Bundespatentgericht:
Urteil vom 1. März 2001
Aktenzeichen: 4 Ni 46/99
(BPatG: Urteil v. 01.03.2001, Az.: 4 Ni 46/99)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Urteil vom 1. März 2001 (Aktenzeichen 4 Ni 46/99) die Klage als unzulässig verworfen. Das Gericht hat entschieden, dass die Klägerin das angegriffene deutsche Patent nicht anfechten durfte. Die Klägerin und die Beklagte hatten zuvor vereinbart, dass die Schutzrechtslage allein anhand des parallelen europäischen Patents überprüft werden sollte. Die Beklagte hatte erklärt, dass sie keine Rechte aus dem deutschen Patent gegenüber der Klägerin geltend machen wird. Die Klägerin hat jedoch entschieden, trotzdem gegen das deutsche Patent vorzugehen, da das europäische Patent in Deutschland nicht gilt. Das Bundespatentgericht hat entschieden, dass diese einseitige Aufhebung der Vereinbarung durch die Klägerin nicht gerechtfertigt ist und die Klage daher unzulässig ist. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wenn eine Sicherheitsleistung in Höhe von DM 12.000,00 erbracht wird.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Urteil v. 01.03.2001, Az: 4 Ni 46/99
Tenor
Die Klage wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 12.000,00 vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des angegriffenen, am 21. April 1989 angemeldeten deutschen Patents 39 13 109 (Streitpatent), das ein "Verfahren zum Spritzgießen fluidgefüllter Kunststoffkörper und Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens" betrifft, sowie eines parallelen europäischen Patents 0 393 315, für das eine Reihe von Vertragsstaaten - nicht jedoch die Bundesrepublik Deutschland - benannt ist.
Die Klägerin hat der Beklagten mit Schreiben vom 24. Februar 1999 ihre Absicht mitgeteilt, Nichtigkeitsklage gegen beide Schutzrechte in Deutschland zu erheben. Zugleich hat sie ihr vorgeschlagen, "im beiderseitigen Interesse" sicherzustellen, "daß durch das Verfahren gegen das europäische Patent ... das deutsche Patent ... miterledigt wird". Sie hat die Beklagte zu diesem Zweck ersucht, verbindlich zu erklären, daß "kein Teil des deutschen Patents ... neben dem europäischen Patent ... geltend gemacht werden wird". Mit Schreiben vom 30. März 1999 hat die Beklagte erklärt, daß von ihr "kein Teil des deutschen Patents ... gegen .... die Firma Engel Maschinenbau GmbH geltend gemacht werden wird, der über den Schutzbereich des europäischen Patents hinausgeht."
Diese Erklärung hat die Klägerin in einem weiteren Schreiben vom 19. Juli 1999 dankend bestätigt und darauf hingewiesen, es sei nunmehr an sich möglich, die Rechtslage durch ein Vorgehen gegen den nationalen Teil des europäischen Patents in irgendeinem Land zu klären. Nach einiger Überlegung sei sie jedoch zu der Auffassung gelangt, eine Entscheidung in Deutschland sei aus Zeit- und Kostengründen vorzuziehen und sie müsse nunmehr doch gegen das deutsche Patent vorgehen, da das europäische Patent in Deutschland nicht gelte.
Die Klägerin hat die vorliegende Klage erhoben, mit der sie beantragt, das deutsche Patent 39 13 109 für nichtig zu erklären.
Sie hält die Klage für zulässig. Eine Vereinbarung dahin, daß nur das europäische Patent angegriffen werden dürfe, sei wegen Dissenses nicht zustande kommen. Denn sie, die Klägerin, habe dafür in ihrem Angebotsschreiben zur Voraussetzung gemacht, daß die Beklagte auf Rechte aus dem deutschen Patent gegenüber jedermann verzichte. Die Beklagte habe aber in ihrem Antwortschreiben nur auf entsprechende Rechte gegen sie, die Klägerin selbst, verzichtet.
Die Beklagte beantragt, die Klage als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise mit der Maßgabe abzuweisen, daß das Streitpatent im Umfang der mit Schriftsatz vom 28. Februar 2001 übergebenen Ansprüche aufrechterhalten bleibt.
Sie macht geltend, die Klägerin sei die Verpflichtung eingegangen sei, keine Nichtigkeitsklage gegen das Streitpatent zu erheben. Im übrigen ist sie dem Vorbringen der Klägerin entgegengetreten und hält das Streitpatent im verteidigten Umfang für bestandsfähig.
Gründe
Die Klage ist unzulässig. Die Klägerin durfte das Streitpatent nicht angreifen (vgl Busse, PatG, 5. Aufl § 81 Rdn 62, 68). Denn die Parteien waren übereingekommen, daß dieser Angriff vermieden, die Schutzrechtslage allein an Hand des europäischen Patents überprüft werden sollte, und die Beklagte hat sich zu diesem Zwecke verpflichtet, gegen die Klägerin keine über das europäische Patent hinausgehenden Rechte aus dem Streitpatent geltend zu machen.
Für die - in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragene - Ansicht der Klägerin, diese Vereinbarung sei wegen Dissenses nicht zustande gekommen, bietet der Sachverhalt keine Stütze. Das Angebotsschreiben der Klägerin vom 24. Februar 1999 konnte bei verständiger Würdigung nur so verstanden werden, daß die Rechtsbeziehungen inter partes geregelt werden sollten und nicht - wie die Klägerin jetzt meint - daß die Beklagte durch Vereinbarung mit der Klägerin auf Rechte aus dem deutschen Patent inter omnes verzichten sollte. Damit entspricht das Annahmeschreiben der Beklagten dem Angebot, auch wenn es - anders als das Angebotsschreiben - die Wirkungen der Vereinbarung ausdrücklich auf "die Firma E...", also die Klägerin, begrenzt. Nur so hat offenbar auch die Klägerin selbst die Vereinbarung zunächst verstanden. Denn in ihrem Bestätigungsschreiben vom 19. Juli 1999 spricht auch sie nur von Rechten "gegen die Firma E... ... ". Wenn die Klägerin etwas anderes, beispielsweise den Verzicht auf das deutsche Patent, im Sinne gehabt hätte, wäre im übrigen zu erwarten gewesen, daß sie dies ausdrücklich sagt.
Von der klaren Absprache, die Schutzrechtslage nur an Hand des europäischen Patents überprüfen zu lassen, hat sich die Klägerin einseitig losgesagt. Ein rechtfertigender Grund hierfür ist nicht erkennbar.
Insbesondere liegt er nicht in einem Wegfall der Geschäftsgrundlage, worauf sich die Klägerin im übrigen nicht berufen hat. Die Ankündigung der Klägerin im Schreiben vom 24. Februar 1999, die Patente in Deutschland anzugreifen, ist nicht Bestandteil der späteren Vereinbarung in dem Sinne geworden, daß die Möglichkeit, das europäische Patent in Deutschland mit der Nichtigkeitsklage anzugreifen, Geschäftsgrundlage geworden wäre. Es fehlt jeder Grund für die Annahme, daß der Geschäftswille beider Parteien auf dieser Möglichkeit aufgebaut hätte, zumindest die Beklagte hat den Schutzbereich ihres europäischen Patents gekannt und gewußt, daß ein Angriff in Deutschland nicht in Betracht kam. Die Klägerin selbst hat gegenteiliges nicht geltend gemacht.
Im übrigen dürfte auch die Klägerin den Schutzbereich des europäischen Patents gekannt haben. Deshalb scheidet wohl auch auf ihrer Seite ein Irrtum hierüber aus, so daß auch eine Irrtumsanfechtung nicht in Betracht kommt. Auf einen solchen Anfechtungsgrund hat sich die Klägerin im übrigen zu keiner Zeit berufen und zu keiner Zeit eine Anfechtungserklärung abgegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 ZPO.
Dr. Schwendy Müllner Dr. Huber Bülskämper Gießen Be/Pr
BPatG:
Urteil v. 01.03.2001
Az: 4 Ni 46/99
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