Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Januar 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 306/01

(BPatG: Beschluss v. 29.01.2003, Az.: 32 W (pat) 306/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 29. Januar 2003 (Aktenzeichen 32 W (pat) 306/01) den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben, mit dem die Eintragung der Wortmarke "EIS-KNUSPERHÄUSCHEN" für Speiseeis zurückgewiesen wurde. Das Gericht hat festgestellt, dass die Marke weder das Erfordernis der Unterscheidungskraft noch das einer Angabe im Sinne des Markengesetzes erfüllt.

In der Begründung des Gerichts wird erklärt, dass eine Marke Unterscheidungskraft besitzen muss, um die Herkunft der gekennzeichneten Waren von anderen Unternehmen unterscheiden zu können. Dabei ist zu beachten, dass eine Wortmarke keinen beschreibenden Begriffsinhalt haben sollte, der im Vordergrund steht. Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Bezeichnung eines Lebkuchenhauses (Knusperhäuschen), das durch das Märchen "Hänsel und Gretel" bekannt ist. Die Übertragung des Begriffs auf das Warengebiet des Eises ist ungewöhnlich genug, um der Marke Unterscheidungskraft zuzuerkennen. Es kann zudem nicht festgestellt werden, dass der Verkehr die Wortfolge "EIS-KNUSPERHÄUSCHEN" nicht mehr als Unterscheidungsmittel der betrieblichen Herkunft versteht.

Des Weiteren wird argumentiert, dass die Marke auch nicht von der Eintragung ausgeschlossen ist, da sie keine eindeutigen Angaben zur Art, Beschaffenheit oder sonstigen Merkmalen der beanspruchten Waren enthält. Weder gibt es eine festgelegte Form noch wird damit ein eindeutiger Geschmack (Lebkuchen) bezeichnet.

Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts wird somit aufgehoben und die Eintragung der Marke "EIS-KNUSPERHÄUSCHEN" für Speiseeis wird zugelassen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 29.01.2003, Az: 32 W (pat) 306/01


Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 19. November 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister für Speiseeisist die Wortmarke EIS-KNUSPERHÄUSCHEN.

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass "EIS-KNUSPERHÄUSCHEN" für Speiseeis glatt beschreibend im Hinblick auf Art und Form der Ware sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie weist darauf hin, dass es den Begriff des Eis-Knusperhäuschens nicht gebe und allenfalls nur eine mittelbare Verbindung zur möglichen Form und Beschaffenheit gezogen werden könne, die für die Feststellung eines Schutzhindernisses nicht ausreiche.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

a) Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).

Die von der Marke beanspruchten Waren richten sich an die allgemeinen deutschen Verkehrskreise. Soweit feststellbar, hat das Knusperhäuschen seinen Ursprung im Märchen der Gebrüder Grimm "Hänsel und Gretel" und ist damit ein Lebkuchenhaus. Als Deutung der Marke würde sich demnach ein Eis in Form, Geschmack und Farbe eines Lebkuchenhauses anbieten. Allein die Übertragung des "Knusperhäuschens" aus dem Märchen auf das Warengebiet des Eises ist so ungewöhnlich, dass der Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann.

Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass man auf den Bezug der Marke auf das Märchen nicht ohne analysierende Betrachtungsweise kommt, die dem Verkehr nicht einfach unterstellt werden darf, da er erfahrungsgemäß ein als Marke verwendetes Zeichen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl BGH, BlPMZ 1999, 408 - YES).

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Verkehr die Wortfolge "EIS KNUSPERHÄUSCHEN" - beispielsweise wegen einer Verwendung durch viele Anbieter - nicht mehr als Unterscheidungsmittel der betrieblichen Herkunft versteht. Bei der Eingabe des Begriffs in Suchmaschine "Google" ergaben sich nur Treffer, die das Produkt der Anmelderin beinhalten. Diese nur vereinzelte Verwendung reicht zur Feststellung, dass die beanspruchte Wortfolge nicht mehr als Unterscheidungsmittel verstanden wird, nicht aus.

b) Die Marke ist auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können. Dem Begriff des Eis-Knusperhäuschens ist kein eindeutiges Merkmal zu entnehmen. Weder gibt es hierzu eine festgelegte Form, noch wird damit eine Geschmacksrichtung "Lebkuchen" eindeutig bezeichnet.

Winkler Dr. Albrecht Sekretarukbr/Fa






BPatG:
Beschluss v. 29.01.2003
Az: 32 W (pat) 306/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/5da4a4022ce6/BPatG_Beschluss_vom_29-Januar-2003_Az_32-W-pat-306-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share