Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Februar 2006
Aktenzeichen: 33 W (pat) 266/03
(BPatG: Beschluss v. 20.02.2006, Az.: 33 W (pat) 266/03)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 20. Februar 2006, Aktenzeichen 33 W (pat) 266/03, die Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Markenanmeldung zurückgewiesen. Die Marke "Alster Kids" wurde für verschiedene Waren und Dienstleistungen angemeldet, jedoch fehlt der Marke laut Gericht die erforderliche Unterscheidungskraft. Die Wortkombination "Alster Kids" wird vom Verkehr als beschreibende Angabe verstanden und ist daher nicht als Marke schutzfähig. Der Begriff "Alster" bezeichnet einen Nebenfluss der Elbe, der das Stadtbild von Hamburg maßgeblich prägt und häufig verwendet wird, um auf Hamburg Bezug zu nehmen. Der Begriff "Kids" ist ein bekannter englischer Slang-Ausdruck für "Kinder" und kann mit einer geographischen Bezeichnung wie "Hamburger" kombiniert werden, um Kinder aus der Umgebung von Hamburg zu beschreiben. Die angemeldete Marke stellt daher eine Angabe über den inhaltlichen Gegenstand der Waren und Dienstleistungen dar und fehlt somit jegliche Unterscheidungskraft. Die Beschwerde wurde somit zurückgewiesen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 20.02.2006, Az: 33 W (pat) 266/03
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Am 13. September 2001 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke Alster Kidsfür folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 16: Kataloge, Broschüren, Prospekte, Plakate, Faltblätter, Zeitschriften, Bücher, sonstige Druckereierzeugnisse, Fotografien, Schreibwaren;
Klasse 35: Organisation und Durchführung von Ausstellungen und Messen, Veranstaltungen wirtschaftlicher und werblicher Art; Werbung; Unternehmensberatung;
Klasse 41: Organisation und Durchführung von Kongressen, Konferenzen, Seminaren, Symposien und sonstigen Veranstaltungen wirtschaftlicher, werblicher, kultureller, unterhaltender und sportlicher Art.
Mit Beschluss vom 15. September 2003 hat die Markenstelle für Klasse 35 durch einen Angestellten des höheren Dienstes die Anmeldung nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG teilweise zurückgewiesen und zwar für die Waren und Dienstleistungen:
Kataloge, Broschüren, Prospekte, Plakate, Faltblätter, Zeitschriften, Bücher, sonstige Druckereierzeugnisse, Fotografien; Organisation und Durchführung von Ausstellungen, Veranstaltungen wirtschaftlicher und werblicher Art; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen wirtschaftlicher, werblicher kultureller, unterhaltender und sportlicher Art.
Nach Auffassung der Markenstelle bezeichnet die Marke im Hinblick auf ihre Bestandteile "Alster" (Nebenfluss der Elbe, der das Stadtbild von Hamburg präge) und "Kids" (lexikalisch belegbares Wort für Kinder und Jugendliche) Kinder und Jugendliche rund um die Alster. Für die Waren der Klasse 16 stelle die angemeldete Marke damit eine Beschreibung dar, dass sich die Waren mit Alster Kids befassten bzw. diese zum Gegenstand hätten. So könnten Druckereierzeugnisse etwa Geschichten von Kindern enthalten, die rund um die Alster aufgewachsen seien. Hierfür werde die Marke nur als Inhaltsangabe verstanden. Ebenso fehle der Marke die Unterscheidungskraft für solche Dienstleistungen, die der Erstellung solcher Werke und deren Verbreitung dienten, wie etwa Organisation und Durchführung von Ausstellungen. Dabei spiele es keine Rolle, ob es sich bei der angemeldeten Wortfolge um eine neue Wortzusammenstellung handele. Der Verkehr sei an solche Wortneubildungen gewöhnt und sehe darin allein keinen Herkunftshinweis.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Zur Begründung führt sie aus, dass der Anmeldemarke "AlsterKids" kein derart im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt innewohne, dass man sogleich an Kinder denke, die an der Alster wohnten oder dort zusammenkämen. Die Markenstelle habe einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Charakter von bildhaften oder zeichenhaften Begriffen vorschnell angenommen und sich damit in Widerspruch zur Amtspraxis und Rechtsprechung gesetzt. Hiergegen sprächen auch nicht die von der Markenstelle in Bezug genommenen Entscheidungen BGH - "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten" und - "REICH UND SCHÖN", da es sich bei den Marken, die diesen Entscheidungen zugrunde gelegen haben, um völlig farblose und die betroffenen Waren selbst bezeichnende Begriffe gehandelt habe. Insbesondere sei auch nicht einsehbar, wieso die Bezeichnung "Alster Kids" ungeeignet sein solle, Veranstaltungsdienstleistungen eines Veranstalters von denjenigen eines anderen zu unterscheiden. Auch das Patentamt habe verschiedene Marken mit dem Bestandteil "Alster" oder "Kids" eingetragen, aus denen eine konkrete Merkmalsbezeichnung nicht ohne weiteres ersichtlich sei (z. B. "Alster" für Autoteile, "Alster Web" für Unternehmensverwaltung, "Graffiti Kids" für Backwaren, "Kangoroo Kids" für Lebensmittel). Die angemeldete Marke sei auch in Hamburg nicht in irgendeiner Weise gebräuchlich oder weise einen konkreten Begriffsgehalt auf. Ergänzend verweist die Anmelderin auf Voreintragungen der Marken "ISAR" für elektronische Bauelemente, "ISAR ART" für sportliche und kulturelle Aktivitäten, Werbung, "ISARTALER" für Lebensmittel und "Die Isartaler Hexen" für Musikdarbietungen.
Der Anmelderin sind Kopien des Ergebnisses einer vom Senat durchgeführten Recherche übersandt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die zur Eintragung angemeldete Bezeichnung "Alster Kids Marke" weist für die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht die für eine Marke erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), da sie über einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Charakter verfügt.
Entsprechend der Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, ist unter Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung zu verstehen, Waren oder Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2002, 804 Nr. 35 Philips/Remington; GRUR 2004, 428 Nr. 30, 48 - Henkel). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen, zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist. Kann einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice).
Die angemeldete Marke setzt sich aus den Bestandteilen "Alster" und "Kids" zusammen. Das Wort "Alster" bezeichnet, wie die Markenstelle richtig festgestellt hat, einen Nebenfluss der Elbe, der durch Hamburg fließt und mit seinen Kanälen, vor allem auch mit seinen zusammenhängenden Wasserflächen (Binnenalster, Außenalster) das Stadtbild von Hamburg maßgebend mitprägt. Ähnlich wie die Flussbezeichnungen "Spree", "Isar" und "Main" häufig als synonyme Bezeichnungen für die Städte Berlin, München und Frankfurt/Main verwendet werden, so wird auch das Wort "Alster" häufig verwendet, um damit allgemein einen Bezug zu Hamburg auszudrücken. Als Beispiele seien etwa folgende Veröffentlichungen der Süddeutschen Zeitung genannt:
Überschrift: "Alster-News" (Beilage zur SZ vom 25. Juni 2002);
Überschrift: "Jodeln an der Alster" (SZ vom 25. Juni 2003);
"Trotz der gleichen Sprache: Das sind die feinen Unterschiede, die Dialekte zwischen Hip Hop von Isar und Alster" (SZ vom 4. Juli 2000);
"... kommen zum größten Teil aus - Hamburg. Die Alster-Stadt ist Deutschlands Metropole der Geschäftsberichte-Macher." (SZ vom 20. August 2004).
Häufig werden auch Hamburger Einwohner oder sonstige Personen bzw. Personengruppen, die der Stadt Hamburg zugeordnet werden, dadurch bezeichnet, dass ihrer Benennung das Wort "Alster" vorangestellt wird, etwa:
"Alsteranlieger" (SZ vom 8. September 1995); "Alsteranwohner" (Morgenpost vom 10. August 2001); "Alster-Akteure" (SZ vom 30. April 1999); "Alster-Torhüter Hendrik Sievers" (SZ vom 21. Oktober 2002); "... eine jener Fragen an, die außer bleichgesichtigen Alster-Redakteuren niemand stellt." (SZ vom 8. Januar 1999).
Der zweite Markenbestandteil "Kids" stellt einen bekannten englischen Slang-Ausdruck für das Wort "Kinder" dar, der in dieser Bedeutung auch in die deutsche Umgangssprache übernommen worden ist. In diesem Sinne hat der Senat den Ausdruck "Kids" häufig belegen können, sogar in Zusammenhang mit Kindern aus dem Hamburger Raum z. B.:
"Tipps für Kids... Eiskalte Lesung für coole Kids" (www.hamburgmagazin.de/fr_kids_kinderinhamburgaktuell.htm);
"Alles Hamburg - Alles Alster!
1200 Kids aus Hamburg haben beim Schreibwettbewerb "Alles Alster" mitgemacht und sind Autoren geworden. Tolle Geschichten über die Hansestadt sind dabei herausgekommen; ..." (www.geo.de/GEOlino/community/alles_alster/2005_11_-GEOlino_alster_azubis...);
"... damit Hamburger Kids Musik machen oder Sport treiben können, ..." (www.aktivebuergerschaft.de/vab/presse/pressespiegel/2004-01-21a.php);
"Hamburger Kids wissen, dass man sich schnell anmelden muss, um einen der vielen Preise zu ergattern." (www.chessbase.de/nachrichten.asp€newsid = 3681);
"Der guten Stimmung der Hamburger Kids tat das keinen Abbruch." (www.holstencityman.de/news/€& artikelNr=3&offset=circa6).
Auch wenn die angemeldete Wortkombination "Alster Kids" selbst nicht als aktuell verwendete beschreibende Wortkombination belegt werden konnte, so zeigen die o. g. tatsächlichen Anhaltspunkte dennoch, dass der Begriff "Kids" ohne weiteres mit einer vorangestellten geographischen Bezeichnung wie "Hamburger" kombiniert werden kann, um damit in beschreibender Weise Kinder aus der Umgebung der Stadt Hamburg zu benennen. Zugleich geht aus den o. g. Hinweisen hervor, dass das Wort "Alster" beliebigen Bezeichnungen von Personen bzw. Personengruppen vorangestellt werden kann, um so auf deren Zugehörigkeit zur Stadt Hamburg (beschreibend) hinzuweisen. Auf dieser Linie üblicher beschreibender Bezeichnungen liegt damit auch die angemeldete Wortkombination "Alster Kids". Sie bezeichnet - für jedermann ohne weiteres verständlich - Kinder aus der Stadt Hamburg.
Für die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen, soweit sie geistige Inhalte enthalten können, wie etwa Kataloge, Broschüren, Zeitschriften, Bücher, sonstige Druckereierzeugnisse, Fotografien, aber auch Veranstaltungsdienstleistungen, insbesondere kultureller und unterhaltender Art, stellt die angemeldete Wortkombination damit eine Angabe über den inhaltlichen Gegenstand bzw. das Thema der Waren oder Dienstleistungen dar. Zugleich kann die Anmeldemarke auch eine direkte Benennung der angesprochenen Verkehrskreise darstellen, an die sich Waren wie Bücher und vor allem die beanspruchten Veranstaltungsdienstleistungen wenden. Je nach der konkreten Art der damit gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung und dem Zusammenhang, in dem diese präsentiert wird, steht dabei entweder das eine oder das andere Merkmal im Vordergrund. In jedem Fall wird die angemeldete Marke vom Verkehr ohne weiteres als beschreibende Angabe verstanden. Wegen dieses im Vordergrund stehenden beschreibenden Charakters fehlt der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft, so dass sie nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die Beschwerde war damit zurückzuweisen.
BPatG:
Beschluss v. 20.02.2006
Az: 33 W (pat) 266/03
Link zum Urteil:
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