Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. September 2006
Aktenzeichen: 28 W (pat) 63/05
(BPatG: Beschluss v. 27.09.2006, Az.: 28 W (pat) 63/05)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat entschieden, dass die Beschwerde der Anmelder zur Wortmarke "Turbobrake" zurückgewiesen wird. Die Markenstelle hatte zuvor die Anmeldung der Marke für die Waren der Klassen 7 und 12 abgelehnt, da die Marke keine erforderliche Unterscheidungskraft aufweise und ein Freihaltungsbedürfnis bestehe.
Die Anmelder haben gegen diese Entscheidung Erinnerung eingelegt und ihr Eintragungsbegehren mit einem eingeschränkten Warenverzeichnis weiterverfolgt. Die Markenstelle hat die Erinnerung jedoch ebenfalls zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Anmelder ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Gericht ist der Auffassung, dass an der angemeldeten Marke ein Allgemeininteresse an ihrer freien Verwendbarkeit bestehe und ihr zudem jegliche Unterscheidungskraft fehle.
Die beanspruchte Wortkombination "Turbobrake" setzt sich aus den beiden Begriffen "Turbo" und "brake" zusammen. Der Begriff "brake" ist als "Bremse" allgemein bekannt und der Begriff "Turbo" wird als Werbebegriff mit der Bedeutung "leistungsstark, schnell, wirksam" verwendet. Die Verbindung der beiden Begriffe ergibt den Sinngehalt "Turbobremse" und ist somit ein unzweideutiger Hinweis auf eine schnell wirkende Bremse. Da die fraglichen Waren in einem Zusammenhang zu Bremsen stehen, beschreibt die angemeldete Marke ein wesentliches Merkmal dieser Waren.
In der mündlichen Verhandlung wurden zudem diverse Internetauszüge erörtert, die eine beschreibende Verwendung des Begriffs "Turbobremse" durch verschiedene Anbieter belegen.
Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Mitbewerber der Anmelder den Begriff "Turbobrake" frei verwenden dürfen, sowohl in beschreibenden Zusammenhängen als auch als werbende Anpreisung ihrer Waren. Der Markenschutz berücksichtigt nicht, wer den Begriff erfunden hat, sondern ob die Marke einen unmittelbar beschreibenden Bedeutungsgehalt hat.
Die angemeldete Marke erfüllt somit das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und fehlt zudem jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG. Die Beschwerde wird daher zurückgewiesen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 27.09.2006, Az: 28 W (pat) 63/05
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke Turbobrakefür die Waren der Klassen 7, 12 und 13 Motoren, Vorrichtungen zur Kraftübertragung, Fahrzeuge, Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser, Schusswaffen.
Die Markenstelle für Klasse 12 hat die Anmeldung durch Erstprüferbeschluss zurückgewiesen und zwar für sämtliche Waren der Klassen 7 und 12. Der angemeldeten Marke fehle die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und es bestehe an ihr ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Das Markenwort sei für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres als Hinweis auf eine besonders schnell wirkende Bremse zu verstehen und stelle in diesem Bedeutungsgehalt für die beanspruchten Waren der Klassen 7 und 12 einen unmittelbar beschreibenden Sachhinweis dar.
Gegen diesen Beschluss haben die Anmelder Erinnerung eingelegt und ihr Eintragungsbegehren mit dem eingeschränkten Warenverzeichnis Motorbremsen, Brennstoffzellenbremsen, Abgasturbolader, Abgasturbinen mit variablen Elementen, Radialturbinen, Axialturbinen, Turbinenabblase-Einrichtungen, Drehschieberabblase-Einrichtungen, Turbinenräder für Motorbrems-Einsatz, axial- oder drehbar bewegliche Turbinen-Leitbeschaufelungen, mechanische Lader, Radialverdichter, Radialverdichter mit variablen Elementen, Motorbremsventile, Tempomatregelungen, Retarder, Motorbremsen mit ABS, Turbinenleitgitter-Regelungen, asymmetrische zweiflutige Turbinen mit Bremsgitter, regelungsgekoppelte Motorbremsen mit Betriebsbremsenweiterverfolgt. Die Markenstelle für Klasse 12 hat die Erinnerung mit Beschluss vom 24. Februar 2005 zurückgewiesen.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde beantragen die Anmelder die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die angemeldete Marke mit einem erneut abgeänderten Warenverzeichnis, nämlich Motor, Brennstoffzellen, Abgasturbolader, Abgasturbinen mit variablen Elementen, Radialturbinen, Axialturbinen, Turbinenabblase-Einrichtungen, Drehschieberabblase-Einrichtungen, Turbinenräder für Motor-Einsatz, axial- oder drehbar bewegliche Turbinen-Leitbeschaufelungen, mechanische Lader, Radialverdichter, Radialverdichter mit variablen Elementen, Motorventile, Tempomatregelungen, Retarder, Motor mit ABS, Turbinenleitgitter-Regelungen, asymmetrische zweiflutige Turbinen mit Gitter, hilfsweise (1) für die Waren Fahrzeug, Motor, Brennstoffzellen und Abgasturboladerweiterhin hilfsweise (2) für die Waren Abgasturboladereinzutragen.
Dem Markenwort "Turbobrake" könne insbesondere für Abgasturbolader kein beschreibender Charakter zugeordnet werden, da diese üblicherweise für die Luftversorgung des Motors verantwortlich seien. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit einer Turbobremse, könne Abgasturboladern deshalb ohne spezielle Kenntnisse nicht zugeordnet werden. Auch das Fachpublikum sei erst durch eine Erfindung der Anmelder in den 90er-Jahren auf diesen Zusammenhang aufmerksam gemacht worden. Die angemeldete Marke beinhalte außerdem die beiden unterschiedlichen Begriffsinhalte "Turboladerbremse" und "schnelle Bremse" und erweise sich damit als mehrdeutig. Ein eindeutig beschreibender Charakter sei deshalb zu verneinen. Zudem erfolge die bisherige Verwendung des Markenworts praktisch ausnahmslos durch den Arbeitgeber der Anmelder, die Urheber des Begriffs seien, und zwar in markenmäßiger und nicht in beschreibender Weise.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelder ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats besteht an der angemeldeten Marke im Hinblick auf die streitigen Waren ein Allgemeininteresse an ihrer freien Verwendbarkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Ihr fehlt darüber hinaus auch jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Die beanspruchte Wortkombination setzt sich aus den beiden Bestandteilen "Turbo" und "brake" zusammen. Das englische Wort "brake" ist dabei in seinem Bedeutungsgehalt "Bremse" (vgl. hierzu LEO, English-German Dictionary, http://dict.leo.org) breiten Verkehrskreisen geläufig. Der vorangestellte Begriff "Turbo" ist als allgemeiner Werbebegriff mit dem Bedeutungsgehalt "leistungsstark, schnell, wirksam" seit langem allgemein gebräuchlich und dem inländischen Publikum entsprechend bekannt (vgl. hierzu auch BGH GRUR 1997 S. 634 - TURBO II; BPatG Mitt. 1998 S. 308 - TURBOMIX), wie dies auch bereits die Markenstelle zutreffend dargelegt hat. Der sprachüblich gebildeten Verbindung der beiden Begriffe lässt sich somit ohne weiteres der Sinngehalt "Turbobremse" und damit ein unzweideutiger Hinweis auf eine besonders schnell wirkende bzw. leistungsstarke Bremse entnehmen. Die angemeldete Bezeichnung ist somit im Hinblick auf die fraglichen Waren, die sämtlich in einem unmittelbaren Zusammenhang zu Bremsen bzw. Bremssystemen stehen können, geeignet, ein wesentliches Merkmal dieser Waren zu beschreiben bzw. schlagwortartig zu bewerben.
So können beispielsweise auch die von den Anmeldern besonders herausgestellten Abgasturbolader zum Einsatz in Bremssystemen bestimmt sein, wie sich dies etwa auch aus der Offenlegungsschrift DE 103 17 515 A1 ergibt, die in der mündlichen Verhandlung mit den Anmeldern erörtert wurde. Die darüber hinaus beanspruchten Waren können ebenfalls als Bauteile bzw. Elemente eines Bremssystems Verwendung finden oder mit einer entsprechenden Bremse bzw. Bremsfunktion ausgestattet sein. Dies gilt entsprechend im Hinblick auf die mit den Hilfsanträgen 1 und 2 beanspruchten Waren, so dass die Frage dahingestellt bleiben kann, ob und ggf. in welchem Umfang die fraglichen Warenverzeichnisse eine Erweiterung enthalten und damit unzulässig sind.
In der mündlichen Verhandlung wurden mit den Anmeldern zudem diverse Internetauszüge erörtert, die eine beschreibende Verwendung des deutschsprachigen Fachbegriffs "Turbobremse" durch unterschiedliche Anbieter belegen.
Aus den dargestellten Feststellungen ergibt sich, dass es den Mitbewerbern der Anmelder unbenommen bleiben muss, den angemeldeten Begriff ungehindert von markenrechtlichen Verbietungsrechten frei verwenden zu können. Dies nicht nur in beschreibenden Zusammenhängen, sondern ebenso als schlagwortartig herausgestellte, werbende Anpreisung ihrer Waren. Diese Wertung wird auch nicht von der Frage beeinflusst, von wem der Begriff sozusagen erfunden wurde, da der Markenschutz im Gegensatz zum Patentschutz kein auf den jeweiligen Erfinder bezogenes Leistungsschutzrecht kennt. Für die rein markenrechtlich zu beurteilende Schutzfähigkeit ist insoweit lediglich maßgeblich, dass der angemeldeten Marke ein unmittelbar beschreibender Bedeutungsgehalt zuzumessen ist, nicht dagegen mögliche urheber- oder namensrechtliche Aspekte (vgl. BPatGE 33, 12, 17 - IRONMAN TRIATHLON). Ob der Begriff "Turbobrake" auf die Anmelder zurückgeht, ist damit für die Frage seiner Schutzfähigkeit unerheblich (ebenso bereits HABM, R0292/03-2 - TURBOBRAKE, zusammenfassend veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM).
Der Eintragung der angemeldeten Marke steht somit bereits das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Ihr fehlt darüber hinaus aber auch jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG. Da die beteiligten Verkehrskreise - wie dargelegt - der angemeldeten Bezeichnung im Hinblick auf die beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden, beschreibenden Begriffsgehalt entnehmen werden, verfügt sie nicht über die erforderliche Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zuwerden (st. Rspr., vgl. BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
BPatG:
Beschluss v. 27.09.2006
Az: 28 W (pat) 63/05
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/5d02492e0ea8/BPatG_Beschluss_vom_27-September-2006_Az_28-W-pat-63-05