Bundesgerichtshof:
Urteil vom 12. April 2016
Aktenzeichen: KZR 30/14
(BGH: Urteil v. 12.04.2016, Az.: KZR 30/14)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In dem Urteil geht es um die Frage, ob die beklagte Partei verpflichtet ist, der klagenden Partei ein Entgelt für die Einspeisung von Programmsignalen zu zahlen. Die klagende Partei betreibt ein Breitbandkabelnetz, in das Fernsehprogramme eingespeist werden, unter anderem auch die Programme der beklagten Partei. In der Vergangenheit hat die beklagte Partei an andere Kabelnetzbetreiber für die Einspeisung ihrer Programme ein Entgelt gezahlt, dies jedoch bei der klagenden Partei versagt. Das Gericht entschied, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, der klagenden Partei für die Einspeisung und Verteilung der Programmsignale ein Entgelt zu zahlen. Die Begründung des Gerichts besagt, dass die Klägerin eine wirtschaftlich wertvolle Leistung erbracht hat, indem sie der Beklagten das Programmsignal überlassen hat, das die Beklagte kommerziell verwerten kann. Es fehlen jedoch Feststellungen darüber, in welchem Verhältnis die Werte der beiderseitigen Leistungen stehen, weswegen die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen wird.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BGH: Urteil v. 12.04.2016, Az: KZR 30/14
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. April 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin ein Entgelt für die Einspeisung von Programmsignalen zu zahlen hat.
Die Klägerin bietet Telefonie- und Internetdienste an und betreibt seit 1998 ein Breitbandkabelnetz im Wirtschaftsraum Köln/Bonn, in das Fernsehprogrammsignale eingespeist werden und über das derzeit etwa 214.000 Kunden versorgt werden. Zum Teil sind diese auf der Netzebene 4 Kunden der Klägerin, zum Teil ist ein Betreiber einer Hausverteilanlage zwischengeschaltet. Derzeit speist die Klägerin die Signale von 324 Fernsehprogrammen in ihr Kabelnetz ein, darunter die Programme der Beklagten.
Die Beklagte ist die Veranstalterin des "Zweiten Deutschen Fernsehens" sowie der Programme "ZDF-Infokanal", "ZDF-Kulturkanal" und "ZDF-Familienkanal". Sie ist ferner an den Gemeinschaftsprogrammen "arte", "3sat", "KIKA" und "Phoenix" beteiligt.
Die Beklagte stellt die Signale dieser Programme der Klägerin ebenso wie den anderen Kabelnetzbetreibern in Deutschland zur Verfügung. Die Kabelnetzbetreiber speisen diese Signale in die jeweilige Netzinfrastruktur ein und stellen sie ihren eigenen Kabelanschlusskunden oder dritten Betreibern der Netzebene 4 zur Verfügung. Für die Einräumung der Rechte zur Kabelweitersendung zahlen die Kabelnetzbetreiber eine urheberrechtliche Vergütung.
Die Klägerin hat im Dezember 1998 mit der Beklagten und den öffentlichrechtlichen Landesrundfunkanstalten eine Vereinbarung getroffen, die unter anderem vorsieht, dass der Klägerin die Einspeisung bestimmter dort aufgeführter Programme, zu denen das "Zweite Deutsche Fernsehen" gehört, gegen Zahlung einer Urheberrechtsvergütung gestattet werde. Eine Regelung darüber, ob der Signaltransport unentgeltlich oder entgeltlich erfolgt, enthält diese Vereinbarung nicht. Lediglich in Bezug auf bestimmte Programme, zu denen die hier in Rede stehenden, von der Beklagten veranstalteten Programme nicht rechnen, ist geregelt, dass sie von den Rundfunkanstalten unentgeltlich überlassen und von der Klägerin unentgeltlich eingespeist werden.
Die Klägerin hat ferner im Juni 2009 einen Vertrag mit der GEMA geschlossen, den die Parteien als ANGA-Vertrag bezeichnen. Dieser Vertrag basiert auf einem Gesamtvertrag, der im März 2009 zwischen der GEMA und der Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten VFF einerseits und dem ANGA Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e.V. andererseits geschlossen worden ist. Der ANGA-Vertrag regelt die Vergütungsansprüche für die Einräumung des Rechts auf Kabelweitersendung und sieht einen Rabatt von 20% für den Zeitraum vor, in welchem die Klägerin Mitglied des Verbands ANGA ist. Nach § 5 Abs. 3 des ANGA-Vertrags wird ein weiterer Abzug in Höhe von 6% gewährt, wenn und solange der Lizenznehmer gegenüber den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten keine Einspeiseentgelte erhebt.
Die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten haben im Jahr 2008 mit den damals bestehenden vier großen Betreibern von Breitbandkabelnetzen, der Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH (Kabel Deutschland), die im gesamten Bundesgebiet mit Ausnahme der Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg Breitbandkabelnetze betreibt, sowie der Unitymedia NRW GmbH, der Unitymedia Hessen GmbH & Co. KG und der Kabel Baden-Württemberg GmbH, die inzwischen in der Unitymedia GmbH aufgegangen sind, Verträge geschlossen, aufgrund derer sie Entgelte für die Einspeisung der Programmsignale in die Breitbandkabelnetze bezahlt haben. In den Präambeln dieser Verträge haben die Vertragsparteien ihre unterschiedlichen Auffassungen darüber festgehalten, ob diese so genannten Regionalgesellschaften auch künftig Einspeiseentgelt bekommen sollten. Im Juni 2012 haben die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten die Kündigung der Einspeiseverträge zum 31. Dezember 2012 erklärt. Seit Anfang 2013 zahlen sie den Regionalgesellschaften kein Einspeiseentgelt mehr.
Die Klägerin hat bislang weder von der Beklagten noch von anderen öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ein Einspeiseentgelt erhalten. Bemühungen der Deutschen Netzmarketing GmbH (DNMG), zu deren Mitgliedern auch die Klägerin gehört, mit den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten Einspeiseverträge zu schließen, sind erfolglos geblieben.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet, ihr ebenso wie den Regionalgesellschaften ein Einspeiseentgelt zu zahlen, und hätte dies auch schon in den Jahren 2008 bis 2012 tun müssen. Sie begehrt für die Zukunft in erster Linie die Feststellung, dass die Beklagte ihr für die Einspeisung der Programme "Zweites Deutsches Fernsehen", "ZDF-Infokanal", "ZDF-Kulturkanal" und "ZDF-Familienkanal" in das Kabelnetz pro Wohneinheit ein Entgelt von 0,09915 Euro zuzüglich Umsatzsteuer pro Quartal im Voraus zu zahlen habe (Klageantrag zu I 1). Mit gestaffelten Hilfsanträgen begehrt sie die Feststellung, dass ein Entgelt, das demjenigen entspricht, das die Beklagte in den Jahren 2008 bis 2012 an die drei Vorläufergesellschaften der Unitymedia GmbH gezahlt hat (Klageantrag zu I 2), oder ein angemessenes Entgelt (Klageantrag zu I 3) zu zahlen ist. Weitere Hilfsanträge sind darauf gerichtet, eine entsprechende Zahlungspflicht festzustellen "wenn und solange die Beklagte Einspeiseentgelte an mindestens einen dritten Kabelnetzbetreiber zahlt" (Klageanträge zu I 4 bis 6).
Für die Vergangenheit begehrt die Klägerin in erster Linie Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 368.973,14 Euro nebst Zinsen (Klageantrag zu II), hilfsweise im Wege der Stufenklage Auskunft über die Höhe der von der Beklagten an die Regionalgesellschaften ab 2008 gezahlten Einspeiseentgelte und Zahlung noch zu beziffernder Schäden, die ihr dadurch entstanden seien, dass ihr in der Vergangenheit kein Einspeiseentgelt gezahlt wurde (Klageantrag zu III).
Das Landgericht hat durch Teilurteil entschieden. Es hat gemäß Klageantrag zu I 6 festgestellt, dass die Beklagte an die Klägerin ein angemessenes Einspeiseentgelt für die Einspeisung und Verteilung der analogen Signale des Programms "Zweites Deutsches Fernsehen" zu zahlen hat, wenn und solange die Beklagte an mindestens einen dritten Kabelnetzbetreiber ein Entgelt bezahlt. Ferner hat es die Beklagte auf die hilfsweise erhobene Stufenklage zur Auskunft verurteilt. Zugleich hat es die Klage hinsichtlich aller vorrangig gestellter Anträge abgewiesen.
Gegen dieses Urteil haben beide Seiten Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgt haben. Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 4425) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision, mit der sie die Schlussanträge aus dem Berufungsrechtszug weiterverfolgt.
Gründe
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
A. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Feststellungsanträge der Klägerin seien bereits unzulässig, soweit sie mit der Maßgabe gestellt seien, dass die Zahlungspflicht bestehe, wenn und solange die Beklagte Einspeiseentgelte an mindestens einen dritten Kabelnetzbetreiber zahle. Die betreffenden Anträge seien nicht auf die Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses gerichtet. Dass die Beklagte zur Zeit der Klageerhebung an die Regionalgesellschaften Einspeiseentgelte gezahlt habe, führe nicht zu einer anderen Beurteilung, weil das Interesse an der Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen müsse.
Alle Feststellungsanträge seien zudem unbegründet, weil die Beklagte keine Pflicht zur Zahlung eines Einspeiseentgelts treffe. Eine vertragliche Grundlage sei nicht gegeben. Auch aus dem Rundfunkrecht könne kein Anspruch der Klägerin abgeleitet werden. Von der nach Artikel 31 Absatz 2 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen (Universaldienstrichtlinie = UDRL) vom 7. März 2002 (ABl. L 108 vom 24. April 2002, S. 51) eingeräumten Möglichkeit, ein angemessenes Entgelt für den Kabelnetzbetreibern auferlegte Übertragungspflichten festzulegen, habe der deutsche Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht. Ein Zahlungsanspruch könne weder aus § 52d RStV noch aus einer Analogie zu § 5 Abs. 7 RStV abgeleitet werden. Auch ein aus dem Rechtsgedanken der §§ 138, 242, 826 BGB abzuleitender Kontrahierungszwang bestehe nicht. Die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten seien zwar gehalten, ihre Programmsignale auch über Kabel zu verbreiten, um ihrem Grundversorgungsauftrag nachzukommen, doch stehe es in ihrem Ermessen, ob sie hierüber eine vertragliche Regelung träfen oder sich darauf verließen, dass die Kabelnetzbetreiber die Programmsignale im eigenen wirtschaftlichen Interesse und zur Erfüllung des sich aus § 52b RStV ergebenden gesetzlichen Auftrags ("Must Carry") einspeisten und verbreiteten. Erfüllten die Kabelnetzbetreiber mit der Einspeisung und Verbreitung der Programmsignale einen eigenen gesetzlichen Auftrag, schieden auch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung aus. Ansprüche aus § 33 GWB in Verbindung mit §§ 19 oder 20 GWB bestünden schon deshalb nicht, weil die Beklagte vergütungspflichtige Einspeiseleistungen nicht mehr nachfrage und daher nicht mehr als marktteilnehmendes Unternehmen angesehen werden könne.
Auch soweit mit der Klage Zahlungsansprüche für die Vergangenheit geltend gemacht werden, sei sie unbegründet. Ein Verstoß gegen kartellrechtliche Bestimmungen komme allenfalls ab der am 3. November 2009 erklärten Weigerung der Beklagten in Betracht, mit der DNMG zugunsten der in ihr organisierten Kabelnetzbetreiber einen Einspeisevertrag zu schließen. Für ein diskriminierendes Verhalten in der Zeit davor fehle es an jeglichem Anhalt. Diese Weigerung der Beklagten verstoße nicht gegen §§ 19, 20 GWB. Die Beklagte sei schon nicht Normadressatin dieser Bestimmungen. Sachlich relevant sei der Markt für die Nachfrage der Sendeanstalten nach der Einspeisung ihrer Programmsignale in Breitbandkabelnetze. Räumlich sei der Markt mindestens bundesweit abzugrenzen, weil als Nachfrager grundsätzlich jeder Sender in Betracht komme. Der Anteil, den die Programme der Beklagten an der Gesamtmasse der eingespeisten Signale ausmachten, sei selbst bei Einbeziehung von Programmen, die die Beklagte gemeinsam mit der ARD veranstalte, und sogar bei Einbeziehung der Programme der in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten so gering, dass die Beklagte nicht als marktbeherrschend oder marktstark anzusehen sei. Schon wegen des hohen Ausweichpotentials sei es unerheblich, dass die Beklagte aufgrund der rundfunkrechtlichen Regelungen einen gesicherten Zugang zu den Kabelbelegungskapazitäten der Klägerin habe. Gerade weil diese Kapazitäten auch ohne Teilnahme der Beklagten auf dem Nachfragemarkt für Einspeisedienstleistungen sicher zur Verfügung stünden, könne die Einspeiseverpflichtung der Kabelnetzbetreiber nicht zur Begründung einer marktbeherrschenden oder marktstarken Stellung der Beklagten auf diesem Nachfragemarkt herangezogen werden. Ob die Klägerin als kleines oder mittleres Unternehmen anzusehen sei, könne danach offen bleiben.
Selbst wenn man die Beklagte als Normadressatin ansehen wolle, sei ihr Verhalten jedenfalls nicht als missbräuchlich anzusehen. Die Beklagte sei nicht dadurch gebunden, dass sie 2008 mit den Regionalgesellschaften Einspeiseverträge geschlossen habe. Sie habe ihren Standpunkt, entsprechend der Vorbemerkung in den Einspeiseverträgen, überdenken und - gerade im Hinblick auf § 19 RStV - zu der Ansicht gelangen dürfen, dass sie keine Pflicht treffe, der Klägerin ein Einspeiseentgelt zu zahlen.
B. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
I. Die Revision muss schon aus prozessualen Gründen erfolglos bleiben, soweit sich die Klägerin erstmals im Revisionsrechtszug auf § 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB in Verbindung mit § 1 GWB stützen will. Ein solcher Anspruch war - anders als die Revision meint - nicht Gegenstand des Verfahrens im ersten und zweiten Rechtszug. Die Klägerin hat zwar im ersten Rechtszug beiläufig bemerkt, die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten hätten sich dahin abgesprochen, kleineren Kabelnetzbetreibern wie der Klägerin ein Entgelt für die Einspeisung von Programmsignalen zu verwehren (Schriftsatz vom 4. September 2012, GA I 141). Nachdem die Beklagte dem entgegengetreten ist, ist die Klägerin hierauf aber nicht mehr zurückgekommen. Die Klägerin hat hiernach ihre mit der Klage verfolgten Ansprüche nicht auf § 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB in Verbindung mit § 1 GWB gestützt. Dies wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin im folgenden Schriftsatz die Anspruchsgrundlagen, auf die sie ihre Klage stützte, aufgeführt, hierbei aber nur § 33 GWB in Verbindung mit §§ 19 und 20 GWB, nicht aber § 1 GWB genannt hat. Auch im Berufungsrechtszug hat die Klägerin die mit der Klage verfolgten Ansprüche nicht auf einen Verstoß gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen gemäß § 1 GWB gestützt. Im Revisionsverfahren ist eine Klageerweiterung durch Einführung eines neuen Klagegrunds unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2008 - IX ZR 172/07, NJW 2008, 3570, 3571; Krüger in MünchKomm.ZPO, 4. Auflage, § 559 Rn. 21).
II. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin zukünftig für die Einspeisung und Verteilung ihrer Programmsignale ein Entgelt zu zahlen, nicht verneint werden.
1. Eine vertragliche Grundlage für eine solche Verpflichtung ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht ersichtlich. Die Vereinbarung vom Dezember 1998 enthält keine Regelung dazu, ob die Klägerin von der Beklagten für die Einspeisung des Vollprogramms "Zweites Deutsches Fernsehen" ein Entgelt erhalten soll oder nicht. Die drei digitalen Zusatzprogramme gab es zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags noch nicht. Der ANGA-Vertrag regelt, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, lediglich die urheberrechtliche Vergütung, die für die Einräumung des Kabelweitersenderechts zu zahlen ist, und sieht in § 5 Abs. 3 vor, dass der Klägerin hierauf ein Rabatt von 6% eingeräumt wird, wenn und solange sie kein Einspeiseentgelt enthält. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines Einspeiseentgelts wird hierdurch nicht begründet. Ein Einspeisevertrag, der denjenigen entspricht, die die Beklagte mit den Regionalgesellschaften geschlossen hatte, ist mit der Klägerin nicht zustande gekommen.
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die Bestimmungen des Rundfunkrechts eine entsprechende Verpflichtung nicht begründen.
Die Klägerin ist als privatrechtlich tätige Betreiberin eines digitalen Kabelnetzes, über das auch Fernsehprogramme verbreitet werden, Betreiberin einer Plattform im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV. Sie hat daher nach § 52b Abs. 1 Nr. 1 RStV im Umfang von höchstens einem Drittel der für die digitale Verbreitung von Rundfunk zur Verfügung stehenden Gesamtkapazität sicherzustellen, dass die erforderlichen Kapazitäten für die bundesweite Verbreitung der gesetzlich bestimmten beitragsfinanzierten Programme des öffentlichrechtlichen Rundfunks zur Verfügung stehen. Die Klägerin hat danach nicht nur entsprechende Kapazitäten für die Übertragung näher bezeichneter Programme, darunter die Programme der Beklagten, bereitzustellen, sondern diese Programme auch einzuspeisen und zu übertragen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2015 - KZR 83/13, BGHZ 205, 355 Rn. 19 f. - Einspeiseentgelt; s. auch BVerwG, NVwZ 2015, 991 Rn. 13). Den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags zur Übertragungspflicht ("Must Carry") lässt sich jedoch keine Aussage darüber entnehmen, ob der Betreiber einer Plattform, der dieser Pflicht nachkommt, vom Programmveranstalter hierfür ein Entgelt verlangen kann, erst recht nicht über dessen Höhe (BGHZ 205, 355 Rn. 23 - Einspeiseentgelt).
Der Hinweis der Revision auf die Entscheidung "Pay-TV-Durchleitung" (BGH, Urteil vom 19. März 1996 - KZR 1/95, WuW/E BGH 3058) greift nicht durch. Dort ging es darum, ob sich aus den damals maßgeblichen rechtlichen Regelungen ein Anspruch des Anbieters eines verschlüsselt ausgestrahlten, entgeltpflichtigen Programms gegenüber dem Kabelnetzbetreiber auf unentgeltliche Übertragung ergab. Demgegenüber setzt die begehrte Feststellung nach dem Hauptantrag voraus, dass die Klägerin Anspruch auf eine bestimmte Vergütung für die von ihr erbrachte Übertragungsleistung hat. Zu dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof in der angeführten Entscheidung nicht geäußert.
3. Mit Erfolg greift die Revision dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts an, eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten könne auch nicht aus §§ 33 Abs. 1 und 3, 19 Abs. 1 GWB abgeleitet werden.
a) Da sich die begehrte Feststellung auf die Zukunft bezieht, ist der Entscheidung hierüber das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der seit dem 30. Juni 2013 geltenden Fassung zugrunde zu legen.
b) Die Beklagte ist als Unternehmen im Sinne des Kartellrechts anzusehen (BGHZ 205, 355 Rn. 35 ff. - Einspeiseentgelt).
c) Der Anwendung der Bestimmungen des Kartellrechts steht nicht entgegen, dass sich die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten dazu entschlossen haben, die bis Ende 2012 mit den Regionalgesellschaften bestehenden Einspeiseverträge nicht fortzuführen und mit anderen Kabelnetzbetreibern keine solchen Verträge zu schließen. Dies führt - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - nicht dazu, dass es an einem Marktgeschehen fehlt.
Eine Überprüfung dieses Verhaltens nach den Regeln des Kartellrechts schiede aus, wenn der Beklagten die Fortführung bestehender Einspeiseverträge oder der Abschluss neuer Verträge dieser Art rechtlich untersagt wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Nach § 19 RStV können die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ihrem gesetzlichen Auftrag durch die Nutzung geeigneter Übertragungswege nachkommen. Ihre verfassungsrechtlich gewährleistete Autonomie erstreckt sich auch auf die Wahl der Verbreitungswege und -modalitäten für die von ihnen erstellten Programme (BVerfGE 87, 181, 203; BVerwGE 107, 275, 287 f.). Bei dieser Wahl haben die Rundfunkanstalten zwar nach § 19 Satz 2 RStV die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Rundfunkanstalten bei der Auswahl der Verbreitungswege allein die hierfür anfallenden Kosten in den Blick zu nehmen haben. Sie dürfen und müssen vielmehr auch weitere Kriterien, insbesondere die technischen Möglichkeiten und das tatsächliche Rezeptionsverhalten der Zuschauer sowie deren Bereitschaft und Möglichkeit zum Wechsel des Übertragungswegs, aber auch die insbesondere für die Einkünfte aus Werbung bedeutsame Reichweite, die sie jeweils erzielen können, in ihre Überlegungen einbeziehen. Unter diesen Umständen lässt sich aus dem Bestehen einer gesetzlichen Übertragungspflicht der Kabelnetzbetreiber nicht der Schluss ziehen, dass es den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten verwehrt wäre, einen entgeltlichen Einspeisevertrag abzuschließen (BGHZ 205, 355 Rn. 40 - Einspeiseentgelt).
d) Die Beklagte ist Normadressatin des kartellrechtlichen Missbrauchsverbots.
aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht - im Zusammenhang seiner Ausführungen zum Zahlungsbegehren der Klägerin - den sachlich relevanten Markt dahin bestimmt, dass es allein auf die Nachfrage nach der Übertragung von Programmsignalen über Breitbandkabel ankommt (BGHZ 205, 355 Rn. 45 - Einspeiseentgelt). Räumlich ist der Markt zumindest bundesweit abzugrenzen.
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt der Beklagten auf diesem Markt eine beherrschende Stellung zu. Sie ergibt sich aus den rundfunkrechtlichen Regelungen, die die Klägerin gesetzlich verpflichten, einen Teil der Kapazität ihres Kabelnetzes ausschließlich für die Übertragung der gebührenfinanzierten Programme - auch derjenigen der Beklagten - freizuhalten. Durch diese gesetzliche Regelung ist die Klägerin daran gehindert, die für die Beklagte und die anderen öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten reservierten Kapazitäten an andere Programmanbieter zu vergeben. Die Beklagte muss sich deshalb bei der Nachfrage nach Übertragungsleistungen hinsichtlich dieses Teils der Kapazitäten nicht dem Wettbewerb solcher Unternehmen stellen, deren Programme nicht unter die gesetzliche Übertragungspflicht fallen. Hinzu kommt, dass die Beklagte insoweit auch keinem Wettbewerb der anderen öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ausgesetzt ist, weil die nach § 52b RStV vorzuhaltenden Kapazitäten ausreichen, um sämtliche gebührenfinanzierte Programme zu übertragen (BGHZ 205, 355 Rn. 46 - Einspeiseentgelt).
e) Für die Beurteilung der Frage, ob in der Weigerung der Beklagten, der Klägerin ein Einspeiseentgelt zu zahlen, ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu sehen ist, bedarf es weiterer Feststellungen.
aa) Der Klägerin steht allerdings kein Anspruch darauf zu, dass ihr die Beklagte für die Einspeisung der von ihr veranstalteten Programme in das Kabelnetz pro Wohneinheit ein Entgelt von 0,09915 Euro zuzüglich Umsatzsteuer pro Quartal im Voraus zahlt. Nach der Darstellung der Klägerin, die für das Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist, handelt es sich dabei um den gleichen Betrag, wie er von den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten aufgrund der mit den Regionalgesellschaften geschlossenen Einspeiseverträge pro Zuschauerhaushalt zu zahlen war.
(1) Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 GWB liegt ein Missbrauch insbesondere dann vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager ein anderes Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen. Der Bundesgerichtshof hat in zwei Verfahren, die zwischen einer Regionalgesellschaft und öffentlichrechtlichen Landesrundfunkanstalten geführt wurden, entschieden, dass diese nicht verpflichtet sind, den bislang bestehenden Einspeisevertrag zu unveränderten Konditionen fortzuführen (BGHZ 205, 355 - Einspeiseentgelt; BGH, Urteil vom 16. Juni 2015 - KZR 3/14, ZUM-RD 2015, 569). Anhaltspunkte dafür, dass diese Frage im Verhältnis zur Beklagten anders zu beurteilen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass der Bundesgerichtshof in den genannten Verfahren die Sache an das Berufungsgericht zur Klärung der Frage zurückverwiesen hat, ob die von den dortigen Beklagten erklärten Kündigungen des Einspeisevertrags mit der dortigen Klägerin wirksam ist. Für den Streitfall kommt es insoweit nur darauf an, ob die hiesige Beklagte weiterhin zur Zahlung eines Einspeiseentgelts in entsprechender Höhe an die Regionalgesellschaften verpflichtet ist. Dafür ergeben sich weder aus den Feststellungen des Berufungsgerichts noch aus von der Revision aufgezeigtem Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen konkrete Anhaltspunkte. In der Weigerung der Beklagten, der Klägerin ein Einspeiseentgelt in der Höhe zu zahlen, wie sie es bis Ende 2012 an die Regionalgesellschaften gezahlt hat, liegt deshalb keine ungerechtfertigte Diskriminierung der Klägerin.
(2) Als missbräuchlich ist es nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB anzusehen, wenn ein Unternehmen Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie bei wirksamem Wettbewerb in der Lage wäre, gerade ein Entgelt in Höhe von 0,09915 Euro zu erzielen, hat die Klägerin nicht dargetan.
bb) Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, dass der Klageantrag zu I 1 insgesamt abgewiesen worden ist.
(1) Aus den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags kann - wie ausgeführt - nicht abgeleitet werden, dass eine Verpflichtung der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, die Einspeisung und Übertragung ihrer Programme durch die Klägerin zu vergüten, von vornherein ausscheidet. Der Gesetzgeber hat diese Regelungen zu einer Zeit geschaffen, zu der zwischen den Regionalgesellschaften und den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten Einspeiseverträge bestanden. Er hat sich in dieser Situation darauf beschränkt, einerseits im öffentlichen Interesse die Pflicht der Kabelnetzbetreiber zur Übertragung der gebührenfinanzierten Programme gesetzlich abzusichern (§ 52b RStV) und andererseits festzuschreiben, dass die Programmanbieter durch ein für die Verbreitung des Programmsignals zu zahlendes Entgelt nicht unbillig behindert oder diskriminiert werden dürfen (§ 52d RStV). Aus diesen Regelungen kann, wie oben ausgeführt, keine Verpflichtung der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten hergeleitet werden, die Einspeiseverträge zu den bisherigen Konditionen fortzuführen. Ihnen kann aber auch nicht entnommen werden, dass eine Verpflichtung der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten - und damit auch der Beklagten - den Kabelnetzbetreibern ein Entgelt für die Einspeisung und Übertragung des Programmsignals zu zahlen, nicht in Betracht kommt. Die gesetzliche Pflicht zur Einspeisung und Übertragung bestimmter gebührenfinanzierter Programme wurde im öffentlichen Interesse geschaffen. Sie soll sicherstellen, dass die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ihrem Grundversorgungsauftrag nachkommen können, dient jedoch nicht dazu, diese wirtschaftlich zu begünstigen. Die Einspeisung hat daher zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen, deren Festlegung den Beteiligten obliegt.
(2) Die Einspeisung und Übertragung ihrer Programmsignale verschafft der Beklagten Vorteile. Sie hat sich durch die mit der Klägerin bereits 1998 getroffene Vereinbarung bereit erklärt, dieser das Programmsignal für das Zweite Deutsche Fernsehen zur Verfügung zu stellen. Hinsichtlich der digitalen Programme sieht Abschnitt IV. 5 der Konzepte für Zusatzangebote des ZDF (Anlage zu § 11b Abs. 1 Nr. 2 RStV) vor, dass diese u.a. über Kabel verbreitet werden. Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob sich auch aus dem Grundversorgungsauftrag eine Verpflichtung der Beklagten ergibt, ihr Programmsignal nicht nur den Regionalgesellschaften, sondern auch kleineren Kabelnetzbetreibern wie der Klägerin zur Verfügung zu stellen. Die Zahl der Zuschauer, die die Programme empfangen können, ist für die wirtschaftlichen Aktivitäten der Beklagten, insbesondere den Wert der verkauften Werbezeit von erheblicher Bedeutung. Die Beklagte kann der Forderung der Klägerin nach einer Vergütung der Übertragung daher nicht erfolgreich mit dem Hinweis begegnen, sie habe an der Einspeisung und Übertragung ihres Programmsignals durch die Klägerin kein eigenes Interesse.
(3) Erbringt die Klägerin danach eine für die Beklagte wirtschaftlich werthaltige Leistung, hat die Beklagte diese grundsätzlich zu vergüten. Als marktbeherrschendes Unternehmen ist es ihr verwehrt, Geschäftsbedingungen zu fordern, die von denen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB). Es darf andererseits nicht aus dem Blick geraten, dass auch die Beklagte eine wirtschaftlich wertvolle Leistung bereitstellt, indem sie der Klägerin das Programmsignal kostenlos überlässt und ihr damit die Möglichkeit zu dessen kommerzieller Verwertung eröffnet. Anders als das Berufungsgericht meint, kann der zwischen der Klägerin und der Beklagten im Dezember 1998 getroffenen Vereinbarung nicht entnommen werden, dass sich die Klägerin damit einverstanden erklärt hat, die hier in Rede stehenden Programme unentgeltlich einzuspeisen und zu transportieren. Das Berufungsgericht hat in anderem Zusammenhang zutreffend festgestellt, dass diese Vereinbarung keine Regelung darüber enthält, ob für die Einspeisung des Vollprogramms "Zweites Deutsches Fernsehen" ein Entgelt zu zahlen ist oder nicht. Für die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin von der Beklagten für die Einspeisung und Übertragung des Programmsignals ein Entgelt verlangen kann, kommt es mithin maßgeblich darauf an, in welchem Verhältnis die Werte der beiderseitigen Leistungen nach der Beurteilung des Marktes oder eines Vergleichsmarktes stehen. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang nicht getroffen. Mithin fehlt es auch an einer tragfähigen Grundlage für die Annahme, der nach § 5 Abs. 3 des ANGA-Vertrags eingeräumte Rabatt von 6% auf das Entgelt für die Einräumung von Kabelweitersendungsrechten stelle eine adäquate Gegenleistung dar.
III. Mit Erfolg macht die Revision ferner geltend, dass die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage auf Zahlung eines Einspeiseentgelts für die Vergangenheit (Klageantrag zu II) abgewiesen hat, die Entscheidung nicht trägt.
1. Da der geltend gemachte Zahlungsanspruch die Jahre 2008 bis 2012 betrifft, ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der bis zum Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle geltenden Fassung zugrunde zu legen. Die Klägerin stützt ihr Zahlungsverlangen insoweit nicht auf eine vertragliche Grundlage, sondern auf § 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB in Verbindung mit §§ 19 Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2, 20 Abs. 1, Abs. 2 GWB aF.
2. Wie ausgeführt (oben B II 3 b) ist die Beklagte Unternehmen im Sinne des Kartellrechts. Der Anwendung der Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen steht wiederum nicht entgegen, dass sich die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten während der Laufzeit der Einspeiseverträge mit den Regionalgesellschaften entschlossen haben, diese Einspeiseverträge nicht fortzuführen und mit anderen Kabelnetzbetreibern keine vergleichbaren Verträge abzuschließen (oben B II 3 c). Die Beklagte war aus den oben (B II 3 d) angeführten Gründen auch schon in den Jahren 2008 bis 2012 Normadressatin im Sinne von § 19 Abs. 2 GWB aF.
3. Die Beklagte hat in den Jahren 2008 bis 2012 an die Regionalgesellschaften aufgrund der mit diesen geschlossenen Einspeiseverträge Entgelte dafür gezahlt, dass diese die Signale der von der Beklagten veranstalteten Programme in die Breitbandkabelnetze eingespeist und transportiert haben. Werden solche Entgelte von einem marktbeherrschenden Unternehmen gewährt, darf es ein anderes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der - wie im Streitfall die Bereitstellung von Übertragungsleistungen von Programmsignalen im Breitbandkabelnetz - gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unbillig behindern noch gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandeln (§ 20 Abs. 1 GWB aF). Die von ihm geforderten Konditionen dürfen auch nicht von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden (§ 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 2 GWB aF).
a) Die Klägerin hat - anders als die Regionalgesellschaften - im genannten Zeitraum von der Beklagten kein Einspeiseentgelt erhalten. Ihr wurde lediglich nach § 5 Abs. 3 des ANGA-Vertrags ein Rabatt von 6% auf das Entgelt für die Einräumung von Kabelweitersendungsrechten gewährt, weil sie in den Jahren 2008 bis 2012 kein Einspeiseentgelt erhielt. Nachdem das Berufungsgericht insoweit keine Feststellungen getroffen hat, ist das Vorbringen der Klägerin zugrunde zu legen, wonach dieser Rabatt nicht die Höhe des Entgelts erreicht, das sich ergäbe, wenn die Beklagte der Klägerin das gleiche Entgelt pro Zuschauerhaushalt bezahlt hätte, wie an die Regionalgesellschaften. Die Beklagte hat damit die Klägerin anders behandelt als die Regionalgesellschaften.
aa) Das Anliegen der Klägerin, für die von ihr erbrachte Einspeise- und Transportleistung ein Entgelt zu bekommen, ist nicht schon deshalb zurückzuweisen, weil sie von den Zuschauerhaushalten oder von dritten Betreibern der Netzebene 4 ein Entgelt für die von ihr angebotenen Kabelanschlussprodukte erhalten hat. Ein allgemeines Verbot, für eine Leistung von mehreren ein Entgelt zu fordern, kennt die Rechtsordnung nicht. Im Übrigen haben auch die Regionalgesellschaften ihre Kabelanschlussprodukte nur gegen Entgelt angeboten.
bb) Die Frage, ob für eine unterschiedliche Behandlung ein sachlich gerechtfertigter Grund besteht, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgrund einer umfassenden Abwägung der beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB zu beantworten (BGH, Urteil vom 19. März 1996 - KZR 1/95, WuW/E BGH 3058, 3063 Pay-TV-Durchleitung; Urteil vom 13. Juli 2004 - KZR 40/02, BGHZ 160, 67, 77 - Standard-Spundfass; Urteil vom 7. Dezember 2010 - KZR 5/10, WuW/E DE-R 3145 Rn. 23 - Entega II). Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass eine unentgeltliche Abgabe von Leistungen im geschäftlichen Verkehr die Ausnahme ist, ihre Erbringung daher in der Regel nicht erwartet werden kann. Zugleich gilt, dass das Streben nach günstigen Konditionen als solches wettbewerbskonform ist. Aus dem Umstand, dass es im Einzelfall zu unterschiedlichen Bedingungen geführt hat, kann nicht ohne Weiteres ein Verstoß gegen § 20 Abs. 1 GWB hergeleitet werden. Die Norm enthält keine allgemeine Meistbegünstigungsklausel, die das marktbeherrschende Unternehmen generell zwingt, allen die gleichen - günstigsten - Bedingungen einzuräumen. Auch dem marktbeherrschenden Unternehmen ist es nicht verwehrt, auf unterschiedliche Marktbedingungen differenziert zu reagieren (BGHZ 160, 67, 78 f. - Standard-Spundfass, BGH WuW/E DE-R 3145 Rn. 25 - Entega II). Sind unterschiedliche Konditionen grundsätzlich zulässig, kann die sachliche Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung nicht danach beurteilt werden, ob überhaupt eine Differenzierung stattgefunden hat. Maßgebend sind insoweit vielmehr Art und Ausmaß der unterschiedlichen Behandlung. Deren Zulässigkeit richtet sich insbesondere danach, ob die nachteilige Behandlung eines Unternehmens gegenüber anderen als wettbewerbskonformer Interessenausgleich erscheint oder auf Willkür oder Überlegungen und Absichten beruht, die wirtschaftlichem oder unternehmerischem Handeln fremd sind. Insoweit gilt, dass nicht bereits jeder Unterschied in den Konditionen als Ausdruck einer missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung anzusehen ist, vielmehr muss dieser mehr als nur unerheblich sein, um einen mit einem Unwerturteil verbundenen Missbrauch zu bejahen (BGH, Beschluss vom 22. Juli 1999 - KVR 12/98, BGHZ 142, 239, 251 - Flugpreisspaltung; Beschluss vom 28. Juni 2005 - KVR 17/04, BGHZ 163, 282, 295 - Stadtwerke Mainz; BGH WuW/E DE-R 3145 Rn. 32 - Entega II). Daneben ist im Auge zu behalten, dass die Unternehmen auf der Marktgegenseite nicht durch die Ausübung der Macht des marktbeherrschenden Unternehmens in ihrer Wettbewerbsfähigkeit untereinander beeinträchtigt werden sollen (BGH WuW/E 3058, 3065 - Pay-TV-Durchleitung; BGHZ 160, 67, 79 - Standard-Spundfass).
cc) Das Berufungsgericht hat bislang hierzu weder Feststellungen getroffen noch die gebotene umfassende Interessenabwägung vorgenommen. Es hat lediglich ausgeführt, die Beklagte sei in der Entscheidung frei, ob sie die Signaleinspeisung bei den Kabelnetzbetreibern nachfrage und vergüte, und auch nach Abschluss der Einspeiseverträge mit den Regionalgesellschaften nicht daran gehindert gewesen, ihren Standpunkt zu überdenken und gegenüber der Klägerin eine Vergütung abzulehnen. Das Berufungsurteil enthält keine Ausführungen dazu, ob es sachliche Unterschiede gibt, die eine abweichende Behandlung der Klägerin gegenüber den Regionalgesellschaften im Hinblick auf die Vergütung der Einspeiseleistung rechtfertigen können. Das Berufungsgericht hat ferner nicht festgestellt, in welchem Maß die Klägerin - unter Berücksichtigung des im ANGA-Vertrag vorgesehenen zusätzlichen Rabatts auf die Vergütung für das Kabelweitersenderecht - finanziell gegenüber den Regionalgesellschaften benachteiligt worden ist. Dementsprechend fehlen auch Feststellungen dazu, ob und in welchem Ausmaß sich dieser Nachteil auf die Wettbewerbsfähigkeit der Klägerin gegenüber der in ihrem Netzgebiet als Wettbewerberin auftretenden Regionalgesellschaft ausgewirkt hat. Insoweit wird gegebenenfalls zu berücksichtigen sein, in welchem Verhältnis das geforderte Einspeiseentgelt zu den Erträgen aus den Zahlungen der Zuschauerhaushalte steht.
b) Die bislang getroffenen Feststellungen erlauben auch nicht die Beurteilung, ob die Beklagte dadurch, dass sie der Klägerin in den Jahren 2008 bis 2012 keine Einspeisevergütung zahlte, gegen § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB aF verstoßen hat. Die Einspeisung und Übertragung ihrer Programmsignale hat der Beklagten wirtschaftliche Vorteile verschafft. Hat die Klägerin danach eine für die Beklagte wirtschaftlich werthaltige Leistung erbracht, hat sie diese grundsätzlich zu vergüten; als marktbeherrschendem Unternehmen war es ihr verwehrt, Geschäftsbedingungen zu fordern, die von denen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben hätten. Wie bereits ausgeführt, darf dabei jedoch nicht aus dem Blick geraten, dass auch die Beklagte eine wirtschaftlich wertvolle Leistung bereit stellte, indem sie der Klägerin die Programmsignale kostenlos überlassen und ihr damit die Möglichkeit zu deren kommerzieller Verwertung eröffnet hat. Die Auffassung der Klägerin, mit der von ihr für die Einräumung des Kabelweitersenderechts zu zahlenden Vergütung seien sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche der Beklagten abgegolten, trifft nicht zu. Wenn die Klägerin geltend macht, sie könne für die Einspeisung und den Transport der Programmsignale - und damit für Handlungen, durch die sie das ihr eingeräumte Recht zur Kabelweitersendung ausübt - von der Beklagten eine Vergütung verlangen, kann es dieser grundsätzlich nicht verwehrt sein, gegenüber einer solchen Forderung auf den wirtschaftlichen Wert zu verweisen, den die Überlassung dieser Programmsignale für die Klägerin darstellt. Für die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin von der Beklagten für die Einspeisung und Übertragung des Programmsignals in den Jahren 2008 bis 2012 ein Entgelt verlangen kann, kommt es mithin maßgeblich darauf an, in welchem Verhältnis die Werte der beiderseitigen Leistungen stehen. Auch hierzu hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen.
c) Die Ansicht des Berufungsgerichts, ein Kartellrechtsverstoß der Beklagten komme frühestens ab dem 3. November 2009 und damit ab dem Zeitpunkt in Betracht, zu welchem sie gegenüber der DNMG ihre Weigerung erklärt hat, mit dieser zugunsten der Verbandsmitglieder einen Einspeisevertrag zu schließen, trifft nicht zu. Anders als das Berufungsgericht meint, kann der zwischen der Klägerin und der Beklagten im Dezember 1998 getroffenen Vereinbarung nicht entnommen werden, dass sich die Klägerin damit einverstanden erklärt hat, die hier in Rede stehenden Programme unentgeltlich einzuspeisen und zu transportieren. Das Berufungsgericht hat in anderem Zusammenhang zutreffend festgestellt, dass diese Vereinbarung keine Regelung darüber enthält, ob für die Einspeisung des Vollprogramms "Zweites Deutsches Fernsehen" ein Entgelt zu zahlen ist oder nicht. Die digitalen Programme, die es zum Zeitpunkt dieser Vereinbarung noch nicht gab, werden von ihr ohnehin nicht umfasst. Soweit in Nr. III dieser Vereinbarung eine unentgeltliche Einspeisung vorgesehen ist, betrifft dies nur bestimmte, in einer Anlage zu der Vereinbarung aufgeführte Programme, zu denen die hier in Rede stehenden nicht rechnen.
C. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird die fehlenden Feststellungen zur sachlichen Rechtfertigung der behaupteten Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber den Regionalgesellschaften sowie zum Verhältnis des Werts der beiderseitigen Leistungen nachzuholen haben. Den Parteien wird Gelegenheit zu geben sein, ihren Vortrag hierzu zu ergänzen, und der Klägerin, soweit erforderlich, ihre Klageanträge anzupassen.
Limperg Meier-Beck Strohn Bacher Deichfuß Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 07.05.2013 - 88 O 81/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.04.2014 - VI-U (Kart) 15/13 -
BGH:
Urteil v. 12.04.2016
Az: KZR 30/14
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/522c5269eed4/BGH_Urteil_vom_12-April-2016_Az_KZR-30-14