Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. November 2000
Aktenzeichen: 24 W (pat) 50/00

(BPatG: Beschluss v. 14.11.2000, Az.: 24 W (pat) 50/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 14. November 2000 entschieden, dass der Widerspruch der Beschwerdeführerin gegen die Eintragung einer Marke teilweise erfolgreich ist. Die Marke "CARLISSA" für Seifen, Parfümerien, ätherische Öle und weitere Körper- und Schönheitspflegeprodukte wird gelöscht, da sie die ältere Marke "zartissa" verletzt. Die Markenstelle hatte den Widerspruch zuvor zurückgewiesen, da die Benutzung der älteren Marke nicht ausreichend glaubhaft gemacht wurde. Die Beschwerdeführerin hat daraufhin weitere Beweismittel vorgelegt, die ihre Markenbenutzung belegen. Das Bundespatentgericht ordnet daraufhin die Löschung der Marke "CARLISSA" an. Das Gericht stellt fest, dass die beiden Marken große Ähnlichkeit aufweisen und es daher zu Verwechslungen kommen könnte. Die Benutzung der älteren Marke wurde glaubhaft gemacht und reicht für eine Rechtserhaltung aus. Daher gibt das Gericht der Beschwerde statt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 14.11.2000, Az: 24 W (pat) 50/00


Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Januar 2000 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 852 919 zurückgewiesen worden ist.

Wegen des Widerspruchs aus der Marke 852 919 wird die Löschung der Marke 395 22 856 angeordnet.

Gründe

I Gegen die am 20. Juli 1996 veröffentlichte Eintragung der Marke 395 22 856 CARLISSA für die Waren

"Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer"

ist Widerspruch erhoben aufgrund der am 16. Dezember 1968 eingetragenen Marke 852 919 zartissa, welche für die Waren

"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ausgenommen Mittel zur Reinigung, Pflege und Verschönerung der Haare; Seifen, nämlich Fettlösungsseifen, Putzseifen, Rasierseifen, Textilseifen, Toilettenseifen; Seifen für technische Zwecke; Waschmittel, Waschpulver, Seifenflocken, Seifenpulver; Geschirrspülmittel; Parfümerien, ätherische Öle; Waschhilfsmittel, Wäschesteifungsmittel; Reinigungsmittel für Fußböden, Bohnerwachs; Reinigungsmittel für Leder, Schuhcreme"

geschützt ist.

Nachdem die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten hatte, hat die Widersprechende unter Vorlage entsprechender Glaubhaftmachungsunterlagen die Benutzung dieser Marke für eine Reihe von Kosmetika geltend gemacht.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zurückgewiesen mit der Begründung, die bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden, da die in der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung angegebenen Umsatzzahlen nicht warenmäßig aufgegliedert worden seien.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt und für die von der Benutzung betroffenen Waren "Cremeschaumbad, Duschgel, Pflegeshampoo, Gesichtscreme, Feuchtigkeitscreme, Cremelotion, Körperlotion, Reinigungsmilch, Gesichtswasser, Eau de Parfüm, Eau de Toilette, Deo-Spray und Toiletteseife" weitere Glaubhaftmachungsunterlagen eingereicht.

Sie hält die Widerspruchsmarke für rechtserhaltend benutzt und trägt vor, die Vergleichsmarken unterlägen der Gefahr von Verwechslungen. Die beiderseitigen Waren seien teils gleich, teils sehr ähnlich. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke sei aufgrund guter und langer Benutzung als erhöht einzustufen. Die Vergleichsmarken seien sich dem Klange wie dem Schriftbilde nach ähnlich.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluß aufzuheben, soweit der Widerspruch zurückgewiesen worden ist, und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bestreitet weiterhin die Benutzung der Widerspruchsmarke. Der Nachweis der Markenbenutzung sei wegen der Umfirmierung der Widersprechenden zu unbestimmt. Im übrigen könnten die beiden Marken nicht verwechselt werden. Nachdem der gemeinsame zweite Markenteil "ISSA" extrem kennzeichnungsschwach sei, seien die Markenteile "CARL" und "zart" in ihren Unterschieden ausreichend, um Verwechslungen auszuschließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Widersprechenden ist begründet.

Der Entscheidung über den Widerspruch gemäß §§ 42 Abs 2 Nr 1, 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG kann die Widerspruchsmarke mit den Waren "Cremeschaumbad, Duschgel, Pflegeshampoo, Gesichtscreme, Feuchtigkeitscreme, Cremelotion, Körperlotion, Reinigungsmilch, Gesichtswasser, Eau de Parfüm, Eau de Toilette, Deo-Spray und Toiletteseife" zugrundegelegt werden. In diesem warenmäßigen Umfang ist die Markenbenutzung als glaubhaft gemacht anzusehen. Der Umfang der Benutzung ergibt sich nunmehr in nicht mehr zu beanstandender Weise aus der von der Widersprechenden im Beschwerdeverfahren eingereichten eidesstattlichen Versicherung des Herrn Siegfried Fitzel vom 4. Oktober 2000, in der die Umsatzzahlen nach Einzelwaren für jedes Kalenderjahr zwischen 1991 und 1999 aufgegliedert sind. Dies genügt zur Glaubhaftmachung im Sinne von § 43 Abs 1 MarkenG iVm § 294 ZPO. Weitere Unterlagen darüber, ob Verkäufe in den eidesstattlich versicherten Höhen stattgefunden haben, sind entgegen der Annahme der Markeninhaberin für die Glaubhaftmachung der Umsatzzahlen nicht geboten. Denn die Glaubhaftmachung der Benutzung ist eine präsente Beweisführung, was bedeutet, daß der Verfahrensbeteiligte, dem die Glaubhaftmachung obliegt, zu beweisbedürftigen Fragen mit präsenten Beweismitteln einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit vermitteln muß. Dieser Grad der Wahrscheinlichkeit kann unter demjenigen liegen, der mit Hilfe einer vollen Beweisführung erreicht werden muß (vgl Thomas/Putzo, ZPO, 18. Aufl, § 294 Rdn 1 und 2). Als Mittel der Glaubhaftmachung kommen alle präsenten Beweismittel in Betracht, auch die eidesstattliche Versicherung.

Nachdem die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke differenziert bestritten hatte (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 43, Rdn 21) war für beide Benutzungszeiträume des § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG, die Benutzung glaubhaft zu machen. Dies ist mit der vorgenannten eidesstattlichen Versicherung geschehen, in der die Umsatzzahlen nach Kalenderjahren zwischen 1991 und 1999 aufgeschlüsselt sind. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, wann die Widersprechende auf den Verpackungen und Katalogen ihre Firmierung von "HAKAWERK H. Kunz GmbH" auf "HAKA Kunz GmbH" umgestellt hat. Denn innerhalb der beiden - ineinandergehenden - Fünfjahreszeiträume haben in jedem Fall ausreichende Benutzungshandlungen stattgefunden; sie mußten nicht die gesamte Zeit ausfüllen (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 26 Rdn 30 f).

Die von der Markenbenutzung erfaßten, oben aufgezählten Waren unterfallen den eingetragenen Waren "Mittel zur Körperpflege, ausgenommen Mittel zur Reinigung , Pflege der Haare; Seifen, nämlich Toilettenseifen; Parfümerien". Unter dem Gesichtspunkt der Integration ( vgl Althammer/Ströbele, aaO, Rdn 105 f; vgl auch BGH GRUR 1999, 164, 165 f "JOHN LOBB") ist die Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG für diese eingetragenen Waren als rechtserhaltend benutzt zu erachten.

Hiervon ausgehend unterliegen die beiden Vergleichsmarken der Gefahr von Verwechslungen.

Unbedenklich ähnlich sind die beiderseitigen Waren. Die angegriffenen "Seifen; Parfümerien, Mittel zur Körperpflege" können mit den fraglichen Widerspruchswaren identisch sein. Die angegriffenen "ätherischen Öle, Mittel zur Schönheitspflege, Haarwässer" liegen im engeren Ähnlichkeitsbereich dieser Widerspruchswaren.

Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke ist im oberen Bereich des Durchschnittlichen einzuordnen. Von Hause aus kommt der Marke eine normale Kennzeichnungskraft zu. Jedenfalls ist für den einschlägigen Verkehr ein Verständnis von "zartissa" als eine beschreibende Anmutung in Richtung einer Bestimmung- bzw Wirkungsangabe etwa in dem Sinne "besonders zart" nicht naheliegend, da die Verbindung des deutschen Eigenschaftsworts "zart" mit der fremdsprachig wirkenden Endung "issa" ungewöhnlich ist. Außerdem handelt es sich bei der Widerspruchsmarke um ein gut eingeführtes Zeichen. Die mit der bereits genannten eidesstattlichen Versicherung für die Jahre 1991 bis 1999 glaubhaft gemachten Gesamtumsatzzahlen zwischen etwa 7.900.000 DM und 5.800.000 DM sind noch so beachtlich, daß sie nicht ohne Einfluß auf die Kennzeichnungskraft der Marke bleiben können (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdn 135).

Ähnlich sind sich die beiden Markenwörter "CARLISSA" und "zartissa" jedenfalls dem Schriftbild nach bei gleicher Schrift und zwar vor allem in einer Schreibweise, mit Kleinbuchstaben, welche als verkehrsübliche Wiedergabeform zu beachten ist (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdn 106, 77). Von den jeweils acht Buchstaben der beiden Wörter sind sechs "-arissa-" identisch.

Verschieden sind die Wörter nur in den zwei Buchstaben "c/z" und "l/t", die in ihrer äußeren Form keine markanten Abweichungen aufweisen.

Ein Verwechseln der beiden Markenwörter läßt sich auch nicht durch angeblich abweichende Begriffsgehalte verhindern (vgl hierzu Althammer/Ströbele, aaO, § 9, Rdn 87 f). Die von der Markeninhaberin insoweit hervorgehobenen Unterschiede der Begriffe "CARL" und "zart" drängen sich dem Betrachter nicht auf, weil sie in beiden Markenwörtern nicht als solche deutlich in Erscheinung treten.

Soweit die Markeninhaberin in diesem Zusammenhang ausführt, für den Kunden habe die Endsilbe "issa" als mehr oder weniger nichtsagendes Anhängsel diversester Wortverbindungen für die Identifizierung der Markenwörter kaum einen Wert, verkennt sie, daß die Endung jeweils die Hälfte der Markenwörter ausmacht und schon deshalb nicht unberücksichtigt bleiben darf. Letztlich aber kann das Gewicht von "issa" für die Gesamtwörter dahingestellt bleiben. Denn die beiden Vergleichswörter sind von derart hoher schriftbildlicher Ähnlichkeit, daß für das umworbene Publikum ein Verlesen naheliegt, womit Unterschiede in ihren Begrifflichkeiten dem Publikum gar nicht zum Bewußtsein kommen (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9, Rdn 90).

Der Beschwerde ist somit stattzugeben.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs 1 MarkenG einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Dr. Ströbele Werner Dr. Schmitt Mr/Bb






BPatG:
Beschluss v. 14.11.2000
Az: 24 W (pat) 50/00


Link zum Urteil:
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