Landgericht Köln:
Urteil vom 10. Mai 2012
Aktenzeichen: 31 O 618/11

(LG Köln: Urteil v. 10.05.2012, Az.: 31 O 618/11)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Köln hat in einem Urteil am 10. Mai 2012 (Aktenzeichen 31 O 618/11) eine einstweilige Verfügung bestätigt. Diese wurde bereits am 4. Oktober 2011 erlassen. Die Antragstellerin ist Inhaberin der internationalen Marke "D2" für Uhren und behauptet, auch Herstellerin der D2-Uhren zu sein. Die Antragsgegnerin ist eine Uhrenherstellerin aus der Schweiz, die unter der Bezeichnung "K3" eine Uhrenserie vertreibt. Die Antragstellerin wirft der Antragsgegnerin vor, mit der "K3"-Serie eine unlautere Nachahmung der "D2"-Uhren herzustellen und zu vertreiben. Sie sieht darin die Gefahr von Verwechslungen und Rufausbeutung. Die Antragstellerin beantragte daraufhin eine einstweilige Verfügung, die das Landgericht bestätigte. Die Antragsgegnerin legte Widerspruch ein und beantragte die Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Sie argumentiert unter anderem, dass kein Verfügungsgrund bestehe, da die Antragstellerin zu zögerlich gehandelt habe. Sie bestreitet auch die Aktivlegitimation der Antragstellerin und behauptet, dass die Uhren der Antragstellerin und der Antragsgegnerin unterschiedlich seien. Das Landgericht bestätigt jedoch die einstweilige Verfügung und sieht die angegriffenen Produkte als unzulässige Nachahmung an.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Köln: Urteil v. 10.05.2012, Az: 31 O 618/11


Tenor

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 4.10.2011 (31 O 618/11) wird bestätigt.

Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Tatbestand

Die Antragstellerin ist u.a. Inhaberin der internationalen Marke „D2“ für Uhren mit Priorität vom 20.11.1972. Sie ist seit 1997 eine Gesellschaft der S2-Gruppe. Die S2 S.A., die ihren Sitz in Genf hat, ist die Muttergesellschaft einer ganzen Reihe von führenden „Luxusartikler“ der Welt.

An D2-Uhren gibt es seit 1904 das Modell „T2“ (Bl. 8). 1917 wurde das Modell „D2 Tank“ entwickelt (Bl. 9) und wird bis heute vertrieben. Des Weiteren gibt es u.a. die Modelle „Z 1-8“ (Bl. 10 f.). D2-Uhren finden Erwähnung in verschiedenen Uhrenbüchern (AS 6, 18), -zeitschriften und Internetseiten (AS 21).

Die „C3“-Serie von D2 (AS 5) wird seit 2007 vertrieben. Der Umsatz betrug 2008 mehr als 6 Mio., 2009 mehr als 11 Mio., 2010 mehr als 9 Mio. und 2011 mehr als 11 Mio € (Bl. 24), wobei sich diese Umsatzzahlen auf alle Varianten der Serie beziehen. Für Deutschland wurden insgesamt mehr als 2 Mio. € an Werbeaufwendungen getätigt (AS 17). Die „C3“ gewann verschiedene Auszeichnungen in diversen Magazinen (AS 22, 23). Sie wird von einer Vielzahl Prominenter getragen (AS 24).

Die Antragsgegnerin ist eine Uhrenherstellerin mit Sitz in der Schweiz. Sie vertreibt u.a. unter der Bezeichnung „K3“ eine Uhrenserie (Anlage AG2-Masterbook). Die Uhren der Antragsgegnerin werden üblicherweise preislich unterhalb des Luxussegments angeboten (im Bereich zwischen 1.000 € bis 3.000 €), wohingegen Uhren von D2 für die Basismodelle bei 3.000 € beginnen. Das Modell „K3“ wurde im September 2011 auch auf den deutschen Markt gebracht. Zuvor hatte die Antragstellerin schon Kenntnis von der „K3“ über Internetseiten und der Vorstellung der Uhr auf der facebook-Seite der Antragsgegnerin. Im Internet findet man Kommentare über die Ähnlichkeit der „K3“ zur „C3“ (AS 25, 26, Bl. 28 d.A.).

Die Antragstellerin behauptet, dass sie 1972 gegründet worden und seit 2005 Inhaberin der Markenrechte sei.

Sie behauptet weiter, dass sie Herstellerin der D2-Uhren sei, weil sie in der S2-Gruppe insgesamt für die Untergruppe (N3) D2 zuständig sei. Sie entscheide über die Entwicklung und Vermarktung von D2-Uhren und beauftrage und weise dazu andere Gesellschaften der N3 D2 an. Hierzu legt die Klägerin eine eidesstattliche Versicherung der Deputy Chief Intellectual Property Counsel der S2 International S.A., Olivia E vor (AS 37). Sie konkretisiert, dass sie Verträge mit weiteren Unternehmen der S2-Gruppe geschlossen habe und diese mit der Herstellung und dem Vertrieb der Uhren beauftragt habe. Diese Verträge könnten jederzeit gekündigt werden und würden ihr damit die letztendliche Entscheidungsgewalt darüber sichern, welche Uhren, in welcher Ausführung und auf welchem Wege angeboten und vertrieben würden. Hierzu legte sie im Termin eine weitere eidesstattliche Versicherung von Olivia E vor.

Sie ist der Ansicht, dass die Uhr „K3“ der Antragsgegnerin eine unlautere Nachahmung der als Original bzw. als Lichtbild zur Akte gereichten Uhren ihrer Serie „C3“ darstelle. Ihre Uhren hätten gewisse Komponenten, die eine Uhr aus dem Hause D2 für den Verkehr erkennbar machten, die sog. D2-DNA. Bei den Gestaltungselementen, die die D2-DNA ausmachten, handele es sich um:

- Römische Ziffern

- Sog. Eisenbahnschiene

- Blauer Zeiger

- Blauer Saphir Cabochon (Kronenkopf)

- Guillochage zur Verzierung des Ziffernblattes

- Argente - farbiges Ziffernblatt

- H-förmige Ausführung der Glieder des Armbands.

Diese DNA, die sich in der Serie „C3“ wiederfinde, habe die Antragsgegnerin übernommen. Da eine D2-Uhr im Verkehr gerade anhand der o.g. DNA wiedererkannt werde, führe die Übernahme der DNA zu Verwechslungen und zur Rufausbeutung.

Auf die C3 allein abgestellt, bestehe ebenfalls aufgrund der hohen Ähnlichkeit die Gefahr der Herkunftstäuschung und der Rufausbeutung und Rufbeeinträchtigung. Insbesondere werde der sog. Pacman sowie die Furche im Gehäuse, das sog. „Uhrin-Uhr“-Prinzip, welches bei der „C3“ durch die Schutzvorrichtung des Cabochons bedingt sei, ohne Not übernommen. Wegen des weiteren Vortrags der Antragstellerin wird auf ihre Ausführungen in der Antragsschrift, dem Schriftsatz vom 20.2.2012 (Bl. 163 ff.) sowie dem Schriftsatz vom 19.4.2012 verwiesen.

Auf Antrag der Antragstellerin hat die erkennende Kammer am 4.10.2011 - 31 O 618/11 - im Beschlusswege die nachstehend wiedergegebene einstweilige Verfügung erlassen:

31 O 618/11

Landgericht Köln

BESCHLUSS

(einstweilige Verfügung)

In Sachen

Antragstellerin,

Verfahrensbevollmächtigte:

g e g e n

Antragsgegnerin,

hat die Antragstellerin die Voraussetzungen für die nachstehende einstweilige Verfügung glaubhaft gemacht durch Vorlage von Originalprodukten der Parteien, Internetausdrucken des wettbewerblichen Umfeldes, Katalogen der Antragstellerin, einer eidesstattlichen Versicherung sowie weiterer Unterlagen. Die vorgerichtliche Korrespondenz hat vorgelegen.

Auf Antrag der Antragstellerin wird gemäß §§ 3, 4 Nr. 9, 8, 12, 14 UWG, 91, 890, 936 ff. ZPO, 91, 890, 936 ff. ZPO im Wege der einstweiligen Verfügung, und zwar wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung, folgendes angeordnet:

1. Die Antragsgegnerin hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,im geschäftlichen Verkehr in Deutschland zu Zwecken des Wettbewerbs Armbanduhren wie nachstehend wiedergegeben anzubieten und/oder zu bewerben und/oder zu vertreiben:

2.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Gründe

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin zu Recht auf Unterlassung in

Anspruch, weil die angegriffenen im Tenor des Beschlusses wiedergegebenen

Produkte als gegen die §§ 3, 4 Nr. 9, UWG verstoßende unzulässige Nachahmungen

der entspechenden, im Verkehr bekannte Produkte der Antragstellerin zu bewerten

sind.

Streitwert: 400.000,00 Euro.

Köln, den 4.10.2011

Landgericht, 31. Zivilkammer

Ausgefertigt

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Nachdem die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt hat, beantragt die Antragstellerin nunmehr,

die einstweilige Verfügung vom 4.10.2011 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 4.10.2011 aufzuheben und den zugrunde liegenden Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass bereits kein Verfügungsgrund bestehe. Das zeige sich insbesondere an der Art und Weise, wie die Antragstellerin nach Erhalt der einstweiligen Verfügung vorgegangen sei. Sie habe einen Monat gewartet, bis sie die Zustellung beauftragt habe. Das spreche für eine zu zögerliche Handhabe, die die Dringlichkeit widerlege. Zu weiterem diesbezüglichen Vortrag der Antragsgegnerin wird auf ihre Ausführungen auf S. 11 ff. im Schriftsatz vom 16.1.2012 (Bl. 93 d.A.) verwiesen.

Der Antrag sei zu unbestimmt, da nicht ersichtlich sei, welche Modelle der Kollektion „K3“ dem Verbot unterlägen. Es würden derzeit 18 Uhren angeboten, bei denen es sich ausschließlich um Damenuhren handele, eine Herrenuhr, wie von der Antragstellerin behauptet, gäbe es nicht. Auch im Übrigen lasse sich dem Tenor nicht entnehmen, welche konkreten Uhren verboten seien. Es sei erforderlich, die Serien- oder Modellnummern zur Konkretisierung des Verbots mit in den Tenor aufzunehmen.

Weiter bestreitet die Antragsgegnerin die Aktivlegitimation der Antragstellerin, da sie lediglich eine IP-Holding sei. Die Antragstellerin selbst stelle nichts her und vertreibe auch nichts, so dass sie sich nicht auf § 4 Nr. 9 UWG stützen könne. In anderen Ländern klage die hiesige Antragstellerin auch nicht allein.

Die Antragsgegnerin behauptet weiter, dass sie selbst auch nicht passivlegitimiert sei, da sie selbst gar nicht in Deutschland vertreibe, sondern dies eine in Österreich ansässige Firma übernommen habe. Der Tenor der einstweiligen Verfügung enthalte nicht das Verbot des Anbieten-, Bewerben und Vertreibenlassens, so dass lediglich die eigenhändige Vertriebshandlung verboten sei, nicht aber Vertriebshandlungen über Dritte.

Die Kollektion „C3“ der Antragstellerin umfasse aktuell 76 Uhren, die alle unterschiedlich seien (Bl. 90 ff.). Die „C3“, wie die Antragstellerin meine, gäbe es daher nicht.

Auch eine D2-DNA gäbe es nicht. Es handele sich bei allen angeführten Elementen um vorbekannte Gestaltungselemente, die isoliert oder in Kombination mit anderen angeblichen DNA-Elementen von ihr selbst und auch von anderen Uhrenherstellern verwendet würden (AG 21-27, 30,38-45, 48). Es handele sich um alltägliche Merkmale. Die angeblichen DNA-Gestaltungsmerkmale würden bei den Uhren der Antragstellerin gar nicht häufig, vor allem nicht in Kombination auftreten, so dass ohnehin nicht von einer DNA gesprochen werden könne (AG16-19).

Die Antragsgegnerin behauptet, dass die „K3“ eine eigenständige Entwicklung sei, die ihren Ursprung 2004 genommen habe.

Rechtlich vertritt sie die Ansicht, dass allenfalls eine Rufausbeutung in Betracht komme, da der Erwerber einer X natürlich wisse, dass es sich nicht um eine D2-Uhr handele. Wieso die Käufer davon ausgehen sollten, dass es sich bei einer X-Uhr um eine Zweitmarke von D2 handele, werde nur damit belegt, dass die Antragsgegnerin in Deutschland nicht so bekannt sei. Das reiche jedoch auch für eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne nicht aus.

Schließlich ist die Antragsgegnerin der Ansicht, dass sich die Uhren nicht hinreichend ähnlich sind und der Verkehr mit den einzelnen Gestaltungselementen keine Herkunft aus einem bestimmten Betrieb verbinde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Antragsgegnerin wird auf ihre Schriftsätze vom 16.1.2012 sowie vom 17.4.2012 Bezug genommen.






LG Köln:
Urteil v. 10.05.2012
Az: 31 O 618/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/4e16c124609f/LG-Koeln_Urteil_vom_10-Mai-2012_Az_31-O-618-11




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