Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 6. Juli 2009
Aktenzeichen: AnwZ (B) 82/08
(BGH: Beschluss v. 06.07.2009, Az.: AnwZ (B) 82/08)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Der Bundesgerichtshof hat in dem Beschluss vom 6. Juli 2009 (Aktenzeichen AnwZ (B) 82/08) die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Juli 2008 zurückgewiesen.
Der Antragsteller wurde 1982 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerruft die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Der Anwaltsgerichtshof weist den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung zurück.
Das Rechtsmittel des Antragstellers gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wurde zu Recht widerrufen.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.
Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete finanzielle Verhältnisse geraten ist und seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. In diesem Fall wird vermutet, dass ein Vermögensverfall vorliegt, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet worden ist. Im vorliegenden Fall wurde ein solches Insolvenzverfahren eröffnet, und der Antragsteller konnte die Vermutung des Vermögensverfalls nicht widerlegen.
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Interessen der Rechtsuchenden trotz des Vermögensverfalls nicht gefährdet sind. Der Vermögensverfall führt in der Regel zu einer Gefährdung der Interessen, insbesondere in Bezug auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Widerrufsgrund nachträglich weggefallen ist. Das Insolvenzverfahren läuft noch, und es gibt keine Anzeichen für eine Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers.
Es gibt auch keine Feststellung, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht mehr gefährdet sind. Die Anschuldigungsschrift der Generalstaatsanwaltschaft legt nahe, dass eine solche Gefährdung in der Vergangenheit bereits stattgefunden hat.
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs bestätigt somit den Widerruf der Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft aufgrund des Vermögensverfalls.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Antragsteller, und er muss der Antragsgegnerin auch die entstandenen außergerichtlichen Auslagen erstatten.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BGH: Beschluss v. 06.07.2009, Az: AnwZ (B) 82/08
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wurde 1982 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 5. März 2008 die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.
Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.
1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.
a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dies wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet ist. So verhält es sich hier; denn das Amtsgericht A. hatte mit Beschluss vom 13. November 2007 auf Antrag des Finanzamts S. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers angeordnet. Der Antragsteller hatte die Vermutung des Vermögensverfalls auch nicht widerlegt, wie die Antragsgegnerin in ihrem Widerrufsbescheid im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat.
b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern. Die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden entfällt auch nicht bereits durch die Insolvenzeröffnung und die damit verbundene Verfügungsbeschränkung des Insolvenzschuldners (Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2004 - AnwZ (B) 43/03, NJW 2005, 511, unter II 2 a).
2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150), kann nicht festgestellt werden.
Das Insolvenzverfahren dauert derzeit noch an. Auch für den Fall einer Aufhebung des Verfahrens zeichnet sich eine Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers nicht ab. Einen Antrag auf Restschuldbefreiung hat er nicht gestellt. Seine Behauptung, dass nach Abschluss des Insolvenzverfahrens alle Forderungen beglichen sein werden, ist nicht belegt. Der Antragsteller ist in seinem Schriftsatz vom 15. Januar 2009 ersichtlich noch selbst von einem Forderungsstand in Höhe von 87.000 € ausgegangen. Einnahmen oder durchsetzbare Außenstände in entsprechender Höhe hat er nicht substantiiert dargelegt.
3. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall ausnahmsweise nicht (mehr) gefährdet sind. Vielmehr deutet die Anschuldigungsschrift der Generalstaatsanwaltschaft St. vom 6. August 2008, in der dem Antragsteller die verspätete Weiterleitung von Fremdgeld zur Last gelegt wird, eher darauf hin, dass eine derartige Gefährdung sich in der Vergangenheit bereits realisiert hat.
Ganter Ernemann Schmidt-Räntsch Lohmann Martini Quaas Braeuer Vorinstanz:
AGH Stuttgart, Entscheidung vom 12.07.2008 - AGH 18/08 (I) -
BGH:
Beschluss v. 06.07.2009
Az: AnwZ (B) 82/08
Link zum Urteil:
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