Oberlandesgericht Celle:
Urteil vom 12. Juli 2000
Aktenzeichen: 9 U 125/99
(OLG Celle: Urteil v. 12.07.2000, Az.: 9 U 125/99)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hannover wird vom Oberlandesgericht Celle zurückgewiesen. Das Urteil des Landgerichts besagt, dass die beklagte Gemeinde nicht dafür haftet, Verluste der Kurbetriebsgesellschaft auszugleichen. Der Kläger, der als Konkursverwalter über das Vermögen der Kurbetriebsgesellschaft fungiert, hatte gefordert, dass die beklagte Gemeinde ihn für die Jahresfehlbeträge der Gesellschaft in den Jahren 1991 und 1992 entschädigt. Das Gericht entschied jedoch, dass die beklagte Gemeinde keine Verpflichtung hat, diese Verluste auszugleichen. Auch eine Haftung aus Delikt oder aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen wurde abgelehnt. Das Gericht wies darauf hin, dass der Ratsbeschluss der Gemeinde vom 27. November 1991, der den Ausgleich der Verluste zum Inhalt hatte, wegen fehlender Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde unwirksam war und daher keine Rechtswirkung entfaltet hat. Weitere Argumente des Klägers, wie eine angebliche Unterkapitalisierung der Gesellschaft und ein Missbrauch der Leitungsmacht seitens der Gemeinde, wurden ebenfalls zurückgewiesen. Der Anspruch des Klägers wurde daher abgelehnt. Das Urteil des Oberlandesgerichts Celle ist vorläufig vollstreckbar. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Celle: Urteil v. 12.07.2000, Az: 9 U 125/99
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 9. März 1999 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Sicherheit auch in Form einer selbstschuldnerischen, unbefristeten, unbedingten und unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Wert der Beschwer für den Kläger: 9.504.189,08 DM.
Tatbestand
Der Kläger verlangt als Konkursverwalter über das Vermögen der Kurbetriebsgesellschaft mbH *** (im Folgenden: KBG) von der beklagten Gemeinde als deren Alleingesellschafterin Ausgleich der Jahresfehlbeträge der Gesellschaft für die Geschäftsjahre 1991 und 1992 sowie - als Teilanspruch - die Übernahme weiter gehender Verluste.
Die beklagte Gemeinde ist Eigentümerin einer aktiven Solequelle, deren Heilkraft im Rahmen eines Kurbetriebes stärker als zuvor genutzt werden sollte, in der Erwartung, durch Kurbetrieb und Fremdenverkehr die Wirtschaftskraft der Region zu fördern. Die dafür erforderlichen Investitionen sollten nach den in Rat und Verwaltung der beklagten Gemeinde entwickelten Vorstellungen von einer noch zu gründenden Kurbetriebsgesellschaft mbH, an der die Gemeinde zu 100 % beteiligt sein und in die sie die bereits vorhandenen Kureinrichtungen einbringen sollte, vorgenommen werden. Der Rat der Gemeinde fasste einen entsprechenden Grundsatzbeschluss und legte dem Landkreis *** als der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde im Mai 1988 die aus den Anlagen K 20 und K 21 ersichtliche, von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellte Finanzierungsübersicht mit Wirtschaftlichkeitsberechnung vor, auf deren Grundlage die Beklagte für das erste Jahr der vollständigen Betriebstätigkeit der KBG (1992) einen Überschuss von 115.000,00 DM erwartete. Zur Anschubfinanzierung der Gesellschaft aus Mitteln des Fleckens in den ersten drei Jahren wurde ein Betrag von 500.000,00 DM für ausreichend erachtet. Am 1. Juni 1988 wurde der Landkreis von der beabsichtigten Gründung der KBG förmlich in Kenntnis gesetzt (Anlage K 22); die Kommunalaufsicht bestätigte am 2. Juni 1988 die Kenntnisnahme (Anlage K 23) und zahlte danach einen Investitionszuschuss von 3 Mio. DM.
Am 2. Juni 1988 wurde die KBG durch den hiermit in Bezug genommenen, aus der Anlage K 2 ersichtlichen Gesellschaftsvertrag gegründet und im August 1988 in das Handelsregister eingetragen. Vom Zeitpunkt der Gründung bis zum 11. Oktober 1992 war der Gemeindedirektor *** der beklagten Gemeinde der Geschäftsführer der KBG; ihm folgte ab dem 12. Oktober 1992 deren vormaliger Prokurist ***, der im Januar 1993 den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens stellte. In der Gesellschafterversammlung der KBG wird die Gemeinde als Alleingesellschafterin mit einer Stimme durch die Mitglieder ihres Rates vertreten, die ihre Stimme nur einheitlich abgeben können.
Die KBG wurde mit einem Stammkapital von 1 Mio. DM gegründet, das in Höhe von 100.000,00 DM durch Bareinlage und in Höhe von 900.000,00 DM durch die Einbringung von Grundstücken - u. a. des alten Kurhausgeländes und des Solequellengrundstücks - aufgebracht wurde. In den ersten Geschäftsjahren betätigte sich die KBG mit der Herstellung ihrer Einrichtungen, nämlich (zuerst) des Hotels, (danach) des Thermalschwimmbades mit Restaurant und (später) der Therapieeinrichtungen. Die Finanzierung der beiden ersten Bauabschnitte erfolgte teilweise aus dem Stammkapital der KBG und gewährten Investitionszuschüssen sowie im Wesentlichen durch einen von der KBG aufgenommenen und von der beklagten Gemeinde mit Genehmigung des Landkreises verbürgten Kredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Höhe von 4,7 Mio. DM und einem dinglich abgesicherten Darlehen der Nord/LB und der DG-Bank als Bankenkonsortium in Höhe von 17,7 Mio. DM. In diesem Zusammenhang gab die Beklagte am 2. Juli 1990 die aus der Anlage K 45 ersichtliche Erklärung ab.
Die Jahresfehlbeträge der Gesellschaft für die Geschäftsjahre 1988 und 1989 sind durch Verlustzuweisungen des Fleckens in voller Höhe abgedeckt worden, der Jahresfehlbetrag 1990 ganz überwiegend, soweit nicht Verlust wegen und in Höhe der Verluste aus dem Geschäftsbereich Hotel in das folgende Geschäftsjahr vorgetragen wurde. Auch auf den Jahresfehlbetrag für das Geschäftsjahr 1991 hat der Beklagte noch bis Ende 1992 Zahlungen geleistet, deren Höhe und Verrechnungen im Einzelnen zwischen den Parteien streitig sind.
Im Dezember 1991 eröffnete die KBG ihren Betrieb, ohne allerdings im folgenden Geschäftsjahr den bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung prognostizierten Überschuss zu erzielen. Die bereits 1991 für 1992 erwarteten Verluste wurden noch überschritten. Für den dritten Bauabschnitt (Therapieeinrichtung) bestand Ende 1991 weiterer Finanzierungsbedarf. Das Bankenkonsortium, das die weitere Finanzierung übernehmen sollte, forderte vorab eine Erhöhung des Eigenkapitals der KBG sowie einen förmlichen Beschluss über die Defizitabdeckung auch für die Geschäftsjahre 1991 bis 1993. Die Gesellschafterversammlung beschloss am 9. März 1992 die Erhöhung des Stammkapitals um 1,5 Mio. DM und am 26. November 1992 die Erhöhung um weitere 1,8 Mio. DM auf insgesamt 4,3 Mio. DM. Die weitere Stammeinlage von 1,5 Mio. DM ist durch die Einbringung des sog. €Wessel-Grundstücks€ als Sacheinlage geleistet worden. Dieses Grundstück hatte die Beklagte zuvor für einen Kaufpreis von 1,4 Mio. DM erworben. Mit der Behauptung, das Wessel-Grundstück habe bei Einbringung einen Verkehrswert von nur 500.000,00 DM gehabt, hat der Kläger mit seiner Klage zunächst auch 1 Mio. DM wegen als offene Einlage von dem Beklagten verlangt. Diesen Teil des Rechtsstreits haben die Parteien im Verlauf der ersten Instanz durch den aus dem Protokoll vom 5. August 1998 (Bl. 352 - 354 d. A.) ersichtlichen Teilvergleich erledigt.
Bereits am 27. November 1991 hatte nach vorausgegangener Beschlussfassung im Rat die beklagte Gemeinde in der Gesellschafterversammlung der KBG zu Tagesordnungspunkt €Wirtschaftsplan der *** für die Jahre 1991 bis 1993€ beschlossen:
€Das erwirtschaftete Defizit aus dem Betrieb der *** wird durch den Gesellschafter abgedeckt.€
Im Ergebnis ist der dritte Bauabschnitt allerdings nicht durch das Bankenkonsortium Nord/LB/DG-Bank finanziert worden, sondern durch die Bank für Gemeinwirtschaft (BfG), die der Gesellschaft 1992 vier Kommunaldarlehen über insgesamt 9,8 Mio. DM gewährt und darüber Schuldscheine ausgestellt hat, die später im Weg des Schuldscheinhandels von der Bayerischen Landesbank übernommen wurden. Ob zur Erlangung der Kommunaldarlehen der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 27. November 1991 vorgelegt worden ist oder ob die Bank ohne eine über die Erklärung vom 2. Juli 1990 hinaus gehende Sicherheit zur Darlehensgewährung bereit war, ist zwischen den Parteien streitig.
Für den dem Gesellschafterbeschluss vom 27. November 1991 zu Grunde liegenden Ratsbeschluss vom selben Tag hat die Beklagte zunächst die Genehmigung der Kommunalaufsicht beantragt, diesen Antrag jedoch auf die Ankündigung, dass die Genehmigung versagt werde, wieder zurückgenommen. Der Rat
der Gemeinde hat schließlich in seiner Sitzung vom 30. November 1992 den Ratsbeschluss zur Defizitabdeckung vom 27. November 1991 wieder aufgehoben. In der Gesellschafterversammlung der KBG vom selben Tag wurde der entsprechende Gesellschafterbeschluss ebenfalls wieder aufgehoben.
Nach Eröffnung des Konkursverfahrens sind Forderungen von rund 47,1 Mio. DM zur Konkurstabelle angemeldet worden. Die Nord/LB hat zwischenzeitlich aus der zwangsweisen Verwertung der dinglichen Sicherheiten Befriedigung in Höhe von etwa 7,7 Mio. DM erlangt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte auf Grund der Gesellschafterbeschlüsse vom 27. November 1991 zur Defizitabdeckung für die Jahre 1991 und 1992 verpflichtet sei. Ferner hafte die beklagte Gemeinde nach den Grundsätzen im qualifizierten faktischen Konzern, weil sie ihre Leitungsmacht ohne hinreichende Rücksicht auf die Belange der KBG ausgeübt habe. Hierzu hat der Kläger in der ersten Instanz umfangreich zu einzelnen der KBG übertragenen Maßnahmen (Herrichtung und Unterhaltung des gemeindeeigenen Dorfplatzes, Unterhaltung und Pflege bestimmter Rad- und Wanderwege, Übernahme des Fremdenverkehrsbüros) vorgetragen.
Der Beklagte hat darauf verwiesen, dass der Beschluss vom 27. November 1991 wieder aufgehoben worden sei und daher keine Wirkung entfalten könne. Ferner hat er die Auffassung vertreten, dass eine Haftung nach konzernrechtlichen Grundsätzen daran scheitere, dass die Gemeinde als Gebietskörperschaft kein Unternehmen und überdies an keinem anderen Wirtschaftsunternehmen beteiligt sei. Zu den einzelnen Missbrauchsvorwürfen hat er ausführlich Stellung genommen.
Nach Abweisung der Klage durch das Landgericht verfolgt der Kläger seinen Anspruch mit der Berufung weiter. Er meint, dass die beklagte Gemeinde aus einer zwischen ihr als Alleingesellschafterin und der KBG getroffenen Vereinbarung über die Defizitabdeckung und die Verlustübernahme hafte. Der Ratsbeschluss vom 27. November 1991 sei dabei Grundlage eines in der Gesellschafterversammlung vom gleichen Tage unterbreiteten Vertragsangebots, welches von der KBG sogleich angenommen worden sei.
Der Ratsbeschluss sei entgegen der Auffassung des Landgerichts rechtswirksam, weil zum Einen eine Genehmigung gemäß § 93 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 NGO nicht erforderlich gewesen sei, zum Anderen die Regelungen des § 93 i. V. m. § 133 NGO wegen fehlender Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers für zivilrechtliche Vorschriften keinen Einfluss auf die zivilrechtliche Wirksamkeit der Erklärung der beklagten Gemeinde haben könnten.
Weiter behauptet der Kläger, dass die KBG von Anfang an unterkapitalisiert gewesen sei, sodass der Beklagte auch deshalb hafte, weil die am 27. November 1991 abgegebene Erklärung im Ergebnis eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt habe.
Die beklagte Gemeinde hafte aber auch aus Delikt. Da die KBG nie über eine ausreichende Kapitaldecke verfügt habe, sei ihr Scheitern und damit die Schädigung der Gesellschaftsgläubiger von der Gemeinde bewusst in Kauf genommen worden. Zudem hätte frühzeitig, jedenfalls aber spätestens Ende 1991 Konkursantrag gestellt werden müssen; eine Haftung wegen Konkursverschleppung sei daher ebenfalls zu bejahen.
Die Gemeinde hafte auch aus Verschulden bei Vertragsschluss, weil die Gläubiger nicht nur darauf hätten vertrauen dürfen, dass die KBG von der Gemeinde gestützt werde, sondern überdies der Beschluss vom 27. November 1991 der Erlangung weiterer Kreditmittel gedient habe.
Schließlich wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag zur Haftung im qualifizierten faktischen Konzern.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger - über die auf Grund des Teilvergleichs gezahlten Beträge hinaus - weitere 9.504.189,08 DM nebst 6 % Zinsen auf 3.307.200,00 DM seit dem 28. März 1993 und nebst 6 % Zinsen auf 6.196.989,08 DM seit dem 14. Dezember 1996 zu zahlen,
ihm zu gestatten, eine etwa erforderliche Sicherheit durch Stellung einer selbstschuldnerischen, unbefristeten, unbedingten und unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und
für den Fall einer Maßnahme nach § 711 ZPO anzuordnen, dass Sicherheit auch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse sein darf.
Die beklagte Gemeinde verteidigt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages die angefochtene Entscheidung. Sie hält den Ratsbeschluss vom 27. November 1991 wegen der fehlenden kommunalaufsichtlichen Genehmigung für unwirksam; daher sei es zu keiner Vereinbarung zwischen ihr und der KBG gekommen. Die KBG habe auch um das fehlende Wirksamkeitserfordernis gewusst, sodass ein schutzwürdiges Vertrauen nicht begründet worden sei.
Die KBG sei auch nicht von Anfang an unterkapitalisiert gewesen, vielmehr habe die Kapitalausstattung den Wirtschaftlichkeitsberechnungen entsprochen. Sie, die Gemeinde, habe die Gesellschaft nach Kräften gestützt, insbesondere noch im Jahr 1992 das Stammkapital deutlich erhöht. Für eine deliktische Haftung fehle daher jedwede Grundlage. Der Ratsbeschluss vom 27. November 1991 habe für die bereits zuvor gewährten Kredite der Nord/LB/DG-Bank keine Rolle gespielt.
Die beanstandeten Einzelmaßnahmen hätten vorrangig dem Interesse der KBG gedient, überdies seien sie durch erhebliche Mittel der Gemeinde bezuschusst worden. Jedenfalls sei hier aber ein Einzelausgleich möglich.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vor-getragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Defizitabdeckung und Verlustübernahme durch die beklagte Gemeinde unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
1. Der Anspruch ergibt sich weder aus dem Rats- noch aus dem Gesellschafterbeschluss vom 27. November 1991.
a) Dabei kann dahin stehen, ob - was nach Auffassung des Landgerichts nahe gelegen hat - der Gesellschafterbeschluss vom 27. November 1991 wegen § 53 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 2 GmbHG der notariellen Beurkundung bedurft hätte. Denn ein Gesellschafterbeschluss bindet, wenn mehrere Gesellschafter vorhanden sind, die Gesellschafter untereinander. Ein Alleingesellschafter unterliegt einer solchen Bindung nicht, er ist vielmehr in seiner Entscheidung frei, kann also grundsätzlich auch selbst entscheiden, ob er die von ihm gefassten Beschlüsse durchführt, ändert oder ihre Durchführung unterlässt. Aus einem Beschluss des einzigen Gesellschafters allein kann die Gesellschaft daher gegen ihn keine Rechte herleiten; Ansprüche erwachsen daraus erst, wenn es auf der Grundlage des Beschlusses zu einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter gekommen ist. Demgemäß hat die Berufung zu Recht das Vorliegen einer solchen Vereinbarung in den Vordergrund gestellt.
b) Eine vertragliche Vereinbarung zwischen der KBG und dem Beklagten als Alleingesellschafter scheitert aber daran, dass die Erklärung des Beklagten über die Verlustabdeckung und Mehrkostenübernahme zu keinem Zeitpunkt wirksam gewesen ist.
aa) Die Erklärung der Gemeinde hätte als ein der Bürgschaft oder dem Gewährsvertrag wirtschaftlich gleichkommendes Rechtsgeschäft i. S. d. § 93 Abs. 3 NGO gemäß § 93 Abs. 2 Satz 2 NGO der Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde bedurft, weil es sich um die Einstandspflicht für künftige Verluste der Gesellschaft gehandelt hat. Das Genehmigungserfordernis dient dabei der Haushaltssicherheit. Gemeinden sollen nicht ohne vorgeschaltete Kontrolle für unabsehbare Risiken aus privatwirtschaftlicher Betätigung haften, die mit der kommunalen Haushaltsführung nicht vereinbar wären. Dies gilt auch für Rechtsgeschäfte zu Gunsten von Unternehmen, an denen die Gemeinde beteiligt ist, wie sich aus den Ausführungsbestimmungen zu § 93 NGO (vgl. Lüersen/Neuffer, Kommentar zur NGO, Loseblatt, Stand Juli 1999) ergibt, ohne dass es einen Unterschied machen kann, ob es sich um eine alleinige Beteiligung der Gemeinde oder um eine Mitbeteiligung an einem Unternehmen handelt. Zutreffend hat das Landgericht auch darauf hingewiesen, dass das Genehmigungserfordernis nicht dadurch entfallen ist, dass die Alleinbeteiligung der beklagten Gemeinde an einer Eigengesellschaft in der nach § 109 Abs. 1 Nr. 2 NGO allein vorgesehenen Rechtsform einer GmbH bei Gründung der Gesellschaft von der kommunalen Aufsicht unbeanstandet geblieben ist. Denn die Übernahme von Verlusten in bestimmter oder gar unbestimmter Höhe war hiermit nicht gestattet.
bb) Da die Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde unstreitig weder erteilt ist noch gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 NGO als erteilt gilt, ist die - zunächst schwebend unwirksame - Erklärung des Rates zivilrechtlich endgültig nicht wirksam geworden. Entgegen der Auffassung der Berufung betrifft das Fehlen der Genehmigung nicht nur das Innenverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Landkreis. Nach dem Wortlaut des § 93 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 NGO bedarf €das Rechtsgeschäft€ der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Hierdurch wird deutlich, dass das Erfordernis der Genehmigung nicht ausschließlich das Innenverhältnis zwischen kommunaler Gebietskörperschaft und Aufsichtsbehörde betrifft, sondern unmittelbaren Einfluss auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts selbst besitzt
(BGH NJW 1999, 3335/3336 m. w. N.).
cc) Die Regelungen der NGO über das Genehmigungserfordernis unterliegen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere hat der Landesgesetzgeber hiermit nicht in das Zivilrecht eingegriffen, sondern lediglich die Möglichkeit der Kommunen beschränkt, sich ohne Beteiligung der Aufsichtsbehörde in bestimmter Weise zivilrechtlich zu binden. Aufsichtsbehördliche Genehmigungsvorbehalte gegenüber Rechtsakten kommunaler Gebietskörperschaften sind ein Mittel vorbeugender Staatsaufsicht. Durch sie soll verhindert werden, dass Rechtsakte Geltungskraft erlangen, die insbesondere mit bestimmten gesetzlichen Vorgaben nicht in Einklang stehen. Es handelt sich um eine Form der staatlichen Mitentscheidung, die den Staat im Fall der Genehmigung von Bürgschaftsverträgen oder ähnlichen Rechtsgeschäften zur Überprüfung nicht nur der Rechtmäßigkeit, sondern auch der Zweckmäßigkeit des Rechtsgeschäfts ermächtigt (Schmidt-Aßmann in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 10. Aufl., Kommunalrecht, Rn. 49). Genehmigungsvorbehalte im kommunalen Bereich sind damit gesetzliche Regelungen, aufgrund derer besondere, von den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften in dieser Eigenschaft begründete Rechtsakte grundsätzlich erst wirksam werden, wenn das vom Gesetz bestimmte staatliche Exekutivorgan der Vornahme des Rechtsakts gegenüber dem Selbstverwaltungsträger zustimmt (BGH NJW 1999, 3335/3336 unter Hinweis auf Humpert, Genehmigungsvorbehalte im Kommunalverfassungs-recht, Seite 4, 6 und 188). Diese Funktion des Genehmigungsvorbehalts als Mittel der präventiven Kontrolle von Rechtshandlungen kommunaler Gebietskörperschaften ist nur dann gewährleistet, wenn die Wirksamkeit des zu kontrollierenden Rechtsakts von der Erteilung der Genehmigung abhängt. Andernfalls bliebe die Verletzung des Genehmigungsvorbehalts ohne Folgen. Hinge die privatrechtliche Wirksamkeit des genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts nicht von der Genehmigung ab, käme das Genehmigungserfordernis einer bloßen Anzeigepflicht gleich. Der Gesetzgeber hat eine Anzeigepflicht aber in den in § 93 NGO genannten Fällen nicht für ausreichend gehalten.
dd) Schließlich ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von der Mitwirkung eines Dritten abhängt, der an dem Rechtsgeschäft selbst nicht beteiligt ist. Denn die Mitwirkung eines Dritten als Wirksamkeitsvoraussetzung eines Rechtsgeschäfts ist ein Umstand, der auch sonst dem Zivilrecht nicht fremd ist, wie dies der Regelungsgegenstand de §§ 182 - 185 BGB verdeutlicht (BGH NJW 1999, 3335/3338).
c) Der Beklagte haftet auch nicht deshalb, weil er der KBG eine bestimmte Kapitalausstattung zugesichert oder eine Unterkapitalisierung der Gesellschaft zugelassen hätte. Dabei kann offen bleiben, ob - wofür hinreichende Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind - die Kapitalausstattung der Gesellschaft von Anfang an unzureichend war. Denn die vom Kläger behauptete Unterkapitalisierung ist für sich genommen kein tragfähiger Haftungsgrund. Der Ratsbeschluss vom 27. November 1991 kann auch nicht als eigenkapitalersetzendes Sicherungsmittel angesehen werden. Da etwaige Ansprüche der BfG aus den im Jahre 1992 gewährten Krediten nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits sind, käme insoweit allein eine Besicherung der von der Nord/LB/DG-Bank gewährten Kredite in Betracht. Diese sind aber bereits zu einer Zeit gewährt worden, als der Ratsbeschluss vom 27. November 1991 noch nicht gefasst war. Bezüglich dieser Kredite ist eine Besicherung durch die Belastung von Grundeigentum erfolgt, die in der Folge auch nicht durch die Erklärung vom 27. November 1991 ersetzt oder erweitert worden ist. Vielmehr hat das Bankenkonsortium für die Gewährung weiterer Kredite eine zusätzliche Sicherung durch die beklagte Gemeinde gefordert und - nachdem eine solche Sicherung wegen der nicht erteilten Genehmigung durch die Kommunalaufsicht nicht gegeben werden konnte - die weitere Kreditgewährung abgelehnt. Da die Banken nur die weitere Kreditgewährung, nicht aber den Fortbestand der bereits gewährten Kredite von der Stellung zusätzlicher Sicherheiten abhängig gemacht haben, ist die Erklärung vom 27. November 1991 nicht als Sicherungsmittel neben oder an die Stelle der zuvor eingeräumten dinglichen Sicherheiten getreten.
d) Auch aus der Erklärung vom 2. Juli 1999 folgt eine Verpflichtung des Beklagten zu weiterer Kapitalausstattung nicht. Bei dieser Erklärung handelt es sich um eine sog. €weiche Patronatserklärung€, die keinen Rechtsbindungswillen erkennen lässt, sondern nur eine unverbindliche Absichtserklärung darstellt. Eine selbstständige Zahlungsverpflichtung ist durch diese Erklärung nicht begründet worden. Dies hat auch die Nord/LB selbst - wie sich aus ihrem Schreiben vom 21. August 1990 an den Landkreis *** ergibt - so gesehen.
2. Die beklagte Gemeinde haftet dem Kläger auch nicht aus c.i.c (Verschulden bei Vertragsverhandlungen).
a) Eine derartige Haftung scheitert zwar nicht daran, dass es sich bei dem Beklagten um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft handelt. Denn auch öffentlich-rechtliche Körperschaften unterliegen der vertragsähnlichen Haftung für das Handeln ihrer Organe (BGH MDR 1974, 918; BGH NJW 1985, 1778; BGH NJW 1999, 3335 ff.). Der Beklagte muss daher grundsätzlich für das Fehlverhalten verhandlungsberechtigter Personen einstehen und kann auf Ersatz des Vertrauensinteresses in Anspruch genommen werden. Es fehlt aber an den tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs.
b) Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen setzt voraus, dass die beklagte Gemeinde bei der KBG ein schutzwürdiges Vertrauen hervorgerufen hat, welches sodann enttäuscht worden ist. Insoweit kommt allein in Betracht, dass die Gemeinde bei der Gesellschaft den Eindruck erweckt hat, mit dem Ratsbeschluss vom 27. November 1991 sei die weitere Verlustübernahme und Defizitabdeckung bereits endgültig gesichert, obwohl der Beklagte selbst - weil ihm die für ihn geltenden Beschränkungen im Privatrechtsverkehr bekannt waren - um das Genehmigungserfordernis und damit die schwebende Unwirksamkeit wusste. Ein schutzwürdiges Vertrauen dieses Inhalts konnte bei der Gesellschaft aber nicht begründet werden, weil sie sich die Kenntnis ihres Geschäftsführers, § 35 Abs. 1 GmbHG, § 166 Abs. 1 BGB, zurechnen lassen muss (BGHZ 41, 287 ff.). Geschäftsführer der KBG aber war von der Gründung der Gesellschaft bis zum 11. Oktober 1992 - also auch im hier maßgeblichen Zeitpunkt - der Gemeindedirektor Stenger der beklagten Gemeinde. An dessen Kenntnis von dem nach der NGO bestehenden Genehmigungserfordernis besteht kein Zweifel, sodass bei der Gesellschaft ein Vertrauen in die Wirksamkeit der von der Gemeinde abgegebenen Erklärung nicht begründet werden konnte.
c) Ob - was zwischen den Parteien streitig ist - die Gesellschaft gegenüber der BfG von der Erklärung der Gemeinde Gebrauch gemacht hat, kann in diesem Zusammenhang dahin stehen, weil hierdurch allein ein Schaden der BfG entstanden sein könnte, der - unabhängig davon, dass eine Verpflichtung des Beklagten hieraus nicht ohne Weiteres folgen würde - nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits ist.
3. Deliktische Ansprüche des Klägers bestehen nicht.
a) Die Beklagte haftet nicht gemäß § 826 BGB. Dazu wäre erforderlich, dass sie (als Alleingesellschafterin) die Gesellschaft vorsätzlich sittenwidrig hätte schädigen wollen. Dafür, dass dies der Fall gewesen ist, gibt es aber - entgegen der Auffassung der Berufung - keine hinreichenden Anhaltspunkte. Es trifft schon nicht zu, dass die KBG von Anfang an mit einer unzureichenden Kapitaldecke ausgestattet war, weil auf der Grundlage der vor der Gesellschaftsgründung erstellten Wirtschaftlichkeitsberechnungen die Höhe des anfänglichen Stammkapitals ausreichend erscheinen musste; im Übrigen kam selbstverständlich die Finanzierung mit Fremdkapital in Betracht. Dafür, dass der Beklagte zu diesem Zeitpunkt erkennen musste oder erkennen konnte, dass die Berechnungen sich später als unzutreffend erweisen würden, ist nichts ersichtlich. Es kann daher offen bleiben, ob hierdurch überhaupt die Gesellschaft selbst oder aber - was näher liegt - allein die Gesellschaftsgläubiger geschädigt sein können.
Ebenso wenig ist erkennbar, dass Vertreter der beklagten Gemeinde in der Zeit bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens mit der notwendigen Schädigungsabsicht gehandelt hat. Durch die Erhöhung des Stammkapitals im März 1992 (weitere 1,5 Mio. DM) und noch im November 1992 (weitere 1,8 Mio. DM) hat der Flecken vielmehr gerade versucht, den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern.
Auch der Umstand, dass der Ratsbeschluss vom 27. November 1991 am 30. November 1992 wieder aufgehoben worden ist, löst eine Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB nicht aus. Denn da der Ratsbeschluss vom 27. November 1991 mangels Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde nie wirksam geworden ist, ging der Aufhebungsbeschluss ins Leere. Ihm ist daher keine - auch keine haftungsauslösende - Wirkung zuzubilligen.
b) Eine Einstandspflicht aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 64 Abs. 1 GmbHG trifft den Beklagten gleichfalls nicht.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Vorschriften über die Konkursverschleppung dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger, nicht aber dem Schutz der Gesellschaft selbst dienen, sodass anspruchsberechtigt insoweit nicht die Gesellschaft, sondern die Gesellschaftsgläubiger sind.
Zwar kann der Kläger den sog. Quotenschaden der Altgläubiger im Konkurs verfolgen (vgl. BGH WM 1973, 1354 f.), jedoch hat der Kläger eine derartige Quote bisher weder ermittelt noch geltend gemacht. Im Übrigen fehlt es an den Voraussetzungen des Anspruchs, weil eine Verpflichtung Konkursantrag zu stellen Ende 1991 nicht bestand.
Ausgehend von den Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die der Gesellschaftsgründung voraufgegangen waren, konnte zwar bis Ende 1991 nicht mit einem Gewinn der Gesellschaft gerechnet werden. Dies findet seine Erklärung darin, dass - abgesehen von dem Hotel, dessen Betrieb bereits 1991 eröffnet worden ist - bis Ende 1991 die für den Betrieb der Gesellschaft notwendigen Einrichtungen erst hergestellt werden mussten. Der Erzielung von Einnahmen ging daher notwendigerweise eine - auch geplante - Phase voraus, in denen die Gesellschaft ganz überwiegend nur Ausgaben zu verbuchen hatte. Die Einnahmeentwicklung konnte auch Ende 1991 nur prognostiziert, nicht aber - etwa anhand konkreter Zahlen - exakt ermittelt werden. Die Gesellschaft war aber Ende 1991 weder zahlungsunfähig (dies behauptet selbst der Kläger nicht) noch überschuldet. Denn der Umstand, dass das langfristige Anlagevermögen weitgehend fremdfinanziert war, reicht zur Feststellung einer Überschuldung der KBG ebenso wenig aus wie der Hinweis auf die in den Jahren 1988 bis 1991 aufgetretenen Jahresfehlbeträge, zumal diese für den Zeitraum bis 1990 von dem Beklagten ausgeglichen worden sind und der Fehlbetrag für 1991 erst noch festzustellen war. Hinzu kommt, dass jedenfalls eine positive Fortbestehensprognose gestellt werden konnte, weil Kapitalzuführungen in erheblicher Größenordnung realistischer Weise zu erwarten waren. Diese sind im Lauf des Jahres 1992 auch erfolgt. So sind nicht nur das Stammkapital der Gesellschaft um insgesamt 3,3 Mio. DM erhöht und die neuen Einlagen auch gezahlt worden, sondern die BfG hat der Gesellschaft Kredite in einer Höhe von 9,2 Mio. DM gewährt. Daher kann auch für den Zeitraum bis Ende 1992 eine Pflicht zur Stellung eines Konkursantrages nicht festgestellt werden.
4. Soweit der Kläger vorträgt, die BfG habe Kredit in der Erwartung gewährt, der Beklagte werde als Kommune schon für die Rückzahlung Sorge tragen, spielt dies für die rechtliche Beurteilung keine Rolle. Denn eine Einstandspflicht des Beklagten nach Art einer Garantie für andauernde Solvenz ergibt sich aus dieser - vom Kläger behaupteten - Hoffnung des Kreditgebers nicht, ganz abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, wieso diesbezügliche Ansprüche nicht ihm selbst, sondern dem Kläger zustehen könnten. Dem Kreditgeber war bekannt, dass er mit einer GmbH kontrahiert hatte, er wusste also um die Haftungsrisiken und um die Haftungsbegrenzung. Wenn er - Richtigkeit des Vortrages des Klägers unterstellt - auf die unbeschränkte Leistungsfähigkeit der Gemeinde als Gesellschafterin vertraut haben sollte, dann ist er nicht schützenswerter als ein Kreditgeber, der auf €den guten Namen€ einer hinter einer GmbH stehenden Privatperson vertraut. Bei der Teilnahme am Privatrechtsverkehr muss sich die Kommune - abgesehen von ihrer Grundrechtsbindung, die vorliegend aber keine Rolle spielt - grundsätzlich so behandeln lassen wie jedes andere Privatrechtssubjekt (vgl. dazu Raiser, ZGR 1996, 462; Schmidt, ZGR 1996, 349ff). Sie hat daher nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte und Pflichten als dieses. Das bedeutet aber auch, dass eine Gemeinde, wenn sie Gesellschafterin einer GmbH ist, keine gesteigerte Konkursabwendungspflicht trifft(vgl. Kuhl/Wagner, ZIP 1995, 435 ff), wobei Ansprüche wiederum allenfalls den Gesellschaftsgläubigern, nicht aber der Gesellschaft selbst zustehen könnten.
5. Der beklagte Flecken haftet schließlich auch nicht nach den Grundsätzen der Haftung im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern, §§ 302, 303 AktG analog.
a) Die Haftung im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern beruht darauf, dass mit bestimmten Beherrschungsverhältnissen für die abhängige Gesellschaft besondere Gefahren verbunden sein können. Diese Gefahren ergeben sich daraus, dass der bei der selbstständigen Gesellschaft in der Regel vorhandene weitgehende Gleichlauf der Interessen der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter nicht mehr ohne Weiteres vorauszusetzen ist, wenn einer von ihnen noch anderweitige unternehmerische Interessen verfolgt und diese durch seine Einwirkungsmöglichkeiten bei der abhängigen Gesellschaft zum Tragen bringen kann. Die daraus folgende Konfliktlage, die Grund für die aktienrechtliche Gesetzgebung war, hat die Rechtsprechung (BGH NJW 1986, 188; NJW 1989, 1800; NJW 1991, 3142; NJW 1993, 1200; NJW 1994, 203) dazu bewogen, für das gesetzlich nicht geregelte, aber gegenüber dem Aktienrecht jedenfalls als regelungsbedürftig angesehene GmbH-Konzernrecht in Anlehnung an die aktienrechtlichen Vorschriften besondere Haftungsregeln zu entwickeln. Da sich in bestimmten Konzernlagen wegen der in Folge der Dichte der Einflussnahme des herrschenden Unternehmens unübersichtlich gewordenen Verhältnisse einzelne schädigende Eingriffe nicht mehr isolieren lassen, reichen die sonstigen Haftungsnormen des Gesellschaftsrechts als Schutzinstrumente nicht aus. Soweit dies der Fall ist, kommt eine Haftung des herrschenden €Unternehmens€, das nach gesicherter Rechtsprechung auch eine Einzelperson sein kann, allerdings in Betracht. Dabei kann neben der primären Verlustausgleichspflicht (entsprechend § 302 AktG) auch eine unmittelbare Ausfallhaftung begründet sein, wenn das abhängige Unternehmen ganz oder weitgehend vermögenslos ist und deshalb eine Sicherheitsleistung (entsprechend § 303 AktG) keinen Sinn hat (BGH NJW 1986, 188).
b) Auch der Beklagte als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft kann Unternehmen im Sinn der vorgenannten Rechtsprechung sein (vgl. hierzu BGHZ 69, 334 ff.). Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte lediglich ein in privater Rechtsform organisiertes Unternehmen betrieben hat (vgl. hierzu BGHZ 135, 107 ff.).
Grundsätzlich ist ein Gesellschafter - ohne Rücksicht auf seine Rechtsform - dann Unternehmer im konzernrechtlichen Sinn, wenn er neben der Beteiligung an dem Unternehmen anderweitige wirtschaftliche Interessenbindungen hat, die nach Art und Intensität die ernsthafte Sorge begründen, er könne wegen dieser Bindung seinen Einfluss auf das Unternehmen zu dessen Nachteil ausüben. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn er maßgeblich an einer anderen Gesellschaft beteiligt ist und somit die Möglichkeit besteht, dass er sich unter Ausübung von Leitungsmacht auch in anderen Gesellschaften unternehmerisch betätigt. Für Körperschaften des öffentlichen Rechts ist insoweit eine Modifizierung vorzunehmen (BGH a. a. O.). Diese sind bereits dann als Unternehmen im konzern-rechtlichen Sinn anzusehen, wenn sie lediglich ein in privater Rechtsform organisiertes Unternehmen beherrschen. Dieser Ausdehnung des Unternehmensbegriffs für den Bereich privatwirtschaftlicher Bestätigung der öffentlichen Hand bedarf es bereits aus der Erwägung heraus, dass andernfalls diejenigen - vor allem kleineren - Körperschaften aus dem Konzernrecht herausfallen würden, die ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in einer einzigen Gesellschaft zusammen fassen. Dies würde zu einer materiell nicht gebotenen unterschiedlichen Behandlung größerer und kleinerer Gebietskörperschaften führen (so auch Raiser, ZGR 1996, 458 ff.). Entscheidend ist aber, dass sich die öffentlichen Unternehmensträger von den privaten dadurch unterscheiden, dass bei ihnen nicht die kommerziellen, also die auf die Erzielung des größtmöglichen wirtschaftlichen Erfolges gerichteten Interessen im Vordergrund stehen, sondern sie sich vorwiegend von den Interessen leiten lassen - und auf Grund ihrer Einbindung in das öffentlich-rechtliche System auch leiten lassen müssen -, die aus ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung herrühren.
c) Gleichwohl kommt vorliegend eine Haftung des beklagten Fleckens nicht in Betracht. Zwar ist - auf Grund der personellen Verflechtung und Identität der Organe von Gemeinde und Gesellschaft und der satzungsmäßig festgelegten Einflussmöglichkeit der Gemeinde auf die Belange der Gesellschaft - entgegen der Meinung des Beklagten festzustellen, dass die erforderliche Leitungsdichte gegeben und der Flecken die erforderliche Leitungsmacht in der Gesellschaft gehabt hat. Dies reicht zur Bejahung der Haftung gemäß §§ 302, 303 AktG analog aber nicht aus. Denn die Haftung im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern wird nicht dadurch ausgelöst, dass der herrschende Unternehmer eine besondere Leitungsmacht besitzt, sondern dass diese Leitungsmacht missbraucht wird. Ein Missbrauch ist dann anzunehmen, wenn der die Gesellschaft beherrschende Unternehmensgesellschafter die Konzernleitungsmacht in einer Weise ausübt, die keine angemessene Rücksicht auf die eigenen Belange der abhängigen Gesellschaft nimmt, ohne dass sich der ihr insgesamt zugefügte Nachteil durch Einzelausgleichsmaßnahmen kompensieren lässt.
Ein derartiger Missbrauch der Leitungsmacht durch den Beklagten ist vorliegend nicht erkennbar. Das Handeln des beklagten Fleckens war bis weit in das Jahr 1992 hinein von dem Bestreben geprägt, die Gesellschaft finanziell ordnungsgemäß auszustatten bzw. eine derartige Ausstattung durch Dritte zu gewährleisten. Gerade der Ratsbeschluss vom 27. November 1991 zeigt, dass der Beklagte nicht daran interessiert war, die Gesellschaft finanziell ausbluten zu lassen, sondern diese vielmehr stützen wollte. Dass dieser Ratsbeschluss in Folge der fehlenden aufsichtsbehördlichen Genehmigung keine Wirkung entfalten konnte, ist weder von dem Beklagten zu vertreten noch geht er zu seinen Lasten. Allein der Umstand, dass die Gemeinde von einem bestimmten Zeitpunkt an ihre Eigengesellschaft nicht länger finanziell stützen will, weil sie befürchtet, dass dadurch Mittel, die sie für die Erfüllung ihrer sonstigen Aufgaben benötigt, in nicht mehr vertretbarer Weise gebunden werden, begründet keinen Vorwurf, der eine konzernrechtliche Haftung auslösen kann; eine solche Haftung liefe auf eine €Ewigkeitsgarantie€ hinaus, für die es keine gesellschaftsrechtliche Grundlage gibt.
d) Soweit der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags auf einzelne Maßnahmen zur Darlegung eines Missbrauchs der Leitungsmacht verweist, nimmt der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des angefochtenen Urteils Bezug, § 543 Abs. 1 ZPO, die auch gegenüber den Berufungsvorbringen Bestand haben. Im Übrigen wären - den Vortrag des Klägers zum Missbrauch der Leitungsmacht als zutreffend unterstellt - Nachteile infolge dieser Maßnahmen ohne Weiteres einem Einzelausgleich zugänglich, sodass eine Haftung nach den Grundsätzen im qualifizierten faktischen GmbH- Konzern insoweit ohnehin nicht in Betracht käme.
6. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1; 708 Nr. 10, 711; 546 Abs. 2 ZPO.
OLG Celle:
Urteil v. 12.07.2000
Az: 9 U 125/99
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