Bundesgerichtshof:
Urteil vom 14. Juni 2012
Aktenzeichen: III ZR 227/11
(BGH: Urteil v. 14.06.2012, Az.: III ZR 227/11)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Juni 2012 (Aktenzeichen III ZR 227/11) wurde die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 31. August 2011 zurückgewiesen. Die Klägerin, ein Telekommunikationsunternehmen, hatte von dem Beklagten Zahlung von Entgelten für die Inanspruchnahme von Premium-Diensten gefordert. Der Beklagte zahlte diese Beträge jedoch nicht.
Das Berufungsgericht hatte die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Klägerin nicht ausreichend dargelegt habe, welche Mehrwertdienste der Beklagte in Anspruch genommen habe. Die vorgelegten Einzelverbindungsnachweise belegten lediglich, dass Verbindungen zu den entsprechenden Rufnummern stattgefunden haben, jedoch nicht, ob ein Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen sei und ob die geschuldete Leistung erbracht worden sei. Zudem sei der Einwendungsausschluss gegenüber den Mehrwertdiensten nicht wirksam, da eine entsprechende Klausel in den Geschäftsbedingungen des Teilnehmernetzbetreibers fehle. Die Klägerin könne sich auch nicht auf diese Klausel berufen, da der entsprechende Hinweis in den Rechnungen fehle.
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts. Er stellte fest, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, die abgetretenen Forderungen der Premium-Diensteanbieter gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Die von der Schwestergesellschaft der Klägerin erteilte Einziehungsermächtigung sei unwirksam, da sie gegen das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz verstoße. Die Verwendung von Verkehrsdaten durch Premium-Diensteanbieter sei nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, die im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien. Die Klägerin könne sich daher nicht auf die Daten berufen, die sie von den Premium-Diensteanbietern erhalten habe.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Klägerin in dem Rechtsstreit keine ausreichenden Nachweise für die Inanspruchnahme der Premium-Dienste durch den Beklagten erbracht hat und daher keinen Anspruch auf Zahlung der offenen Beträge hat. Die Klage wurde daher insgesamt abgewiesen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BGH: Urteil v. 14.06.2012, Az: III ZR 227/11
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 31. August 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein Telekommunikationsunternehmen, das Verbindungen zwischen Teilnehmernetzen und Anbietern von Premium-Diensten herstellt. Der Beklagte ist Inhaber eines Telefonfestnetzanschlusses der K. GmbH. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten auf der Grundlage von Abtretungserklärungen und einer Einziehungsermächtigung die Zahlung von Entgelten, die für die Inanspruchnahme solcher Dienste angefallen sein sollen.
Der Teilnehmernetzbetreiber des Beklagten stellte diesem unter dem 20. April, 19. Mai und 19. Juni 2009 als Beträge anderer Anbieter 268,59 €, 108,45 € und 270,64 € einschließlich Umsatzsteuer in Rechnung. Diese Summen wurden für Verbindungen zu Premium-Diensten der T. 1 GmbH, der A. GmbH und der T. Ltd. verlangt. Der Beklagte zahlte auf die Forderungen nicht, erhob jedoch gegen diese auch keine Beanstandungen.
Die vorgenannten Premium-Diensteanbieter hatten mit einer Schwesterfirma der Klägerin Verträge über die Abtretung von Forderungen für die Inanspruchnahme ihrer Dienste geschlossen. Das Schwesterunternehmen wiederum hatte der Klägerin die Ermächtigung erteilt, die abgetretenen Forderungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einzuziehen.
Die Klägerin behauptet, vom Anschluss des Beklagten aus seien von März bis Mai 2009 die berechneten Verbindungen zu den Premium-Diensten der Zedenten hergestellt worden.
Die auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der offenen Beträge und Erstattung vorgerichtlicher Kosten gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Gründe
Die zulässige Revision ist unbegründet.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage abzuweisen gewesen, weil die Klägerin nicht vorgetragen habe, welche Mehrwertdienste der Be-3 klagte in Anspruch genommen habe. Zwar habe die Klägerin Einzelverbindungsnachweise vorgelegt. Diese belegten jedoch lediglich, dass Verbindungen mit den jeweils aufgeführten Rufnummern zustande gekommen seien, ohne dass sich daraus der Nachweis ergebe, wer mit wem über welche Leistung einen Vertrag geschlossen habe und ob die vertraglich geschuldete Leistung erfüllt worden sei. Der Beklagte sei mit seinen Einwendungen hinsichtlich der Mehrwertdienste nicht aufgrund einer entsprechenden Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Teilnehmernetzbetreibers ausgeschlossen. Es liege schon nicht in dessen Interesse, beliebigen Dritten durch bloßen Abdruck eines Betrags in ihren Rechnungen ohne nachgewiesenen Vertragsabschluss und nachgewiesene Vertragserfüllung vertragliche Ansprüche gegen ihre Kunden zu verschaffen. Überdies wäre eine Bestimmung, die Einwendungen des Kunden gegenüber dem Drittanbieter der Mehrwertdienste ausschlösse, gemäß § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Schließlich könnte sich die Klägerin, selbst wenn sich der Einwendungsausschluss auf Mehrwertdienste bezöge und wirksam wäre, nicht auf die Klausel berufen, weil es in den Rechnungen an einem entsprechenden Hinweis gefehlt habe, der in den insoweit § 45h Abs. 3 TKG nachgebildeten Geschäftsbedingungen des Teilnehmernetzbetreibers vorgesehen sei.
II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
1. Die auf § 547 Nr. 6 ZPO gestützte Revisionsrüge der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil lässt hinreichend deutlich werden, dass die Kläge-8 rin im zweiten Rechtszug ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgt hat.
2. Die Klage ist zumindest im Ergebnis durch die Vorinstanzen zu Recht abgewiesen worden. Es kann auf sich beruhen, ob die Forderungen der Zedenten begründet sind. Jedenfalls ist die Klägerin nicht berechtigt, diese gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Die von der Schwestergesellschaft der Klägerin erteilte Einziehungsermächtigung ist wegen Verstoßes gegen das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG, § 88 TKG) und den Datenschutz (§§ 91 ff TKG) gemäß § 134 BGB unwirksam. Darauf, ob bereits die Abtretungen der Forderungen der Premium-Diensteanbieter an die Schwestergesellschaft nichtig sind, weil sie von § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG nicht erfasst werden (siehe hierzu Senatsbeschluss vom 16. Februar 2012 - III ZR 200/11, K&R 2012, 280), kommt es nicht mehr an.
Der Zedent eines wegen der Erbringung von Telekommunikationsleistungen entstandenen Entgeltanspruchs ist gemäß § 402 BGB verpflichtet, dem Zessionar die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen und die in seinem Besitz befindlichen zum Beweis dienenden Urkunden zur Verfügung zu stellen (Senat aaO Rn. 13). Dies umfasst auch die Weitergabe von Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 TKG), da diese Informationen für die Abrechnung und den Nachweis der angefallenen Entgelte notwendig sind (vgl. § 45g, § 45i Abs. 1, 2, § 97 Abs. 1, 2 TKG; siehe dazu Senat aaO). Entsprechendes gilt jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung für die Einziehungsermächtigung, da der Ermächtigte im Streitfall zur Geltendmachung der Forderung dieselben Angaben benötigt (Senat aaO Rn. 18 mwN; siehe auch unten Buchst. ff).
Die Verkehrsdaten unterliegen jedoch gemäß §§ 88, 91 ff TKG dem Fernmeldegeheimnis und dem Datenschutz und dürfen Dritten daher nur überlassen werden, wenn hierfür ein Erlaubnistatbestand eingreift (Senat aaO). Im Gegensatz zur Rechtslage bei Honorarforderungen etwa von Ärzten oder Rechtsanwälten (siehe hierzu Nachweise in Senat aaO a.E.) ist die Übermittlung der Verkehrsdaten vom Diensteanbieter an einen Dritten zwar nicht nur auf Grund einer Einwilligung des Teilnehmers erlaubt. Vielmehr dürfen die Daten nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 Satz 3 und 4 TKG Dritten auch ohne Zustimmung zum Zweck des Entgelteinzugs übermittelt werden. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung liegen jedoch hier nicht vor, so dass der Erlaubnistatbestand nicht erfüllt ist.
a) Die in § 97 TKG mit näheren Maßgaben ausgestaltete Befugnis zur Verwendung von Verkehrsdaten erstreckt sich allerdings auch auf die Anbieter telekommunikationsgestützter Dienste (§ 3 Nr. 25 TKG) und dabei insbesondere auch auf die Anbieter von Premium-Diensten (nach bisheriger Terminologie Mehrwertdienste) gemäß § 3 Nr. 17a TKG. § 97 TKG gebraucht zur Bezeichnung des zur Verwendung der Verkehrsdaten berechtigten Normadressaten zwar nur den Begriff des Diensteanbieters. Hierbei handelt es sich nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 6 TKG um jeden, der Telekommunikationsdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. Telekommunikationsdienste sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. Die im vorliegenden Sachverhalt in Rede stehenden Premium-Dienste fallen nicht hierunter. Sie sind in § 3 Nr. 17a TKG definiert und stellen einen Unterfall der telekommunikationsgestützten Dienste im Sinne des § 3 Nr. 25 TKG dar (Säcker in Berliner Kommentar zum TKG, 2. Aufl., § 3 Rn. 74 f). Sie haben nicht 12 die Signalübertragung als solche zum Gegenstand. Vielmehr sind sie auf eine Leistung gerichtet, die über den Telekommunikationsdienst hinaus erbracht wird (vgl. z.B. Senatsurteile vom 28. Juli 2005 - III ZR 3/05, NJW 2005, 3636, 3637; vom 4. März 2004 - III ZR 96/03, BGHZ 158, 201, 203 f und vom 22. November 2001 - III ZR 5/01, NJW 2002, 361, 362).
Gleichwohl sind die Anbieter von Premium-Diensten bei einer an der Systematik des Telekommunikationsgesetzes und dem Zweck des § 97 TKG orientierten Auslegung dieser Vorschrift befugt, Verkehrsdaten nach Maßgabe der in ihr enthaltenen Regelungen zu verwenden. Zwischen dem Anbieter eines Premium-Dienstes und dem Anschlussnutzer kommt regelmäßig durch die Anwahl der entsprechenden, meist mit der Ziffernfolge 0900 beginnenden Rufnummer ein Vertrag zustande, der neben das mit dem Teilnehmernetzbetreiber bestehende Rechtsverhältnis tritt (Senat aaO). Das Telekommunikationsgesetz geht davon aus, dass aufgrund eines solchen Vertrags - die Beachtung der insoweit bestehenden Verbraucherschutzbestimmungen (vgl. z.B. §§ 66a, 66b, 66d, 66e TKG) vorausgesetzt - ein Entgelt für die Inanspruchnahme der Premium-Dienste verlangt werden kann. Zu dessen Ermittlung und Abrechnung ist der Anbieter dieser Dienste gleichermaßen auf die Verkehrsdaten angewiesen wie der Diensteanbieter im Sinne des § 3 Nr. 6 TKG. Bleibt die Berechnung des Premium-Dienstes über den Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit nach § 45h Abs. 1 TKG ohne Erfolg oder unterbleibt diese von vorherein, benötigt der Premium-Diensteanbieter die Verkehrsdaten der Verbindung, durch die seine Leistung in Anspruch genommen wurde, um das ihm zustehende Entgelt ermitteln und gegenüber dem Anschlussinhaber abrechnen zu können. Insbesondere ist er auf die Nummer oder Kennung der beteiligten Anschlüsse (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG), den Beginn und das Ende der jeweiligen Verbindung nach Datum und Uhrzeit sowie gegebenenfalls die über-14 mittelten Datenmengen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG) und ferner die Anschrift des Teilnehmers oder Rechnungsempfängers (§ 97 Abs. 2 Nr. 2 TKG) angewiesen.
b) Ist hiernach § 97 TKG in Ermangelung einer eigenständigen Rechtsgrundlage für die Verwendung von Verkehrsdaten durch Premium-Diensteanbieter zu deren Gunsten entsprechend anwendbar, müssen jedoch die in der Vorschrift bestimmten Maßgaben für diese Anbieter ebenfalls gelten.
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 16. Februar 2012 (III ZR 200/11, K&R 2012, 280 Rn. 18 a.E.) bereits ausgeführt, dass § 97 Abs. 1 Satz 3 und 4 TKG lediglich die Weitergabe der Daten von dem Diensteanbieter an einen Dritten, nicht aber von diesem an einen Weiteren erlaube. Der Senat hat dies damit begründet, dass so der Gefahr begegnet werde, dass die Daten durch eine Kettenweitergabe einem stetig größer werdenden Personenkreis bekannt würden. Dieser Schutzzweck trifft auch und gerade auf die vorliegende Fallgestaltung zu, in der die Entgeltforderung zunächst von dem Diensteanbieter - mit der Folge des § 402 BGB - an die Zessionarin abgetreten wurde, die wiederum der Klägerin die Einzugsermächtigung erteilt hat, auf welche § 402 BGB analog anzuwenden ist (siehe oben 2 am Anfang).
aa) Dem steht nicht entgegen, dass, wie die Revision geltend macht, die Zessionarin und die Klägerin nach § 6 TKG als Anbieter von gewerblichen Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit registriert sind und in dieser Eigenschaft schon von Gesetzes wegen ebenfalls der aus dem Telekommunikationsgesetz folgenden Verpflichtung zur Wahrung des Datenschutzes und des Fernmeldegeheimnisses unterliegen. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass auch die Weitergabe von geschützten Daten 15 von einem zur Wahrung eines Berufsgeheimnisses Verpflichteten an einen ebenfalls der beruflichen Schweigepflicht unterliegenden Dritten nicht ohne weiteres zulässig ist; vielmehr bedarf es auch hierfür eines gesonderten Erlaubnistatbestands (z.B. BGH, Urteile vom 17. Mai 1995 - VIII ZR 94/94, NJW 1995, 2026; vom 11. Dezember 1991 - VIII ZR 4/91, BGHZ 116, 268, 272 und vom 10. Juli 1991 - VIII ZR 296/90, BGHZ 115, 123, 128 f; siehe auch Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 203 Rn. 28; vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Mai 1993 - IX ZR 234/92, NJW 1993, 1912). Auch dies trägt dem schutzwürdigen Anliegen Rechnung, dass die vertraulich zu behandelnden Daten nicht einem stetig wachsenden Personenkreis offenbar werden.
Da die Klägerin nicht von den Premium-Diensteanbietern zur Einziehung der gegen den Beklagten gerichteten Ansprüche ermächtigt wurde, sondern von der Zessionarin der Forderungen, die Datenweitergabe mithin ein zweites Mal erfolgte, greift der Erlaubnistatbestand des § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG nicht ein.
bb) Die Klägerin ist im Verhältnis zu den Premium-Diensteanbietern Dritter im Sinne des § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG, obgleich sie als Verbindungsnetzbetreiber an der Herstellung der (bestrittenen) Verbindungen von dem Anschluss des Beklagten zu den Premium-Diensten der Zedenten beteiligt war. Zwar mag ihr für diese Leistung im Verhältnis zum Teilnehmernetzbetreiber oder zu den Premium-Diensteanbietern ein Teil des jeweils vom Teilnehmer geschuldeten Entgelts für die Verbindungsleistung oder den Mehrwertdienst zustehen. Sie mag deshalb gemäß § 97 Abs. 4 TKG grundsätzlich auch kraft eigenen Rechts befugt sein, Verkehrsdaten zu verwenden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie bereits aufgrund des ihr hiernach zur Verfügung stehenden Datenbestands in der Lage ist, die abgetretenen Forderungen der Premium-Diensteanbieter 18 durchzusetzen, sie also auf zusätzliche, ihr vom jeweiligen Zedenten nach § 402 BGB und der Zessionarin zu übermittelnde Verkehrsdaten nicht angewiesen ist. Die Daten, die der Klägerin in ihren Abrechnungsverhältnissen mit den Teilnehmernetzbetreibern und den Premium-Diensteanbietern zur Verfügung stehen, bleiben hinter denen zurück, derer sie für die Durchsetzung von abgetretenen Entgeltforderungen von Premium-Diensteanbietern gegenüber den Teilnehmern bedarf. Wie die Klägerin selbst ausführt, benötigt sie als Verbindungsnetzbetreiber für Abrechnungszwecke der beteiligten Unternehmen untereinander keine detaillierten Verkehrsdaten. Dementsprechend erhält sie für diese Zwecke auch solche Daten nicht.
Demgegenüber muss der Premium-Diensteanbieter - sofern diese Daten zwischenzeitlich nicht, wie gesetzlich vorgesehen, gelöscht worden sind (vgl. § 45i Abs. 2 Satz 1 TKG) - zur Begründung seiner Forderung gegen den Teilnehmer zumindest die in § 96 Abs. 1 Nr. 1 und 2 TKG aufgeführten Verkehrsdaten (u.a. Nummer oder Kennung der beteiligten Anschlüsse, Beginn und Ende der jeweiligen Verbindung nach Datum und Uhrzeit) vortragen, da ansonsten die Voraussetzungen für den anspruchsbegründenden Vertragsschluss nicht nachvollziehbar sind. Dies folgt aus dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der einen Anspruch geltend macht, im Streitfall die die Forderung begründenden Tatsachen darzulegen hat. Überdies ergibt sich dies für Telekommunikationsdienste und telekommunikationsgestützte Dienste mittelbar auch aus § 45i Abs. 1 Satz 2 TKG, wonach dem Teilnehmer im Falle von Beanstandungen das in Rechnung gestellte Verbindungsaufkommen als Entgeltnachweis nach den einzelnen Verbindungsdaten aufzuschlüsseln ist.
cc) Aus dem Gesagten ergibt sich ohne Weiteres, dass auch die Auffassung der Klägerin fehl geht, § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG sei vorliegend deshalb 20 nicht einschlägig, weil sie bei der Geltendmachung abgetretener Entgeltansprüche von Premium-Diensteanbietern der Notwendigkeit enthoben wäre, unter das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz fallende Verkehrsdaten vorzutragen, so dass Pflichten nach § 402 BGB nicht bestünden. Hierbei übersieht die Klägerin, dass ohne die von § 402 BGB erfassten Informationen die abgetretenen Forderungen überhaupt nicht durchsetzbar wären, da der Schuldner dem Zessionar gemäß § 404 BGB die gegenüber dem Zedenten bestehenden Einwendungen entgegensetzen kann. Gleiches gilt für die Einziehungsermächtigung (Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 398 Rn. 35).
c) Die vorliegend beteiligten Premium-Diensteanbieter sind als Zedenten der Schwestergesellschaft der Klägerin gegenüber demnach gemäß § 402 BGB verpflichtet, Verkehrsdaten zu übermitteln. Gleiches gilt für die Einziehungsermächtigung zwischen dieser Gesellschaft und der Klägerin. Der Umstand, dass hinsichtlich der Einziehungsermächtigung jedoch die Bedingungen, die § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG als Erlaubnistatbestand für die Übermittlung von Verkehrsdaten an Dritte voraussetzt, nicht erfüllt sind, führt zur Nichtigkeit der Ermächti-
gung gemäß § 134 BGB (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Februar 2012 - III ZR 200/11, K&R 2012, 280 Rn. 30; MünchKommBGB/Roth, 6. Aufl., § 399 Rn. 28 mwN).
Schlick Herrmann Hucke Tombrink Remmert Vorinstanzen:
AG Walsrode, Entscheidung vom 03.02.2011 - 7 C 705/10 (I) -
LG Verden, Entscheidung vom 31.08.2011 - 2 S 86/11 -
BGH:
Urteil v. 14.06.2012
Az: III ZR 227/11
Link zum Urteil:
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