehr entsprochen werden, da diese Eingabe der Prüfungsstelle erst am 29. November 2001 vorgelegt wurde, der Beschluss aber schon im Oktober 2001 (Eingang beim Anmeldevertreter 15. Oktober 2001) abgesandt worden war.

Gegen diesen Beschluss wurde namens und in Vollmacht des Anmelders von PA K... fristgerecht Beschwerde eingelegt und für das Beschwerdeverfah- ren Verfahrenskostenhilfe und seine Beiordnung beantragt. Eine Beschwerdebegründung mit neuem Anspruchsbegehren wurde mit Eingabe vom 10. Dezember 2001, beim Bundespatentgericht eingegangen am 3. Januar 2002, vorgelegt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt.

Die Zahlung der Beschwerdegebühr war wegen des rechtzeitigen Eingangs des Verfahrenskostenhilfeantrags innerhalb der Beschwerdefrist und der erfolgten Bewilligung nicht erforderlich.

Die Bedürftigkeit des Anmelders ist nachgewiesen.

Sie ist im Beschwerdeverfahren gemäß § 119 Abs 1 Satz 1 ZPO zwar gesondert zu prüfen, jedoch kann dem Antragsteller im neuen Rechtszug die Erleichterung zugebilligt werden, dass er wegen seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf die im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Erklärung nebst Anlagen (Belege) verweisen kann, wenn sich diese nicht geändert haben. Davon hat der Anmelder Gebrauch gemacht, indem er einen Sozialhilfebescheid neueren Datums eingereicht hat.

Die weitere Bewilligungsvoraussetzung der hinreichenden Erfolgsaussicht ist ebenfalls gegeben, denn die Beschwerde hat insoweit Erfolg, als sie wegen Verletzung rechtlichen Gehörs zu einer Zurückverweisung der Sache an das Deutschen Patent- und Markenamt zur weiteren Sachbehandlung und Entscheidung führt. Dabei ist eine hinreichende Erfolgsaussicht auf Erteilung eines Patents nicht auszuschließen, da zum jetzigen für diese Prüfung maßgeblichen Zeitpunkt keine durchgreifenden Bedenken gegen eine spätere mögliche Patenterteilung bestehen (vgl Benkard, PatG 9. Aufl § 130 Rn 8), zumal der Anmelder ein neues Anspruchsbegehren vorgelegt hat.

Anhaltspunkte dafür, dass die Anmeldung mutwillig erscheint, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Verfahrenskostenhilfe ist daher zu gewähren.

Ebenso ist die Beiordnung eines Vertreters nach § 133 Abs 1 PatG zu beschließen, da Verfahrenskostenhilfe bewilligt und die Vertretung zur sachdienlichen Erledigung des Verfahrens erforderlich erscheint.

Der angefochtene Beschluss leidet insofern an einem wesentlichen Verfahrensmangel, als er das Recht des Anmelders auf Äußerung verletzt.

Zwar hat die über Fernkopierer eingegangene Eingabe des Anmeldevertreters vom 5. Oktober 2001, mit der er eine Frist bis 30. Oktober 2001 beantragt hat, der Prüfungsstelle bei Erlass des angefochtenen Beschlusses ersichtlich noch nicht vorgelegen, wie der Vermerk auf Bl 27 d.A.: "heute vorgelegt 29. November 2001 " zeigt. Dies ist indessen unerheblich, weil ein Schriftsatz (Telefax) bereits dann als zur Kenntnis des Prüfers gelangt angesehen werden muss, wenn er dem Deutschen Patent- und Markenamt zugegangen ist (BGH GRUR 74, 210, 211).

Eingegangen ist die in Rede stehende Eingabe beim Deutschen Patent- und Markenamt per Telefax am 5. Oktober 2001, also zumindest 3 Tage bevor der angefochtene Beschluss abgesandt worden ist, wenn man von dem Absendevermerk 8. Oktober 2001 ausgeht, der sich auf dem Verfügungsblatt befindet. Es ist allerdings anzunehmen, dass der Beschluss unter Umständen sogar noch länger im Verfügungsbereich des Amtes gewesen sein muss, nämlich bis 12. Oktober 2001, da das mit Beschlussausfertigung mitübersandte Empfangsbekenntnis diesen Datumsstempel mit dem Zusatz "Abgesandt am" trägt.

Damit hätte der Prüfer die Möglichkeit gehabt, gleichgültig von welchem der og Zeitpunkte ausgegangen wird, von der Eingabe Kenntnis zu nehmen. Dass diese Möglichkeit rein theoretischer Natur war, steht dem nach den vom BGH hierzu aufgestellten Grundsätzen nicht entgegen (siehe aaO). Diese auch auf das Verfahren beim Deutschen Patent- und Markenamt anzuwenden, begegnet im Hinblick auf die in ständiger Rechtsprechung festgestellten Justizähnlichkeit des patentamtlichen Verfahrens keinen rechtlichen Bedenken (BPatGE 17, 241).

Nach Auffassung des Senats ist es im Übrigen jedenfalls Aufgabe des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts, den Geschäftsbetrieb so zu organisieren, dass ein offensichtlich als eilig anzusehender Schriftsatz - hier ein Telefax - vom Eingang unverzüglich und nicht erst - wie hier - über einen Monat später an die zuständige Stelle gelangt. Andernfalls wäre die Einrichtung moderner Kommunikationsmittel - hier eines Telefaxgerätes - im Deutschen Patent- und Markenamt überflüssig. Verzögerungen - wie hier - dürfen jedenfalls nicht zu Lasten des Rechtsuchenden gehen (vgl auch 14 W (pat) 55/92 vom 13. März 1993 mit Hinweis auf BGH NJW 1992, 244).

Aus diesen Gründen ist die Sache gemäß § 79 Abs 3 Nr 2 PatG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

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BPatG:
Beschluss v. 13.06.2002
Az: 14 W (pat) 86/01


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