Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 15. Februar 1996
Aktenzeichen: 4 O 237/95
(LG Düsseldorf: Urteil v. 15.02.1996, Az.: 4 O 237/95)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Landgericht Düsseldorf hat am 15. Februar 1996 in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 4 O 237/95 ein Urteil gefällt. In dem Urteil wurden die Beklagten dazu verurteilt, bestimmte Handlungen zu unterlassen. Dabei ging es um die Verwendung einer bestimmten Marke für Kleidungsstücke. Die Beklagten durften die Marke nicht mehr in Deutschland anbieten, in den Verkehr bringen oder besitzen. Es war ihnen außerdem untersagt, Kleidungsstücke unter der Marke aus einem Land einzuführen, das nicht zur Europäischen Union oder zum Europäischen Wirtschaftsraum gehört. Die Marke durfte auch nicht in der Werbung für die Bekleidungsstücke verwendet werden. Des Weiteren wurden die Beklagten dazu verpflichtet, der Klägerin Auskunft über die begangenen Handlungen zu geben. Diese Auskunft beinhaltete unter anderem Informationen zu Lieferanten, Abnehmern, Menge der gelieferten Ware und erzielten Umsätzen. Außerdem wurde festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Inhaberin der Marke entstanden ist und noch entstehen wird. Die Kosten des Verfahrens wurden zu 95 % den Beklagten und zu 5 % der Klägerin auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch nur gegen Sicherheitsleistung.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
LG Düsseldorf: Urteil v. 15.02.1996, Az: 4 O 237/95
Tenor
I.
Die Beklagten werden verurteilt,
1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,
a)
Kleidungsstücke unter der Marke
X
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, die außerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und außerhalb eines anderen Ver-tragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht wurden oder ohne Zustimmung des Markeninhabers in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht wurden,
b)
Bekleidungsstücke unter der in Ziffer a) angegebenen Marke aus einem Staat, der weder Mitgliedsstaat der Europäischen Union noch Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, einzuführen,
c)
die in Buchstabe a) angegebene Marke in der Werbung für Bekleidungsstücke der zu a) und b) bezeichneten Art zu benutzen;
2.
der Klägerin über den Umfang der unter Ziffer I. 1. beschriebenen und seit dem 1. Januar 1995 begangenen Handlungen Auskunft zu geben, und zwar unter Angabe
der Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber,
der Menge der ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Ware, der Lieferzeiten sowie der erzielten Umsätze und
der Werbung unter Nennung der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet.
II.
Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Inhaberin der deutschen Marke X, der X, California/USA - durch die unter Ziffer I. beschriebenen und seit dem 1. Januar
1995 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entsteht.
III.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 95 % den Beklagten als Gesamtschuldnern und zu 5 % der Klägerin auferlegt.
V.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 DM.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.100,00 DM abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland geschäftsansässigen und als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt einen Groß- und Einzelhandel für Bekleidung und besitzt für Deutschland die ausschließlichen Vertriebsrechte für Waren der in Irvine, California/USA ansässigen X, die Inhaberin der am 25. Mai 1988 angemeldeten und für Bekleidungsstücke insbesondere Hemden, Shorts, Badeanzüge, T-Shirts, Trainingsanzüge, Westen und Hosen eingetragenen deutschen Marke X (Klagemarke, Anlage 1)
ist
In einem Vertrag über die Warenzeichendurchsetzung vom 1. Mai 1995 (vgl. Anlage 2, deutsche Übersetzung Anlage 2 a) hat die Markeninhaberin die Klägerin dazu ermächtigt, Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche gegen Dritte wegen Verletzung der Klagemarke im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen; außerdem hat sie der Klägerin alle Schadenersatz- und Auskunftsansprüche gegen die Beklagten aus der Verletzung der Klagemarke abgetreten (vgl. Anlagen 6 und 6 a). Die von der Markeninhaberin weltweit unter der Klagemarke in den Verkehr gebrachte Ware trägt keine besonderen Unterscheidungsmerkmale, anhand derer sie einem bestimmten Vertriebsgebiet zugeordnet werden könnte.
Auch die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, bringt von der Markeninhaberin stammende und mit der Klagemarke versehene Kleidungsstücke in Deutschland auf den Markt. Die Klägerin sieht darin eine Verletzung der Rechte aus der Klagemarke und macht geltend: Die von der Beklagten zu 1) eingeführte Markenware sei in den Vereinigten Staaten von Amerika in den Verkehr gebracht worden. Einem Vertrieb dieser Ware in Deutschland oder in einem anderen Staat der Europäischen Union habe die Markeninhaberin nicht zugestimmt. Die Markeninhaberin erlege jedem von ihr belieferten Vertragshändler in Europa die Verpflichtung auf, Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb seines Vertragsgebietes abzugeben. In allen Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraumes gebe es jeweils nur einen Alleinvertriebsberechtigten für X-Markenware (vgl. die Aufstellung gemäß Anlage 7). Auf den bis 1994 geltenden Grundsatz der weltweiten Erschöpfung könne sich die Beklagte nach Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 nicht mehr berufen.
Nach Treu und Glauben sei die Beklagte zu umfassenden Auskünften entsprechend dem nachstehend wiedergegebenen Antrag verpflichtet. Sie habe bereits vor Inkrafttreten des Markengesetzes X-Originalware in den Verkehr gebracht und Verwarnungen aus der Zeit im November 1994 bis Januar 1995 (vgl. Anlagen 11 und 12), von denen eine auch auf die Änderung des Markengesetzes zum Jahresbeginn 1995 hingewiesen habe, unbeachtet gelassen und auch die vorprozessual von ihr geforderte Auskunft über die Herkunft der Waren nicht erteilt.
Die Klägerin beantragt,
I.
die Beklagten zu verurteilen,
1.
unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel die zu 1. 1. a) bis c) des Urteilsausspruches näher bezeichneten Handlungen zu unterlassen,
2.
ihr über den Umfang der unter Ziffer I. I. beschriebenen und seit dem 1. Januar 1995 begangenen Handlungen Auskunft zu geben, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit der Angabe der einzelnen Lieferungen unter Nennung
von Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber
der Menge der ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Ware, der Lieferzeiten sowie der Bezugs- und Abgabepreise
und unter Angabe der einzelnen Angebote und der Werbung unter Nennung
der Angebotsmengen, -zeiten, -preise und
Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhö-
he, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsge-
biet,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstandenen Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, ihr - der Klägerin - auf Anfrage hin mitzuteilen, ob bestimmte Angebote und/der Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten sind;
II.
festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1. Beschriebenen und seit dem 1. Januar 1995 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entsteht;
hilfsweise,
die Auskunft in vorstehend wiedergegebenen Umfang der Inhaberin der deutschen Marke X, X, X, Irvine, California X, USA, zu erteilen,
sowie festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Inhaberin der deutschen Marke X, der X, 1852 Langley, Irvine, California 92714, USA, allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. beschriebenen und seit dem 1. Januar 1995 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entsteht.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
ihnen für den Fall der Verurteilung zur Auskunftserteilung nachzulassen, die Namen und Anschriften von Lieferanten, Vorbesitzern, Abnehmern, Auftraggebern oder Angebotsempfängern unter den üblichen Voraussetzungen statt der Klägerin einem vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen.
Sie stellen eine Verletzung der Rechte aus der Klagemarke in Abrede und tragen vor: Die Markenrechte seien erschöpft. Soweit sie - die Beklagte - die Waren bereits vor Inkrafttreten des neuen Markengesetzes bezogen hätten, seien die Rechte der Markeninhaberin nach dem Grundsatz der weltweiten Erschöpfung verbraucht, nachdem entweder die Markeninhaberin selbst oder ein mit ihrer Zustimmung handelnder Dritter die Waren in den Verkehr gebracht habe. Die hierdurch einmal eingetretene Erschöpfung habe das Markengesetz nicht rückgängig gemacht. Für die seit dem 1. Januar 1995 vorgenommenen Vertriebshandlungen seien die Rechte aus der Klagemarke nach § 24 Abs. 1 MarkenG erschöpft; die Beklagte zu 1) beziehe ihre Originalware aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union bzw. einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, wo sie von der amerikanischen Markeninhaberin in den Verkehr gesetzt worden sei. Ihren Lieferanten namentlich zu benennen, sei ihnen nicht zuzumuten; dazu bestehe auch keine Veranlassung, solange die Klägerin nicht die Lückenlosigkeit des von ihr behaupteten Vertriebssystems darlege und beweise.
Außerdem habe die Klägerin keinen Anspruch auf Auskunft über Verbreitungshandlungen seit dem 1. Januar 1995, nachdem sie nicht vorgetragen habe, daß sie - die Beklagten - die angegriffenen Handlungen an diesem Tag erstmals begangen hätten. Unbegründet sei der Auskunftsanspruch auch, soweit die Klägerin Angaben über genaue Lieferdaten und Abnehmer verlange.
Wegen der weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig und im wesentlichen begründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist berechtigt, als gewillkürte Prozeßstandschafterin die Ansprüche der Markeninhaberin X gegen die Beklagten wegen Verletzung der Klagemarke im eigenen Namen geltend zu machen. Ihr schutzwürdiges Interesse daran ergibt sich aus ihrer Stellung als Alleinvertriebsberechtigte für die Waren der Markeninhaberin in der Bundesrepublik Deutschland.
II.
Die Klage ist im wesentlichen begründet. Die Beklagten sind der Klägerin aus § 14 Abs. 5 des Markengesetzes (MarkenG) zur Unterlassung, gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG zum Schadenersatz und gemäß § 19 Abs. 1 und 2 MarkenG, §§ 242, 259 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zur Auskunft verpflichtet, nachdem sie schuldhaft die Rechte aus der Klagemarke verletzt haben. Unbegründet ist die Klage nur, soweit die Klägerin Ersatz ihres eigenen Schadens und Auskunft über die einzelnen Angebote und die Angabe der Bezugs- und Abgabepreise verlangt.
1.
Nach § 14 Abs. 5 MarkenG haben die Beklagten es zu unterlassen, Bekleidungsstücke unter der Klagemarke "X" in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, die außerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und außerhalb eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht wurden oder ohne Zustimmung der Markeninhaberin in einem der vorgenannten Staaten in den Verkehr gelangt sind, Bekleidungsstücke unter der angegebenen Marke aus einem nicht zur Europäischen Union und zum Europäischen Wirtschaftsraum gehörenden Staat einzuführen und die Klagemarke in der Werbung für solche Bekleidungsstücke zu benutzen. Die Markeninhaberin hat keine Zustimmung dazu gegeben, daß die Beklagten von ihr stammende mit der Klagemarke gekennzeichnete Waren in der Bundesrepublik Deutschland vertreiben, denn sie hat in Kenntnis dieser Handlungen der Beklagten die alleinvertriebsberechtigte Klägerin dazu ermächtigt, den Beklagten den Vertrieb gerichtlich verbieten zu lassen, so daß den Beklagten die angegriffenen Vertriebshandlungen nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nrn. 2 und 4 MarkenG untersagt sind.
Daß die Markeninhaberin die Bekleidungstücke bereits in den Vereinigten Staaten von Amerika auf den Markt gebracht hat, hat seit dem 1. Januar 1995 nach § 24 MarkenG auf ihre Markenrechte keinen Einfluß mehr. Nach § 24 Abs. 1 MarkenG tritt eine Erschöpfung der Markenrechte nur noch ein, wenn der Inhaber oder ein mit seiner Zustimmung handelnder Dritter die mit der geschützten Marke gekennzeichnete Ware im Inland, einem der übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht hat. Der bisher geltende Grundsatz der weltweiten Erschöpfung findet seither keine Anwendung mehr. Dies hat die Kammer in ihrem Urteil vom 4. Juli 1995 - 4 0 211/95, WRP 1995, 979, 981 f. - im einzelnen ausgeführt; hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Daß die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen sich nach § 24 Abs. 1 MarkenG die Rechte an einer Marke erschöpfen, läßt sich im Streitfall nicht feststellen. Die Beklagten könnten der Klägerin den Erschöpfungseinwand nur dann mit Erfolg entgegenhalten, wenn sämtliche von ihnen vertriebenen und mit der Klagemarke gekennzeichneten Bekleidungsstücke von der Markeninhaberin oder einem mit ihrer Zustimmung handelnden Dritten in Deutschland, einem der übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden wären. Dafür ist jedoch dem Vorbringen der Beklagten nichts hinreichend Konkretes zu entnehmen. Sie haben nur vorgetragen, ihre Ware stamme von einem namentlich nicht benannten Vertragshändler der Klägerin in einem Land der Europäischen Gemeinschaft oder des Europäischen Wirtschaftsraumes. Daraus geht nicht eindeutig hervor, daß die Beklagten geltend machen wollten, sämtliche von ihnen vertriebenen mit der Klagemarke versehenen Bekleidungsstücke seien von der Markeninhaberin in einem der vorgenannten Staaten in den Verkehr gebracht worden und sie -die Beklagten - hätten diese Waren ausschließlich von in diesen Staaten ansässigen Vertragshändlern der Markeninhaberin bezogen. Derartiges haben die Beklagten auch im Verhandlungstermin vom 16. Januar 1995 nicht vorgetragen, obwohl die Klägerin ihren diesbezüglichen Hinweis auf Bl. 13 ihres Replikschriftsatzes vom 3. Januar 1996 (Bl. 42 GA) im Verhandlungstermin vom 16. Januar 1996 wiederholt hat. Da § 24 MarkenG nach der Gesetzessystematik eine Ausnahmevorschrift darstellt und im Markenverletzungsprozeß rechtshindernde Tatsachen normiert, hat grundsätzlich der wegen Markenverletzung in Anspruch Genommene - hier die Beklagten - diejenigen Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, die den Erschöpfungseinwand begründen.
Das bedeutet allerdings nicht, daß die Beklagten in diesem Zusammenhang den Namen ihres Lieferanten angeben müssen, von dem sie die angegriffene Ware bezogen haben. Auf diese Weise erführe der Markenverletzungskläger die Herkunft der angegriffenen mit der Klagemarke versehenen Ware bereits aus dem Verteidigungsvorbringen des Verletzungsbeklagten unabhängig davon, ob eine Markenverletzung vorliegt oder nicht. Das würde dem Umstand nicht gerecht, daß der Markeninhaber Auskunft über die Herkunft dieser Ware nach § 19 MarkenG nur im Falle einer Markenverletzung verlangen kann und nicht schon bei deren Verdacht. Anderenfalls müßte der in Anspruch Genommene dem Inhaber der Markenrechte auch solche Vertriebshandlungen offenlegen, die sich später als rechtmäßig erweisen. Das ermöglichte es dem Markeninhaber, über den erweiterten Auskunftsanspruch zu überwachen, ob die von ihm belieferten Händler ihnen auferlegte schuldrechtliche Vertriebsbeschränkungen einhalten. Das ist jedoch nicht der Schutzzweck des Markengesetzes. Zugemutet werden kann dem Markenverletzungsbeklagten dagegen vorzutragen, ob die von ihm vertriebene mit der Klagemarke versehene Ware ausschließlich aus in § 24 Abs. 1 MarkenG genannten Staaten stammt und dort vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurde.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Markenverletzungskläger sich aus den vorgenannten Gründen u.U. ebenfalls nicht darauf beschränken kann vorzutragen, die Beklagte vertreibe mit der Klagemarke versehene Erzeugnisse. Zwar muß der Inhaber der Markenrechte gegebenenfalls anhand nachvollziehbarer Umstände darlegen, daß die fragliche Ware nicht mit seiner Zustimmung mit der für ihn geschützten Marke versehen und in den Verkehr gesetzt worden ist. Solche Umstände können etwa darin liegen, daß die angegriffene Ware anhand besonderer Kennzeichnungen oder ihrer sonstigen Beschaffenheit als solche identifiziert werden kann, die der Markeninhaber nicht in das in § 2 4 Abs. 1 MarkenG genannte Gebiet der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraumes liefert. Obwohl die Klägerin derartiges nicht hat vortragen können, da die Markeninhaberin ihre Waren nicht mit einer solchen besonderen Kennzeichnung versieht, greifen die Markenverletzungsansprüche im Streitfall durch, denn das Vorbringen der Beklagten läßt die Möglichkeit offen, jedenfalls ein Teil der von ihr in Deutschland auf den Markt gebrachten fraglichen Bekleidungsstücke stamme aus den USA. Erst wenn die Beklagten dargelegt hätten, die Waren der Markeninhaberin ausschließlich von deren in Staaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes ansässigen Vertragshändlern bezogen zu haben, hätte die Klägerin Veranlassung gehabt, diesem Vorbringen greifbare Anhaltspunkte dafür entgegenzuhalten, daß die von den Beklagten vertriebene Ware außerhalb dieser Staaten in den Verkehr gekommen ist. Offenbleiben kann die im vorerwähnten Urteil der Kammer vom 4. Juli 1995 nicht entschiedene Frage, ob die Markenrechtsänderung die unter der Geltung des ehemaligen Warenzeichengesetzes eingetretene Erschöpfung der Markenrechte an bis zum 31. Dezember 1994 erstmals in den Verkehr gelangten Waren nachträglich wieder aufgehoben hat. Nachdem das Markengesetz nunmehr über ein Jahr in Kraft steht und die mit der Klagemarke versehenen Waren beim privaten Letztabnehmer sehr beliebt sind, ist die Kammer davon ausgegangen, daß die Beklagten vor dem Inkrafttreten des Markengesetzes erstmals in den Verkehr gekommene Bestände inzwischen abverkauft haben, zumal sie auf den entsprechenden Hinweis der Kammer im letzten Verhandlungstermin nicht vorgetragen haben, solche Bestände noch auf Lager zu haben.
2.
Nachdem die Markeninhaberin ihr ihre aus der Verletzung der Klagemarke hervorgegangenen Ansprüche auf Schadenersatz abgetreten hat, kann die Klägerin von den Beklagten nach § 14 Abs. 6 MarkenG i.V.m. § 398 BGB Ersatz aller Schäden verlangen, die der Markeninhaberin daraus entstanden sind, daß die Beklagten die ihnen in Abschnitt I 1 a) - c) des Urteilsausspruches untersagten Handlungen begangen haben. Die Beklagten haben die Markenrechte schuldhaft verletzt, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB. Den Beklagten war die Klagemarke bekannt, nachdem die Klägerin sie schon im November 1994 abgemahnt (vgl. Anlage 11) und mit Schreiben vom 5. Dezember 1994 (Anlage 12) auf die zum 1. Januar 1995 in Kraft tretende Einschränkung des Erschöpfungseinwandes hingewiesen hatte. Dennoch haben sie das angegriffene Verhalten nicht eingestellt. Das darin liegende Verschulden des Beklagten zu 2) ist der Beklagten zu 1) entsprechend § 31 BGB zuzurechnen; außerdem haften beide Beklagten nach den §§ 830, 840 BGB als Gesamtschuldner.
Die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz erstreckt sich auf ihre seit Inkrafttreten des Markengesetzes begangenen Verletzungshandlungen. Die Abtretung enthält keine zeitliche Begrenzung, und entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Ansprüche der Klägerin nicht zeitlich rückwirkend auf denjenigen Zeitpunkt beschränkt, für den eine Verletzungshandlung erstmals schlüssig vorgetragen wird. Soweit der I. Senat des Bundesgerichtshofes in seinen Entscheidungen "Indorektal/Indorexal" (GRUR 1995, 50, 54) und "Gaby" (GRUR 1988, 307, 308) diese Ansicht vertreten hat, stimmt die Kammer ihr aus den in ihren Urteilen vom 4. Oktober 1988 (GRUR 1989, 583, 586 -Strickwarenhandel) und vom 31. Oktober 1989 (GRUR 1990, 117, 118- Strickwarenhandel II) dargelegten Gründen nicht zu. Auch der für die Verletzung von Patenten und Gebrauchsmustern zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes folgt der vorgenannten Rechtssprechung des I. Zivilsenates nicht (vgl. BGHZ 117, 264, 278 f.- Micola) . Im Markenrecht - wie auch bei anderen Schutzrechten -hängt es häufig vom Zufall ab, zu welchem Zeitpunkt der Inhaber von der Verletzung seiner Rechte erfährt, und es wird ihm in aller Regel nur selten gelingen, mehr als einen oder wenige Verletzungsfälle nachzuweisen. Dementsprechend billigt auch der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes für nach der festgestellten ersten Verletzungshandlung begangenen gleichartige Handlungen Schadenersatz- und Auskunftsansprüche zu, ohne daß sie im einzelnen nachgewiesen werden müssen.
Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) daran, die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz dem Grunde nach feststellen zu lassen, statt auf Leistung zu klagen. Daß der Markeninhaberin durch die Verletzungshandlungen der Beklagten Schaden entstanden ist, ist hinreichend wahrscheinlich; beziffern kann die Klägerin die daraus hervorgehenden Schadenersatzansprüche jedoch erst, wenn ihr die Auskunft der Beklagten vorliegt.
Keinen Anspruch hat die Klägerin dagegen auf Ersatz ihres eigenen Schadens. Ein solcher Schaden setzt voraus, daß sie entweder Inhaberin der Klagemarke ist oder wenigstens ein dinglich wirkendes Recht daran besitzt. Beides ist jedoch nicht der Fall. Die Klägerin ist nicht Markeninhaberin, und sie besitzt auch keine dinglich wirkende Lizenz daran; das ist in Ziffer 10.2 Satz 1 des Händlervertrages vom 1. Mai 1995 (Anlagen 2/2a) ausdrücklich klargestellt. Daß sie nach diesem Vertrag weiterhin ausschließlich berechtigt ist, ihr von der Markeninhaberin gelieferte und mit der Klagemarke versehene Ware in der Bundesrepublik Deutschland zu vertreiben, rechtfertigt keine andere Beurteilung, denn das stünde ihr nach dem Markengesetz ohnehin offen wie jedem anderen auch. Daß die Markeninhaberin sich verpflichtet hat, ihre Waren zu diesem Zweck nur an die Klägerin zu liefern, wirkt nur schuldrechtlich und begründet ebenfalls keine Lizenz.
3.
Steht die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz dem Grunde nach fest, so entspricht es Treu und Glauben (§ 242 BGB) , daß sie der Klägerin über den Umfang ihrer Verletzungshandlungen Auskunft zu erteilen hat. Da der Schadenersatz bei Markenverletzungen in aller Regel nur zu schätzen ist und nach der Lizenzanalogie zu berechnen sein wird, hat die Klägerin allerdings keinen Anspruch auf Mitteilung der Bezugs- und Abgabepreise und der einzelnen Angebote, sondern nur auf Mitteilung der aus den Verletzungshandlungen erzielten Umsätze und der in diesem Rahmen betriebenen Werbung (vgl. BGH GRUR 1973, 375 -Miss Petite; 1977, 491, 494 - ALLSTAR).
Eine Rechtsgrundlage für die Angabe dieser Einzelheiten ergibt sich auch nicht aus § 19 Abs. 1 und 2 MarkenG; nach dieser Vorschrift hat die Klägerin nur Anspruch auf Angabe der Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer und Auftraggeber und der Menge der ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Ware.
Den Beklagten konnte nicht nachgelassen werden, die Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber statt der Klägerin einem ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen. Das wäre mit den Zweck des erweiterten Auskunftsanspruchs nach § 19 MarkenG unvereinbar, dem Schutzrechtsinhaber weitere an der Verletzung Beteiligte, zu denen auch die vorerwähnten Personen gehören, zur Kenntnis zu bringen und ihm die Überprüfung zu ermöglichen, ob er auch gegen sie Ansprüche hat und durchsetzen will; die durch den erweiterten Auskunftsanspruch angestrebte Verbesserung der Rechtslage des Schutzrechtsinhabers besteht gerade darin, ihn nunmehr zu ersparen, sich die Namen und Anschriften von dritter Seite besorgen zu müssen und beim Wirtschaftsprüfer lediglich nachfragen zu können, ob die anderweitig ermittelten und konkret anzugebenden Namen und Anschriften in der Auskunft enthalten sind. Aus welchen Gründen das unverhältnismäßig oder ihnen nicht zumutbar sein soll, haben die Beklagten nicht dargelegt.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 17. Januar 1996 rechtfertigt keine andere Beurteilung und veranlaßt auch nicht, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
III.
Entsprechend den beiderseitigen Unterliegensanteilen hat die Kammer die Kosten gemäß §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO auf beide Parteien verteilt; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich für die Zwangsvollstreckung der Klägerin aus den §§ 709 Satz 1, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO, und für die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten folgen sie aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Streitwert: 500.000,00 DM.
LG Düsseldorf:
Urteil v. 15.02.1996
Az: 4 O 237/95
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