Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juni 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 173/99
(BPatG: Beschluss v. 07.06.2000, Az.: 29 W (pat) 173/99)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 7. Juni 2000 (Aktenzeichen 29 W (pat) 173/99) über eine Beschwerde entschieden. Die Beschwerde richtete sich gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Januar 1999, in dem die Anmeldung der Marke "Gesundheitscard" für bestimmte Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen wurde.
Das Bundespatentgericht hat den Beschluss der Markenstelle zum Teil aufgehoben und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen. In der Begründung wurde festgestellt, dass die angemeldete Marke vor allem für den Bereich der Gesundheitskarten beschreibenden Charakter hat und deshalb nicht als Marke eingetragen werden kann. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Begriff "Gesundheitscard" bereits für Magnet- oder Chipkarten mit medizinischen Daten verwendet wird und deshalb freihaltebedürftig ist. Weiterhin wurde festgestellt, dass die Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft besitzt, außer für die Bereiche "Schallplatten" und "Unternehmensverwaltung". Für diese beiden Bereiche fehlt es dem Begriff "Gesundheitscard" an einer eindeutig beschreibenden Aussage als betrieblicher Herkunftshinweis.
Der Beschluss des Bundespatentgerichts ermöglicht somit die Eintragung der Marke "Gesundheitscard" für bestimmte Waren und Dienstleistungen, jedoch nicht für Schallplatten und Unternehmensverwaltung.
Rechtsanwalt [Name]
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 07.06.2000, Az: 29 W (pat) 173/99
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Januar 1999 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für "Schallplatten" und "Unternehmensverwaltung" zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde wird zurückgewiesen
Gründe
I.
Angemeldet ist das Wort
"Gesundheitscard"
zur Eintragung als Marke für "Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, Datenverarbeitungsgeräte, ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege, Erstellen von Programmen für die EDV, Werbung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten".
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen eines Freihaltebedürfnisses und fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung zurückgewiesen, die Marke sei zwar eine Wortneuschöpfung, aber eine sprachüblich gebildete Kombination aus zwei glatt beschreibenden Teilen. Auch sei die Sprachverbindung Deutsch-Englisch in einer solchen Kombination üblich. Die Marke sei auch als Ganze rein beschreibend für den Inhalt und die Bestimmung der Waren und Dienstleistungen. Gerade deren nähere Erläuterung der durch die Anmelderin selbst erweise, daß auf den Datenträgern die Gesundheitsdaten der Patienten gespeichert seien und mit den beanspruchten Dienstleistungen die für die Nutzung dieser Daten nötige Infrastruktur (Büroorganisation, Verwaltungsaufbau) etc. angeboten würden.
Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin u.a. geltend, die Waren und Dienstleistungen der Marke beträfen Patientendaten und deren Verarbeitung durch Ärzte. Sprachregelwidrig sei die Verwendung von "Gesundheit" gerade dann, wenn es um Krankheitsdaten gehe. Für solche Karten sei im übrigen der Begriff "Versichertenkarte" eingeführt. Im Gesundheitsbereich gebe es keine deutschenglischen Wortkombinationen, sie seien entweder deutschdeutsch oder englischenglisch, wie bei Kreditkarten (z.B. "Mastercard").
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch nur zum Teil Erfolg. Denn der Eintragbarkeit der angemeldeten Marke steht überwiegend ein Freihaltebedürfnis entgegen und insoweit fehlt ihr auch die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und 1 MarkenG). Im Falle der im Tenor benannten Waren und Dienstleistungen fehlen indessen diese Eintragungshindernisse.
Nach den Feststellungen des Senats wird das Markenwort bereits gegenwärtig für den überwiegenden Teil der Waren und Dienstleistungen beschreibend verwendet. "Gesundheitscard" ist ein eingeführter Begriff für Magnet- oder Chipkarten mit relevanten medizinischen Daten. Eine "Gesundheitscard" dient vielen Apotheken dazu, anhand der auf der Karte gespeicherten Patienten- und Medikamentendaten die Medikamentenabgabe an die Kunden zu erleichtern (z.B. Werbung der Markt-Apotheke Duderstadt unter Menüpunkt "Gesundheitscard": "Wir bieten Ihnen Ihre persönliche Gesundheitskarte ...", vergleichbar angeboten unter "Gesundheitscard" von der Marien-Apotheke München, jeweils unter der gleichnamigen Internet-Adresse). Ferner ist "Gesundheitscard" ein gängiger anderer Name für die übliche Versichertenkarte, z.B. der Allgemeinen Ortskrankenkasse, aber auch anderer Krankenversicherungen ("Die KKH-Gesundheitscard, die Krankenversichertenkarte für Arzt, Zahnarzt und Optiker ...", Internet-Adresse www.du.nw.schule.de/gesmitte/sponsor/kkh/kkhleist.htm; "Diese Sachen ... mitnehmen: Alle wichtigen Dokumente wie ... Gesundheitscard ...", Internet-Adresse www.zwickauerland.de/infoService/Frauenschutzprojekt.htm), mit der vor allem Patientendaten und nähere Angaben zur Versicherung des Karteninhabers mitgeteilt werden. Schließlich gewährt eine "Gesundheitscard" vereinzelt auch günstigere Konditionen u.a. nach Art eines Einkaufsausweises beim Angebot von gesundheitsorientierten Waren und Dienstleistungen ("Gesundheitscard. Vorteilspaket für GGF-Mitglieder: 10 % Ermäßigung ...", Internet-Adresse www.gesundheitsfoerderung.at/mitglied.html). Die Funktionen solcher Gesundheitscards führen zu einem Freihaltebedürfnis für die mit diesem Wort vor allem ihrer Art, Beschaffenheit und Bestimmung i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschriebenen Waren und Dienstleistungen der Marke. So sind "Magnetaufzeichnungsträger" durch die Marke nach Beschaffenheit und Funktion unmittelbar beschrieben, dasselbe gilt für die beanspruchten "Datenverarbeitungsgeräte", die die notwendigen Lesegeräte und angeschlossenen Auswertungsrechner für diese Karten mit einschließen. Für die Dienstleistungen "ärztliche Versorgung" und "Gesundheits- und Schönheitspflege" ist die "Gesundheitscard" eines der angewendeten Mittel bei ihrer Ausübung, also eine Bestimmungsangabe. Die im Weiteren beanspruchten Programmierungs-Dienstleistungen betreffen zumindest die notwendige Software für das Beschreiben mit und Auslesen von Daten der als Magnet- oder Chipkarten ausgebildeten Gesundheitskarten, ferner eine EDV-gestützte Auswertung der darin gespeicherten Daten, wobei auf Chipkarten Programme in der Regel ebenfalls gespeichert sind (nach Art eines (E)PROM, sog. firmware). Schließlich besteht aufgrund des gegenwärtigen Einsatzes der "Gesundheitscard" auch ein Freihaltebedürfnis für die beanspruchten Dienstleistungen "Werbung" (d.h. für Dritte), deren Gegenstand u.a. die Verbreitung dieser Karte sein kann, und "Büroarbeiten", deren Inhalt auch die "Gesundheitscard" sein kann, etwa bei Ausgabe, Einziehung und sonstiger Verwaltung der Karte, oder die mit Hilfe dieser Karte ausgeübt werden. Bei diesem nachgewiesenen breiten inländischen Einsatz einer "Gesundheitscard", die ihren Vorläufer zudem in der "Gesundheitskarte" der Wehrmacht hat (vgl. Nachweise in dem eine Anmeldung "Gesundheitskarte" bereits zurückweisenden Beschluß des Bundespatentgerichts - 24 W (pat) 31/95 vom 28. November 1995 -) beantwortet sich die Frage, ob die Marke sprachregelgerecht gebildet ist und vom inländischen Verkehr in ihrem glatt beschreibenden Sinne verstanden wird, von selbst.
Allerdings kann weder ein gegenwärtiges noch ein künftiges Freihaltebedürfnis für die verbleibenden Waren "Schallplatten" und die Dienstleistung "Unternehmensverwaltung" festgestellt werden. Aus heutiger technischer Sicht dürfte der Einsatz des Mediums "Schallplatte" für die dargestellten vielfältigen Funktionen und Eigenschaften einer Gesundheitskarte lebensfremd sein. Es erscheint dafür zumindest veraltet, wenn nicht sogar technisch ungeeignet, so daß auch die gegenteilige Interpretation durch die Anmelderin selbst in ihrer Stellungnahme zum ersten Beanstandungsbescheid des Patentamts nicht überzeugt. Das Fehlen eines beschreibenden Gehalts gilt schließlich auch für die Dienstleistung der Unternehmensverwaltung, die in naheliegender Weise in Form oder mit Hilfe von Gesundheitskarten nicht möglich erscheint.
Im zuletzt genannten Umfang kann der Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Der Senat hat zwar im Rahmen der Beurteilung des Freihaltebedürfnisses für die die anfangs aufgeführten Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt der Marke (vgl. BGH MarkenR 1999, 347, 348f. - Absolut) festgestellt, so daß der Verkehr sie insoweit nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel auffaßt. Für "Schallplatten" und "Unternehmensverwaltung" gelten diese Gesichtspunkte jedoch nicht. Da es sich bei "Gesundheitscard" insoweit nicht um einen zu deren Beschreibung so gebräuchlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, daß er vom Verkehr stets nur als solcher verstanden wird, bestehen im vorliegenden Falle für diese beiden Bereiche genügende Anhaltspunkte dafür, daß er die Marke aufgrund ihrer - wie oben ausgeführt - Ungeeignetheit für eine eindeutig beschreibende Aussage als betrieblichen Herkunftshinweis und nicht als Sachangabe deuten wird.
Meinhardt Dr. Vogel von Falckenstein Guth Cl
BPatG:
Beschluss v. 07.06.2000
Az: 29 W (pat) 173/99
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