Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. November 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 130/00

(BPatG: Beschluss v. 22.11.2000, Az.: 28 W (pat) 130/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss entschieden, dass die Marke "397 24 248" für "Taschenrechner" gelöscht wird, da der Widerspruch aus der Marke "867 817" gegründet ist. Die Beschwerde der Widersprechenden wurde diesbezüglich erfolgreich eingereicht. In Bezug auf andere Waren wurde der Widerspruch jedoch zurückgewiesen. Die Markenstelle für Klasse 14 hatte den Widerspruch aufgrund einer angeblichen Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Das Bundespatentgericht stimmte bezüglich "Taschenrechnern" einer Verwechslungsgefahr zu, da der Buchstabe "A" in beiden Marken vorkommt und dadurch eine Ähnlichkeit besteht. Es gibt jedoch keine Verwechslungsgefahr bei anderen Waren wie Büroartikeln und Uhren. Die Kosten des Verfahrens wurden nicht den Parteien auferlegt, da dies nicht notwendig war. Der Bericht wurde von den Richtern Grabrucker, Martens und Fa erstellt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 22.11.2000, Az: 28 W (pat) 130/00


Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 14 - vom 2. März 2000 insoweit aufgehoben als der Widerspruch auch für die Ware: Taschenrechner zurückgewiesen worden ist.

Aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 867 817 wird die Löschung der Marke 397 24 248 für "Taschenrechner" angeordnet. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 28. Mai 1997 angemeldete Bildmarke 397 24 248 am 25. November 1997 eingetragen für die Waren

"Handbetätigte Werkzeuge, insbesondere Schraubenzieher, Schraubenschlüssel, Hämmer, Zangen, Spaten, Schaufeln, Scheren, Geräte zur Nagelpflege, Nußknacker (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Messer, Gabeln und Löffel, Fischpinzetten; Rasierapparate; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Taschenrechner; Teleskope, Monokulare, Laser-Anzeigegeräte; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren (soweit in Klasse 14 enthalten), insbesondere kunstgewerbliche Gegenstände, Ziergegenstände, Aschenbecher, Flaschenöffner, Korkenzieher, Brieföffner, Zahnstocher, Kerzenhalter, Salz- und Pfefferstreuer, Pfeffermühlen, Kleiderbürsten, Schuhlöffel, Vasen, Schalen, Flaschen, Dosen, Büchsen, Schachteln, Zigarren- und Zigarettenetuis, Feuerzeuge, Geldscheinklammern, Schlüsselanhänger, Kofferanhänger, Bilderrahmen, Sektkühler; Schmuckwaren, insbesondere Krawattennadeln und Manschettenknöpfe aus Edelmetall oder damit plattiert; Uhren und Zeitmeßinstrumente; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Schreibwaren, insbesondere Kugelschreiber und Füllfederhalter; Schreibtischgarnituren; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Koffer, Kleidersäcke, Aktentaschen, Brieftaschen, Schreibtischgarnituren; Geräte (soweit in Klasse 21 enthalten) und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder damit plattiert), insbesondere Gefäße und Schalen, Bürsten, Schuhputzzeug, Kontaktlinsenetuis, Taschenspiegel, Flakons, Rasierpinsel, Tropfenfänger, Thermometer, Thermoskannen, Flaschen, Sektkühler, Taschenlampen; Kunstgegenstände aus Glas, Porzellan und Steingut; Raucherartikel, insbesondere Feuerzeuge, Zigarren- und Zigarettenetuis (nicht aus Edelmetall oder plattiert), Pfeifenkratzer"

ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 867 817 TA, die seit dem 3. April 1970 eingetragen ist für

"Rechen-, Fakturier- und Buchungsmaschinen; Kombinationen und Teile dieser Maschinen (ausgenommen solche, die aus Tantal oder unter Verwendung von Tantal hergestellt sind)".

Die Markeninhaberin hat die Einrede der Nichtbenutzung gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG erhoben.

Die Widersprechende hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung des Widerspruchszeichens vorgelegt und zwar eine eidesstattliche Versicherung des Direktors der Marketingabteilung mit Angaben zu den Umsatzzahlen für Tisch- und Taschenrechner jeweils in den Jahren 1994 bis 1998 sowie Prospekte zu Kopierern, Rechnern, Eurorechnern und Registrierkassen.

Die Markenstelle für Klasse 14 hat mit Beschluß vom 2. März 2000 den Widerspruch hinsichtlich aller Waren zurückgewiesen. Es sei zwar davon auszugehen, daß die beiderseitigen Marken auch für identische Waren verwendet werden und deshalb ein strenger Maßstab an den Zeichenabstand anzulegen sei. Dem werde aber die jüngere Marke noch gerecht. Insbesondere liege ein deutlicher Unterschied zwischen dem in einem gängigen Schrifttyp wiedergegebenen Buchstaben A der älteren Marke und dem zweiten figürlichen Bestandteil der jüngeren Marke, der den Eindruck eines gleichschenkeligen Dreiecks erwecke. Eine klangliche Verwechslungsgefahr scheide aus, da ein Aussprechen des jüngeren Zeichens als Einzelbuchstaben "T"-"A" wegen fehlender unmittelbaren Erkennbarkeit der Figur als "A" ausgeschlossen werden könne.

Hiergegen richtet sich, beschränkt auf die Waren "Taschenrechner, Büroartikel und Uhren, Zeitmeßgeräte", die Beschwerde der Widersprechenden. Ausgehend von Warenidentität bzw Warenähnlichkeit macht sie geltend, daß eine Benennung des jüngeren Zeichens mit "Te-A" erfolge, denn auch in Prospekten sei in ihrer Firmenbezeichnung "TROIKA Böll & Cie." der Endbuchstabe "A" von "TROIKA" in der Schriftart "Lettraset Enviro" verwendet und entspreche dem figürlichen Bestandteil der angegriffenen Marke. Das in dieser Schriftart dergestalt auftretende "A" sei in der allgemeinen Werbung nicht ungewöhnlich. Es sei daher nicht nur für die identischen Waren, sondern auch der für die sich im Ähnlichkeitsbereich befindlichen Büroartikel, Uhren und Zeitmeßinstrumente zu fordernde Abstand zwischen den beiden Zeichen nicht gewahrt und Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Die Widersprechende beantragt, Aufhebung des Beschlusses und Löschung der jüngeren Marke.

Die Markeninhaberin beantragt Zurückweisung der Beschwerde.

Sie wendet ein, die Benutzungsunterlagen ließen zum einen keine Benutzung der Widerspruchsmarke TA in Alleinstellung erkennen und zum anderen seien sie in deutlich abweichender grafischer Ausgestaltung in den Prospekten wiedergegeben, was den kennzeichnenden Charakter der Marke deutlich verändere.

Im übrigen ergebe sich ein deutlich unterschiedlicher Gesamteindruck daraus, daß das zweite Figurenelement in der jüngeren Marke als Symbol für eine Verbindung zur Geometrie, zu dem griechischen Buchstaben wie auch zu einem Triangel hervorrufen könne. Es bestehe daher keine klangliche Verwechslungsgefahr, denn die bildlich unübersehbare Unterschiedlichkeit werde vom Verkehr wahrgenommen. Demzufolge könne die jüngere Marke auch nicht ausgesprochen werden.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht nach Auffassung des Senats im Hinblick auf "Taschenrechner" die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von §§ 42 Abs 2 Nr 1, 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Die Beschwerde war im übrigen zurückzuweisen, weil hinsichtlich aller übrigen Waren die Gewichtung der verwechslungsrelevanten Faktoren anders vorzunehmen war.

1. Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG ab von der Identität oder Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren. Darüber hinaus sind auch alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können (BGH GRUR 2000, S 608, 610 - ARD 1; GRUR 2000, S 605, 606 - comtes/ComTel; GRUR 1999, S 995, 997 - HONKA). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall im Hinblick auf Taschenrechner eine Verwechslungsgefahr bejaht werden, nicht jedoch hinsichtlich der übrigen mit der prioritätsjüngeren Marke beanspruchten Waren.

2. Die Widersprechende hat die Benutzung ihrer Marke für die Waren Rechenmaschinen hinreichend glaubhaft gemacht. Es besteht für den Senat kein Anlaß an den in der eidesstattlichen Versicherung gegebenen Zahlen zu zweifeln. Auch die in den Prospekten dargestellte Verbindung zwischen Ware und Marke läßt die Benutzung ausreichend erkennen. Die dem Senat dargelegten Unterlagen und Zahlen decken den nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG erforderlichen Zeitraum ab.

Die Benutzung der eingetragenen Marke neben weiteren Kennzeichen gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (GRUR 1993, 972, 974 - Sana/ Schosana; "Contura/Constructa Contura", Beschluß vom 10.11.1999, I ZB 53/98 - Umdruck S 7, unveröffentlicht) als § 26 Abs 3 MarkenG nicht entgegenstehend. Im vorliegenden Fall ist an den Beispielen der Benutzung der Marke "TA" neben der weiteren Marke "Triumph.Adler" nur zu erkennen, daß beide Marken nebeneinander gestellt sind. Es ergibt sich hieraus kein neues Gesamtgebilde in Form einer zusammengehörigen Wortgruppe, das den kennzeichnenden Charakter der älteren Marke zu verändern geeignet wäre. Vielmehr steht "TA" in der Regel dominierend, zumeist noch farbig, im Vordergrund. Das daneben sich befindliche Zeichen "Triumph Adler" ist in einem anderem Schrifttyp gehalten und bedeutend kleiner. Es vermittelt in seiner Darstellung den Eindruck einer firmenmäßigen Kennzeichnung.

3.1. Angesichts der Benutzungslage kann demnach hinsichtlich "Rechenmaschinen" der Widerspruchsmarke und "Taschenrechnern" der jüngeren Marke ohne weiteres von identischen Waren ausgegangen werden.

3.2. Im Hinblick auf "Büroartikel, ausgenommen Möbel", ist jedoch keine Warenähnlichkeit vorhanden. Unter Büroartikel versteht man kleinere zur Erledigung von Büroarbeiten dienende Gegenstände wie Briefordner, Schnellhefter etc, jedoch keine Geräte, die maschinell betrieben werden wie Rechenmaschinen. Sie mögen zwar in einem im weiteren Sinne gleichen Umfeld - im Büro - verwendet werden können, sie sind jedoch in ihrer Beschaffenheit deutlich unterschiedlich. Die Annahme ihrer Herkunft aus demselben Unternehmen im Sinne einer Qualitätsverantwortlichkeit liegt für das Publikum schon aufgrund der deutlich verschiedenen Materialbeschaffenheit und Herstellungsweise, die durch die unterschiedliche Konstruktionsart des maschinellen oder elektronischen Betriebs von Rechnern bedingt ist, fern. Allein der Umstand, daß die beiderseitigen Waren in einem Büro nebeneinander benützt werden können, reicht zur Annahme der Warenähnlichkeit nicht aus (vgl Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 48).

3.3. Im Hinblick auf "Uhren, Zeitmeßinstrumente" mag eine entfernte Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen sein, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß das Publikum zu der Ansicht gelangen kann, aufgrund des Auftretens beider Waren in elektronischer Form sei die Herstellung im selben Unternehmen möglich. Zum Beleg dafür kann auf das von der Widersprechenden angeführte Beispiel der Firma Cassio zurückgegriffen werden.

4. Für die Annahme einer Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke liegen keine Anhaltspunkte vor. Dies gilt auch im Hinblick darauf, daß die Widerspruchsmarke zu einem Zeitpunkt eingetragen wurde, in dem Buchstabenzeichen als solche nach § 4 Abs 2 Nr 1 2. Altern. WZG noch nicht schutzfähig waren, denn das prüfungsrelevante Anmeldedatum der angegriffenen Marke, nämlich der 28. Mai 1997, lag bereits im Geltungszeitpunkt des Markengesetzes (vgl BPatG BlfPMZ 1996, 464 - ICP; GRUR 1999, 426 - UTS).

5. Demgemäß muß der Abstand, den die angegriffene Marke zur Widerspruchsmarke in bezug auf Rechenmaschinen einzuhalten hat sehr deutlich sein, in bezug auf Uhren jedoch sind die Anforderungen geringer.

6.1. Eine Prüfung auf Markenähnlichkeit hat in bezug auf die sich gegenüber stehenden "Rechenmaschinen" und "Büroartikel" wegen fehlender Warenähnlichkeit nicht mehr zu erfolgen (EuGH GRUR 1998, 922 - CANON; BGH GRUR 1999, 245 - LIBERO). Insoweit war der Beschluß der Markenstelle rechtmäßig und die Beschwerde zurückzuweisen.

6.2. Die Prüfung auf Markenähnlichkeit in bezug auf Rechenmaschinen und Taschenrechner führt jedoch zur Annahme der Verwechslungsgefahr. Beim Vergleich der sich gegenüberstehenden Zeichen nach ihrem Gesamteindruck ergibt sich, daß der zweite figürliche Bestandteil der jüngeren Marke lediglich als grafisch verfremdeter Buchstabe A vom Verkehr aufgefaßt wird. Die Feststellungen des Senats haben ergeben, daß in der allgemeinen Werbegrafik eine häufige Verwendung dieser Darstellung des Buchstabens A in der Schriftart Lettraset Enviro, auch innerhalb von Wörtern anzutreffen ist. Dies konnte in der mündlichen Verhandlung anhand von Prospekten und Annoncen belegt werden. Das Verständnis dieser Figur als Buchstabe A ist daher nicht nur durch Lettraset nachweisbar, sondern ergibt sich auch für den Teil des Publikums, der diese Schriftart nicht kennt, aus der visuellen Gewöhnung in der Werbung, in dem die Wörter in ihrem Sinngehalt unmittelbar verständlich sind, wenn die Figur sinnvollerweise nur als A gelesen werden kann. Dies berechtigt nach Ansicht des Senats zu der Annahme, daß auch bei der angegriffenen Marke unabhängig davon, ob sie als nebeneinander stehende einzelne Buchstaben gelesen oder als ein Wort verstanden wird, nicht auszuschließen ist, daß das zweite Element prototypisch als der Buchstabe A assoziiert wird. Angesichts der Warenidentität ist daher der Abstand den die beiden einander gegenüberstehenden Zeichen voneinander einzuhalten haben in klanglicher Hinsicht jedenfalls nicht mehr gewahrt.

6.3. Anders liegt der Fall jedoch für die zu "Rechenmaschinen" nur entfernt ähnlichen "Uhren, Zeitmeßgeräte". Bei der nach der Rechtsprechung des EuGH bestehenden Wechselwirkung aller einzelner Faktoren und ihrem Zusammenwirken bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr vermag ein geringerer Grad von Warenähnlichkeit zu geringeren Anforderungen an den Markenabstand führen (EuGH GRUR 98, 387, 389 - Sabel/Puma; GRUR 98, 922, 923 - CANON). Zwischen ihnen ist der Unterschied in den sich gegenüberstehenden Zeichen aufgrund der figürlichen Darstellung des Buchstabens "A" noch ausreichend, um eine Verwechslungsgefahr in rechtserheblichem Ausmaß zu verneinen. Deshalb war die Beschwerde auch für diese Waren zurückzuweisen.

7. Für eine Auferlegen von Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten (§ 71 MarkenG) bestand keine Veranlassung.

VRi Stoppel ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben Grabrucker Grabrucker Martens Fa






BPatG:
Beschluss v. 22.11.2000
Az: 28 W (pat) 130/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/487bd4b5af05/BPatG_Beschluss_vom_22-November-2000_Az_28-W-pat-130-00




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