Landgericht Dortmund:
Urteil vom 15. September 2005
Aktenzeichen: 13 O 155/04
(LG Dortmund: Urteil v. 15.09.2005, Az.: 13 O 155/04)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In diesem Gerichtsverfahren hat das Landgericht Dortmund eine Klage abgewiesen, bei der es um die Belieferungsverweigerung eines Möbelherstellers gegenüber einem Möbelhaus ging. Die Parteien hatten eine langjährige Geschäftsbeziehung, die durch verschiedene wettbewerbswidrige Handlungen des Möbelhauses belastet wurde. Konkret ging es um eine irreführende Werbung mit Rabatten und eine Drohnachricht des Geschäftsführers des Möbelhauses auf der Mailbox eines Testkäufers des Möbelherstellers. Die Beklagte hat daraufhin die Geschäftsbeziehung fristlos gekündigt. Das Gericht entschied, dass die Kündigung gerechtfertigt war, da die Klägerin wiederholt gegen Wettbewerbsregeln verstoßen hatte und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien zerstört war. Das Gericht wies daher die Klage auf Feststellung einer Belieferungspflicht und Schadensersatz ab. Die Kosten des Verfahrens wurden der Klägerin auferlegt. Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, wenn Sicherheiten in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages geleistet werden. Die Klägerin hat die Möglichkeit, Berufung gegen das Urteil einzulegen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
LG Dortmund: Urteil v. 15.09.2005, Az: 13 O 155/04
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Beklagte ist Herstellerin von Möbeln, die sie unter den Marken "I", "now! by I" und "I design collection" vertreibt. Die 1997/1998 gegründete Klägerin gehört zur G -Gruppe, die zur Beklagten seit über 30 Jahren Geschäftsbeziehungen unterhält.
Die Klägerin betreibt in G2 ein Vollsortiment-Möbelhaus mit einer Verkaufsfläche von ca. 20.000 qm auf vier Etagen. Sie bezog bis Ende 2004 von der Beklagten Kastenmöbel für die Sortimentsbereiche Wohn-, Esszimmer- und Schlafmöbel, Matratzenstudio, Junges Wohnen, Jugendzimmer und Büromöbel. Die Parteien tätigten in den Jahren 1999 bis 2003 Einkaufsumsätze in Höhe von 7.762.067,00 € netto und in den Monaten Januar bis August 2004 in Höhe von 1.222.397,00 € netto.
Im Mai 2004 führte die Klägerin eine 10tägige Verkaufsveranstaltung von "Marken- und Qualitätsmöbel" durch mit einer Postwurfsendung, in der auch Möbel der Beklagten der Marken "now! by I" und "I" aufgeführt waren. In der Postwurfsendung hieß es u. a.:
"Sie profitieren von sensationellen Hersteller-Rabatten, die wir voll an Sie weitergeben!"und,
"nur 10 Tage!" Ab Freitag sparen Sie bis zu 40 % auf ausgewählte Qualitäts- und Markenmöbel."
Die Beklagte, die der Klägerin anlässlich des im Jahr 2004 begangenen 75jährigen Firmenjubiläums der G -Gruppe bei drei mehrtätigen Verkaufsaktionen 5 % Sonderrabatt auf Möbel der Marke "I" gewährt hatte, mahnte mit Anwaltsschreiben vom 10.05.2004 die Werbung ab als irreführend und unlauter sowie als unzulässige Sonderveranstaltung. Die Klägerin lehnte mit Anwaltsschreiben vom 11.05.2005 Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung ab mit der Begründung, eine unzulässige Sonderveranstaltung liege nicht vor. Die beanstandete Werbeaussage sei zutreffend, weil im Vergleich zu den üblicherweise von der Beklagten gewährten Rabatten der dreimal zusätzlich im Jahr gewährte Rabatt von 5 % eine sensationelle Erhöhung von ca. 41 % darstelle und die Beträge der entsprechenden Gutschriften aufgeteilt auf ausgewählte Möbelstücke, an die Verbraucher weitergegeben würden. Die Klägerin wies den von der Beklagten erhobenen Vorwurf, die Geschäftsbeziehung der Beklagten zu ihrem bundesweiten Vertriebsnetz nachhaltig schädigen zu wollen, zurück und argwöhnte ihrerseits, dass sie durch die Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche in kartellrechtlich unzulässiger Weise bei der Preisgestaltung beeinflusst und diszipliniert werden solle.
Die Beklagte erwirkte im Verfahren 2-06 O 191/04 Landgericht Frankfurt am Main einstweilige Verfügung vom 14.05.2004, mit der der Klägerin die Werbeaussage "Sie profitieren von sensationellen Hersteller-Rabatten, die wir voll an Sie weitergeben!" verboten wurde. Die Beschlussverfügung wurde durch Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 07.07.2004 bestätigt. Die Klägerin legte hiergegen Berufung ein unter dem 06.10.2004 mit der Begründung, der zusätzliche Rabatt von 5 % sei kumuliert auf zwei konkrete Angebote verteilt worden. In der Berufungsverhandlung am 27.01.2005 nahm sie die Berufung zurück und gab eine Abschlusserklärung ab.
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 02.06.2004 die Geschäftsleitung der G- -Gruppe in C darauf hin, dass sie nicht hinnehmen werde, dass I -Marken zum Vorspann für wettbewerbswidrige Praktiken benutzt würden. Sie kündigte an, im Fall künftiger vergleichbarer Aktivitäten der G-Unternehmensgruppe ohne weitere Verwarnung die bestehende Geschäftsbeziehung zu beenden. Die Geschäftsleitung der G -Gruppe verwahrte sich hiergegen mit Anwaltsschreiben vom 15.06.2004.
Am 19.08.2004 eröffnete die von der Beklagten ebenfalls belieferte Firma T ein großes Möbelhaus in E Sie warb hierfür ab Ende Juli 2004, auch in G2 und in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Möbelhaus der Klägerin. Diese warb am 18. und 26.08.2004 in der C2 mit einer Werbeanzeige, die u. a. die Aussage enthielt "auf alle Markenmöbel 30 % Rabatt". Die Werbung wurde wiederholt am 02. und 07.09.2004, diesmal mit einem Sternchen-Hinweis, dass die Artikel der Beklagten ausgenommen seien. Bei einem von der Beklagten veranlassten Testkauf lehnte die Klägerin es ab, auf einen Artikel des Sortiments "now! by I " einen Rabatt zu gewähren. Die Beklagte stellte zudem fest, dass das I -Vertriebsprogramm keine Preisauszeichnung aufwies. Sie mahnte die Klägerin ab, jeweils mit Anwaltsschreiben vom 10.09.2004, und erklärte mit weiterem Anwaltsschreiben vom 10.09.2004 die fristlose Kündigung der Lieferbeziehungen in Bezug auf die Vertriebsschienen "I ", "now! by I " und "I design collection". Die Klägerin erklärte mit Anwaltsschreiben vom 13.10.2004 die Rabattwerbung ohne Sternchen-Hinweis als anzeigentechnisches Versehen, gab aber insoweit eine strafbewährte Unterlassungserklärung ab. Sie verweigerte eine solche hinsichtlich der unterbliebenen Preisauszeichnung mit der Begründung, Möbel aller Hersteller seien wegen einer umfassenden Preisänderungsaktion vorübergehend nicht mit Endpreisen ausgezeichnet gewesen.
Die Klägerin begehrte mit am 20.09.2004 bei der Kammer als Kartellgericht im Verfahren 13 O 152/04 Kart. Landgericht Dortmund eingegangenen Antrag den Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf Verbot der Belieferungsverweigerung für bestimmte bereits bestellte Artikel und Feststellung einer Belieferungsverpflichtung der Beklagten bis zur Entscheidung in der Hauptsache. Die Beklagte hinterlegte bei der Kammer unter dem 21.09.2004 Schutzschrift vom 20.09.2004. Es wurde Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Vorsitzenden bestimmt auf den 05.10.2004.
Zuvor erwirkte die Beklagte einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20.09.2004 im Verfahren 2-06 O 364/04, mit der der Klägerin verboten wurde, Endverbrauchern Möbel der Marken "I" und "now! by I" anzubieten, ohne Endpreise anzugeben. Die einstweilige Verfügung wurde am 24.09.2004 zugestellt. Auf den Widerspruch der Klägerin vom 25.10.2004 wurde sie mit Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24.11.2004 bestätigt. Die Klägerin ließ mit Anwaltsschreiben vom 14.01.2005 die Anerkennung der einstweiligen Verfügung als endgültige Regelung erklären.
Die Klägerin reichte unter dem 23.09.2004 in diesem Verfahren eine auf Feststellung einer Belieferungspflicht gerichtete Hauptsacheklage ein. Sie erweiterte im Verfügungsverfahren 13 O 152/04 Kart. Landgericht Dortmund den Unterlassungsantrag unter dem 27.09.2004 auf weitere 37 Bestellungen.
Die Beklagte beanstandete mit Anwaltsschreiben vom 27.09.2004, dass die Klägerin neben der Rabattanzeige in der C2 auf Plakaten in und vor ihren Geschäftsräumen mit der Aussage "bis zu 40 % Rabatt" warb. Die Klägerin lehnte mit Anwaltsschreiben vom 01.10.2004 Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung ab. Die Beklagte erwirkte einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18.10.2004 im Verfahren 2-06 O 402/04, die am 22.10.2004 zugestellt wurde. Die Werbung wurde am 26.10.2004 entfernt. Auf Widerspruch der Klägerin vom 29.10.2004 wurde die einstweilige Verfügung mit Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24.11.2004 bestätigt. Die Berufung der Klägerin hiergegen wurde am 14.04.2005 zurückgenommen.
Mit Urteil vom 05.10.2004 wurde der Beklagten im Verfahren 13 O 152/04 Kart. Landgericht Dortmund unter Androhung von Ordnungsmitteln aufgegeben, die Verweigerung der Belieferung mit 52 näher bezeichneten Artikeln aus ihrer Fertigung zu unterlassen. Unter Abweisung der weitergehenden Klage wurde zudem festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin bis zum 15.03.2005 zu beliefern. Die Beklagte legte gegen das Urteil, zu dessen Inhalt auf Blatt 400 bis 415 der Beiakte 13 O 152/04 Kart. Landgericht Dortmund verwiesen wird, Berufung ein, belieferte die Klägerin in der Folge jedoch.
Sie beanstandete mit Anwaltsschreiben vom 07.10.2004 die Behinderung von Testkäufen und Testbesuchen. Ein von der Beklagten beauftragter Testkäufer, Vertriebsleiter der M Brauerei, hatte am 16.09.2004 in den Geschäftsräumen der Klägerin einen Kaufvertrag unterzeichnet. Der Geschäftsführer der Klägerin sprach am 30.09.2004 auf die Mailbox des Testkäufers folgende Nachricht:
"Ja, G G2, guten Tag Herr C3. Sie haben speziell unser Haus fotografiert und der Firma I die Fotos zur Verfügung gestellt und dann auch noch einen fingierten Auftrag geschrieben. Sie können ja gerne mal zurückrufen, bevor ich mich persönlich an Herrn C4 wende, ob speziell die M Brauerei speziell damit einverstanden ist, dass sie für irgendwelche Hersteller irgendwas machen speziell hiermit um andere Häuser zu deformieren."
Er wiederholte diese Mitteilung am selben Tag telefonisch. Mit Faxschreiben vom 07.10.2004 wies er den Vorwurf der Einschüchterung zurück und lehnte
Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung ab. Er kontaktierte in der Folge den Arbeitgeber des Testkäufers, dem er mit Schreiben vom 22.10.2004 wegen falscher Behauptung bzw. falscher eidesstattlicher Versicherung Hausverbot erteilte und gegen den er unter dem 26.10.2004 Strafanzeige wegen falscher eidesstattlicher Versicherung erstattete.
Am 28.10.2004 besuchte ein Praktikant der Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten in deren Auftrag die Geschäftsräume der Klägerin. Er fertigte nach dem Verlassen der Geschäftsräume der Klägerin vom Gehweg aus Fotoaufnahmen von klägerischen Werbetafeln. Es soll dabei zu einem Vorfall gekommen sein, bei dem der Testkäufer als "Schwein" oder "Schweinehunde" bezeichnet und ihm eine Tüte mit Verkaufsprospekten aus der Hand gerissen worden sein soll.
Die Beklagte erklärte mit Anwaltsschreiben vom 28.10.2004 erneut die fristlose Kündigung und mahnte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 03.11.2004 wegen Behinderung von Testpersonen ab. Die Klägerin lehnte mit Schreiben vom 04.11.2004 Abgabe der begehrten Unterlassungserklärung ab und erteilte dem weiteren Testkäufer Hausverbot. Sie stellte Erstattung einer Strafanzeige wegen Verleumdung in Aussicht und widersprach der erneuten fristlosen Kündigung mit Schreiben vom 18.11.2004. Die Beklagte erwirkte im Verfahren 2-06 O 459/04 Landgericht Frankfurt am Main einstweilige Verfügung vom 19.11.2004, mit der der Klägerin untersagt wurde, legale Testmaßnahmen zu unterbinden oder zu behindern. Die Klägerin ließ mit Anwaltsschreiben vom 23.11.2004 das Bundeskartellamt um Aufnahme von Ermittlungen wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Verbot missbräuchlicher Ausnutzung einer relativ marktstarken Stellung gemäß §§ 20 Abs. 1, Abs. 2 GWB und des Missbrauchs der Freistellung von § 22 Abs. 1 GWB gemäß § 23 GWB bitten. Sie teilte mit Schreiben vom 25.11.2004 mit, dass die erteilten Hausverbote bis zum Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen bestehen bleiben. Sie legte unter dem 02.12.2004 Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vom 19.11.2004 ein, die mit Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 26.01.2005 bestätigt wurde. Die Berufung der Klägerin hiergegen wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 02.06.2005 zurückgewiesen.
Auf Bestrafungsantrag der Beklagten vom 03.11.2004 wurde gegen die Klägerin wegen Verstoßes gegen die einstweilige Verfügung vom 18.10.2004 im Verfahren 2-06 O 402/04 Landgericht Frankfurt am Main ein Ordnungsgeld in Höhe von 3.000,00 € verhängt. Der sofortigen Beschwerde der Klägerin wurde nicht abgeholfen mit Beschluss vom 18.08.2005. Eine Entscheidung des Beschwerdegerichtes liegt noch nicht vor.
Mit Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22.12.2004 wurde das Urteil vom 05.10.2004 im Verfahren 13 O 152/04 Kart. Landgericht Dortmund aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, ebenso die auf Feststellung einer bis zur Entscheidung der Hauptsache bestehenden Belieferungspflicht gerichtete Anschlussberufung der Klägerin. Zum Inhalt der Entscheidung wird auf Blatt 587 bis 600 der Akten Bezug genommen. Die Beklagte beliefert seitdem die Klägerin nicht mehr. Die Klägerin begehrt deswegen im Wege der Klageerweiterung zusätzlich Feststellung einer Schadensersatzpflicht wegen Belieferungsverweigerung.
Die Klägerin hält beide Feststellungsanträge für zulässig, da Leistungsklage nicht erhoben werden könne. Die Klageerweiterung ist nach ihrer Auffassung keine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO, da beide Feststellungsanträge auf ein und demselben Lebenssachverhalt beruhten und Geltendmachung eines aus der Unwirksamkeit der Kündigung resultierenden vertraglichen und gesetzlichen Schadensersatzanspruches seien.
Nach ihrer Auffassung besteht zwischen ihr als mittelständischem Möbeleinzelhandelunternehmen und der Beklagten als marktstarkem Markenmöbelhersteller ein sortimentsbedingtes Abhängigkeitsverhältnis. Sie hält die Beklagte für marktbeherrschend auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt hochpreisiger Qualitätsmarkenkastenmöbel im Großraum G2. Durch die Kündigung der Geschäftsbeziehung und die daraus resultierende Liefersperre werde sie unmittelbar unbillig behindert und gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandelt. Die erste Kündigung sei schon deswegen unbillig, weil ein etwaig bestehendes Kündigungsrecht durch Abmahnung verbraucht sei. Der Zweck der Abmahnung, den Abgemahnten zu einer Änderung seines Verhaltens in der Zukunft anzuhalten, werde verfehlt, wenn das Rechtsverhältnis aus dem der Abmahnung zugrundeliegenden Grunde gekündigt werde. Die Kündigung sei zudem rechtsmissbräuchlich, weil als Grund ein Verhalten herangezogen werde, was möglicherweise formal wettbewerbswidrig gewesen sei, aber genau dem entsprochen habe, was die Beklagte mit kartellrechtswidriger Preisbindung habe erreichen wollen. So habe die Produktschiene "now! by I" nach dem ausdrücklich erklärten Willen der Beklagten von Händlern nur zu Listenpreisen, zweckdienlich als "unverbindliche Preisempfehlung" bezeichnet, verkauft werden dürfen, woran sie, die Klägerin, sich in der Vergangenheit auch gehalten habe. Obwohl der Anzeigenauftrag bei der C2 von Anfang an mit entsprechenden Einschränkungen erteilt worden sei, sei die Anzeige aus ihr unerfindlichen Gründen ohne einen solchen Hinweis erschienen. Auch ihre sofortige telefonische Beanstandung sei nicht beachtet worden. Sie habe den Außendienstmitarbeiter der Beklagten am 26.08.2004 auf die fehlende Einschränkung in der Werbeaussage aufmerksam gemacht. Dieser habe geäußert, dass solches mal passieren könne. Es sei vereinbart worden, den Preisvorgaben der Beklagten Vorzug von der Werbeerklärung zu geben und den ausgelobten Rabatt auf Artikel der Produktschiene "now! by I" nicht einzuräumen. Dass die Beklagte nun gerade dies zum Anlass einer fristlosen Kündigung genommen habe, sei schlichtweg nicht nachvollziehbar.
Auch seien die Sortimente der Beklagten keineswegs systematisch aus der Preisauszeichnung herausgenommen worden. Die Preisänderungsaktion im September 2004 habe nicht länger als 30 Minuten gedauert. Allein die sogenannte Planungsware sei auf Dauer nicht ausgepreist gewesen, was den Außendienstmitarbeitern der Beklagten aber seit Jahren bekannt gewesen sei und was die Beklagte nicht nur billige, sondern sogar bei allen Fachhändlern fördere.
Die Postwurfsendung von Mai 2004 sei nicht zu beanstanden, weil die ihr von der Beklagten gewährten Rabattgutschriften es ermöglichten, auf jeweils ein Angebot aus den Produktschienen "I" und "now! by I" einen Rabatt von 40 % zu gewähren.
Ihre Werbung an der Außenfassade entspräche der üblichen Rabatttierungspraxis und sei auch nicht wettbewerbswidrig. Sie gewähre auf alle in ihrem Sortiment geführten Warengruppen Rabatte von mindestens 5 %, höchstens 40 %, wobei der Höchstsatz nicht nur bei einem unbedeutenden, im Rahmen des Gesamtangebots nicht ins Gewicht fallenden Teil der Waren erreicht werde. Bei der Warengruppe "Küche" werde, weil von den angesprochenen Verbrauchern am Meisten nachgefragt, der angekündigte Höchstsatz am häufigsten erreicht. Außerdem seien im gesamten Möbelhaus ständig mindestens ca. 25 Artikel gesondert mit einem 40 %igen Rabatt gekennzeichnet. In einer ca. 2000 qm großen als "G4" gekennzeichneten Sonderverkaufsfläche stünden ca. 50 um 40 % reduzierte Artikel. Im Rahmen der getätigten Verkäufe sei auf Normalpreise bei einem Anteil von insgesamt 26,67 % der Höchstrabattsatz von 40 % gewährt worden. Die Rabattwerbung sei der Beklagten zudem seit langer Zeit bekannt gewesen und könne deswegen nicht ohne Vorwarnung als Grund für den Abbruch einer jahrzehntelangen Geschäftsbeziehung herangezogen werden. Sie habe gegen das gerichtliche Verbot der Rabattwerbung auch nicht verstoßen. Sofort nach Zustellung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.10.2004 habe sie eine Fachfirma beauftragt, die Plakatwerbung zu ändern. Dies sei wegen des notwendigen Einsatzes von Hebebühnen nicht vor dem 26.10.2004 möglich gewesen.
Legale Testmaßnahmen seien durch sie oder ihren Geschäftsführer nicht unterbunden oder behindert worden. Der Versuch der telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Testkäufer sei berechtigt gewesen, weil sie zu dem Zeitpunkt intensive Verhandlungen über die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zu dessen Arbeitgeber geführt habe und es mehr als fragwürdig erscheine, wenn der Gebietsleiter ihres potentiellen Vertragspartners in einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung mit der Beklagten für diese tätig werde. Angesichts dessen sei in der Mailbox-Nachricht auch keine irgendwie geartete Drohung zu ersehen. Der Arbeitgeber des Testkäufers habe sich für diesen auch ausdrücklich entschuldigt. Das Hausverbot sei berechtigt, weil die eidesstattliche Versicherung des Testkäufers in wesentlichen Punkten falsch gewesen sei. An dem Vorfall mit dem anderen Testkäufer habe sie nicht mitgewirkt. Eine Einzelbefragung sämtlicher ihrer Mitarbeiter habe ergeben, dass zum fraglichen Zeitpunkt niemand das Betriebsgelände verlassen und irgendwen bedroht oder beleidigt habe.
Insgesamt rechtfertigten die Ereignisse bei Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung der Dauer der Geschäftsbeziehung, der Branchenüblichkeit und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes weder eine fristlose Kündigung des zwischen den Parteien zumindest faktisch zustande gekommenen Succezivlieferungsvertrages noch eine Ungleichbehandlung i.S.v. § 20 Abs. 1 GWB. Ginge es der Beklagten tatsächlich um den Schutz ihrer Marke, müsse sie auch gegen andere Abnehmer einschreiten und die Geschäftsbeziehung zu diesen aufkündigen. Dass sie dieses unterlässt, rechtfertige die Annahme, dass es ihr in Wirklichkeit darum ginge, am Beispiel der Klägerin ein Exempel zu statuieren, um auf diese Weise auf die Werbungs- und Preisgestaltungsfreiheit ihrer Abnehmer in kartellrechtlich unzulässiger Weise Einfluss zu nehmen.
Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,
1). sie mit Möbeln aus ihrer Fertigung in handelsüblichen Mengen zu den
zwischen der Beklagten und der Firma G5 Gesellschaft für Einrichtun-
gen in L vereinbarten Preiskonditionen zu beliefern
2) ihr den gesamten Schaden zu ersetzen, welcher ihr dadurch entsteht,
die Beklagte ihre Belieferung mit den aus ihrer Fertigung stammenden
Waren der Marken "I" "now! by I" und "I desing collection"
seit dem 29.12.2004 verweigert.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält den Feststellungsantrag zu 1) für zu unbestimmt und den nachgeschobenen Feststellungsklageantrag zu 2) für eine nicht sachdienliche Klageänderung durch nachträgliche objektive Klagehäufung. Der bisherige Prozessstoff bleibe für den neuen Streitgegenstand nicht ausreichend, da außer einer Klärung ihres Verschuldens auch die Feststellung einer Schadenswahrscheinlichkeit erfolgen müsse.
Die Klägerin habe zudem weder einen vertraglich noch kartellrechtlichen Anspruch auf Belieferung, da die Parteien nicht Normadressaten des Diskriminierungsverbotes des § 20 GWB seien und die Verweigerung der Weiterbelieferung sachlich gerecht gerechtfertigt sei. Als Mitglied der G-gruppe sei die Klägerin kein kleines und mittleres Unternehmen und daher nicht Begünstigte des Diskriminierungsverbotes des § 20 Abs. 2 GWB. Auch sei sie selbst weder marktbeherrschend noch relativ marktstark i.S.d. vorgenannten Vorschrift. Die Marktabgrenzung der Klägerin sei, da rein prozesstaktisch motiviert, viel zu eng und realitätsfremd. Ihr Marktanteil im deutschen Möbelmarkt liege bei 1,12 %, ihr Distributionsgrad mit 3,8 % nur unwesentlich höher. Der erreichte Bekanntheitsgrad ihrer Marke sei für die Frage der Marktbeherrschung ohne Belang. Die von ihr hergestellten Kastenmöbel seien mit einer Reihe von Produkten anderer, dem Verbraucher bekannter und von ihm nachgefragter Hersteller austauschbar. Angesichts eines vergleichsweise gering ausgeprägten Markenbewusstseins in der Möbelbranche und des nur geringen Distributionsgrades von unter 5 % fehle es auch an der für eine sortimentsbedingte Abhängigkeit zu fordernden besonderen Stellung ihrer Waren. Auch eine Spitzengruppenabhängigkeit liege nicht vor, da die Klägerin bereits über ein ausreichendes Sortiment anerkannter Marken verfüge oder sich dieses unter zumutbaren Bedingungen beschaffen könne.
Es liege auch ein sachlich gerechtfertigter Grund für eine Lieferungsverweigerung vor. Die beiden fristlosen Kündigungen seien gerechtfertigt, da ihr eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung mit der Klägerin unzumutbar geworden sei. Die Klägerin habe nachhaltig und zum Teil in eklatanter Weise gegen Wettbewerbsregeln verstoßen und das vertragliche Verhältnis der Parteien damit schwer belastet. Als Markenhersteller habe sie kein Interesse daran, dass ihre Produkte mit Einzelhändlern in Verbindung gebracht werden, die mit unlauteren Wettbewerbsmethoden arbeiten und nachhaltig gegen Verbraucherschutzgesetze verstoßen. Ihre eindringliche Aufforderung, wettbewerbswidrige Praktiken einzustellen, habe die Klägerin aber nur mit fadenscheinigen Ausflüchten und Erklärungen abgetan. Trotz mehrfacher Abmahnungen und gerichtlicher Unterlassungstitel habe die Klägerin stets die Rechtmäßigkeit ihres wettbewerbswidrigen Verhaltens behauptet und weitere wettbewerbswidrige Aktionen folgen lassen. Die Wettbewerbsverstöße der Klägerin seien auch weder Einzelfälle noch Bagatelleangelegenheiten, sondern beharrliche Verstöße gegen wichtige wettbewerbsrechtliche Verbraucherschutzvorschriften. Die unzulässigen Geschäftspraktiken der Klägerin hätten sich zwischenzeitlich herumgesprochen und würden durch die offensive Einbeziehung der Marke "I" auch ihren Ruf erheblich beeinträchtigen. Das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien sei wegen der fehlenden Einsichtigkeit und der beharrlichen Weigerung der Klägerin, auf berechtigte Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, grundlegend zerstört, außerdem durch das völlig inakzeptable Verhalten der Klägerin ihr, ihren Mitarbeitern, Beauftragten und Prozessbevollmächtigten gegenüber. Die Klägerin verteidige ihre unlauteren Geschäftspraktiken mit öfters wechselnden Behauptungen und habe in den verschiedenen Gerichtsverfahren sämtliche Zeugen der Beklagtenseite als Lügner diffamiert und persönlich angegriffen, wobei sie sich nicht nur in Ton vergreife, sondern auch sachlichen Argumenten letztlich nicht mehr zugänglich sei.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der beigezogenen Akte 13 O 152/04 Kart. LG Dortmund verwiesen.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Beide Klageanträge sind zulässig.
Der Feststellungsantrag zu 1) ist bestimmt i.S.v. § 253 ZPO. Die Formulierung "in handelsüblichen Mengen und zu den Konditionen..." genügt dem auch an einen Feststellungsantrag zu stellenden Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Zif. 2 ZPO. Auch das Feststellungsinteresse ist gegeben. Der Klägerin ist die Erhebung einer Leistungsklage nicht möglich. Angesichts der kategorischen Lieferverweigerung der Beklagten ist der Klägerin nicht zuzumuten, Kaufverträge mit Endkunden abzuschließen und die Beklagte für jeden Einzelfall auf Lieferung in Anspruch zu nehmen.
Der Feststellungsantrag zu 2) ist eine zulässige, da sachdienliche Klageänderung gem. § 263 ZPO. Sachdienlichkeit ist gegeben, weil der Antrag auf demselben Lebenssachverhalt beruht wie der Feststellungsantrag zu 1) und die Sache auch insoweit entscheidungsreif ist. Das Rechtschutzinteresse ist zu bejahen, da eine Leistungsklage mangels abgeschlossener Schadensentwicklung noch nicht erhoben werden kann.
Beide Feststellungsanträge sind aber unbegründet, da die Belieferungsverweigerung der Beklagten ab dem 29.12.2004 berechtigt war und noch heute berechtigt ist. Die Beklagte war und ist weder vertraglich noch kartellrechtlich zur Belieferung der Klägerin verpflichtet.
Das zumindest konkludent vereinbarte Dauerschuldverhältnis der Parteien ist durch fristlose Kündigung der Beklagten wirksam beendet worden. Es kann dahinstehen, ob schon die im Kündigungsschreiben vom 10.09.2004 herangezogenen Gründe die Beklagte zu sofortigen Kündigung der langjährigen Geschäftsbeziehung der Parteien berechtigten. Die Wettbewerbswidrigkeit des von der Beklagten beanstandeten Verhaltens der Klägerin steht zwar nunmehr fest. Der Beklagten kann aber nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich hierauf zu berufen, da die von der Klägerin behaupteten Umstände den Schluss auf ein missbräuchliches Verhalten der Beklagten zulassen. Sie müssen aber nicht geklärt werden, da auf jeden Fall die fristlose Kündigung der Beklagten vom 28.10.2004 berechtigt war.
Das Verhalten des Geschäftsführers der Klägerin gegenüber dem Testkäufer C5 der Beklagten und die wettbewerbswidrige Fassadenwerbung der Klägerin rechtfertigen den Vorwurf einer gravierenden schuldhaften Vertragsverletzung.
Die Nachricht des Geschäftsführers der Klägerin auf der Mailbox des Testkäufers war aus der Sicht des Empfängers als Drohung und Einschüchterungsversuch zu verstehen. Sie ist nicht nur ein wettbewerbswidriger Versuch, zulässige Testsmaßnahmen zu unterbinden, sondern auch ein gröblicher Vertragverstoß, da die Pflicht zur Duldung zulässiger Kontrollmaßnahmen vertragliche Nebenpflicht ist.
Die Kontrollmaßnahme war auch zulässig. Weder ihre Anordnung noch die Durchführung des Testkaufs durch den Testkäufer sind zu beanstanden.
Die Beklagte hat sich mit der Anordnung des Testkaufs nicht rechtsmissbräuchlich verhalten. Da die vorausgegangene Rabattwerbung der Klägerin wettbewerbswidrig war, durfte die Beklagte sich durch Testkäufe von der Einhaltung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften überzeugen. Ob die Beklagte in der Vergangenheit mit wettbewerbswidrigem Verhalten der Klägerin einverstanden war, ist dabei ohne Belang. Spätestens mit der Abmahnung vom 10.09.2004 hat sie eine durch Zustimmung oder bloße Duldung zustande gekommene vertragliche Vereinbarung der Parteien mit sofortiger Wirkung beendet. Die Anordnung des Testkaufs ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil die Beklagte gegen vergleichbares wettbewerbswidriges Verhalten von Mitbewerbern der Klägerin nicht eingeschritten ist. Die Beklagte war weder allgemein noch aufgrund der vertraglichen Beziehung zur Klägerin verpflichtet, das Wettbewerbsverhalten ihrer mit der Klägerin konkurrierenden Fachhändler zu überwachen und zu kontrollieren. Da es auch im Rahmen vertraglicher Beziehungen kein Recht zur Gleichbehandlung im Unrecht gibt, steht es der Beklagten frei, ob und gegebenenfalls in welcher Weise sie gegen wettbewerbswidriges und vertragswidriges Verhalten von Vertragspartnern einschreiten will. Anders ist dies nur, wenn die Grenze der Schikane i.S.v. § 226 BGB erreicht ist oder die Ausübung des Rechts als Vorwand für die Erreichung vertragsfremder oder unlauterer Zwecke erfolgt. Beides ist hier nicht anzunehmen. Ein Verstoß gegen das Schikaneverbot des § 226 BGB setzt voraus, dass nach Lage der gesamten Umstände ein anderer Zweck als Schadenszufügung objektiv ausgeschlossen ist. Davon kann angesichts der unstreitigen Wettbewerbswidrigkeit des vorangegangenen Verhaltens der Klägerin nicht die Rede sein. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Beklagte ihr wettbewerbsrechtliches Vorgehen gegen die Klägerin als Vorwand zur Erreichung kartellrechtswidriger Zwecke einsetzte. Die Behauptung der Klägerin ist eine Schlussfolgerung ausgehend von Tatsachen, die den von ihr gezogenen Schluss nicht rechtfertigen. Selbst wenn die Beklagte, wie von der Klägerin behauptet, von der Beklagten aber vehement in Abrede gestellt, ihren Fachhändlern eine nach § 14 GWB a.F. unzulässige Preisbindung auferlegt hat, erfolgte das wettbewerbsrechtliche Vorgehen der Beklagten gegen die Klägerin nicht nur zur Durchsetzung dieses kartellrechtswidrigen Zwecks. Die Preiswerbung der Klägerin beeinträchtigte das legitime Interesse der Beklagten als Herstellerin von Markenmöbel gehobener Qualität an der Wahrung des Ansehens ihrer Markenwaren und gab ihr das Recht, im Rahmen rechtlicher Möglichkeiten hiergegen vorzugehen. Die Beklagte hat dieses Recht auch dann nicht verloren, wenn sie sich an kartellrechtswidrigen Absprachen bzw. Praktiken beteiligt hat.
Der Testkauf selbst ist in rechtlich zulässiger Weise erfolgt. Das Verhalten des Testkäufers beim Testkauf wird von der Klägerin nicht beanstandet. Dass der Testkäufer Angestellter eines potenziellen Vertragspartners der Klägerin war, ist für die Beurteilung der Zulässigkeit seines Einsatzes als Testkäufer der Beklagten nur von Relevanz, wenn arbeitsrechtliche Verpflichtungen verletzt wurden. Dies hat die Klägerin nicht substantiiert dargetan. Allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber des Testklägers sich für diesen bei der Klägerin entschuldigt hat, ist dafür nicht ausreichend. Ob der Testkäufer nach dem Testkauf eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, ist ebenfalls ohne Belang. Hierdurch wird der in zulässiger Weise durchgeführte Testkauf nicht rückwirkend unzulässig.
Eine etwaig falsche eidesstattliche Versicherung des Testkäufers können das nötigende Verhaltens des Geschäftsführers der Klägerin weder rechtfertigen noch entschuldigen. Nach eigenem Vorbringen der Klägerin datiert die eidesstattliche Versicherung erst vom 08.10.2004 und kann deswegen nicht zur Erklärung der schon einer Woche vorher erfolgten Mailboxnachricht herangezogen werden. Ob sie eine Grundlage für das erteilte Hausverbot sein kann, kann dahinstehen, ebenso die Frage, ob die Klägerin in vorwerfbarer Weise am Vorfall betreffend den Testkäufer M2 beteiligt war. Der Drohanruf erreicht den Bereich strafrechtlichen Verhaltens, da auch die Androhung mit einem rechtmäßigen empfindlichen Übel eine Nötigung i.S.v. § 240 StGB sein kann. Auch im Rahmen erbittert geführter vertragsrechtlicher und wettbewerbsrechtlicher Auseinandersetzungen ist ein solches Verhalten nicht hinnehmbar und gibt dem Gegner der Auseinandersetzung das Recht zum sofortigen Abbruch auch langjähriger Geschäftsbeziehung.
Der Beklagten war darüber hinaus eine Fortführung der Geschäftsbeziehung zur Klägerin nicht zuzumuten, weil diese mit der Fassadenwerbung sich wiederholt wettbewerbswidrig verhalten und dadurch die ihr obliegenden Nebenpflicht, alles zu unterlassen, was dem Ruf der Marken der Beklagten schadet, verletzt hat. Die Fassadenwerbung der Klägerin mit den Angaben "bis zu 40 % auf alles" ist irreführend i.S.v. §§ 3, 5 UWG, weil das Angebot von nur 75 ausdrücklich mit einem Preisnachlass von 40 % versehenen Artikeln der mit der Werbung geweckten Verbrauchererwartung, der Spitzensatz von 40 % werde bei einem nennenswerten Teil der Waren erreicht, nicht genügte. Unbeachtlich ist auch, welche Rabatte bei Verkäufen tatsächlich gewährt wurden. Auch die Klägerin scheint dies nach den deutlichen Hinweisen in der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt im April diesen Jahres nunmehr einzusehen. Der Wettbewerbsverstoß der Klägerin kann von der Beklagten auch als Kündigungsgrund herangezogen werden. Seit wann die Außendienstmitarbeiter der Beklagten Kenntnis von der klägerischen Fassadenwerbung hatten, ist dafür ohne Belang. Wie die Klägerin selbst herausstellt, ist der Wettbewerbsverstoß nur gegeben, wenn im Geschäftslokal eine ausreichende Anzahl entsprechend gekennzeichneter reduzierter Artikel nicht vorhanden ist. Kenntnis der Mitarbeiter der Beklagten auch insoweit ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Ob der Wettbewerbsverstoß der Klägerin für sich genommen eine fristlose Kündigung rechtfertigte, kann dahinstehen. Offenbleiben kann auch, ob die Klägerin gegen den insoweit ergangenen Verbotstitel weiter verstoßen hat. Zur Annahme der Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Geschäftsbeziehung ist ausreichend, dass die Klägerin in kurzer Zeit wiederholt Wettbewerbsverstöße begangen hat und dabei das Markeninteresse der Beklagten verletzt hat. Dies ist der Fall. Die Fassadenwerbung ist nicht der erste Fall unzulässiger Rabattwerbung der Klägerin. Die Werbung mit sensationellen Herstellerrabatten von Mai 2004 ist, da irreführend, wettbewerbswidrig. Die Klägerin hat keine Herstellerrabatte von bis zu 40 % an die Kunden weitergegeben, sondern einen aufgrund von Gutschriften, Sonderrabatten und allgemeinen Handelsspannen kalkulierten eigenen Rabatt. Die zur Rechtfertigung der Werbeaussage noch immer vorgetragenen Begründungen und Berechnungen vermögen nicht zu überzeugen, nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass die Klägerin die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 07.07.2004 in der Berufungsverhandlung zurückgenommen und eine entsprechende Abschlusserklärung abgegeben hat.
Durch die vorgenannten Wettbewerbsverstöße hat die Klägerin in erheblichem Maße gegen berechtigte Interessen der Beklagten verstoßen. Bei dem den strafrechtlichen Bereich tangierenden Einschüchterungsversuch gegenüber dem Testkäufer der Beklagten liegt dies auf der Hand. Bei den Rabattwerbeaktionen waren die Marken der Beklagten in die Werbung einbezogen und wurden in ihrem Ansehen durch die fehlende Seriosität der Werbeaktionen der Klägerin beeinträchtigt. Der Beklagten ist es auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf diese Ansehensgefährdung zu berufen. Die von der Klägerin zur Darlegung der Branchenüblichkeit bei Markenrabattaktionen vorgelegten Werbeprospekte von Konkurrenten, insbesondere der Firma T, können den Vorwurf treuwidrigen Verhaltens nicht stützen. Wie bereits ausgeführt, ist die Beklagte nicht verpflichtet, das Wettbewerbsverhalten der mit ihr verbundenen Fachhandelsunternehmen zu überwachen und im Falle der Wettbewerbswidrigkeit zu sanktionieren. Es ist ihr freigestellt, zu entscheiden, ob und wie im Falle einer Rechtsverletzung eingeschritten werden soll, solange nicht die Grenzen der Schikane und des Rechtsmissbrauchs erreicht werden. Dies ist aus den oben bereits ausgeführten Gründen nicht der Fall.
Die Beklagte ist auch nicht aus kartellrechtlichen Gründen zur Belieferung der Klägerin verpflichtet. Es kann dabei dahinstehen, ob Normadressateneigenschaft der Parteien gem. § 20 Abs. 1, Abs. 2 GWB anzunehmen ist auf einem sachlichen und räumlichen Markt, dessen Abgrenzung zwischen den Parteien höchst umstritten ist. Die Beklagte ist jedenfalls aus kartellrechtlicher Sicht zur Belieferungsverweigerung berechtigt, da die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung ihr wegen schuldhaften vertrags- und wettbewerbswidrigen Verhaltens der Klägerin nicht zuzumuten ist. Die zur fristlosen Kündigung berechtigenden Gründe sind Gründe zur sachlichen Rechtfertigung. Auf die vorhergehenden Ausführungen wird Bezug genommen.
Die Beklagte hat auch noch zum jetzigen Zeitpunkt einen sachlich gerechtfertigten Grund zur Belieferungsverweigerung. Das zur fristlosen Kündigung berechtigende Fehlverhalten der Klägerin war so erheblich, dass die Beklagte eine Zusammenarbeit mit der Klägerin weiterhin verweigern kann. Ob dies auf Dauer so sein wird, kann dahinstehen. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt ist die Beteuerung der Klägerin, sich vertrags- und wettbewerbsgemäß verhalten zu wollen, nicht ausreichend, die Frage der Zumutbarkeit anders als für den Zeitpunkt der Kündigung und der Belieferungseinstellung zu beurteilen.
Die Beklagte war aus den vorigen Erwägungen zur Belieferungsverweigerung ab dem 29.12.2004 berechtigt. Angesichts dessen ist eine Schadensersatzverpflichtung schon dem Grunde nach nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
LG Dortmund:
Urteil v. 15.09.2005
Az: 13 O 155/04
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