Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Januar 2003
Aktenzeichen: 25 W (pat) 240/01
(BPatG: Beschluss v. 16.01.2003, Az.: 25 W (pat) 240/01)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 16. Januar 2003 entschieden, dass dem Markeninhaber keine Kosten für das Beschwerdeverfahren auferlegt werden. Gemäß § 71 Absatz 1 Satz 1 des Markengesetzes kann das Gericht die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten auferlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Jedoch geht das Gesetz davon aus, dass jeder Beteiligte im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren seine Kosten selbst trägt, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die eine Abweichung rechtfertigen.
Bisher liegen jedoch keine solchen besonderen Umstände vor, die eine Kostenauferlegung der Widersprechenden rechtfertigen würden. Es ist zwar üblich, dass Widersprechenden die Kosten auferlegt werden, wenn sie nach einer zulässigen Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke den Widerspruch ohne ernsthaften Versuch der Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung weiterverfolgen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Widersprechende bereits in den vorherigen Beschlüssen darauf hingewiesen wurde, dass im Falle eines Rechtsbehelfs die bestrittene Benutzung glaubhaft gemacht werden muss.
Im vorliegenden Fall hat die Widersprechende jedoch einen ernsthaften Versuch unternommen, die zulässig bestrittene Benutzung ihrer Marke "LEGE ARTIS" glaubhaft zu machen. Sie hat im Beschwerdeverfahren verschiedene Benutzungsunterlagen eingereicht, wie Prospekte, Verpackungen und eine eidesstattliche Versicherung. Obwohl diese Unterlagen nicht ausreichen, um die Benutzung der eingetragenen Waren glaubhaft zu machen, sind sie auch nicht so unzureichend, dass eine Kostenauferlegung gerechtfertigt wäre. Die Auffassung der Widersprechenden, dass sie ihre Marke auch auf Applikationshilfen benutzt, die als "ärztliche Instrumente" zu klassifizieren sind, erscheint trotz der Bezeichnung der Waren als Arzneimittel nicht so abwegig, dass eine Kostenauferlegung der Billigkeit entsprechen würde.
Der Kostenantrag des Inhabers der angegriffenen Marke hat somit keinen Erfolg. Durch die Rücknahme des Widerspruchs sind die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts gegenstandslos geworden.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 16.01.2003, Az: 25 W (pat) 240/01
Tenor
Kosten werden nicht auferlegt.
Gründe
Der Antrag des Markeninhabers, die ihm entstandenen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, ist auch nach der in der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2003 erklärten Rücknahme des Widerspruchs seitens der Widersprechenden zulässig (MarkenG § 71 Abs 4), jedoch in der Sache nicht begründet. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung ist MarkenG § 71 Abs 1 Satz 1, wonach das Bundespatentgericht die Kosten des Beschwerdeverfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen kann, wenn dies der Billigkeit entspricht. Das Gesetz geht, was auch durch MarkenG § 71 Abs 1 Satz 2 deutlich wird, im Grundsatz davon aus, dass im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren, einschließlich des Beschwerdeverfahrens, jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt und dass es für eine Abweichung hiervon stets besonderer Umstände bedarf (vgl. zum - inhaltlich übereinstimmenden - früheren Recht BGH BlPMZ 1973, 23 "Lewapur"; Althammer/ Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 71 Rdn 18). Derartige besondere Umstände, die es rechtfertigen würden, ausnahmsweise der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, liegen noch nicht vor.
Es entspricht zwar ständiger Praxis des Senats, Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wenn nach einer zulässigen Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke der Widerspruch ohne ernsthaften Versuch der Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung weiterverfolgt wird (Althammer/ Ströbele aaO, § 71 Rdnr 22). Dies gilt in besonderem Maße, wenn wie hier die Widersprechende bereits in den Amtsbeschlüssen darauf hingewiesen wurde, dass im Falle eines Rechtsbehelfs die bestrittene Benutzung glaubhaft zu machen ist. Im vorliegenden Fall hat die Widersprechende jedoch einen ernsthaften Versuch zur Glaubhaftmachung der zulässig bestrittenen Benutzung unternommen.
Im Beschwerdeverfahren hat sie eine Reihe von Benutzungsunterlagen betreffend ihres Zeichens "LEGE ARTIS" eingereicht, wie Prospekte, Verpackungen und eine eidesstattliche Versicherung. Die zudem nur firmenmäßig unterschriebene eidesstattliche Versicherung enthält allerdings keine Aufschlüsselung der darin angegebenen Umsätze auf einzelne Waren oder Warengruppen. Die eingereichten Prospekte und Verpackungen weisen zwar die Widerspruchsmarke auf, jedoch bezieht der Verkehr in diesen Unterlagen die auf dem Etikett stehende Widerspruchsmarke auch wegen daneben enthaltenen Warenbezeichnungen wie "Arzneimittel" nur auf die pharmazeutischen Produkte (wie zB die Dentalarzneimittel "FOKALMIN" oder "SOKETOL"), und nicht auf die Applikationshilfen. Die vorgelegten Unterlagen reichen zwar zur Glaubhaftmachung der Benutzung nicht aus, da sich daraus insbesondere keine rechtserhaltende Benutzung für die eingetragenen Waren ergibt. Das Warenverzeichnis enthält nämlich nur ärztliche Instrumente und künstliche Zähne, nicht aber Arzneimittel oder ähnliches. Die Unterlagen sind andererseits aber nicht so unzureichend, dass es der Billigkeit entsprechen würde, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Die Widersprechende macht geltend, dass sie Applikationshilfen, und damit ärztliche Instrumente mit ihrer Marke gekennzeichnet habe. Es kann hier dahingestellt bleiben, welche Applikationshilfen "ärztliche Instrumente" im Sinne der (im Eintragungszeitpunkt geltenden) Klasseneinteilung sein könnten. Die hier in Rede stehenden Applikationshilfen dürften eher unter § 2 Abs 2 Nr 1, 1a und Nr 2 Arzneimittelgesetz fallen und deshalb als Arzneimittel gelten. Jedoch ist die Auffassung der Widersprechenden, sie benutze ihre Marke auch auf Applikationshilfen, die als "ärztliche Instrumente" zu klassifizieren seien, trotz der in den Prospekten und auf den Etiketten ausdrücklich enthaltenen Bezeichnung der Waren als Arzneimittel, Dentalarzneimittel usw nicht so abwegig, dass nach Auffassung des Senats eine Kostenauferlegung der Billigkeit entsprechen würde.
Der Kostenantrag des Inhabers der angegriffenen Marke musste somit ohne Erfolg bleiben.
Durch die Rücknahme des Widerspruchs in der Beschwerde sind die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. September 1999 und 16. Juli 2001, gegen die sich die Beschwerde gerichtet hatte, wirkungslos geworden (BGH, GRUR 1998, 818 -Puma).
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BPatG:
Beschluss v. 16.01.2003
Az: 25 W (pat) 240/01
Link zum Urteil:
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