Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 21. März 2003
Aktenzeichen: 6 U 150/02
(OLG Köln: Urteil v. 21.03.2003, Az.: 6 U 150/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Köln hat am 21. März 2003 in dem Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen 6 U 150/02 entschieden. In dem Verfahren hatte die Klägerin den Beklagten wegen unzulässiger Rechtsberatung verklagt. Die Klage wurde jedoch in erster Instanz vom Landgericht Köln abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin jedoch zurückgewiesen und die Kosten des Berufungsverfahrens der Klägerin auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, eine Revision wird nicht zugelassen.
In der Begründung des Urteils stellt das Gericht fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Kostenerstattung hat. Sie hat nicht nachgewiesen, dass der Beklagte gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen hat. Zudem war das Schreiben, auf das sich die Klage bezieht, nicht geschäftsmäßig erfolgt, sondern war lediglich eine Gefälligkeit für ein Familienmitglied.
Da die Unterlassungsklage unbegründet war, fehlt es auch an einer Rechtsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch. Eine Abmahnung des Beklagten hat keine Sonderrechtsbeziehung zwischen ihm und der Klägerin entstehen lassen, die zu einer Kostenerstattung verpflichten würde.
Die Kostenentscheidung des Gerichts folgt aus den Vorschriften der Zivilprozessordnung. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht ebenfalls auf den entsprechenden gesetzlichen Regelungen.
Das Gericht sieht keine Gründe für die Zulassung einer Revision an den Bundesgerichtshof. Die Rechtsfragen des Falles sind bereits ausreichend höchstrichterlich geklärt worden.
Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 3.000,- EUR.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Köln: Urteil v. 21.03.2003, Az: 6 U 150/02
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.07.2002 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 133/02 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen
Gründe
I.
Die Klägerin wirft dem Beklagten unzulässige Rechtsberatung vor wegen eines von ihm unter der Firmierung "V. Beratung" versandten Schreibens vom 28.12.2001. Die zunächst auf Unterlassung gerichtete Klage hat die Klägerin in erster Instanz geändert auf Feststellung der Kostentragungspflicht des Beklagten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
II.
Die in formeller Hinsicht einwandfreie, insgesamt zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein materiellrechtlicher Schadensersatzanspruch auf Kostenerstattung zu.
1.
Zu Recht hat das Landgericht die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs aus § 1 UWG wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG verneint.
a)
Der Sachvortrag des Beklagten zu den Umständen, unter denen sein Schreiben vom 28.12.2001 zustande gekommen ist, ist auch im Berufungsverfahren als unstreitig zu behandeln. Soweit die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren diesen Sachvortrag bestreitet, ist sie hiermit gemäß §§ 529 Abs. 2 Nr. 2, 531 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen.
In zutreffender Würdigung des erstinstanzlichen Sachvortrags der Klägerin ist im Tatbestand des angefochtenen Urteils festgehalten, dass sie die entsprechenden Ausführungen des Beklagten nicht bestritten hat. Eines vorherigen gerichtlichen Hinweises gemäß § 139 Abs. 2 ZPO auf die Entscheidungserheblichkeit eines Bestreitens bedurfte es nicht. Die Hinweispflicht des Gerichts ist beschränkt auf Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat. Für das Landgericht war nicht erkennbar, dass die Klägerin die Notwendigkeit eines Bestreitens übersehen oder gar den Sachvortrag des Beklagten für unerheblich gehalten haben könnte, nachdem sie in der Replik vom 17.05.2002 zu der Klageerwiderung vom 08.05.2002 den "Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt" erklärt und die Klage geändert hatte unter Bezugnahme darauf, dass der Beklagte nunmehr "erstmalig die Hintergründe der persönlichen Beziehung zwischen den an der Sache beteiligten Personen dargelegt hatte". Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO sind erkennbar nicht gegeben.
b)
Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG liegen nicht vor.
Unzulässig ist eine ohne Erlaubnis ausgeübte rechtsbesorgende Tätigkeit nur dann, wenn sie geschäftsmäßig erfolgt. Geschäftsmäßigkeit setzt eine selbständige, mit Wiederholungsabsicht erfolgende Tätigkeit voraus, die nicht nur aus besonderen Gründen als Gefälligkeit ausgeübt wird (BGH NJW 2000, 1560, 1561; 2001, 3541, 3542), z.B. wegen verwandtschaftlicher oder freundschaftlicher Beziehungen.
Der Beklagte hat sich nicht geschäftsmäßig i.S. des Art. 1 § 1 RBerG betätigt. Insbesondere hat er nicht schon deshalb geschäftsmäßig gehandelt, weil er das fragliche Schreiben unter dem Briefkopf der "V. Beratung" versandt hat. Inhaberin der "V. Beratung", welche ausweislich der von dem Beklagten vorgelegten Gewerbeanmeldung vom 17.11.1998 "Wirtschaftsberatung" betreibt, ist nicht der Beklagte selbst, sondern seine Ehefrau. Dem Sachvortrag des Beklagten folgend, wurde an ihn und seine Ehefrau im Rahmen einer Familienfeier von dem Lebensgefährten der Schwester seiner Ehefrau die Bitte herangetragen, im Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen Probleme ein vom diesem bereits vorgefertigtes Schreiben unter dem Briefkopf des Beratungsunternehmens der Ehefrau des Beklagten an einen Dritten zu richten. Das dem vorgefertigten Entwurf folgende Schreiben vom 28.12.2001 wurde sodann von dem Beklagten unterzeichnet, weil seine Ehefrau abwesend war. Der Beklagte hat folglich nicht im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit gehandelt, sondern es einmalig und aus Gefälligkeit für ein Familienmitglied übernommen, eine fremde Rechtsangelegenheit zu besorgen.
2.
War die auf § 1 UWG i.V. mit Art. 1 Abs. 1 RBerG gestützte Unterlassungsklage mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen einer unzulässigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten unbegründet, so fehlt es auch dann an einer Rechtsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch, wenn die Handlung des Beklagten objektiv den Eindruck eines Wettbewerbsverstosses erweckt und damit eine Abmahnung und gerichtliche Inanspruchnahme provoziert hat.
Zwischen Abmahnendem und zu Unrecht Abgemahntem entsteht keine Rechte und Pflichten auslösende Sonderrechtsbeziehung (BGH GRUR 1995, 167 "Kosten bei unbegründeter Abmahnung"; OLG Köln GRUR 2001, 525; Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl., 41. Kap., Rn. 57 ff). Ansprüche nach § 311 Abs. 2 BGB n.F. bzw. nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo kommen nicht in Betracht, weil durch eine ohne vorherige Kontaktaufnahme ausgesprochene Abmahnung kein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis begründet wird (BGH a.a.O.; OLG Köln a.a.O.). Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag scheitern daran, dass eine unbegründete Abmahnung weder auf die Erfüllung einer Pflicht des Abgemahnten im Sinne des 679 BGB hinwirken kann, noch dem mutmaßlichen Willen des Abgemahnten entspricht (BGH a.a.O.; OLG Köln a.a.O.).
Ebenso wenig kommt mangels Vergleichbarkeit mit den Besonderheiten des Vollstreckungsverfahrens eine analoge Anwendung der Aufklärungspflicht des Drittschuldners nach § 840 ZPO in Betracht (BGH a.a.O.; OLG Köln a.a.O.). Die Voraussetzungen deliktischer Ansprüche nach §§ 823, 826 BGB sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine analoge, reziproke Anwendung des § 93 ZPO scheidet aus, weil § 93 ZPO ausschließlich prozessuale Kostenerstattungsansprüche betrifft und keine Rechtsgrundlage für einen materiellrechtlichen Erstattungsanspruch bietet.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO n. F. in Verbindung mit § 26 Nr. 7 EGZPO liegen nicht vor. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Streitentscheidend ist vielmehr eine über den entschiedenen Fall nicht hinausweisende Subsumtion eines individuellen, auch tatrichterlich zu beurteilenden Sachverhalts unter Normen und Rechtsgrundsätze, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, namentlich in den vorerwähnten Entscheidungen, bereits eine Klärung erfahren haben.
Streitwert im Berufungsverfahren: 3.000,- EUR
OLG Köln:
Urteil v. 21.03.2003
Az: 6 U 150/02
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/4a3388c63803/OLG-Koeln_Urteil_vom_21-Maerz-2003_Az_6-U-150-02