Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Oktober 2005
Aktenzeichen: 29 W (pat) 99/05

(BPatG: Beschluss v. 19.10.2005, Az.: 29 W (pat) 99/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 19. Oktober 2005 (Aktenzeichen 29 W (pat) 99/05) die Beschwerde zurückgewiesen. Es ging dabei um die Eintragung der Wortmarke "ökomobil" für verschiedene Waren und Dienstleistungen. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hatte die Anmeldung zunächst beanstandet und schließlich zurückgewiesen. Die Begründung dafür war, dass das angemeldete Zeichen eine Zusammensetzung der Begriffe "öko" und "mobil" sei und der Verkehr daraus lediglich entnehmen könne, dass es sich um umweltfreundliche Fahrzeuge oder Antriebe handle. Zudem handle es sich bei dem Gesamtwort um eine zur Beschreibung geeignete Sachaussage und sei daher nicht als Herkunftshinweis zu verstehen.

Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der Begriff "ökomobil" eine gewisse Mehrdeutigkeit aufweise und daher schutzfähig sei. Insbesondere der Teilbegriff "mobil" könne auch im Sinn von "wohlauf, gesund, lebendig, munter, in Bewegung versetzen" verwendet werden. Es ginge bei dem Begriff nicht nur um umweltschonende Fahrzeuge, sondern auch um allgemeine Umweltthemen.

Das Bundespatentgericht kommt zu dem Schluss, dass die Wortfolge "ökomobil" sowohl für die zurücgewiesenen Waren und Dienstleistungen als auch für die in Klasse 41 beanspruchte Eintragung eine im Vordergrund stehende Sachangabe für energiesparende, umweltfreundliche Fahrzeuge ist. Selbst wenn man von einer weiteren Bedeutung ausgeht, nämlich dass man durch ökologische Produkte gesund und beweglich bleibt, handelt es sich ebenfalls nur um eine Sachangabe, die als Inhalt des entsprechenden Druckerzeugnisses geeignet ist. Daher fehle der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft.

Zudem bestehe ein Freihaltebedürfnis, da das Zeichen ausschließlich aus Zeichen und Angaben bestehe, die zur Beschreibung wesentlicher Eigenschaften der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen könnten. Auch Mitbewerber haben daher ein Interesse an der Freihaltung des Begriffs "ökomobil", da sie ihre eigenen umweltfreundlichen Fahrzeuge daraufhin benennen und publizieren können müssen. Die Beschwerde wird daher zurückgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 19.10.2005, Az: 29 W (pat) 99/05


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke 304 63 513 ökomobilsoll für Waren und Dienstleistungen der Klasse 12: Fahrzeuge zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft, zu Wasser und auf Schienen; Elektrofahrzeuge; Elektromotoren für Landfahrzeuge; Antriebsmaschinen für Landfahrzeuge;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, Zeitschriften; Zeitungen und Bücher;

Klasse 41: Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, Zeitschriften, Zeitungen und Büchern;

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung des Zeichens mit Schreiben vom 23. Februar 2005 beanstandet und mit Beschluss vom 10. Juni 2005 zurückgewiesen. Bei dem angemeldeten Zeichen handle es sich um die Zusammensetzung der Begriffe "öko" und "mobil". Der angesprochene Verkehr werde der Bezeichnung im Hinblick auf die Waren der Klasse 12 nur entnehmen, dass es sich um ökologische, dh umweltfreundliche, sparsame Fahrzeuge oder Antriebe handle. Betreffend die Waren der Klasse 16 liege lediglich eine Inhaltsangabe vor. Der Verkehr sehe deshalb keinen Herkunftshinweis in dem Zeichen, sondern lediglich eine zur Beschreibung geeignete Sachaussage. Das Gesamtwort sei im übrigen auch für Mitbewerber freizuhalten, da es besonders geeignet ist, ökologische Fahrzeuge zu beschreiben.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde vom 28. Juli 2005 (Bl 5 ff d A) trägt die Anmelderin vor, der Begriff "ökomobil" weise eine gewisse Mehrdeutigkeit auf, die für die Schutzfähigkeit ausreiche. Insbesondere der Teilbegriff "mobil" beinhalte nicht nur die Bedeutung "Fahrzeug, Auto", sondern werde auch im Sinn von "wohlauf, gesund, lebendig, munter, in Bewegung versetzen" verwendet. Im Hinblick auf die Druckereierzeugnisse könne dies deshalb auch heißen, dass der Leser für allgemeine Umweltthemen sensibilisiert bzw. mobilisiert werden solle. Thematisch gehe es dabei keineswegs nur um die Beschäftigung mit umweltschonenden Fahrzeugen oder deren Teilen.

Die Anmelderin beantragt daher (sinngemäß), der Beschluss der Markenstelle vom 10. Juni 2005 wird aufgehoben.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs 1 und 2 MarkenG zulässig, aber nicht begründet. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen, außerdem besteht ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

1. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (stRspr; EuGH GRUR 2004, 1027 - Rn 42 ff - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2005, 257 - Bürogebäude; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153/1154 - antiKALK). Kann einem Zeichen für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, oder handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch). Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2005, 763, 764 - HAVE A BREAK; MarkenR 2004, 116, 120 Rn 50 - Waschmittelflasche; MarkenR 2003, 187, 190 Rn 41 - Linde ua;). Nach diesen Grundsätzen verfügt die Wortfolge hinsichtlich der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft.

1.1. Das Zeichen in seiner Gesamtheit "ökomobil" wird vom Verkehr in der Bedeutung "umweltfreundliches Fahrzeug" oder "wohlauf und/oder beweglich durch ökologische Produkte" ohne weiteres in der verständlichen begrifflichen Bedeutung erfasst und nicht als Herkunftshinweis aufgefasst. "Öko" ist dabei als Kurzform in Zusammensetzungen für "ökologisch, Ökologie" in die deutsche Umgangssprache eingegangen (Wahrig, Universalwörterbuch Rechtschreibung, 2002, S 772). Die deutsche Sprache kennt weitere Zusammensetzungen mit "öko" wie zB "Ökofreak", "Ökoladen", "Ökokatastrophe", "Ökosystem", "Ökotrend" (aaO), so dass auch "ökomobil" nahtlos in diese - im Wörterbuch stehende - Reihe einzubeziehen ist. Dem Verkehr ist darüber hinaus auch die Bedeutung des Wortes "mobil" für "beweglich", aber umgangssprachlich auch für "wohlauf" (aaO, S 716) bekannt. In Zusammensetzungen kennt er neben dem "Wohnmobil", "Automobil" oder "Tretmobil" auch die "Mobilität".

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH zu "BIOMILD" (MarkenR 2004, 111 ff = GRUR 2004, 680 ff) ist eine sprachliche Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen, von denen jeder beschreibend ist, auch in der Gesamtheit beschreibend, sofern nicht ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der Summe der Bestandteile besteht. Es spielt dabei keine Rolle, dass eine konkret angemeldete Wortzusammensetzung lexikalisch nicht nachweisbar ist, da das Verständnis einer Wortverbindung nicht davon abhängt, dass sie in einem Wörterbuch verzeichnet ist (vgl EuGH aaO; BGH WRP 2002, 982, 984 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I). Maßgeblich ist allein, ob sie das Publikum als sachbeschreibenden Hinweis versteht.

1.2. Für die Druckereierzeugnisse der Klasse 16 ist die jeweilige Wortkombination daher eine im Vordergrund stehende Sachangabe für energiesparende, umweltfreundliche Fahrzeuge, dh Inhaltsangabe für Druckereierzeugnisse mit dem Thema "ökomobil". Selbst wenn man von einer weiteren Bedeutung ausgeht und in "ökomobil" die Möglichkeit sieht, aufgrund ökologischer Produkte gesund und beweglich zu bleiben, ist dies ebenfalls wiederum nur eine im Vordergrund stehende Sachangabe, die sich als Inhalt des entsprechenden Druckerzeugnisses eignet. Dies führt insoweit jedoch nicht zu einer "Mehrdeutigkeit" des Begriffs, die eine Eintragung begründen könnte. Es kommt nämlich nicht darauf an, in welcher der beiden Bedeutungen das Zeichen auftritt, sondern nur darauf, dass es in einer seiner möglichen Bedeutungen beschreibend ist. Dies reicht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits aus, um die Schutzfähigkeit zu verneinen (EuGH GRUR 2004, 146 - Rn 32 - DOUBLEMINT; C-326/01 Rn 37 - UNIVERSALTELEFONBUCH/UNIVERSALKOMMUNIKATIONSVERZEICHNIS)..

1.3. Für die in Klasse 41 beanspruchte Eintragung der Dienstleistung "Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, Zeitschriften, Zeitungen und Büchern" gilt das zu den Druckereierzeugnissen Gesagte, da der Verkehr insoweit nicht zwischen dem Druckererzeugnis und seiner Veröffentlichung unterscheidet.

1.4. Für die Waren der Klasse 12 "Fahrzeuge zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft, zu Wasser und auf Schienen; Elektrofahrzeuge; Elektromotoren für Landfahrzeuge; Antriebsmaschinen für Landfahrzeuge" ist das angemeldete Zeichen in seiner ersten Bedeutung als "umweltfreundliches Fahrzeug" ebenfalls beschreibend. Wie die Recherche des Senats ergeben hat, wird der angemeldete Begriff in dieser Bedeutung bereits seit längerem verwendet: "In Kürze will Greenpeace ein eigenes Konzept für ein Drei-Liter-Auto vorstellen. Das Ökomobil soll sich durch geringes Gewicht und sehr gute Aerodynamik auszeichnen." (Süddeutsche Zeitung Nr 156 vom 9. Juli 1996, S 6). "Informationen zum Thema Garten- und Landschaftsbau. Ökomobil, Paula-Preuß-Straße 25, Samstag ..." (aaO, Münchner Stadtanzeiger, Nr 93 vom 23. April 1999, S N 1). Auch einer international registrierten Marke wurde für die Bundesrepublik Deutschland in Klasse 12 der Schutz versagt (PAVIS PROMA, BPatG 28 W (pat) 8/94), da es sich bei "ökomobil" nur um "eine als Sachangabe gut geeignete Wortkombination" handle, die Fahrzeuge lediglich als umweltfreundlich charakterisiere.

2. § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG verbietet die Eintragung von Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Beschreibung wesentlicher Eigenschaften der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen "dienen können". Für die Mitbewerber besteht im vorliegenden Fall ein entsprechendes Interesse an der Freihaltung des zur beschreibenden Benutzung geeigneten Begriffs "ökomobil", da sie ihre eigenen umweltfreundlichen Fahrzeuge in derselben Weise benennen, und auch dementsprechend unter diesem Begriff publizieren können müssen.

Grabrucker Baumgärtner Dr. Mittenberger-Huber Cl






BPatG:
Beschluss v. 19.10.2005
Az: 29 W (pat) 99/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/5884fe7cc96c/BPatG_Beschluss_vom_19-Oktober-2005_Az_29-W-pat-99-05




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