Bundesarbeitsgericht:
Urteil vom 30. Oktober 2008
Aktenzeichen: 8 AZR 397/07
(BAG: Urteil v. 30.10.2008, Az.: 8 AZR 397/07)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In dieser Gerichtsentscheidung geht es um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung sowie die Frage, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsteilübergangs auf einen anderen Arbeitgeber übergegangen ist. Die Klägerin hatte einen Arbeitsvertrag mit einer Anwaltssozietät geschlossen und arbeitete dort als Anwaltsfachangestellte. Die Beklagten kündigten das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen und behaupteten, die Kanzlei sei stillgelegt worden. Die Klägerin argumentierte hingegen, dass die Sozietät weiterbetrieben wurde und ihr Arbeitsverhältnis auf einen anderen Arbeitgeber übergegangen sei. Außerdem machte sie geltend, dass die Kündigung treuwidrig sei, da ihre Arbeitgeber gewusst hätten, dass sie nach Ablauf der Kündigungsfrist einen hohen Personalbedarf haben würden.
Das Gericht wies die Revision der Klägerin zurück. Es stellte fest, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung zum 31. März 2005 aufgelöst wurde und kein Betriebsteilübergang auf den neuen Arbeitgeber stattgefunden hatte. Das Gericht folgte der Argumentation des Landesarbeitsgerichts und betonte, dass bei einer Rechtsanwaltskanzlei das Personal und die Arbeitsorganisation im Vordergrund stehen, nicht die Betriebsmittel. Es stellte fest, dass die Klägerin nicht einem organisatorisch abgrenzbaren Betriebsteil zugeordnet war, der auf den neuen Arbeitgeber übergegangen wäre.
Das Gericht entschied außerdem, dass die Kündigung nicht treuwidrig war und wies die Klage gegen den neuen Arbeitgeber ab. Die Klägerin wurde verurteilt, die Kosten der Revision zu tragen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BAG: Urteil v. 30.10.2008, Az: 8 AZR 397/07
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 9. Januar 2007 - 6 Sa 452/06 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung und hilfsweise darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege eines Betriebsteilübergangs auf die Beklagte zu 7. übergegangen ist.
Die Klägerin hatte am 15. Mai 1985 mit den Rechtsanwälten R & Kollegen eine schriftliche "Vereinbarung" geschlossen, derzufolge sie "mit Wirkung ab bestandener Anwaltsgehilfenprüfung 1985/II bei den Rechtsanwälten als Rechtsanwaltsgehilfin eingestellt" werden sollte. Seit 1. September 1985 arbeitete die Klägerin daraufhin als Anwaltsfachangestellte in der von den Beklagten zu 1. bis 6. in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts betriebenen Anwaltssozietät. In dieser waren neben den Gesellschaftern noch weitere Rechtsanwälte tätig. Der ehemalige Mitgesellschafter Dr. R war seit Ende des Jahres 2001 aus der Sozietät ausgeschieden.
Unter dem Briefkopf der Anwaltssozietät R kündigte die "Anwaltssozietät bestehend aus den Herren B, S, Dr. B, Dr. M, Dr. H und Dr. F" das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis "ordentlich aus betriebsbedingten Gründen" zum 31. März 2005. Das Kündigungsschreiben war von den Beklagten zu 1. bis 6. unterzeichnet.
Die Klägerin bestreitet das Vorliegen eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes. Insbesondere behauptet sie, eine Stilllegung der Anwaltskanzlei, auf welche sich die Beklagten beriefen, sei nicht erfolgt. Die Beklagten zu 4., 5. und 6. seien unter Mitnahme ihres Mandantenstammes, eines Teiles der bisherigen Mitarbeiter und der gesamten Büroeinrichtung in ein anderes Büro umgezogen und betrieben dort die alte Anwaltskanzlei unter der Bezeichnung B in verringertem Umfange weiter. Da sie überwiegend für den Beklagten zu 2. gearbeitet habe, sei ihr Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 7. übergegangen, weil der Beklagte zu 2. ab 1. Januar 2005 für diese Anwaltskanzlei tätig sei. Sie meint auch, jeder der Gesellschafter der Anwaltssozietät sei ihr persönlich haftender Arbeitgeber gewesen. Deshalb sei jeder der Beklagten zu 1. bis 6. verpflichtet, ihr einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Auch sei die vollständige Schließung einer Rechtsanwaltskanzlei weder standes- noch gesellschaftsrechtlich zulässig. Letztlich hält die Klägerin die Kündigung auch für treuwidrig. Es sei für ihre Arbeitgeber ersichtlich gewesen, dass sie ab dem Ablauf der Kündigungsfrist einen erheblichen Personalbedarf haben würden. So habe insbesondere auch der Beklagte zu 2. mit dem Ausscheiden der Klägerin eine neue Mitarbeiterin gesucht.
Die Klägerin hat beantragt festzustellen,
dass ihr Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 29. Oktober 2004 zum 31. März 2005 beendet wurde, hilfsweise, dass ihr Arbeitsverhältnis zum 1. April 2005 auf die Beklagte zu 7. übergegangen ist.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie behaupten, die von den Beklagten zu 1. bis 6. betriebene Anwaltskanzlei sei zum 31. Dezember 2004 geschlossen worden. Die Gesellschafter hätten in einer Versammlung am 22. Oktober 2004 beschlossen, den Betrieb der Anwaltskanzlei mit Ablauf des 31. Dezember 2004 vollständig einzustellen, noch laufende Mandate zu beenden und keine neuen Mandate mehr anzunehmen. Mit Ausnahme von zwei Auszubildenden und einer teilzeitbeschäftigten Buchhaltungskraft sei allen Arbeitnehmern gekündigt worden. Bis zum Ablauf ihrer Kündigungsfrist sei die Klägerin mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt worden.
Die Beklagten meinen auch, dass nicht jeder Einzelne der Beklagten zu 1. bis 6. Arbeitgeber der Klägerin gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter, während die Beklagten die Zurückweisung der Revision beantragen.
Gründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Ihr Arbeitsverhältnis ist aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 29. Oktober 2004 zum 31. März 2005 aufgelöst worden und nicht auf die Beklagte zu 7. übergegangen.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Arbeitgeber der Klägerin sei nicht jeder einzelne Gesellschafter der von den Beklagten zu 1. bis 6. gebildeten BGB-Gesellschaft gewesen. Ihr Arbeitsvertrag sei mit der Sozietät Rechtsanwälte Dr. R & Kollegen geschlossen worden, so dass ihr Arbeitsverhältnis mit allen Beklagten zu 1. bis 6. in ihrer "gesamthänderischen Verbundenheit" bestanden habe. Die innerorganisatorische Zuteilung der Klägerin habe an dieser arbeitsvertraglichen Gestaltung nichts geändert. Aus standesrechtlichen Vorschriften ergebe sich für Rechtsanwälte kein Verbot, eine von ihnen als Gesellschafter einer "BGB-Gesellschaft" betriebene Anwaltssozietät stillzulegen. Ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 7. habe nicht stattgefunden. Bei dem Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei stehe das Personal im Vordergrund, mit dem die Dienstleistungen erbracht würden, sowie die Arbeitsorganisation und der Mandantenstamm. Die Anwaltssozietät der Beklagten zu 1. bis 6. habe sich getrennt. Drei der Gesellschafter hätten eine neue Sozietät gegründet, zwei seien in eine andere Sozietät eingetreten und einer habe seine eigene Kanzlei eröffnet. Dabei seien die bisher bestehenden Mandate aufgeteilt worden. Keiner der Beklagten zu 1. bis 6. habe das Personal der alten Sozietät oder zumindest die Mehrzahl von diesem übernommen. Dies habe zur Folge gehabt, dass die bisherige Arbeitsorganisation und wirtschaftliche Einheit aufgelöst worden sei. Auch wenn der Beklagte zu 2. ein Drittel oder mehr des Gesamtumsatzes für sich in Anspruch genommen haben sollte, würde dies zu keinem Betriebsübergang führen, weil er von den ursprünglich vorhandenen 13 Mitarbeitern und drei Auszubildenden nur eine Auszubildende und allenfalls eine Angestellte übernommen habe. Ein Teilbetriebsübergang scheitere daran, dass nicht ersichtlich sei, welcher organisatorisch abtrennbare Teil der ursprünglichen BGB-Gesellschaft auf die Beklagte zu 7. übergegangen sei. Im Übrigen folgt das Landesarbeitsgericht "den Ausführungen der 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts München in seinem Urteil vom 8. März 2006 - 9 Sa 926/05 -".
B. Das Berufungsurteil hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
I. Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
1. Die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO dadurch verletzt, dass es sich nicht damit auseinandergesetzt habe, ob die streitgegenständliche Kündigung wegen Verstoßes gegen § 242 BGB unwirksam sei, geht allein deshalb ins Leere, weil § 540 Abs. 1 ZPO im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren keine Anwendung findet, § 69 Abs. 4 Satz 1 ArbGG. Auch eine gegen die Begründungspflicht des § 313 Abs. 3 ZPO verstoßende Nichtbehandlung bestimmter Rechtsfragen in den Entscheidungsgründen würde keinen absoluten Revisionsgrund iSd. § 547 Nr. 6 ZPO darstellen. Dieser Revisionsgrund liegt ua. dann vor, wenn geltend gemachte Ansprüche oder selbständige Angriffs- oder Verteidigungsmittel (Klagegründe, Einwendungen, Einreden usw.) übergangen worden sind (BGH 21. Dezember 1962 - I ZB 27/62 - BGHZ 39, 333). Enthalten die Entscheidungsgründe jedoch nur Lücken, so ist bei einer zugelassenen Revision dieser Mangel in der Revisionsbegründung mit der Rüge der Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend zu machen (BAG 20. Dezember 2006 - 5 AZB 35/06 - BAGE 120, 358 = AP ArbGG 1979 § 72b Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 72b Nr. 2). Dass das Landesarbeitsgericht nicht dargelegt hat, ob und inwieweit es die Wirksamkeit der angegriffenen Kündigung auch daraufhin geprüft hat, ob sie wegen Verstoßes gegen § 242 BGB nichtig ist, stellt eine solche Lücke in den Entscheidungsgründen dar. Die Rüge der Verletzung ihres Anspruches auf rechtliches Gehör hat die Klägerin in diesem Zusammenhang jedoch nicht erhoben.
2. Ebenfalls unbegründet ist die Rüge der Klägerin, das Landesarbeitsgericht habe dadurch gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 in Verb. mit § 138 Abs. 1 ZPO verstoßen, dass es angenommen habe, die Klägerin habe den Betriebsübergang auf die Beklagte zu 7. nicht substantiiert dargelegt. Da ein solcher Betriebsübergang - unabhängig vom klägerischen Sachvortrag - allein aufgrund der unstreitigen und der vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen nicht vorgelegen hat, waren die vom Landesarbeitsgericht zur Substantiierungspflicht der Klägerin gemachten Ausführungen nicht entscheidungserheblich.
3. Die Rüge der Klägerin, das Landesarbeitsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es unter Verletzung des § 540 Abs. 1 ZPO in seinen Entscheidungsgründen auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 8. März 2006 - 9 Sa 926/05 - verwiesen habe, obwohl dieses Urteil nicht in das Verfahren eingeführt worden sei und auch nicht in einem Rechtsstreit zwischen den Parteien des vorliegenden Prozesses ergangen sei, ist ebenfalls unbegründet. Abgesehen davon, dass § 540 Abs. 1 ZPO wegen § 69 Abs. 4 Satz 1 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Verfahren unanwendbar ist, kann dahinstehen, ob die Inbezugnahme des in einem anderen Rechtsstreit ergangenen Urteils, das auch nicht zum Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites gemacht worden ist, den Anforderungen des § 313 Abs. 3 ZPO an eine ordnungsgemäße Urteilsbegründung entspricht. Diese Norm verlangt eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht. Läge ein solcher Verstoß vor, wäre die Klägerin durch diesen nicht in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Hätte das Landesarbeitsgericht der Klägerin das in Bezug genommene Urteil im Berufungsverfahren zugeleitet, hätte diese vorgetragen, dass der von der anderen Kammer des Landesarbeitsgerichts München entschiedene Rechtsstreit mit dem vorliegenden nicht vergleichbar sei und dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund des Wechsels des Beklagten zu 2. zur Beklagten zu 7. auf diese übergegangen sei. Dieser Sachvortrag hätte jedoch zu keiner anderen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits geführt, weil bereits aufgrund der unstreitigen und der vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen - unabhängig vom weiteren Sachvortrag der Klägerin - nicht von einem Betriebsübergang auf die Beklagte zu 7. auszugehen ist. Damit wäre ein etwaiger Verfahrensverstoß des Landesarbeitsgerichts nicht entscheidungserheblich.
II. Die Klage gegen die Beklagten zu 1. bis 6. ist zulässig.
Unabhängig von der Frage, ob es sich bei der von den Beklagten als Gesellschafter betriebenen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts um eine eigenständige Rechtspersönlichkeit handelt (vgl. unten III 1 b), durfte die Klägerin ihre Klage wegen der Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nach § 736 ZPO auch gegen alle Gesellschafter aufgrund deren persönlicher Mithaftung richten (vgl. BGH 29. Januar 2001 - II ZR 331/00 - BGHZ 146, 341 = AP ZPO § 50 Nr. 9 = EzA ZPO § 50 Nr. 4) .
III. Die Klage ist nicht begründet.
Die von den Beklagten zu 1. bis 6. mit Schreiben vom 29. Oktober 2004 zum 31. März 2005 ausgesprochene ordentliche Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und damit sozial gerechtfertigt, § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KSchG.
Als "dringendes betriebliches Erfordernis" stellt sich die zum 31. Dezember 2004 erfolgte Betriebsstilllegung der Anwaltskanzlei dar.
1. Zwischen der Klägerin und der in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts iSd. §§ 705 ff. BGB betriebenen Sozietät der Beklagten zu 1. bis 6. bestand ein Arbeitsverhältnis.
a) Bei der Gesellschaft der Beklagten zu 1. bis 6. handelte es sich nicht um eine Partnerschaft iSd. § 1 PartGG. So fehlt es zum einen bereits an dem nach § 2 Abs. 1 Satz 1 PartGG erforderlichen Zusatz "und Partner" bzw. "Partnerschaft" im Namen der Gesellschaft, zum anderen ist weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch von den Parteien vorgetragen worden, dass die Beklagten zu 1. bis 6. einen Partnerschaftsvertrag nach § 3 PartGG geschlossen haben und dieser gem. §§ 4, 5 PartGG in das Partnerschaftsregister eingetragen worden ist.
b) Eine Anwaltskanzlei kann von mehreren Rechtsanwälten in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff. BGB betrieben werden (vgl. BAG 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 36 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 7). Diese Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, nicht jeder deren Gesellschafter, war Arbeitgeber der Klägerin. Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hatte eine Anwaltssozietät in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff. BGB als Personengemeinschaft keine eigene Rechtsfähigkeit (BAG 16. Oktober 1974 - 4 AZR 29/74 - BAGE 26, 320 = AP BGB § 705 Nr. 1 = EzA BGB § 705 Nr. 1). Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht aufgegeben und sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angeschlossen, der eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als aktiv und passiv legitimiert ansieht (BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 597/03 - BAGE 113, 50 = AP ZPO § 50 Nr. 14 = EzA ZPO 2002 § 50 Nr. 3). Bereits in seiner Entscheidung vom 14. Juni 1989 (- 5 AZR 330/88 -) war der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass eine "BGB-Gesellschaft" "Vertragspartner" eines Arbeitnehmers sein kann.
Dieser Rechtsprechung steht nicht entgegen, dass die Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis als Gesamtschuldner haften (BAG 9. März 1995 - 2 AZR 552/94 - RzK I 13b Nr. 25; 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3). Ob eine Gesellschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, hängt nicht davon ab, wer für deren Verbindlichkeiten haftet und in welcher Form bzw. welchem Umfange diese Haftung erfolgt. Dieses Ergebnis entspricht auch der einhelligen Meinung in der Literatur, welche annimmt, dass auch eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Arbeitgeberin sein kann (ErfK/Preis 8. Aufl. § 611 BGB Rn. 184; Palandt/Weidenkaff 66. Aufl. § 611 Einführung Nr. 6; KfA-ArbR/Kamanabrou § 611 BGB Rn. 23; Schaub/Vogelsang 11. Aufl. Arbeitsrechtshandbuch § 17 Rn. 2; Kittner/Zwanziger ArbR 4. Aufl. § 6 Rn. 13; KR/Friedrich 8. Aufl. § 4 KSchG Rn. 94; Diller NZA 2003, 401) .
2. Die Beklagten zu 1. bis 6. haben als Gesellschafter der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts die von ihnen betriebene Anwaltskanzlei, in welcher die Klägerin beschäftigt war, zum 31. Dezember 2004 stillgelegt.
a) Die Stilllegung eines Betriebes gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, welche eine Kündigung sozial rechtfertigen können, § 1 Abs. 1 KSchG (allgemeine Meinung; vgl. Senat 26. April 2007 - 8 AZR 695/05 - AP InsO § 125 Nr. 4) .
Unter einer Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine der Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Der Arbeitgeber muss endgültig entschlossen sein, den Betrieb stillzulegen (Senat 26. April 2007 - 8 AZR 695/05 - AP InsO § 125 Nr. 4). Eine solche Stilllegungsabsicht liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, seinen Betrieb zu veräußern. Die Veräußerung des Betriebes allein ist - wie sich aus der Wertung des § 613a BGB ergibt - keine Stilllegung desselben, weil die Identität des Betriebes gewahrt bleibt und lediglich ein Betriebsinhaberwechsel stattfindet. Deshalb schließen sich eine Betriebsstilllegung und eine Betriebsveräußerung gegenseitig systematisch aus. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist daher nur dann sozial gerechtfertigt, wenn die geplante Maßnahme sich nicht als Betriebsveräußerung darstellt (Senat 26. April 2007 - 8 AZR 695/05 - aaO). An einer Stilllegung des Betriebes fehlt es nicht nur dann, wenn der gesamte Betrieb veräußert wird, sondern auch, wenn organisatorisch abtrennbare Teile des Betriebes im Wege eines Betriebsteilüberganges (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) veräußert werden. Dann liegt keine Betriebsstilllegung, sondern allenfalls eine Betriebsteilstilllegung vor.
b) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, bezüglich der Anwaltskanzlei habe kein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang stattgefunden.
aa) Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Der Begriff "wirtschaftliche Einheit" bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit unter Wahrung ihrer Identität übergegangen ist, sind sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen zu berücksichtigen. Zu diesen Tatsachen zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebes, der Übergang materieller Betriebsmittel sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen sowie die Dauer der eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit.
Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Betriebsinhabers ein, also mit dem Wechsel der Person, die für den Betrieb der übertragenen Einheit als Inhaber verantwortlich ist. Verantwortlich ist die Person, die den Betrieb im eigenen Namen führt und nach außen als Betriebsinhaber auftritt. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmals der Fortführung des Betriebes nicht. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb oder Betriebsteil einstellen (Senat 21. Februar 2008 - 8 AZR 77/07 - AP BGB § 613a Nr. 343 mwN) .
bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat kein Betriebsübergang stattgefunden. Eine Rechtsanwaltskanzlei ist eine wirtschaftliche Einheit. Deren Zweck ist darauf gerichtet, für Mandanten juristische Dienstleistungen, insbesondere die Rechtsberatung sowie die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung zu erbringen. Damit die Beklagten zu 1. bis 6. ihre diesbezüglichen Anwaltstätigkeiten erbringen konnten, bedurfte es einer Organisation, welche diesem Betriebszweck diente. Erforderlich waren vor allem Mitarbeiter, welche nachgeordnete Personaldienstleistungen, wie Empfangs- und Telefondienst, Schreibarbeiten, Aktenführung oder nichtanwaltliche Sachbearbeitungen erledigten. Weiter gehörten dazu die zur Durchführung dieser Aufgaben erforderlichen Betriebsmittel (zB Büroeinrichtung, PC, Telefon- und Faxgeräte, Drucker, Fachliteratur uä.). Trotz dieser materiellen Betriebsmittel, ohne welche eine Rechtsanwaltskanzlei nicht betrieben werden kann, steht die Mandantenbetreuung durch die Rechtsanwälte und die Mitarbeiter der Kanzlei im Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit. So ist die gesamte Organisation einer Anwaltskanzlei auf die Personen der dort tätigen Rechtsanwälte zugeschnitten, insbesondere auf deren individuelle Arbeitsweise. Hinzu kommt, dass Mandanten eine Anwaltskanzlei häufig deshalb beauftragen, weil dort ein oder mehrere Rechtsanwälte tätig sind, denen sie besonderes Vertrauen entgegenbringen oder deren Sachkunde und Fähigkeiten sie schätzen, und weil sie sich von den anwaltlichen und nichtanwaltlichen Mitarbeitern der Kanzlei gut betreut fühlen. Dies ist auch der Grund dafür, dass Anwaltskanzleien in der Regel die Namen der dort tätigen Rechtsanwälte bzw. zumindest der Gesellschafter einer Sozietät auf den Briefköpfen, Kanzleischildern oder in Telefonbucheintragungen kenntlich machen. Auch die Beklagten zu 1. bis 6. hatten die Namen der in ihrer Sozietät tätigen Rechtsanwälte auf dem Briefkopf der Kanzlei ausdrücklich aufgeführt. Neben den in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälten steht für den Betrieb der Kanzlei die Arbeitsleistung der dort beschäftigten Mitarbeiter im Vordergrund. Ihre Zuarbeit ist für das ordnungsgemäße Funktionieren der Kanzlei ein unabdingbares Erfordernis. Damit wird die Arbeit einer Rechtsanwaltskanzlei durch die dort tätigen Personen, nicht durch die vorhandenen Betriebsmittel (wie Telefon, PC, Büroeinrichtung), derer sie sich bedienen, geprägt.
Zur Erreichung des Betriebszweckes kam es deshalb bei der von den Beklagten zu 1. bis 6. betriebenen Anwaltskanzlei im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an. Die materiellen und immateriellen Betriebsmittel spielten nur eine untergeordnete Rolle. Es handelte sich demnach um einen sog. betriebsmittelarmen Betrieb, bei dem es auf ein "eingespieltes Mitarbeiterteam" und die Fachkenntnisse dieser Mitarbeiter ankommt.
Ein solcher Betrieb kann zwangsläufig unter Aufrechterhaltung seiner Identität nur dann von einem Betriebserwerber fortgeführt werden, wenn dieses Mitarbeiterteam übernommen wird, da dieses bei betriebsmittelarmen Betrieben identitätsbildend ist (Senat 22. Juli 2004 - 8 AZR 350/03 - BAGE 111, 283 = AP BGB § 613a Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 27) .
An dieser für die Annahme eines Betriebsüberganges erforderlichen Übernahme des Personals der Anwaltskanzlei fehlt es. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass lediglich eine von drei Auszubildenden und "allenfalls" eine Angestellte von ursprünglich 13 Mitarbeitern durch den Beklagten zu 2. bei seinem Wechsel zur Beklagten zu 7. übernommen worden sind. Diese Übernahme von höchstens zwei Mitarbeitern, darunter eine Auszubildende, stellt keine Übernahme des identitätsbildenden Mitarbeiterstammes der Kanzlei dar.
Auch die Übernahme der gesamten Büroeinrichtung durch die Beklagten zu 4., 5. und 6. zwecks Weiterverwendung in deren neu gegründeter Anwaltskanzlei führt nicht zur Annahme eines Betriebsüberganges. Der Erwerb von materiellen Betriebsmitteln führt dann nicht zur Fortführung der Identität des Betriebes, wenn nicht gleichzeitig die betriebliche Organisation, der die Betriebsmittel gedient haben, mitübernommen wird. Daran fehlt es im Streitfalle, weil die Organisation der Kanzlei der Beklagten zu 1. bis 6. nicht durch die Büroeinrichtung geprägt war, sondern durch die mit dieser Büroeinrichtung arbeitenden Mitarbeiter. Diese wurden jedoch nicht übernommen. Hinzu kommt, dass die Beklagten zu 4., 5. und 6. ihre neu gegründete Kanzlei unter einer neuen Bezeichnung führen (B), die keinen Bezug zur bisherigen Kanzleibezeichnung (R Rechtsanwälte) erkennen lässt.
Die Übernahme des Mandantenstammes durch die ehemaligen Gesellschafter der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts in der Gestalt, dass jeder von ihnen seine bisher betreuten Mandanten auch nach der Auflösung der Gesellschaft weiterbetreut, begründet nicht die Annahme eines Betriebsüberganges. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei der Beurteilung der Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt, auch darauf abzustellen ist, ob der Kundenstamm eines Betriebes auf einen Erwerber übergegangen ist (vgl. Senat 21. Mai 2008 - 8 AZR 84/07 - NZA 2008, 753). Der Übergang des Kundenstammes allein führt aber noch nicht zu einem Betriebsübergang. Vielmehr ist dieser nur ein zu bewertendes Kriterium bei der Gesamtwürdigung der Umstände des konkreten Einzelfalles. Dadurch, dass die Anwälte einer aufgelösten Rechtsanwaltskanzlei ihre bisherigen Mandanten weiterbetreuen, ohne das bisher zu dieser Betreuung eingesetzte Personal der Kanzlei zu übernehmen, erwerben sie nicht die Kanzlei als Ganzes oder einen Teil von dieser im Wege eines Betriebs(teil)überganges nach § 613a BGB. Dies gilt insbesondere deshalb, weil diese Mandate nunmehr im Rahmen neuer Organisationsstrukturen, in welche der aus der Anwaltssozietät ausgeschiedene Anwalt eintritt oder die er ggf. mit anderen Rechtsanwälten neu errichtet, und insbesondere unter Inanspruchnahme neuen Büropersonals betreut werden.
Die Anwaltskanzlei ist damit nicht als Ganzes gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen der Beklagten übergegangen.
c) Es lag auch kein Betriebsteilübergang vor.
aa) Der Übergang eines Betriebsteiles steht für dessen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang gleich. Betriebsteile sind Teileinheiten (Teilorganisationen) des Betriebes. Es muss sich um eine selbständige, abtrennbare organisatorische Einheit handeln, die innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks einen Teilzweck erfüllt. Das Merkmal des Teilzwecks dient dabei zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Im Teilbetrieb müssen nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Bei den übertragenen sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln muss es sich um eine organisatorische Untergliederung handeln, mit welcher innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613a BGB setzt für den Betriebsteilübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten (Senat 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210) .
Voraussetzung für den Übergang eines Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen Betriebserwerber ist, dass der Arbeitnehmer, der sich auf den Betriebsteilübergang beruft, einem organisatorisch abtrennbaren Betriebsteil zugeordnet war, der vom Erwerber übernommen worden ist (Senat 24. August 2006 - 8 AZR 556/05 - AP BGB § 613a Nr. 315 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 59) .
bb) Die Klägerin macht geltend, sie habe überwiegend dem Beklagten zu 2. zugearbeitet, der nunmehr für die Beklagte zu 7. tätig sei. Dadurch sei ihr Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 7. im Wege eines Betriebsüberganges nach § 613a Abs. 1 BGB übergegangen. Dieser von der Klägerin behauptete Betriebsteilübergang scheitert bereits daran, dass diese nicht einer organisatorisch abgrenzbaren Untergliederung der Kanzlei zugeordnet war, welche hätte übergehen können. Der Umstand, dass sie infolge organisatorischer Arbeitszuteilung überwiegend für den Beklagten zu 2. tätig war, führt nicht dazu, dass diese Tätigkeit einen organisatorisch abtrennbaren Betriebsteil gebildet hat. Eine Anwaltskanzlei stellt grundsätzlich eine einheitliche Organisation dar. So geht auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 4. Februar 1988 (- IX ZR 20/87 - NJW 1988, 1973) davon aus, dass ein Mandant, der bei einer bestehenden Anwaltssozietät einen der Sozien beauftragt, den Anwaltsvertrag nicht nur mit diesem Rechtsanwalt, sondern mit allen der Sozietät angehörenden Anwälten abschließt. Mit dieser Rechtsprechung wäre es nicht vereinbar, jeden Anwalt mit dem ihm (aufgrund konkreter Arbeitsanweisung) zugeordneten Kanzleipersonal als organisatorisch abtrennbaren Betriebsteil der Kanzlei zu betrachten.
3. Da somit weder ein Betriebsübergang noch ein Betriebsteilübergang stattgefunden hat, stellt die Einstellung der Tätigkeit der Anwaltskanzlei zum 31. Dezember 2004 eine Betriebsstilllegung dar. Diese war auch mit der Absicht erfolgt, den Kanzleibetrieb auf Dauer nicht mehr weiterzubetreiben. Diese hat sich dadurch dokumentiert, dass die Beklagten zu 1. bis 6. durch Gesellschafterbeschluss vom 22. Oktober 2004 die für den Betrieb der Anwaltskanzlei gegründete Gesellschaft des bürgerlichen Rechts aufgelöst haben.
4. Gegen die Zulässigkeit der Stilllegung der Anwaltskanzlei sprechen entgegen der Ansicht der Klägerin keine standes- oder gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkte.
Sowohl die BRAO als auch die Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) dienen dem Interesse einer funktionsfähigen Rechtspflege. So soll insbesondere durch die Verpflichtung des Rechtsanwalts, eine Kanzlei zu unterhalten (§ 27 BRAO), sowohl für die Rechtssuchenden als auch für die Gerichte und Behörden gewährleistet sein, dass es eine räumlich eindeutig definierbare Stelle gibt, an welche alle für den Rechtsanwalt bestimmten Zustellungen, Mitteilungen und sonstigen Nachrichten wirksam gerichtet werden können. Die Kanzleipflicht dient damit der Gewährleistung einer zweckentsprechenden und sachgerechten Rechtsberatung und Vertretung (Henssler/Prütting BRAO 2. Aufl. § 27 Rn. 3). Auch die BORA regelt im Rahmen der Vorschriften der BRAO das Nähere zu den anwaltlichen Rechten und Pflichten, soweit dies im Interesse der Rechtspflege und der Allgemeinheit geboten ist. Die BORA erfüllt damit die Aufgabe, das Verhalten des Rechtsanwalts gegenüber Mandanten, Kollegen, der Berufsorganisation, anderen Einrichtungen der Rechtspflege und in der Öffentlichkeit so festzulegen, dass das Vertrauen des Mandanten zu seinem Rechtsanwalt, in das Ansehen der anwaltlichen Berufsgruppe und der anwaltlichen Leistung sichergestellt ist (Henssler/Prütting BRAO 2. Aufl. Einleitung 2 zu BORA) .
Damit dienen diese Regelungen letztlich nur dem Interesse der Rechtspflege, nicht jedoch dem Schutz der in Anwaltskanzleien beschäftigten Mitarbeiter. Verletzt ein Rechtsanwalt seine anwaltlichen Verpflichtungen aus der BRAO oder der BORA, so hat dies ggf. anwaltsgerichtliche Maßnahmen nach §§ 113 ff. BRAO zur Folge. Eine solche Pflichtverletzung zeitigt jedoch keine Auswirkungen auf von dem Rechtsanwalt getroffene arbeitsrechtliche Maßnahmen, wie zB Kündigungen. Ob die Auflösung der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und die damit verbundene Schließung der Kanzlei durch die Beklagten zu 1. bis 6. gegen Vorschriften der BRAO oder der BORA verstoßen hat, wie die Klägerin meint, ist daher nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen ist auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 7. April 2008 (- II ZR 3/06 - NJW 2008, 1943) ohne nähere Begründung als selbstverständlich davon ausgegangen, dass Rechtsanwälte, die sich zur gemeinsamen Berufsausübung und zur Betreibung einer Anwaltskanzlei in einer Sozietät in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts verbunden haben, diese Gesellschaft durch Kündigung des Gesellschaftsvertrages auflösen dürfen (so auch: OLG Hamm vom 22. August 2005 - 8 U 189/04 - MDR 2006, 360) .
5. Die Kündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nichtig.
Der Grundsatz von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, wobei eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig anzusehen ist. Die Vorschrift des § 242 BGB ist auf Kündigungen neben § 1 KSchG allerdings nur in beschränktem Umfange anwendbar. Das KSchG hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und, soweit es um den Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes geht, abschließend geregelt. Umstände, welche im Rahmen des § 1 KSchG zu würdigen sind und die Kündigung als sozial ungerechtfertigt erscheinen lassen, kommen als Verstöße gegen Treu und Glauben grundsätzlich nicht in Betracht. Eine Kündigung verstößt dann gegen § 242 BGB und ist nichtig, wenn sie aus Gründen, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind, Treu und Glauben verletzt (BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00 - BAGE 97, 92 = AP BGB § 242 Kündigung Nr. 12 = EzA BGB § 242 Kündigung Nr. 1) .
Damit verstößt eine Kündigung nur dann gegen Treu und Glauben, wenn Gründe vorliegen, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Solche Gründe sind im Streitfalle jedoch nicht ersichtlich. Der von der Klägerin angeführte Umstand, dass die Beklagten zu 1. bis 6. ihre Tätigkeit als Freiberufler weiterführen und dafür weiterer Arbeitskräfte bedürfen, nachdem sie ihre bisherige Anwaltskanzlei aufgelöst haben, ist Bestandteil der im Rahmen des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vorzunehmenden Prüfung, ob die von den Beklagten zu 1. bis 6. behauptete Betriebsstilllegung tatsächlich erfolgt ist und ob dadurch die Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin entfallen ist oder ob eine Betriebsstilllegung deshalb ausscheidet, weil ein Betriebs(teil)übergang stattgefunden hat. Nachdem eine solche die Kündigung sozial rechtfertigende Betriebsstilllegung vorgelegen hat, sind darüber hinaus keine weiteren Gründe ersichtlich, welche zu einer Nichtigkeit der ausgesprochenen Kündigung wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) führen könnten.
IV. Die gemäß § 4 KSchG gegen die Beklagte zu 7. erhobene Kündigungsschutzklage ist unzulässig. Diese hat die streitgegenständliche Kündigung nicht ausgesprochen. Es fehlt damit an einem Feststellungsinteresse iSd. § 256 ZPO für die erhobene Klage (vgl. BAG 22. Mai 1980 - 2 AZR 613/78 -). Die Klägerin hat nicht einmal den Ausspruch einer Kündigung durch die Beklagte zu 7. behauptet.
V. Auch die hilfsweise gegen die Beklagte zu 7. erhobene Feststellungsklage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist durch die von den Beklagten zu 1. bis 6. ausgesprochene ordentliche Kündigung fristgemäß zum 31. März 2005 beendet worden und nicht ab 1. April 2005 im Wege eines Betriebs(teil)überganges auf die Beklagte zu 7. übergegangen.
C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Hauck Böck Breinlinger K. Schuster Mallmann
BAG:
Urteil v. 30.10.2008
Az: 8 AZR 397/07
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/5aa529ac5f5f/BAG_Urteil_vom_30-Oktober-2008_Az_8-AZR-397-07