Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 27. September 1993
Aktenzeichen: 19 W 35/93
(OLG Köln: Beschluss v. 27.09.1993, Az.: 19 W 35/93)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Beschluss vom 27. September 1993 (Aktenzeichen 19 W 35/93) entschieden, dass der Kläger die Kosten und Gebühren für den zurückerlangten Teil der Klage tragen muss, wenn der Beklagte aufgrund eines Versehens des Gerichts erst nach Zustellung der Klageschrift von der teilweisen Rücknahme der Klage erfährt. Die Beschwerde des Klägers gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts wurde zurückgewiesen. Die Anschlussbeschwerde der Beklagten führte dazu, dass die Kostenentscheidung des Landgerichts aufgehoben wurde und neu aufgeteilt wurde. Der Kläger trägt nun 73% der Kosten und die Beklagte 27%. Die weitergehende Anschlussbeschwerde wurde abgelehnt.
Das Landgericht war zu Recht davon ausgegangen, dass eine analoge Anwendung von § 269 Abs. 3 der Zivilprozessordnung vorliegt. Obwohl der Kläger den zweiten Klageantrag vor der Zustellung der Klage zurückgenommen hatte, erhielt die Beklagte aufgrund eines Versehens des Gerichts keine Kenntnis davon. In solchen Fällen ist es üblich, dass der Kläger die Kosten tragen muss, da er die andere Partei in den Rechtsstreit hineingezogen hat, selbst wenn die Zustellung der Klage bereits erfolgt ist.
Die Kosten des Rechtsstreits wurden jedoch nicht im Verhältnis der Streitwerte der beiden Einzelanträge zum Gesamtstreitwert aufgeteilt, wie von der Beklagten vorgeschlagen. Stattdessen ist nur der Kläger anteilig kostentragungspflichtig, da die Beklagte den Anspruch nicht anerkannt hat. Das bedeutet, dass nur die anteilig vom Gesamtstreitwert zu tragenden Gerichtskosten, anwaltlichen Prozessgebühren, Kostenpauschale und Mehrwertsteuer im Verhältnis 84:16 aufzuteilen sind. Die Verhandlungsgebühren und Mehrwertsteuer fallen alleinig dem Beklagten zu, da er diese Kosten gemäß § 91 ZPO tragen muss.
Gemäß diesem Kostenberechnungsschluss ergibt sich eine Verteilung der Gesamtkosten des Rechtsstreits im Verhältnis 73:27. Die Forderung der Beklagten nach einer weiteren Kostenbelastung des Klägers in ihrer Anschlussbeschwerde wurde abgewiesen. Die Kostenentscheidung basiert auf den §§ 97 und 92 ZPO.
Der Wert der Beschwerden beträgt 2.757,38 DM für den Kläger und 2.277,83 DM für den Beklagten. Der Gesamtbeschwerdewert beträgt 5.035,21 DM.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Köln: Beschluss v. 27.09.1993, Az: 19 W 35/93
Wird die Klage vor Zustellung an dem Beklagten teilweise zurückgenommen, erfährt der Beklagte hiervon infolge eines Versehens des Gerichts aber erst nach Zustellung der (ursprünglichen) Klageschrift, hat der Kläger die auf den zurückgenommenen Teil der Klage anteilig entfallenden Kosten und Gebühren gemäß § 269 Abs. 3 ZPO analog zu tragen.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Kostenent- scheidung im Anerkenntnisurteil des Landgerichts Köln vom 26.05.1993 - 28 0 580/92 - wird zurückgewiesen. Auf die Anschlußbeschwerde der Beklagten wird die Kostenentscheidung des Landgerichts Köln in dem Anerkenntnisurteil aufgehoben und wie folgt neu gefaßt: Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 73 % und die Beklagte 27 %. Die weitergehende Anschlußbeschwerde wird zurückgewiesen. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger 87 % und die Beklagte 13 %.
Gründe
Die Beschwerden gegen die Kostenentscheidung in dem Aner-
kenntnisurteil des Landgerichts Köln sind zulässig, ins- besondere
form- und fristgerecht eingelegt (§§ 99 Abs. 2, 577, 577 a Satz 3
ZPO).
In der Sache hat die Beschwerde des Klägers keinen, die
selbständige Anschlußbeschwerde der Beklagten nur teil- weise
Erfolg.
Zu Recht ist das Landgericht bei seiner Kostenentschei- dung von
einer entsprechenden Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO ausgegangen.
Zwar hat der Kläger den Klageantrag zu 2. vor Klagezustellung
zurückgenommen, die Beklagte der die beide Anträge enthaltende
Klageschrift unter ihrer neuen Anschrift am 10. März 1993
zugestellt wurde, erhielt von der am 17. Februar 1993 bei Gericht
eingegan- genen Klagerücknahme jedoch keine Kenntnis, weil die Zu-
stellung des betreffenden Schriftsatzes, der ebenfalls in den
Postrücklauf geraten war, unter der neuen Anschrift unterblieben
ist.
In derartigen Fällen ist wegen der gleichgelagerten In-
teressenlage in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, daß
demjenigen, der die andere Partei in den Rechtsstreit hineingezogen
hat, auch dann die Kosten aufzuerlegen sind, wenn die Zustellung
der Klage noch erfolgt, sei es in Vollziehung einer vor Eingang des
Klagerücknahme- schriftsatzes getroffenen gerichtlichen Verfügung,
sei es aufgrund eines gerichtlichen Versehens, sofern der Beklagte
keine sonstige Kenntnis von der erfolgten Rück- nahme hat
(Schneider ZZP, 76, 38; derselbe in Kostenent- scheidung im
Zivilurteil 2. Aufl., S. 185, OLG Frankfurt NJW 1954, 275;
Thomas-Putzo Rdz. 4 zu § 269 ZPO; Zöller Rdz. 8 zu § 2693 ZPO).
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Kosten des
Rechtsstreits jedoch nicht im Verhältnis der Streitwerte der beiden
Einzelanträge zum Gesamtstreitwert zu quoteln. Dieses Verhältnis
ist der Kostenentscheidung nur insoweit zugrundezulegen, als die
Beklagte den Anspruch nicht anerkannt hat. Denn nur insoweit ist
der Kläger anteilig kostentragungspflichtig. Das bedeutet, daß
lediglich die anteilig vom Gesamtstreitwert zu tragenden
Gerichtskosten gemäß § 11 Abs. 2 GKG, die anwaltlichen
Prozeßgebühren gemäß § 31 BRAGO sowie die Kostenpauschale gemäß §
26 BRAGO und die anteilige Mehrwertsteuer im Verhältnis 84 : 16 zu
teilen sind , wohingegen die Verhandlungsgebühren gemäß §§ 31 , 33,
Abs. 1 BRAGO nebst der anteiligen Mehrwertsteuer vom Streitwert des
Klageantrags zu 1. der Beklagten allein aufzuerlegen sind, weil sie
diese Kosten gemäß § 91 ZPO zu tragen hat.
Bei Zugrundelegung dieses Berechnungsschlüssels ergibt sich eine
Verteilung der Gesamtkosten des Rechtsstreits im Verhältnis 73 : 27
%.
Soweit die Beklagte mit ihrer Anschlußbeschwerde eine
weitergehende Kostenbelastung des Klägers begehrt hat, ist ihre
Beschwerde unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO.
Wert der Beschwerden: Kläger: 2.757,38 DM Beklagter: 2.277,83 DM
Gesamtbeschwerde- wert: 5.035,21 DM
OLG Köln:
Beschluss v. 27.09.1993
Az: 19 W 35/93
Link zum Urteil:
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