Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 16. April 1996
Aktenzeichen: 4 O 267/95

(LG Düsseldorf: Urteil v. 16.04.1996, Az.: 4 O 267/95)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Düsseldorf hat in dem Urteil vom 16. April 1996 (Aktenzeichen 4 O 267/95) entschieden, dass die Beklagte verurteilt wird, es zu unterlassen, in Deutschland X mit einer bestimmten Flaschenausstattung zu versehen und zu vertreiben. Zuwiderhandlungen werden mit Ordnungsgeld oder Ordnungshaft bestraft. Zudem muss die Beklagte der Klägerin Auskunft über die Liefermengen und Verkaufserlöse geben. Darüber hinaus hat das Gericht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Verletzungshandlungen entstanden ist und noch entstehen wird. Die Kosten des Rechtsstreits sind der Beklagten auferlegt worden. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, es kann jedoch eine Sicherheitsleistung erbracht werden. Das Gericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die angegriffene Flaschenausstattung der Beklagten die geschützte Marke der Klägerin verletzt und Verwechslungsgefahr besteht. Die Beklagte hat die Marke der Klägerin schuldhaft verletzt und muss daher Schadenersatz leisten. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz vorab feststellen zu lassen, um den Schaden beziffern zu können. Die Beklagte ist darüber hinaus verpflichtet, Auskunft über die Verletzungshandlungen zu erteilen. Die Klägerin ist auf diese Information angewiesen, um den Schaden beziffern zu können. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Düsseldorf: Urteil v. 16.04.1996, Az: 4 O 267/95


Tenor

für R e c h t erkannt:

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhand-

lung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, er-

satzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Mo-

naten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2

Jahren, zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland X mit einer der nach-

stehend als Front- und Rückenansicht wiedergegebenen

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Ausstattungen zu versehen und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder zum Zweck des Inverkehrbringens zu besitzen, die im wesent-lichen gekennzeichnet sind durch folgende Merkmale der Frontansicht:

a)

einen Flaschenkörper aus lichtgrünem, annähernd weißem Glas, der

(1)

vom Flaschenboden zylindrisch aufsteigt,

(2)

eine Höhe von etwa 30 cm besitzt und

(3)

sich etwa im letzten Drittel der Gesamthöhe mit bauchig ausgebildeter Schulter zur Flaschenkapsel hin verjüngt,

b)

einen goldfarbenen Schraubverschluß,

■ c) ein rechteckiges Hauptetikett

(1)

mit der Grundfarbe Schwarz,

(2)

mit der in schattierten Versalien mit vergrößertem Anfangsbuchstabe

aufgeführten Aufschrift "X" in der Farbe Gold,

4

(3)

der Kontur des Hauptetiketts folgendem Randstreifen in der Farbe Gold

(3 a)

und gegebenenfalls zusätzlich in den oberen und unteren Eckbereichen angeordneten, im Umriß etwa dreieckigen Strichornamenten in gleicher Farbe,

(4)

wobei im oberen Bereich des Hauptetiketts ein Wappenfeld in goldener Farbe mit rotfarbigem Wappenschild und

(5)

unterhalb des Wappenschildes die Bezeichnung "X" angeordnet ist und

(6)

unterhalb des Namens "X" in nach rechts geneigter Schreibschrift und in goldener Farbe die Aufschrift "X" steht,

d)

mit einem geschweiftem Schulteretikett, das

(1)

auf schwarzem Grund

(2)

innerhalb goldfarbener Umrandung

(3)

die in goldfarbener, nach rechts geneigter Schreibschrift die Bezeich-nung "X" trägt,

5

e)

mit einem Halsetikett von

(1)

schwarzer Grundfarbe,

(2)

mit unterem in Goldfarbe ausgeführten Randstreifen und

(3)

oberhalb des Randstreifens befindlichem heraldischem Wappenfeld und Wappenschild in mit dem Wappen des Hauptetikettes identischer Gestal-tung und Farbausführung, wobei unterhalb des Wappenschildes der Produktname "X" in gleicher Schrift ausgeführt ist wie auf dem Haupt-etikett;

(3 a)

gegebenenfalls mit oberem in Goldfarbe ausgeführtem Randstreifen in derselben Farbe, wobei unterer und oberer Randstreifen aus parallel übereinander in geringem Abstand angeordneten Linien bestehen und auf der Schauseite durch das vorstehend bezeichnete Wappenfeld und Wappenschild unterbrochen sind;

6

X

7

X

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2.

der Klägerin unter Angabe der nach Kalendervierteljahren aufgeglieder-ten Liefermengen und Verkaufserlöse Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend zu I 1 bezeichneten Hand-lungen begangen hat.

II.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend zu I 1 bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten

auferlegt.

IV.

Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung in

Höhe von 750.000,— DM vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch Bürgschaft einer in der Bun-desrepublik Deutschland geschäftsansässigen und als Zoll- oder Steu-erbürgin anerkannten Bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erb-racht werden.

Gründe

Die Parteien stehen auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von X miteinander im Wettbewerb. Zu den von der Klägerin vertriebenen Produkten gehört ein mit der Kennzeichnung "X" versehener X. Hierfür benutzte sie bis zum Jahre 1993 eine Aufmachung, die aus der von ihr als Anlage 5 vorgelegten Musterflasche und der als Anlage 10 zu den Akten gereichten Werbeschrift (zweite Innenseite, linke Flasche) ersichtlich ist. Die Vorderansicht dieser Aufmachung (Abbildung der Flasche mit den Vorderetiketten von vorn) ist Gegenstand der zugunsten der Klägerin am 26.Juni 1986 für X farbig eingetragenen und am 15. Mai 1986 angemeldeten deutschen Marke X (Klagemarke I, Anlage 3 der Klägerin, farbige Abbildung gemäß Anlage 4); die Gestaltung ergibt sich im einzelnen aus der nachstehenden Abbildung:

10

Seit 1993 verwendet die Klägerin für ihren X "X" eine veränderte Flaschenaufmachung, deren Aussehen aus dem von ihr als Anlage 8 vorgelegten Musterstück und aus der als Anlage 10 vorgelegten Werbeschrift (zweite Innenseite, rechte Flasche) hervorgeht. Die Vorderansicht dieser Aufmachung (ebenfalls eine Abbildung der Flasche mit den Vorderetiketten von vorn gesehen) ist Gegenstand der am 11. Dezember 1993 angemeldeten und am 21. Oktober 1994 zugunsten der Klägerin für alkoholische Getränke, nämlich X, ebenfalls farbig eingetragenen deutschen Marke X (Klagemarke II, Anlage 6; Farbabbildung gemäß Anlage 7 der Klägerin) ; die Gestaltung ergibt sich aus der nachstehend wiedergegebenen Abbildung:

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Die vorstehende letztgenannte Aufmachung ist außerdem Gegenstand des am 11. Dezember 1993 angemeldeten und am 26. Januar 1994 unter der Nummer X in das Musterregister des Deutschen Patentamtes für die Klägerin eingetragenen Geschmacksmusters mit der Bezeichnung "Ausgestattete Getränkeflasche" (Anlage 9 der Klägerin).

Die Beklagte vertreibt X unter der Bezeichnung "X"; ihr Erzeugnis gehört derselben Preiskategorie an wie der X "X" der Klägerin. Zunächst verwendete sie hierfür eine Flaschenaufmachung wie aus den beiden nachstehend wiedergegebenen Abbildungen (Anlagen 11 und 12 der Klägerin) ersichtlich;

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seit dem 6. Dezember 1993 benutzte sie eine Flaschenausstattung ent-

sprechend der im Urteilsausspruch zu I 1 an erster Stelle wiedergegebenen Abbildung (Anlagen 13 und 14 der Klägerin). Inzwischen befindet sich auch diese Ausstattung nicht mehr auf dem Markt; an ihre Stelle ist die im Urteilsausspruch zu I an zweiter Stelle wiedergegebene Flaschenaufmachung getreten, deren Aussehen auch aus der von der Beklagten als Anlage B 3 vorgelegten Abbildung und der als Anlage B 4 zu den Akten gereichten Musterflasche ersichtlich ist.

Die Klägerin hält die Benutzung der beiden letztgenannten Flaschenaufmachungen für eine Verletzung der beiden Klagemarken, mit denen die Ausstattungen der Beklagten nach ihrer Auffassung verwechslungsfähig sind, und für unzulässige Nachbildungen des Klagegeschmacksmusters. Nach Ansicht der Klägerin ist das Verhalten der Beklagten aber auch deshalb mit den guten Sitten im Wettbewerb unvereinbar, weil die Beklagte sich mit beiden angegriffenen Flaschenausstattungen in unzulässiger Weise an die Klagemarken annähere und beabsichtige, Verwechslungen mit der Ausstattung von "X" herbeizuführen. Die X habe den X der Marke "X" im gleichen Zeitpunkt ausgelistet, in welchem sie das Erzeugnis "X" der Beklagten in der geänderten und angegriffenen Ausstattung in ihr Warensortiment aufgenommen habe. Auch aus ihrer als Anlage 2 überreichten Zusammenstellung gehe hervor, daß der Absatz ihres - der Klägerin - Erzeugnisses "X" zurückgegangen sei, seitdem die Beklagten die angegriffene Flaschenausstattung für ihren X "X" verwende.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

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zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die gegen sie erhobenen Ansprüche für ungerechtfertigt und trägt vor: Die Umsatzverluste der Klägerin bei ihrem Produkt "X" hätten nichts mit der angegriffenen "X"-Ausstattung zu tun, sondern seien auf entsprechende Steigerungen des Umsatzes der Klägerin mit ihrem X "X" in Nordrhein-Westfalen - dem Hauptabsatzgebiet von X zurückzuführen. Auch die X habe "X" im Jahre 1992 nicht im Hinblick auf die neue "X"-Aufmachung ausgelistet, sondern weil sie "X" als Eigenmarke ins Sortiment genommen habe und ein zweites gleiches Erzeugnis derselben Preiskategorie im Sortiment nicht sinnvoll erschienen sei.

Markenrechtliche Ansprüche bestünden nicht, weil die angegriffene Ausstattung nicht mit den Klagemarken verwechslungsfähig sei. Bei aus Wort- und Bildbestandteilen zusammengesetzten Zeichen werde der Gesamteindruck, an dem die Verwechslungsgefahr gemessen werde, in erster Linie durch den Wortbestandteil geprägt. Die Bezeichnungen "X" und "X" auf den sich gegenüberstehenden Ausstattungen seien einander jedoch nicht ähnlich. Darüber hinaus sei die Kennzeichnungskraft der beiden Klagemarken durch ähnliche Ausstattungsmerkmale anderer Wettbewebserzeugnisse geschwächt, so daß der Verkehr auch deshalb hier mehr auf die Wortbestandteile achte. Der Flaschenkörpe der schutzbeanspruchten Ausstattungen

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werde von vielen Spirituosenherstellern ebenso verwendet wie der goldfarbene Schraubverschluß, und schwärztarbene Etiketten mit goldendem Rand hätten auch die Erzeugnissen auf den Abbildungen gemäß Anlagen B 5 bis B 8. Als Zeichen für eine lange und alte Tradition sei es bei Spirituosen außerdem gebräuchlich, heraldische Wappenfelder zu verwenden. Die nachstehend abgebildete Ausstattung des X stehe der schutzbeanspruchenden Ausstattung "X" näher als den angegriffenen "X"-Aufmachungen.

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Darüber hinaus seien die angegriffenen Ausstattungen durch zahlreiche abweichende Gestaltungselemente nicht mehr im Ähnlichkeitsbereich der Klagemarken.

Eine Verletzung des Klagegeschmacksmusters liege nicht vor, weil dessen Gegenstand gegenüber der ursprünglich von der Klägerin benutzten Ausstattung (Anlagen 5 und 10 der Klägerin) nicht schutzfähig sei und darüber hinaus von der älteren fünf Tage vor der Anmeldung des Geschmacksmusters erstmals verladenen älteren der beiden angegriffenen Ausstattungen subjektiv nicht nachgebildet werde. Da besondere Sittenwidrigkeitsmomente nicht ersichtlich seien, könne die Klägerin auch keinen wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz für sich in Anspruch nehmen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe ;

Die Klage ist begründet.

I.

Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin nach § 14 Abs. 5 des Markengesetzes (MarkenG) verpflichtet, es zu unterlassen, X in den im Urteilsausspruch zu I 1 wiedergegebenen Flaschenaufmachungen anzubieten oder in den Verkehr zu bringen. Sie hat hierdurch entgegen § 14 Abs. 2 Nr. MarkenG Zeichen

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benutzt, obwohl wegen deren Ähnlichkeit mit der Klagemarke II und der Identität der durch die Klagemarke und die Zeichen erfaßten Waren -nämlich X - für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht.

1.)

Ob eine Verwechslungsgefahr gegeben ist, hängt vom Umfang der Übereinstimmungen zwischen den beiden sich gegenüberstehenden Marken, der Nähe der von ihnen erfaßten Waren und der Kennzeichnungskraft der Schutz beanspruchenden Marke ab. Zwischen diesen drei Kriterien besteht - wie nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung auch schon unter der Geltung des am 31. Dezember 1994 außer Kraft getretenen Warenzeichengesetzes - eine Wechselwirkung; je größer die Kennzeichnungskraft der verletzten Marke ist oder je näher die sich gegenüberstehenden Waren einander kommen, desto geringer sind die Anforderungen an das Ausmaß der Übereinstimmungen, die die angegriffene Kennzeichnung mit der verletzten Marke aufweisen muß; umgekehrt steigen die Anforderungen an die Übereinstimmungen mit zunehmendem Warenabstand und abnehmender Kennzeichnungskraft (BGH GRUR 1993, 118, 119 - Corvaton/Corvasal; 1991, 609, 611 -SL). Enthalten die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen wie im Streitfall mehrere Bestandteile, müssen die Übereinstimmungen in denjenigen Bestandteilen vorhanden sein, die den Gesamteindruck der Kennzeichnungen prägen oder doch wesentlich mitbestimmen (BGH GRUR 1990, 367, 369 - alpi/alba moda; 1989, 264, 265 - REYNOLDS R 1/Ereintz; 1986, 72, 73 - Tabacco d'Harar); der übereinstimmende Bestandteil muß in der Gesamtbezeichnung eine selbständige und kennzeichnende Stellung behalten haben und darf nicht dergestalt untergehen, daß eine mitprägende Wirkung auf den Gesamteindruck ausgeschlossen werden kann (BGH GRUR 1993, 579, 580 - RÖMER GmbH; 1990, a.a.0). Wird der Gesamteindruck eines kominierten

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Zeichens durch gleichgewichtige Elemente bestimmt, so ist infolge ihrer gegenseitigen Beeinflussung kein Element geeignet, den Gesamteindruck des Kombinationszeichens zu prägen (BGH GRUR 1991, 319, 320 - Hurricane).

Geht man hiervon aus, ist die Verwechslungsgefahr im Streitfall entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die in beiden sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen enthaltenen Produktnamen "X" und "X" keine kennzeichenrechtlich relevanten Übereinstimmungen aufweisen. Zwar ist für den Gesamteindruck aus Wort- und Bildbestandteilen kombinierter Zeichen meist der Wortbestandteil maßgebend, weil der Verkehr sich in der Regel am Wort als Kennzeichnung orientiert, wenn dieses die einfachste Bezeichnungsform darstellt. Das gilt jedoch nicht, wenn die Bildbestandteile ihrerseits so auffällig sind, daß der Wortbestandteil demgegenüber in den Hintergrund tritt und für den Verkehr unbeachtlich erscheint oder wenn den anderen Elementen der Schutz beanspruchenden Marke ungeachtet des in erster Linie prägenden Wortbestandteils ein den Gesamteindruck so stark mit prägender Charakter beizumessen ist, daß bei hinreichender Übereinstimmung dieser Elemente die Gefahr einer Verwechslung der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen nach ihrem Gesamteindruck besteht (BGH GRUR 1992, 48, 50 - frei öl mit weiteren Nachweisen). Das gilt vor allem für die Aufmachung von Flaschen, wenn sie Merkmale aufweist, die sie als Kennzeichen auch optisch wirken lassen und das gekennzeichnete Erzeugnis für den Verkehr optisch wiedererkennbar machen sollen; dann ist es gerechtfertigt, der Gesamtausstattung einer Flasche eine vom "Namen" des Produktes weitgehend unabhängige und selbständig prägende Kennzeichnungskraft zukommen zu lassen (vgl. BGH GRUR 1982, 111, 113 - Original -

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Maraschino; OLG Düsseldorf GRUR 1985, 137 f. - Multi-Vitaminsaft). Diese Möglichkeit ist gerade auf dem hier interessierenden Markt für Spirituosen in Betracht zu ziehen, denn wie die von der Beklagten als Anlage B 5 vorgelegte Abbildung zahlreicher Spirituosenflaschen-Aufmachungen zeigt, legen in diesem Marktbereich die Hersteller besonderen Wert darauf, durch die Gestaltung des Flaschenkörpers und zumindest der Vorderetiketten ihr Erzeugnis für den Verbraucher auch anhand optischer Gestaltungselemente wiedererkennbar zu machen.

Das trifft auch auf die aus der Klagemarke II ersichtliche flächenhaft dargestellte Aufmachung zu. Ihren Gesamteindruck bestimmen folgende Merkmale:

a)

ein Flaschenkörper aus lichtgrünem annähernd weißem,

klarsichtigem und durch den Inhalt des eingefüllten

X mittelbraun gefärbtem Glas, wobei der

Flaschenkörper

(1) vom Flaschenboden zylindrisch aufsteigt,

(2)

etwa 30 cm hoch ist, und

(3)

sich etwa im letzten Drittel der Gesamthöhe mit bauchig ausgebildeter Schulter zur Flaschenkapsel hin verjüngt,

b)

ein goldfarbener Schraubverschluß,

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c)

ein rechteckiges Hauptetikett im Hochformat

(1)

in schwarzer Grundfarbe,

(2)

das im Randbereich von einem goldfarbenen, breiten, mit Abstand vom Etikettenrand geführten mit Innenschattierungen versehenen Rahmen eingefaßt wird, wobei die obere Seite des Rahmens von einem ebenfalls goldfarbenen Wappenfeld mit rotem Wappenschild überlagert wird;

(3)

innerhalb des Rahmens ist das Hauptetikett in zwei

übereinanderliegende Bereiche unterteilt;

(4)

im oberen Bereich befindet sich in großen rechts schattierten goldfarbenen Druckbuchstaben der Produktname "X", darüber in goldener und rechtsgeneigter Schreibschrift die Bezeichnung "X" und darüber das den Rahmen nach oben überragende Wappenfeld;

(5)

auf dem unteren durch eine goldfarbene Trennlinie abgegrenzten Feld befindet sich eine ebenfalls goldfarbene kleingedruckte mehrzellige Aufschrift;

d)

ein ovales im Querformat angeordnetes Schulteretikett, das auf schwarzem Grund innerhalb goldfarbener Umrahmung in großen rechts schattierten goldenen Druckbuchstaben den Produktnamen "X", darüber in rechts geneigter Schreibschrift die Bezeichnung "X" und am unteren

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Rand dem Verlauf des Rahmens folgend die Aufschrift "X" trägt,

e)

und ein Halsetikett in

(1)

schwarzer Grundfarbe,

(2) mit einem Goldstreifen am unteren Rand und

(3)

auf der Vorderseite mit einem goldenen Wappenfeld

mit rotem Wappenschild.

Besonders prägend für den Gesamteindruck sind der aus den vorstehenden Gestaltungselementen hervorgehende Umriß und die Farbe des Flaschenkörpers, schwarzgrundige und goldfarben bedruckte und eingefaßte Etiketten, die Aufteilung des Hauptetiketts und die Wiederholung des Produktnamens "X", der Angabe "X" und des Wappens im Schulter- und Halsbereich der Flasche in jeweils gleicher Schrift und gleicher Anordnung wie auf dem Hauptetikett. Diese Merkmale heben sich deutlich von den anderen Gestaltungselementen ab, sind für den angesprochenen Endverbraucher auch aus weiterer Entfernung sofort sichtbar und deshalb in besonderer Weise geeignet, sich ihm einzuprägen.

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2.)

In diesen für den Gesamteindruck besonders charakteristischen Merkmalen stimmen auch die angegriffenen Flaschenaufmachungen der Beklagten mit der Klagemarke II überein. Daß die vor Inkrafttreten des Markengesetzes angemeldete und eingetragene Klagemarke nur eine flächenhafte und zweidimensionale Bilddarstellung schützt, während die angegriffenen Ausstattungen dreidimensional sind und die Flasche selbst zum Gegenstand haben, steht dem nicht entgegen, denn Bildzeichen können auch durch die körperliche Wiedergabe des bildlich dargestellten oder eines damit verwechslungsfähigen Gegenstandes verletzt werden, sofern die körperliche Wiedergabe zeichenmäßig benutzt wird, so daß der Verkehr sie als Hinweis auf einen bestimmten Betrieb ansieht und diese Wiedergabe kennzeichnungskräftig ist (BGH GRUR 1982, 111, 112 -Original-Maraschino mit weiteren Nachweisen; OLG Düsseldorf GRUR 1985, 137, 138 - Multi-Vitaminsaft).

Diese Voraussetzungen sind auch im Streitfall erfüllt. Beide angegriffenen Ausstattungen weisen die gleiche Gestaltung und Farbe des Flaschenkörpers auf wie die Bilddarstellung der Klagemarke II, auch bei ihr sind die Etiketten schwarzgrundig und goldfarben bedruckt und mit einem goldfarbenen Rahmen eingefaßt, ist das Hauptetikett in einen hervorgehobenen oberen Bereich mit Wappen, Produktnamen und der Gattungsangabe "X" und einen demgegenüber zurücktretenden unteren Bereich unterteilt, wobei sich Wappen, Produktname und Gattungsangabe im Schulter- und Halsbereich der Flasche in jeweils gleicher Schrift und gleicher Anordnung wiederholen. Wie bei der schutzbeanspruchten Aufmachung erscheint der Produktname auch in beiden angegriffenen Aufmachungen in goldfarbenen und Großdruckbuchstaben, die mit einer Schattierung versehen sind. Übereinstimmung besteht

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außerdem in dem goldfarbenen Schraubverschluß und in dem mehrzelligen Aufdruck im unteren Bereich des Hauptetikettes. Unterschiede gegenüber der Klagemarke II bestehen nur darin, daß die Schattierung der Druckbuchstaben bei dem Produktnamen "X" auf der linken statt auf der rechten Seite der Buchstaben liegt, daß der Produktname zwischen Wappen und der Gattungsangabe "X" und nicht an unterster Stelle steht, daß der Produktname bei der Wiederholung im Schulter- und Halsbereich der Flasche zusammen mit dem Wappen auf dem Halsetikett steht, während das - statt oval geschweift ausgebildete Schulteretikett nur die Gattungsbezeichnung "X" trägt, und daß die Aufschrift im unteren Bereich des Hauptetiketts übersichtlicher und auch aus gewisser Entfernung noch lesbar ist, während sie bei der schutzbeanspruchten Aufmachung sehr klein gedruckt ist und nur bei genauem Hinsehen gelesen werden kann. Gegenüber den Gemeinsamkeiten in den für den Gesamteindruck besonders prägenden Gestaltungselementen treten diese Unterschiede jedoch zurück, denn der Verkehr richtet in aller Regel sein Augenmerk mehr auf die Übereinstimmungen und weniger auf die abweichenden Merkmale, wobei er die ihm begegnenden Kennzeichnungen auch nur flüchtig wahrnimmt und die sich gegenüberstehenden Flaschen in der Regel auch nicht gleichzeitig sieht und deshalb auf das Erinnerungsbild angewiesen ist, das ihm im Gedächtnis bleibt. In seinem Erinnerungsbild wird er jedoch die aufgezeigten Unterschiede nicht festhalten, zumal die sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen - wie ausgeführt - in den für den Gesamteindruck besonders prägenden Merkmalen bis auf geringfügige Abweichungen und im wesentlichen auch in den für den Gesamteindruck weniger bedeutsamen Gestaltungselementen übereinstimmen.

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Die spätere durch eine Abänderung der älteren angegriffenen Aufmachung entstandene zweite Ausstattung unterscheidet sich zwar von der Klagemarke zusätzlich dadurch, daß der das Hauptetikett einfassende Rahmen nicht mehr schattiert und mit Abstand vom Etikettrand geführt ist, sondern einen einfachen breitgehaltenen Streifen darstellt, der gleichzeitig den Rand des Etiketts bildet; außerdem befinden sich in allen vier Eckbereichen im Umriß etwa dreieckige Strichornamente in goldener Farbgebung und fehlt dem Halsetikett der untere Randstreifen, und die Beschriftung vor allem des Halsetiketts ist vergrößert worden. Auch diese Unterschiede erfordern jedoch ein genaueres Hinsehen und fallen bei der im Verkehr üblichen flüchtigen Betrachtungsweise nicht auf.

Dem steht nicht entgegen, daß von den den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Aufmachungen prägenden Gestaltungselementen jedes für sich allein genommen ausweislich der von der Beklagten als Anlage B 5 vorgelegten Abbildung auch von anderen bekannten Spitituosenherstellern benutzt wird und deshalb für sich allein nur geringe Unterscheidungskraft besitzt. Abgesehen davon, daß keine der auf dem Foto gemäß Anlage B 5 abgebildeten Flaschenausstattungen die Kombination aller den Gesamteindruck beeinflussenden vorstehend wiedergegebenen Merkmale der Schutz beanspruchenden Ausstattung aufweist, sondern nur einzelne mit jeweils anderen Elementen kombinierte Gestaltungsmerkmale, handelt es sich bei den Produkten, deren Aufmachung einzelne dieser Elemente zeigt, überwiegend nicht um X, sondern um X, während die angegriffene Ausstattung nicht nur für X, sondern sogar für einen solchen derselben Preiskategorie verwendet wird wie die Schutz beanspruchende Aufmachung. Übereinstimmend signalisieren die sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen dem Verbraucher, das jeweilige Erzeugnis

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stamme aus einem traditionsreichen Unternehmen und vermitteln die Vorstellung, der in dieser Aufmachung angebotene X gehe bei einem günstigen Preis auf eine lange Herstellungstradition zurück. Diese besondere Warennähe, die nicht nur die Produktgattung X, sondern auch deren Preiskategorie erfaßt, verstärkt deshalb ungeachtet der nur geringen Kennzeichnungskraft der einzelnen Gestaltungselemente die Eignung, die Gefahr hervorzurufen, daß das Publikum die angegriffenen Ausstattungen der Beklagten mit der schutzbeanspruchten Aufmachung der Klägerin verwechselt.

In diesem Zusammenhang kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Ausstattung des Weizenbranderzeugnisses "X" komme der von der Klagemarke geschützten Ausstattung näher als die angegriffenen Flaschenaufmachungen, und letztere fielen deshalb nicht mehr in den Schutzbereich der Klagemarke II. Die Aufmachung des "X"-Doppelkornerzeugnisses unterscheidet sich von den hier in Rede stehenden Flaschenaufmachungen durch den anderen Flaschenkörper, der zwischen Schulter und Hals eine markante Einschnürung aufweist und die Produktfarbe, die den Flaschenkörper durchsichtig klar und nicht bräunlich gefärbt erscheinen läßt. Außerdem fehlt beim Produktnamen die Schattenschrift und werden Produktname, Gattung und Wappen oberhalb des Hauptetikettes auf dem Schulter- und dem Halsetikett nicht noch einmal wiederholt.

II.

Nach § 14 Abs. 6 MarkenG hat die Beklagte der Klägerin außerdem allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend dargelegten Verletzungshandlungen enstanden ist und noch entstehen wird. Sie hat die Markenrechte

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der Klägerin schuldhaft verletzt, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Hätte sie die nach dieser Vorschrift von ihr verlangte, im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, hätte sie sich vor Ingebrauchnahme der angegriffenen Flaschenausstattungen über entgegenstehende Schutzrechte Dritter vergewissert und wäre dann auf die Klagemarke II gestoßen. Sie hätte dann, hätte sie sich rechtlich zutreffend beraten lassen, ohne Schwierigkeiten erkennen können, daß die angegriffenen Ausstattungen keinen ausreichenden Abstand zur Klagemarke II einhalten.

Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) daran, die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen statt auf Leistung zu klagen. Daß ihr durch die Verletzungshandlungen der Beklagten zumindest ein Marktverwirrungsschaden entstanden ist, ist hinreichend wahrscheinlich; beziffern kann die Klägerin ihre Ansprüche jedoch erst, wenn die Beklagte über den Umfang ihrer Verletzungshandlungen Auskunft erteilt hat.

III.

Steht die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz dem Grunde nach fest, so muß sie nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch über das Ausmaß ihrer zum Schadenersatz verpflichtenden Handlungen Auskunft erteilen. Die Klägerin ist auf die verlangten Auskünfte angewiesen, um den ihr entstandenen Schaden beziffern zu können, denn die hierzu erforderlichen Einzelheiten kennt sie ohne eigenes Verschulden nicht. Demgegenüber kann die Beklagte

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die ihr abverlangten Einzelheiten ohne Schwierigkeiten mitteilen und wird hierdurch auch nicht unzumutbar belastet.

IV.

Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 709 Satz 1, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Streitwert; 750.000,— DM.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 16.04.1996
Az: 4 O 267/95


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