Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Oktober 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 230/03
(BPatG: Beschluss v. 19.10.2005, Az.: 32 W (pat) 230/03)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seiner Entscheidung vom 19. Oktober 2005, Aktenzeichen 32 W (pat) 230/03, die Beschwerde der Anmelderin teilweise für erfolgreich erklärt. Die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes wurden insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für die Dienstleistungentechnische Beratung zurückgewiesen wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgelehnt.
Die Anmelderin hatte ihr Markenzeichen "wetter.de" für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen angemeldet. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Anmeldung teilweise zurückgewiesen, da die Marke beschreibend für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei und keinen markenrechtlichen Schutz genieße.
Das Bundespatentgericht stimmte teilweise der Einschätzung des Amtes zu und erklärte, dass die Bezeichnung "wetter.de" für bestimmte Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft aufweist. In Bezug auf die Waren und Dienstleistungen, die mit Computern, Internet und Medien in Verbindung stehen, stellt die Marke lediglich eine sachbezogene Information zum Thema Wetter dar und ist daher nicht schutzfähig. Für Dienstleistungen, die hingegen in erster Linie technische Beratung betreffen, ist die Marke jedoch unterscheidungskräftig und kann als solche eingetragen werden.
Insgesamt wurde die Beschwerde daher teilweise erfolgreich. Die Anmeldung für die Dienstleistungentechnische Beratung wurde zurückerstattet, während sie für die anderen Waren und Dienstleistungen weiterhin zurückgewiesen bleibt.
Dieser Beschluss des Bundespatentgerichts wurde vom Rechtsanwalt erklärt, um dem Mandanten den Inhalt der Gerichtsentscheidung verständlich zu machen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 19.10.2005, Az: 32 W (pat) 230/03
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 41 - vom 31. Januar 2003 und vom 6. Mai 2003 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für die Dienstleistungentechnische Beratung, gerichtet auf die Entwicklung, Gestaltung, Produktion und Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunksendungen und Datenbanken sowie von Darbietungen im Internet und in anderen audiovisuellen Medien; technische Beratung beim Einsatz von Programmen für die Datenverarbeitung; technische Beratung im Zusammenhang mit Telekommunikation, Internet, Extranets, Intranets; Konzeption, Implementierung und Konfiguration von Hardware, Software und EDV-Netzen; Implementierung und Konfiguration von individuellen Intra-, Extra- und Internetlösungen; Installation und Wartung von EDV- und Kommunikationssystemen, soweit in Klasse 42 enthaltenzurückgewiesen worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 24. Oktober 2001 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 28, 30, 32 - 35, 38, 41 und 42 angemeldete Wortmarkewetter.deist von der Markenstelle 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes mit zwei Beschlüssen vom 31. Januar 2003 und vom 6. Mai 2003 teilweise zurückgewiesen worden. Durch den im Erinnerungsverfahren von einem Beamten des höheren Dienstes ergangenen Zweitbeschluss wurde die Anmeldung noch für die Waren und Dienstleistungen
"Magnetaufzeichnungsträger; mit Programmen versehene Datenträger aller Art; Computer-Software; Compact Discs (Ton, Bild); Bücher, Zeitungen und Zeitschriften; Druckerei-Erzeugnisse; elektronische Nachrichtenübermittlung, Sammeln und Liefern von Nachrichten, Sammeln und Liefern von Pressemeldungen; Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunksendungen sowie Sendungen im Internet und anderen audiovisuelle Medien; Ausbildung; Gestaltung und Produktion von Fernseh- und Rundfunksendungen; Entwicklung von Datenbanken zum Bereitstellen von Informationen im Internet und in anderen audiovisuellen Medien sowie von Home-Pages und Webseiten im Internet und in anderen audiovisuellen Medien; technische Beratung, gerichtet auf die Entwicklung, Gestaltung, Produktion und Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunksendungen und Datenbanken sowie von Darbietungen im Internet und in anderen audiovisuellen Medien; technische Beratung beim Einsatz von Programmen für die Datenverarbeitung; technische Beratung im Zusammenhang mit Telekommunikation, Internet, Extranets, Intranets; Konzeption, Implementierung und Konfiguration von Hardware, Software und EDV-Netzen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Implementierung und Konfiguration von individuellen Intra-, Extra- und Internetlösungen; Installation und Wartung von EDV- und Kommunikationssystemen, soweit in Klasse 42 enthalten"
zurückgewiesen. Der Wortmarke "wetter.de" könne bezogen auf die weiterhin zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Das Zeichen werde von den inländischen Verkehrskreisen als "Informationen zum Zustand der Atmosphäre, die auch über das Internet zur Verfügung gestellt werden" verstanden. Bezüglich der zurückgewiesenen Waren stelle die Marke lediglich einen beschreibenden Sachhinweis auf deren Inhalt und Verwendungszweck sowie deren Betriebsart dar. Hinsichtlich der zurückgewiesenen Dienstleistungen sei die Marke eine unmittelbar beschreibende Angabe, nämlich, dass diese Dienstleistungen sich allgemein mit der Thematik "Wetter" beschäftigen bzw Informationen rund um das Thema Wetter zum Gegenstand haben (weltweite Wetterlage, Europawetter, Wettervorhersagen, Wetterprognosen, Wetterdaten, Wind, Thermik, Niederschlag, Ozonwerte, Pollenflug, Pegelstände, Reisewetter, Temperaturindex etc) oder diese ermöglichen bzw dafür bestimmt sind und (auch) über das Internet angeboten werden. Im Umfang der Zurückweisung bestehe auch ein Freihaltebedürfnis im Verkehr.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Der Wortmarke könne (auch) bezogen auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Der Begriff "Wetter" beschreibe nicht die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen selbst, sondern allenfalls deren Inhalt bzw Gegenstand.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nur im Umfang der in der Beschlussformel genannten Dienstleistungen begründet; im Übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen.
1. Für die Waren und Dienstleistungen
"Magnetaufzeichnungsträger; mit Programmen versehene Datenträger aller Art; Computer-Software; Compact Discs (Ton, Bild); Bücher, Zeitungen und Zeitschriften; Druckerei-Erzeugnisse; elektronische Nachrichtenübermittlung, Sammeln und Liefern von Nachrichten, Sammeln und Liefern von Pressemeldungen; Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunksendungen sowie Sendungen im Internet und anderen audiovisuelle Medien; Ausbildung; Gestaltung und Produktion von Fernseh- und Rundfunksendungen; Entwicklung von Datenbanken zum Bereitstellen von Informationen im Internet und in anderen audiovisuellen Medien sowie von Home-Pages und Webseiten im Internet und in anderen audiovisuellen Medien; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung"
entbehrt die Bezeichnung "wetter.de" jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende, konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das ausreichende, aber auch erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Rdn 59; GRUR 2004, 674 - KPN Postkantoor, Rdn 123). Kann einer Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw eine Wortkombination) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt dieses jeglicher Unterscheidungskraft (st Rspr BGH BlPMZ 2002, 85 - Individuelle; 2004, 30 - Cityservice).
Den Bedeutungsgehalt der Marke "wetter.de" hat die Markenstelle zutreffend dargelegt. Die angesprochenen breiten inländischen Verkehrskreise werden die Marke als Hinweis auf eine Internetadresse verstehen, unter der Informationen zum Wetter (auch über das Internet) zur Verfügung gestellt werden. Auch bei Internetadressen muss die Unterscheidungskraft nach allgemeinen markenrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt werden. Dabei spricht eine Verwendung beschreibender Sachangaben als Second-Level-Domain in Verbindung mit einem üblichen regionalen oder organisatorischen Zuordnungskriterium als Top-Level-Domain (zB "de" oder "com") in der Regel dafür, dass in dieser Kombination ausschließlich eine markenrechtlich nicht schutzfähige Sachinformation und nicht zugleich auch ein (die Unterscheidungskraft begründender) betrieblicher Herkunftshinweis gesehen wird (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 120).
Die hier zu beurteilnde Internetadresse "wetter.de" enthält in Bezug auf die vorstehend genannten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Sachangabe. Für jene Waren und Dienstleistungen, die mit Computern und deren Anwendung, EDV, Internet, Rundfunk und Fernsehen, einschließlich Aufnahmegeräten usw in Verbindung stehen, ergibt sich für die angemeldete Marke ein produkt- und dienstleistungsbezogener Sinngehalt, nämlich, dass diese Waren und Dienstleistungen Informationen zum Thema Wetter bieten. Dies gilt auch für die Waren "Bücher, Zeitungen und Zeitschriften; Druckereierzeugnisse", da die Marke insoweit den Gegenstand der Berichterstattung beschreibt.
Ob "wetter.de" für die versagten Waren und Dienstleistungen zusätzlich auch als Produktmerkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
2. Eine andere Beurteilung ist für die im Beschlusstenor genannten Dienstleistungen angezeigt, da "wetter.de" für Dienstleistungen, die in erster Linie EDV-technische Leistungen zum Gegenstand haben, keine ersichtlich im Vordergrund stehende Sachangabe ist. Wird zB die Dienstleistung der technischen Beratung als selbständige Dienstleistung für Dritte erbracht, erfolgt die Beratung unabhängig vom Inhalt der abrufbaren Daten. Die Wortbildung "wetter.de" entbehrt deshalb für diese Dienstleistungen nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Sie besteht auch nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Dienstleistungen dienen können, so dass auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG insoweit nicht eingreift.
Dr. Hacker Viereck Kruppa Hu
BPatG:
Beschluss v. 19.10.2005
Az: 32 W (pat) 230/03
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/483620ba6740/BPatG_Beschluss_vom_19-Oktober-2005_Az_32-W-pat-230-03