Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 4. April 2002
Aktenzeichen: 4a O 100/01

(LG Düsseldorf: Urteil v. 04.04.2002, Az.: 4a O 100/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dem Urteil vom 4. April 2002 des Landgerichts Düsseldorf (Aktenzeichen 4a O 100/01) wurde die Beklagte dazu verurteilt, bestimmte Handlungen zu unterlassen. Konkret ging es um die Herstellung und den Vertrieb von Absetzkippfahrzeugen, die bestimmte Merkmale aufweisen. Die Kläger forderten außerdem eine Rechnungslegung und Auskunftserteilung über die begangenen Handlungen sowie Schadensersatz. Das Gericht stellte fest, dass die Klageschutzrechte patentfähig und neu waren. Die Beklagte hatte diese Schutzrechte schuldhaft verletzt. Das Gericht entschied, dass die Beklagte den Klägern Schadensersatz zahlen müsse und zur Rechnungslegung verpflichtet sei. Die Verhandlung wurde nicht ausgesetzt, da ein Widerruf der Schutzrechte nicht wahrscheinlich war. Die Kosten des Verfahrens wurden der Beklagten auferlegt und das Urteil war vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert des Verfahrens betrug 250.000 Euro.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Düsseldorf: Urteil v. 04.04.2002, Az: 4a O 100/01


Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- &.8364; - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Absetzkipper herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, die folgende Merk-male aufweisen:

a) (1) der Absetzkipper weist zwei Arme auf;

(2) die Arme sind

(a) im Wesentlichen parallel zueinander angeordnet,

(b) im hinteren Bereich der Fahrzeugladefläche angelenkt,

(c) um Achsen schwenkbar, die zum hinteren Rand der Ladefläche etwa parallel laufen;

(3) an dem freien Ende der Arme sind Angriffsorgane angeordnet, mit denen Ang-riffspunkte eines Wechselbehälters erfassbar sind;

(4) ein am Fahrgestell angelenkter Hydraulikzylinder ist zum Verschwenken der Arme vorgesehen;

(5) die Arme

(a) weisen eine erste Abwinkelung nach oben auf, und zwar in dem Bereich zwischen dem Anlenkungspunkt im hinteren Bereich der Ladefläche und dem Angriffspunkt des Hydraulikzylinders,

(b) weisen eine zweite Abwinkelung auf, und zwar oberhalb der ersten Abwinkelung;

(6) die Abwinkelungen führen dazu, dass die Längsachsen des unteren Endes und des oberen Endes jeden Armes in etwa parallel zueinander angeordnet sind;

und/oder

b) (1) der Absetzkipper weist zwei Arme auf;

(2) die Arme sind

(a) im Wesentlichen parallel zueinander angeordnet,

(b) im hinteren Bereich der Fahrzeugladefläche angelenkt,

(c) um Achsen schwenkbar, die zum hinteren Rand der

Ladefläche etwa parallel laufen;

(3) an dem freien Ende der Arme sind Angriffsorgane angeordnet, mit denen Ang-riffspunkte eines Wechselbehälters erfassbar sind;

(4) ein am Fahrgestell angelenkter Hydraulikzylinder ist zum Verschwenken der Arme vorgesehen;

(5) die Arme

(a) weisen eine durch eine Abrundung gebildete erste Abwinkelung nach oben auf, und zwar in dem Bereich zwischen dem Anlenkungspunkt im hinteren Bereich der Ladefläche und dem Angriffspunkt des Hydraulikzylinders,

(b) weisen eine zweite Abwinkelung auf, und zwar oberhalb der ersten Abwinkelung;

(6) die Abwinkelungen führen dazu, dass die Längsachsen des unteren Endes und des oberen Endes jeden Armes in etwa parallel zueinander angeordnet sind;

2.

den Klägern darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26. Juli 1997 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und

Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagen-höhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern allen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch die unter I.1 bezeichneten, seit dem 26. Juli 1997 began-genen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,- &.8364; vorläufig vollstreck-bar.

Die Sicherheit kann auch durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines in Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren bewirkt werden, die nach § 234 Abs. 1 und Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Sicherheitsleistung geeignet sind.

Tatbestand

Die Kläger sind eingetragene Inhaber des am 26. März 1997 angemeldeten und am 15. Mai 1997 eingetragenen deutschen Gebrauchsmusters xxxxxxx (vgl. Anlage K 1; nachfolgend: Klagegebrauchsmuster). Die Bekanntmachung der Eintragung erfolgte am 26. Juni 1997.

Die Kläger sind außerdem eingetragene Inhaber des am 13. März 1998 unter Inanspruchnahme der Priorität des Klagegebrauchsmusters angemeldeten, u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patentes xxxxxx (vgl. Anlage K 15; nachfolgend: Klagepatent). Die Veröffentlichung der Patentanmeldung erfolgte am 30. September 1998, die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung am 31. Oktober 2001.

Die Klageschutzrechte, die beide in Kraft stehen, betreffen einen Absetzkipper. Wegen Verletzung der Klageschutzrechte nehmen die Kläger die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Der Patentanspruch 1 des Klagepatents und der Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters haben jeweils folgenden Wortlaut:

Absetzkipper, der zwei im wesentlichen parallel zueinander angeordnete, im hinteren Bereich der Fahrzeug-Ladefläche angelenkte, um zum hinteren Bereich der Ladefläche etwa parallel laufende Achsen schwenkbare Arme aufweist, an deren freien Enden Angriffsorgane angeordnet sind, mit denen Angriffspunkte eines Wechselbehälters erfassbar sind, wobei zum Verschwenken der Arme jeweils ein am Fahrgestell angelenkter Hydraulikzylinder angelenkt ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Arme (1) in dem Bereich zwischen dem Anlenkungspunkt (4) im hinteren Bereich der Ladefläche und dem Angriffspunkt (5) des Hydraulikzylinders (10) eine erste Abwinkelung (6) nach oben aufweisen und dass oberhalb der ersten Abwinkelung (6) eine zweite Abwinkelung (7) der Arme (1) vorgesehen ist, so dass die Längsachsen des unteren Endes (2) und des oberen Endes (3) jedes Armes (1) in etwa parallel zueinander angeordnet sind.

Die nachfolgend verkleinert wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift und dienen der Erläuterung der Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels. Figur 1 zeigt einen Schwenkarm, an dessen Unterseite sich infolge der beiden in den Klageschutzrechten beschriebenen Abwinkelungen eine Aussparung befindet und Figur 3 einen mit einem erfindungsgemäßen Arm ausgerüsteten Absetzkipper beim Übergreifen eines Wechselbehälters.

Mit Schriftsatz vom 31. Juli 2001 hat die Beklagte beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung des Klagegebrauchsmusters beantragt. Über den Löschungsantrag ist noch nicht entschieden. Mit Schriftsatz vom 04. Februar 2002 hat die Beklagte ferner beim Europäischen Patentamt Einspruch gegen das Klagepatent eingelegt.

Die Beklagte stellt her und vertreibt zwei Typen von Absetzkippern, welche jeweils zwei Schwenkarme aufweisen. Die generelle Ausgestaltung der ersten Ausführungsform (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform 1 ) ergibt sich aus der nachstehend wiedergegebenen Ablichtung gemäß Anlage K 10.

Die generelle Ausgestaltung der zweiten Ausführungsform (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform 2) lässt sich der nachfolgend wiedergegebenen Zeichnung gemäß Anlage K 11 entnehmen.

Die Kläger sehen hierin eine Verletzung der Klageschutzrechte.

Sie machen geltend, dass die Beklagte mit beiden angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre der Klageschutzrechte wortsinngemäß Gebrauch mache.

Die Kläger beantragen,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise, ihr im Falle ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Empfänger von Angeboten statt den Klägern einem von den Klägern zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber den Klägern verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt, den Klägern darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist,

ferner hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den gegen das Klagegebrauchsmuster anhängigen Löschungsantrag und den gegen das Klagepatent gerichteten Einspruch auszusetzen.

Sie ist der Ansicht, dass sich die angegriffene Ausführungsform 2 infolge des nicht winkeligen, sondern schlangen- bzw. meanderförmigen Verlaufes ihrer Schwenkarme grundlegend vom Gegenstand der Klageschutzrechte unterscheide. Entgegen der Lehre der Klageschutzrechte wiesen die Schwenkarme dieser Ausführungsform keine "Abwinkelungen" auf. Zudem seien die Schwenkarme der angegriffenen Ausführungsform 2 auch zweiteilig ausgebildet sei. Ferner sei bei der angegriffenen Ausführungsform 2 die Anlage einer Längsachse im hinteren Abschnitt willkürlich. Die Längsachse im vorderen Abschnitt werde des Weiteren nicht durch den schlangenförmigen Verlauf des hinteren Bereiches, sondern durch die Anlenkung des vorderen Abschnitts an einen zusätzlichen Anlenkungspunkt bestimmt.

Die Beklagte macht außerdem unter Hinweis auf ihr Vorbringen im Löschungs- und Einspruchsverfahren geltend, dass der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters und des Klagepatentes nicht schutzfähig bzw. patentfähig sei.

Die Kläger treten dem Vorbringen der Beklagten entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst überreichter Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Den Klägern stehen gegenüber der Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatz nach Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Nr. 1, 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 11, 24 Abs. 1 und 2, 24b Abs. 1 und 2 GebrMG, §§ 242, 259 BGB zu, weil die Beklagte das Klagepatent und das Klagegebrauchsmuster schuldhaft benutzt.

I.

Das Klagepatent, welches nachstehend stellvertretend für beide Klageschutzrechte erläutert wird, betrifft einen Absetzkipper.

Der Absetzkipper weist zwei im Wesentlichen parallel zueinander angeordnete, im hinteren Bereich der Fahrzeugladefläche angelenkte, um zum hinteren Bereich der Ladefläche etwa parallel laufende Achsen schwenkbare Arme auf, an deren freien Ende Angriffsorgane angeordnet sind, mit denen Angriffspunkte eines Wechselbehälters erfassbar sind, wobei zum Schwenken der Arme jeweils ein am Fahrgestell angelenkter Hydraulikzylinder vorgesehen ist.

Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, sind derartige Absetzkipper im Stand der Technik bekannt. Sie werden zum Transport von Silos, Kippmulden und ähnlichem eingesetzt. Die Arme solcher Absetzkipper sind gemäß den Ausführungen in der Patentschrift in der Regel gerade ausgebildet. Eine solche Ausführung ist jedoch nachteilig, weil beim Absetzen bzw. Aufnehmen von Wechselbehältern ein Überfahren des Wechselbehälters mit nach hinten von der Ladefläche weg gerichteten Armen problematisch ist. Denn die Arme liegen bereits bei einem relativ geringen Winkel auf der Kante des Wechselbehälters auf. Gerade bei modernen Absetzkippern mit einzeln verschwenkbaren Teleskoparmen werden hierdurch die eigentlich großen Schwenkmöglichkeiten erheblich vermindert. Hinzu kommt gemäß den Angaben in der Patentschrift, dass es bei herkömmlichen Absetzkippern aufgrund der beschränkten Länge der Lastaufnahmemittel (z.B. Ketten) erforderlich ist, die rückwärts von der Ladefläche weg gerichteten Arme des Absetzkippers parallel zur Längsachse des Wechselbehälters anzuordnen, um die Lastaufnahmemittel an dem Wechselbehälter zu befestigen. Dies erfordert einen erheblichen Rangieraufwand.

Hiervon ausgehend liegt der Erfindung nach dem Klagepatent und dem Klagegebrauchsmuster das technische Problem ("die Aufgabe") zugrunde, einen Absetzkipper zu schaffen, bei welchem eine bessere Schwenkmöglichkeit der nach hinten von der Ladefläche weg über einen Wechselbehälter angeordneten Arme gegeben ist.

Zur Lösung dieses Problems schlagen das Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 und das Klagegebrauchsmuster in seinem Schutzanspruch 1 einen Absetzkipper mit folgenden Merkmalen vor:

1. Es handelt sich um einen Absetzkipper mit zwei Armen.

2. Die Arme sind

a) im Wesentlichen parallel zueinander angeordnet,

b) im hinteren Bereich der Fahrzeugladefläche angelenkt,

c) um Achsen schwenkbar, die zum hinteren Rand der Ladefläche etwa parallel laufen.

3. An dem freien Ende der Arme sind Angriffsorgane angeordnet, mit denen Angriffspunkte eines Wechselbehälters erfassbar sind.

4. Ein am Fahrgestell angelenkter Hydraulikzylinder ist zum Verschwenken der Arme vorgesehen.

5 Die Arme

a) weisen eine erste Abwinkelung nach oben auf, und zwar in dem Bereich zwischen dem Anlenkungspunkt im hinteren Bereich der Ladefläche und dem Angriffspunkt des Hydraulikzylinders,

b) weisen eine zweite Abwinkelung auf, und zwar oberhalb der ersten Abwinkelung.

6. Die Abwinkelungen führen dazu, dass die Längsachsen des unteren Endes und des oberen Endes jeden Armes in etwa parallel zueinander angeordnet sind.

Der erfindungsgemäße Schwenkarm hat nach den Angaben in der Klagepatentschrift (vgl. Spalte 2, Zeile 16 bis 34 ) im Wesentlichen den Vorteil, dass ein Übergreifen eines Wechselbehälters mit einem oder mehreren nach hinten geschwenkten Armen leichter möglich ist. Durch die Abwinkelung der Arme nach oben, welche vorteilhaft mit der Abwinkelung nach unten des teleskopierbaren Endes kombiniert werden könne, werde in einem weiten Bereich der Arme, wenn diese nach hinten von der Ladefläche weggeschwenkt seien, ein Zustand erreicht, der einer Ausnehmung in den Armen entspreche, jedoch ohne die nachteilige Verminderung der Belastbarkeit der Arme. Beim Gegenstand der Erfindung sei es nicht mehr erforderlich, die nach hinten von der Ladefläche des Absetzkippers gerichteten Arme parallel zur Längsachse des Wechselbehälters auszurichten. Eine Aufnahme von Wechselbehältern sei auch bei einer schrägen Anordnung der Arme zu dem Wechselbehälter möglich.

II.

Mit den beiden angegriffenen Ausführungsformen macht die Beklagte von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.

1.

Die angegriffene Ausführungsform 1 (Anlage K 10) verwirklicht, wie zwischen den Parteien - zu Recht - unstreitig ist und daher keiner weiteren Begründung bedarf, sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß.

2.

Mit der angegriffenen Ausführungsform 2 benutzt die Beklagte das Klagepatent ebenfalls.

a)

Wie zwischen den Parteien - zu Recht - außer Streit steht, erfüllt die angegriffene Ausführungsform 2 die Merkmale 1 bis 4 des Patentanspruchs 1 wortsinngemäß.

a)

Wortsinngemäß verwirklicht ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch das Merkmal 5, wonach die Arme des Absetzkippers zwei Abwinkelungen aufweisen, nämlich eine erste Abwinkelung nach oben, die im Bereich zwischen dem Anlenkungspunkt (4) im hinteren Bereich der Ladefläche und dem Angriffspunkt (5) des Hydraulikzylinders vorgesehen ist, und eine zweite Abwinkelung, welche oberhalb der ersten Abwinkelung vorgesehen ist. Diesbezüglich ist dem von der Klagepatentschrift angesprochenen Fachmann im Hinblick auf das dem Klagepatent zugrundeliegende Problem klar, dass die Abwinkelungen an der dem anzuhebenden Wechselbehälter zugewandten Armunterseite ausgebildet sein müssen. Ferner entnimmt der Fachmann der Patentschrift, dass durch die Abwinkelungen ein Zustand erreicht werden soll, der einer Ausnehmung in den Armen an deren Unterseite entspricht, ohne die Belastbarkeit der Arme nachteilig zu vermindern. Diesen Vorgaben entspricht die angegriffene Ausführungsform 2.

Die beanstandete Ausführungsform 2 ist zweiteilig ausgebildet. Sie besteht aus einem kurven- bzw. schlangenförmigen, an die Fahrzeugladefläche angelenkten hinteren Teil und einem an diesem Teil befestigten, geraden vorderen Teil. Im Bereich zwischen dem Anlenkungspunkt (4) und dem Angriffspunkt (5) des Hydraulikzylinders weist das hintere Armteil eine kontinuierliche Krümmung auf, und zwar mit zum Angriffspunkt (5) ansteigendem Verlauf. Etwa unterhalb des Angriffspunktes (5) des Hydraulikzylinders ist dort, wo das erste kurvenförmige Armteil das zweite geradlinig verlaufende Armteil überlagert, eine weitere Krümmung nach unten vorgesehen, durch welchen der bis dahin relativ steil nach oben gerichtete Verlauf der Armunterseite wieder geändert wird.

Die so ausgestaltete angegriffene Ausführungsform 2 verwirklicht alle Merkmale der Merkmalsgruppe 5 wortsinngemäß. Denn die Schwenkarme der angegriffenen Ausführungsform 2 weisen mit der Krümmung des hinteren Armteil eine erste "Abwinkelung" nach oben im Sinne von Merkmal 5a auf, welche auch zwischen dem Anlenkungspunkt (4) im hinteren Bereich der Ladefläche und dem Angriffspunkt (5) des Hydraulikzylinders vorgesehen ist. Die zweite "Abwinkelung" im Sinne von Merkmal 5b ist in der weiteren, unterhalb des Angriffspunktes für den Hydraulikzylinder beginnenden, nach unten gerichteten Krümmung zu sehen. Diese zweite Abwinkelung ist oberhalb der ersten Abwinkelung vorgesehen.

Dieser Betrachtungsweise steht nicht entgegen, dass der vom Patentanspruch 1 des Klagepatents verwandte Begriff "Abwinkelung" nach dem allgemeinem Sprachgebrauch eher auf eine Richtungsänderung dergestalt, dass sich der frühere Verlauf in einem bestimmten Winkel zur dann fortgesetzten Richtung verhält, und damit auf eine "eckige" Ausbildung hindeutet. Denn die patentrechtliche Beurteilung hat sich nicht am allgemeinen Sprachgebrauch, sondern daran zu orientieren, wie der Fachmann den Wortsinn nach dem Gesamtinhalt der Klagepatentschrift unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung versteht (vgl. BGH, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube - m.w.N.). Bei der Auslegung des Patentanspruchs ist nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, welchen der Inhalt der Patentschrift dem Fachmann vermittelt; nicht die sprachliche Bedeutung der in der Patentschrift verwendeten Begriffe ist entscheidend, sondern das Verständnis des unbefangenen Fachmanns (vgl. BGH, GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube). Maßgeblich ist, welchen Begriffsinhalt das Patent bei unbefangener Erfassung der im Anspruch umschriebenen Lehre zum technischen Handeln einem vorgeschlagenen Merkmal zuweist (vgl. BGH, GRUR 2001, 232, 232 - Brieflocher).

Um den Sinngehalt und die Bedeutung des streitigen Merkmals 5 verstehen zu können, wird der Fachmann demgemäß im Streitfall zu ermitteln versuchen, was mit diesem Merkmal erreicht werden soll. Das Verständnis des Fachmanns wird sich in dieser Hinsicht entscheidend an dem in der Patentschrift zum Ausdruck kommenden Zweck des genannten Merkmals orientieren (vgl. BGH, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube; BGH, GRUR 2001, 232, 232 - Brieflocher; Benkard/Ullmann, Patentgesetz/Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 14 PatG, Rz. 72). Dabei wird der Fachmann nicht nur den Wortlaut der Ansprüche, sondern den gesamten Inhalt der Klagepatentschrift zu Rate ziehen.

Diesem Inhalt entnimmt der Fachmann hier, dass durch die erfindungsgemäße Ausbildung der Abwinkelungen gemäß Merkmal 5 eine Konstruktion erreicht werden soll, bei welcher die Schwenkarme nicht schon - wie bei dem in der Klagepatentschrift angesprochenen Stand der Technik mit seinen gerade ausgebildeten Armen (vgl. Spalte 1, Zeilen 17 bis 27) - bei einem relativ geringen Winkel auf der Kante des Wechselbehälters aufliegen. Erfindungsgemäß soll die Schwenkmöglichkeit der nach hinten von der Ladefläche weg über den Wechselbehälter angeordneten Arme durch die Ausgestaltung gemäß den Merkmalen 5 und 6 erweitert werden; das Übergreifen des Wechselbehälters mit den nach hinten geschwenkten Armen soll verbessert werden (Spalte 2, Zeilen 16 bis 19). Hierzu schlägt der Anspruch 1 vor, zunächst im Bereich zwischen dem Anlenkungspunkt (4) im hinteren Bereich der Ladefläche und dem Angriffspunkt (5) des Hydraulikzylinders eine erste Abwinkelung des Arms nach oben auszubilden und sodann oberhalb der ersten Abwinkelung eine zweite Abwinkelung vorzusehen. Mit der ersten und zweiten Abwinkelung beschreibt das Klagepatent jeweils eine Richtungsänderung im Verlauf des Armes, welche dazu führen, dass die Schenkarme - anders als bei dem in der Patentschrift angesprochenen Stand der Technik - an ihrer Unterseite nicht mehr gerade ausgebildet sind. Wie der Fachmann der allgemeinen Patentbeschreibung entnimmt, soll durch die Abwinkelung der Arme nach oben in einem weiten Bereich der Arme, wenn diese nach hinten von der Ladefläche weggeschwenkt werden, ein Zustand erreicht werden, der einer "Ausnehmung" in den Armen entspricht, jedoch ohne eine nachteilige Verminderung der Belastbarkeit der Arme.

Zur Erreichung eines solchen Zustandes ist es aus Sicht des Fachmanns unerheblich, ob die Abwinkelungen eine eckige Ausgestaltung haben oder ob diese durch Krümmungen vollzogen werden. Vielmehr kommt es allein darauf an, dass durch die mit der ersten Abwinkelung bewirkte Richtungsänderung nach oben und durch die weitere Abwinkelung, mit welcher eine Richtungsänderung nach unten vollzogen wird, ein Zustand erreicht wird, der zu einer Ausnehmung an der Schwenkarmunterseite führt.

Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform 2 ersichtlich der Fall.

Nach dem Klagepatent darf durch die Ausnehmung an der Schenkarmunterseite im Übrigen nur die Belastbarkeit der Arme nicht in nachteiliger Weise vermindert werden. Eine entsprechende Verminderung der Belastbarkeit ist bei den Schenkarmen nach der angegriffenen Ausführungsform 2 nicht ersichtlich. Sie wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

Soweit sich die Beklagte auf den Stand der Technik gemäß der britischen Patentschrift xxxxxxxx (Anlage B 1/E 2) bezieht, der im Patenterteilungsverfahren berücksichtigt worden ist, steht dieser der vorstehenden Auslegung nicht entgegen. Denn die aus dieser Druckschrift bekannten Schwenkarme weisen nur eine (einzige) Abwinklung auf, wobei das hintere Ende des Schwenkarmes nicht kurvenförmig verläuft. Dass bei diesem Stand der Technik im Bereich zwischen dem Anlenkungspunkt (13) im hinteren Bereich der Ladefläche und dem Angriffspunkt (17) des Hydraulikzylinders eine Abwinkelung mit kurvenförmigen Verlauf vorhanden ist, wird in der Klagepatentschrift auch nicht behauptet. Deshalb unterscheidet sich der Gegenstand der Erfindung von dem genannten Stand der Technik nicht etwa dadurch, dass bei ihm die Ablenkungen nicht kurvenförmig ausgebildet sein sollen.

Die von der Beklagten ferner angeführte Anlage B1/E3 ("xxx-Absetzkipper") ist in der Klagepatentschrift nicht genannt und kann deshalb von vornherein nicht zur Auslegung des Patentanspruchs nicht herangezogen werden. Zudem offenbart auch diese Entgegenhaltung überhaupt keinen Schwenkarm mit einer durch eine Abrundung gebildeten Abwinkelung, von der sich das Klagepatent abgrenzen könnte. Ferner zeigt auch diese Entgegenhaltung keine zwei Abwinkelungen, sondern nur eine einzige Abwinkelung.

Einer Verwirklichung des Merkmals 5 steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Schwenkarme bei der angegriffenen Ausführungsform 2 zweiteilig ausgebildet sind. Denn das Klagepatent schreibt keine einteilige Ausbildung der Schwenkarme vor.

b)

Die angegriffene Ausführungsform 2 verwirklicht entgegen der Auffassung der Beklagten auch das Merkmal 6 wortsinngemäß.

Nach diesem Merkmal führen die beiden Abwinkelungen dazu, dass die Längsachsen des unteren Endes (2) und des oberen Endes (3) jeden Armes in etwa parallel zueinander angeordnet sind. Die in Merkmal 5 beschriebenen Abwinkelungen sollen hiernach zur Folge haben, dass die Längsachsen des unteren und des oberen Schwenkarmbereichs nicht auf einer Linie liegen, sondern vielmehr gegeneinander verschoben sind, und zwar so, dass sie in etwa parallel zueinander verlaufen.

Diesen Vorgaben entspricht die angegriffene Ausführungsform 2 ebenfalls. Denn der von der Klagepatentschrift angesprochene Fachmann versteht das Merkmal 6 so, dass der ersten, nach oben gerichteten Richtungsänderung durch eine zweite, gegenläufige Richtungsänderung in einem Ausmaß entgegengewirkt werden soll, dass der obere Abschnitt des Schwenkarmes - wenngleich zum unteren Ende verschoben - die gleiche Richtung aufweist, wie der an den Anlenkungspunkt unmittelbar angelenkte Abschnitt. Durch dieses Verhältnis der beiden Abwinkelungen zueinander soll die Ausnehmung an der Schenkarmunterseite geschaffen werden und erhalten bleiben, durch welche ein Überschwenken von Wechselbehältern nicht nur mit einem relativ geringen Winkel ermöglicht wird. Für die Frage der Parallelität der Längsachsen wird der Fachmann deshalb keine Tangenten an die Krümmung des hinteren Schwenkarmteils der angegriffenen Ausführungsform 2 anlegen, sondern die Längsachse für den hinteren Schwenkarmbereich (2) so betrachten, wie sie in der Anlage K11 durch die Gerade oberhalb der Bezugsziffer 2 angedeutet ist. Maßgeblich ist insoweit aus Sicht des Fachmanns das gesamte hintere Bauteil und nicht allein dessen gerundete Kontur.

Einen zwingend geraden Verlauf schreibt Anspruch 1 des Klagepatentes für den hinteren Abschnitt des Schwenkarmes im Übrigen nicht vor. Mit der konkreten Ausbildung dieses Abschnittes befasst sich der Patentanspruch nicht. Diese überlässt er vielmehr dem Fachmann.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht etwa daraus, dass das untere Armende (2) bei der in den Figuren 1 und 3 der Klagepatentschrift gezeigten Ausführungsform einen geradlinigen Verlauf hat. Denn hierbei handelt es sich lediglich um ein Ausführungsbeispiel der Erfindung. Ausführungsbeispiele dienen allein der Beschreibung, wie der Erfindungsgedanke verwirklicht werden kann. Zu einer Schutzbereichsbeschränkung führen sie nicht.

Die aus Anlage K 11 ersichtliche Längsachse für den hinteren Schwenkarmbereich liegt bei der angegriffenen Ausführungsform 2 infolge der vorhandenen Abwinkelungen nicht auf einer Linie zur Längsachse des vorderen Abschnitts. Die beiden Längsachsen sind vielmehr - wie vom Klagepatent verlangt - gegeneinander verschoben, und zwar so, dass die beiden Längsachsen in etwa parallel zueinander angeordnet sind.

Ohne Erfolg wendet die Beklagte gegen die hieraus folgende Verwirklichung des Merkmals 6 schließlich ein, dass die Längsachse für den vorderen Abschnitt des Schwenkarmes bei der angegriffenen Ausführungsform 2 nicht durch den kurvenförmigen Verlauf des hinteren, an die Ladefläche angelenkten Teils vorgegeben, sondern vielmehr durch die Anlenkung des vorderen Abschnitts an einen zusätzlichen Anlenkungspunkt bestimmt werde. Denn dieser zusätzliche Anlenkungs- bzw. Befestigungspunktpunkt ändert nichts daran, dass die Längsachsen für das vordere und das hintere Bauteil des Schwenkarmes in etwa parallel zueinander angeordnet sind. Die Beklagte hat insoweit im Hauptverhandlungstermin eingeräumt, dass der in Rede stehende Anlenkungspunkt keine technisch eigenständige Bedeutung hat. Über diesen Anlenkungspunkt werden insbesondere keine zusätzlichen Schwenk- oder sonstigen Verstellmöglichkeiten bei der angegriffenen Ausführungsform 2 geschaffen.

III.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass die Beklagte mit den angegriffenen Ausführungsformen auch von der Lehre des Klagegebrauchsmusters Gebrauch macht; die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen sämtliche Merkmale des mit dem Patentanspruch 1 des Klagepatents identischen Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters.

IV.

Das Klagegebrauchsmuster erfüllt die in § 1 Abs. 1 GebrMG niedergelegten Voraussetzungen des Gebrauchsmusterschutzes. Neben der unstreitig gegebenen gewerblichen Anwendbarkeit ist die so gekennzeichnete Lehre des Klagegebrauchsmusters gegenüber dem Stand der Technik neu und sie beruht auch auf einem erfinderischen Schritt im Sinnes des Gebrauchsmustergesetzes.

1.

Der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters ist durch den entgegengehaltenen Stand der Technik in der Gesamtheit seiner Merkmale nicht bekannt und daher neu.

a)

Der in dem angeblich vorveröffentlichten Prospektblatt gemäß Anlage B 1/ E 1 gezeigte Absetzkipper "xxxx xx xxx" hat keine Schwenkarme mit zwei Abwinkelungen im Sinne von Merkmal 5.

In dem von der Beklagten angesprochenen "Vorsprung" an der Schwenkarmunterseite des gezeigten Absetzkippers können keine "Abwinkelungen" im Sinne des Klagegebrauchsmusters gesehen werden. Im Lichte der Beschreibung muss durch die Abwinklung nach oben "in einem weiten Bereich der Arme", wenn diese nach hinten von der Ladefläche weggeschwenkt werden, ein Zustand erreicht werden, der einer "Ausnehmung" in den Armen entspricht. Diese "Ausnehmung" soll es ermöglichen, dass die Arme nicht bereits bei einem relativ geringen Winkel auf der Kante des Wechselbehälters aufliegen. Eine Abwinkelung, die zu einer solchen Ausnehmung führt, ist bei dem in dem Prospektblatt gemäß Anlage B 1/E 1 abgebildeten Absetzkipper ersichtlich nicht gegeben. Dessen Vorsprung dient vielmehr augenscheinlich nur dazu, die Hydraulikleitungen beim Verschwenken der Arme zu schützen. Die Arme als solche sind durchgehend geradlinig ausgebildet und haben - nicht anders als der in der Klagegebrauchsmusterschrift gewürdigte Stand der Technik - den Nachteil, dass beim Absetzen bzw. Aufnehmen des Wechselbehälters ein Überfahren des Wechselbehälters mit den nach hinten von der Ladefläche weg gerichteten Armen deshalb problematisch ist, weil die geraden Arme bereits bei einem relativ geringen Winkel auf der Kante des Wechselbehälters aufliegen.

b)

Die entgegengehaltene britische Patentschrift xxxxxxx (Anlage B 1/E 2), die bereits im parallelen Patenterteilungsverfahren berücksichtigt worden ist, offenbart ein Transportfahrzeug mit Schwenkarmen, welche lediglich eine Abwinkelung aufweisen.

c)

Der aus dem ferner entgegengehaltenen Prospektblatt ersichtliche "Multicar-Absetzkipper" (Anlage B 1/E 3) hat gleichfalls nur einfach abgewinkelte Schwenkarme.

d)

Die des Weiteren entgegengehaltene schweizer Patentschrift xxxxxxxx (Anlage B 1/E 4), welche bei der Erteilung des inhaltsgleichen Klagepatentes ebenfalls berücksichtigt worden ist, offenbart eine Kippvorrichtung, deren Schwenkarme ebenfalls lediglich eine Abwinkelung aufweisen, wobei diese auch nicht zwischen dem Anlenkungspunkt im hinteren Bereich der Ladefläche und dem Angriffspunkt des Hydraulikzylinders, sondern vielmehr deutlich hinter diesem Angriffspunkt gelegen ist. Vom Gegenstand des Klagegebrauchsmusters ist die aus dieser Druckschrift bekannte Vorrichtung deshalb noch weiter entfernt, als die Entgegenhaltungen B 1/E 2 und B 1/E 3.

e)

Die deutsche Offenlegungsschrift xxxxxxxxxxxx ( Anlage B 1 / E 5) zeigt keinen Absetzkipper mit zwei im Wesentlichen parallel zueinander angeordneten Schwenkarmen, sondern einen Kipper mit einer galgenförmig ausgebildeten Tragkonstruktion. Bei dieser einarmigen Vorrichtung sind die Längsachsen des unteren, an die Ladefläche angelenkten Teils und des oberen Abschnitts nicht in etwa parallel zueinander angeordnet.

f)

Die deutsche Offenlegungsschrift xxxxxxxx (Anlage B 1 / E 6) offenbart ein Transportfahrzeug zum Be- und Entladen und zum Transport von Containern, Kabeltrommeln oder dergleichen mit einer speziellen Hubvorrichtung. Deren erste Abwinkelung befindet sich nicht im Bereich zwischen dem Anlenkungspunkt im hinteren Bereich der Ladefläche und dem Angriffspunkt des Hydraulikzylinders. Auch sind die Längsachsen des unteren Endes und des oberen Endes der zur Hubvorrichtung gehörenden "Arme" nicht in etwa parallel zueinander angeordnet.

g)

Die deutsche Auslegeschrift xxxxxxxxx betrifft schließlich ein Transportfahrzeug mit einer Ladevorrichtung zum seitlichen Auf- und Abladen der Last, wobei die Ladevorrichtung aus mindestens zwei Schwenkvorrichtungen für die Schwenk- und Ladebewegung beim seitlichen Auf- und Abladen der Last besteht, von der die eine Schwenkvorrichtung vor und die andere Schwenkvorrichtung hinter der Last angeordnet ist. Mindestens eine der Schwenkvorrichtungen ist hierbei in Richtung der Fahrzeuglängsachse längs verschiebbar. Bei dieser Konstruktion handelt es sich nicht um einen Absetzkipper mit zwei Armen, die im hinteren Bereich der Fahrzeugladefläche angelenkt und dort um Achsen schwenkbar sind, die zum hinteren Rand der Ladefläche etwa parallel verlaufen. Die Schwenkvorrichtung weist zwar einen S-förmigen Verlauf in Gestalt einer Hauptschwinge (18) auf; zur Betätigung der am freien Ende der Hauptschwinge (18) angelenkten Hubschwinge (20) ist jedoch zwischen den Krümmungen dieses Armes ein Zylinder vorgesehen, durch welchen die durch die Krümmung geschaffene "Ausnehmung" ausgefüllt wird.

2.

Der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters beruht auch auf einem erfinderischen Schritt im Sinne von § 1 Abs. 1 GebrMG.

Weder die britische Patentschrift xxxxxxxxxxx (Anlage B 1/E 2) noch der "xxxx-Absetzkipper" gemäß Anlage B 1/E 3 vermögen den Fachmann zum Gegenstand des Klagegebrauchsmusters zu führen. Denn sie offenbaren einen Kipper mit jeweils nur einfach abgewinkelten Schwenkarmen.

Obgleich bei diesem Stand der Technik die rückwärtigen Schwenkmöglichkeiten im Vergleich zu Kippern mit gerade ausgebildeten Armen bereits verbessert sind, bietet der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters - unbestritten - weitere Vorteile. Im Gegensatz zu den einfach abgewinkelten Schwenkarmen lassen sich die gebrauchsmustergemäßen Arme auch hinter der am Fahrzeugende angeordneten Abstützungsvorrichtung anlenken, was weder bei dem Gegenstand der Entgegenhaltung B 1/E 2 noch bei demjenigen der Entgegenhaltung B 1/E 3 möglich gewesen ist. Durch diese Anlenkungsmöglichkeit wird zum einen der Schwenkbereich nach hinten vergrößert. Zum anderen wird durch den unterhalb der Ladefläche gelegenen Anlenkungspunkt der Hebelarm zu Beginn des Schwenkvorganges vergrößert. Hierbei gilt: Je größer der vertikale Abstand zwischen dem Anlenkungspunkt des Hydraulikzylinders und der Schwenkachse der Schwenkarme ist, umso größer ist auch der Hebelarm. Durch die Vergrößerung des Hebelarmes werden geringere Kräfte, insbesondere zu Beginn der Schwenkbewegung benötigt.

Die schweizer Patentschrift xxxxxxx (Anlage B 1 / E 4), welche ebenso wie die vorbezeichnete britische Patentschrift bei der Erteilung des mit dem Klagegebrauchsmuster inhaltsgleichen Klagepatentes berücksichtigt worden ist, gibt dem Fachmann gleichfalls keine Anregung, die Schwenkarme mit zwei Abwinkelungen im Sinne der Merkmale 5 und 6 auszubilden. Da bei dem aus ihr bekannten Stand der Technik die einzige Abwinkelung der Arme nicht zwischen dem Anlenkungspunkt im hinteren Bereich der Ladefläche und dem Angriffspunkt des Hydraulikzylinders liegt, ist diese Entgegenhaltung im Vergleich zu den beiden zuvor genannten Entgegenhaltungen sogar noch weiter vom Gegenstand des Klagegebrauchsmusters entfernt.

Wie der Fachmann schließlich von dem aus der deutschen Offenlegungsschrift xxxxxxx (Anlage B 1 / E 5) bekannten Kipper mit seiner galgenförmig ausgeführten Tragkonstruktion zum Gegenstand des Klagegebrauchsmusters gelangen sollte, ist nicht ersichtlich.

V.

Aus der Verletzung des Klagepatentes und des Klagegebrauchsmusters ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.

Da die Beklagte den Gegenstand der Klageschutzrechte rechtswidrig benutzt hat, ist sie den Klägern zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG, § 24 Abs. 1 GebrMG.

2.

Außerdem können die Kläger von der Beklagten nach § 139 Abs. 2 PatG, § 24 Abs. 2 GebrMG Schadensersatz verlangen. Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patent- und Gebrauchsmusterverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es überdies hinreichend wahrscheinlich ist, dass den Klägern durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von den Klägern jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennen, ist ein rechtliches Interesse der Kläger an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO

3.

Damit die Kläger in die Lage versetzt werden, den ihnen zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte ihnen gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Kläger sind auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über welche sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügen und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4.

Gemäß § 140b PatG, § 24b GebrMG hat die Beklagte schließlich über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschriften geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I.2. mit den Angaben zusammengefasst, welche zum Zwecke der Rechnungslegung vorzunehmen sind.

Die diesbezüglich von der Beklagten beantragte Einräumung eines Wirtschaftsprüfervorbehaltes kommt nicht in Betracht. Denn die Beklagte hat keine Umstände dargetan, welche eine Bekanntgabe ihrer gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ausnahmsweise als unverhältnismäßig erscheinen lässt.

VI.

Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung in Hinblick auf den von der Beklagten gegen das Klagepatent erhobenen Einspruch besteht keine hinreichende Verlassung,

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 - Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 - Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 - Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 - Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies wiederum kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.

Hiervon ausgehend besteht im Streitfall kein hinreichender Anlass zu einer Aussetzung der Verhandlung, weil ein Widerruf des Klagepatents aus den unter IV. genannten Gründen nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Dies gilt um so mehr, als die entgegengehaltene britische Patentschrift xxxxxxx, aus der bereits eine Vorrichtung mit zwei Schwenkarmen, welche eine Abwinkelung aufweisen, schon im Patenterteilungsverfahren berücksichtigt worden ist und der fachkundige Prüfer das Klagepatent in Kenntnis dieses Standes der Technik erteilt hat.

VII.

Eine Aussetzung der Verhandlung bis zur Entscheidung über den Löschungsantrag gegen das Klagegebrauchsmuster nach § 19 GebrMG kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters nach den Ausführungen zu IV. schutzfähig ist.

VIII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 250.000, -- &.8364;.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 04.04.2002
Az: 4a O 100/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/5653f99b4bbe/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_4-April-2002_Az_4a-O-100-01




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