Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 3. Dezember 2008
Aktenzeichen: 7 U 186/07
(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 03.12.2008, Az.: 7 U 186/07)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat in einem Urteil vom 3. Dezember 2008 entschieden, dass ein Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. August 2006 für nichtig erklärt wird. Dieser Beschluss sah vor, dass der Kläger verpflichtet ist, seinen Geschäftsanteil auf die Gesellschaft gegen Abfindung zu übertragen. Die Abfindung richtete sich nach einem Gesellschafterbeschluss vom 11. September 2002 und nach der Satzung. Das Gericht entschied, dass dieser Beschluss nichtig ist und verurteilte die Beklagte, dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 396.269,48 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Kläger zu 42 % und der Beklagten zu 58 % auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wurde gestattet, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Die Berufung des Klägers wurde überwiegend begründet, während die Anschlussberufung der Beklagten unbegründet war. Die Revision wurde nicht zugelassen. Der Streitwert im Berufungsrechtszug beträgt 422.269,48 €.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
Brandenburgisches OLG: Urteil v. 03.12.2008, Az: 7 U 186/07
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Klägers sowie der Anschlussberufung der Beklagten wird das am 31. August 2007 verkündete, durch Beschluss vom 14. März 2008 berichtigte Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. August 2006 zu Tagesordnungspunkt 5 mit folgendem Beschlussinhalt:
€Es wird festgestellt, dass Herr Dr. R. verpflichtet ist, seinen Geschäftsanteil auf die Gesellschaft gegen Abfindung zu übertragen. Die Abfindung richtet sich nach dem Gesellschafterbeschluss vom 11. September 2002 und nach der Satzung€,
wird für nichtig erklärt.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 396.269,48 € nebst Zinsen in Höhe von einem Prozentpunkt über dem Basiszinssatz seit dem 20. Dezember 2006 bis zum 20. Dezember 2008 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug haben der Kläger zu 42 % und die Beklagte zu 58 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Der Kläger war seit 1991 Gesellschafter und seit 1995 zugleich auch Geschäftsführer der Beklagten. Der Kläger begehrt, die Nichtigkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 17.08.2006 (Bl. 7 € 9 d.A.) festzustellen, soweit darin zu Tagesordnungspunkt 5 festgelegt ist, dass der Kläger seinen Geschäftsanteil gegen Abfindung nach Maßgabe des Gesellschafterbeschlusses vom 11.09.2002 zu übertragen habe.
Nach Erhebung der Klage übertrug der Kläger am 19.12.2006 seinen Geschäftsanteil gegen Zahlung von 46.200,00 € an die Beklagte, indem er sich vorbehielt, die Höhe seines Abfindungsanspruches gerichtlich klären zu lassen.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17.08.2006 zu Tagesordnungspunkt 5 mit folgendem Beschlussinhalt:
€Es wird festgestellt, dass Herr Dr. Ing. R. verpflichtet ist, seinen Geschäftsanteil auf die Gesellschaft gegen Abfindung zu übertragen.Die Abfindung richtet sich nach dem Gesellschafterbeschluss vom 11.09.2002 und nach der Satzung€für nichtig und unwirksam zu erklären,
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 703.141,00 € nebst 1 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20.12.2006 zum 20.12.2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat den Gesellschafterbeschluss vom 17.08.2006 im angegriffenen Tagesordnungspunkt 5 für nichtig erklärt, dem Kläger 55.318,55 € nebst Zinsen zur Zahlung zum 20.12.2008 zuerkannt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der angegriffene Beschluss sei wegen mangelnder Beurkundung nichtig; entgegen den Ausführungen des Klägers sei bei der Berechnung der Abfindung weder die Kapitalrücklage noch das Eigenkapital der Tochterunternehmen zu berücksichtigen, weil es nach der Satzung nur auf das Eigenkapital der Gesellschaft ankomme.
Der Kläger hat gegen das ihm am 05.09.2007 zugestellte Urteil am 04.10.2007 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 05.12.2007 begründet. Die Beklagte hat sich der Berufung des Klägers mit entsprechender Begründung mit Schriftsatz vom 27.03.2008 angeschlossen.
Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn über das Zuerkannte hinaus weitere 349.260,94 € nebst 1 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20.12.2006 bis zum 20.12.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und im Wege der Anschlussberufung die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, ebenso die Anschlussberufung der Beklagten. Die Berufung des Klägers ist überwiegend begründet, nur hinsichtlich eines Teilbetrages von 6.000,00 € erweist sie sich als unbegründet. Die Anschlussberufung der Beklagten ist unbegründet.
1. Die Beklagte greift mit der Anschlussberufung die Ausführungen des Landgerichts zur Feststellungsklage ohne Erfolg an.
a) Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung die Sachbefugnis des Klägers bejaht.
Der Kläger hat die Anfechtung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 17.08.2006 zu einem Zeitpunkt klageweise geltend gemacht, als er noch Gesellschafter war. Die Klage ist am 15.09.2006 eingereicht (Bl. 2 d.A.) und am 28.10.2006 (Bl. 25 d.A.) zugestellt worden.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann aus der Tatsache, dass der Kläger inzwischen durch notarielle Vereinbarung vom 19.12.2006 (Bl. 76 € 78 d.A.) seinen Geschäftsanteil der Beklagten abgetreten hat, ein Wegfall der Sachbefugnis nicht hergeleitet werden. Dies folgt bereits aus § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift hat die Veräußerung oder Abtretung auf den Prozess keinen Einfluss.
Außerdem haben die Parteien in der notariellen Vereinbarung vom 19.12.2006 zu Ziffer II. lit. c) dem Kläger das Recht vorbehalten, die Höhe seines Abfindungsanspruchs gerichtlich klären zu lassen (Bl. 77 unten d.A.). Diese Vereinbarung schließt ein, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, dass der Kläger befugt ist, die Wirksamkeit des für seine Abfindung maßgeblichen Gesellschafterbeschlusses vom 17.08.2006 zu Tagesordnungspunkt 5 einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen.
b) Entgegen den Ausführungen der Beklagten ist das Rechtsschutzinteresse des Klägers auch insoweit zu bejahen, als er den Beschluss vom 17.08.2008 zu Tagesordnungspunkt 5 insgesamt angreift.
Die in Satz 1 ausgesprochene Verpflichtung des Klägers, seinen Geschäftsanteil gegen Abfindung auf die Gesellschaft zu übertragen, steht in untrennbaren Zusammenhang zu Satz 2 des Beschlusses, der die Höhe der Abfindung regelt. Das folgt ohne weiteres daraus, dass die mit Satz 1 bezeichnete Abfindung allein in Satz 2 der Höhe nach umschrieben ist. Ist der Kläger somit nach Satz 1 zur Übertragung des Geschäftsanteils verpflichtet, so bedeutet diese Verpflichtung nichts anderes, als dass er als Gegenleistung diejenige Abfindung zu beanspruchen hat, wie sie in Satz 2 geregelt ist.
Die Beschlussfassung, sofern sie unwirksam ist, greift insgesamt in die Rechte des Klägers ein. Ist die Festlegung der Höhe der Abfindung, wie sie in Satz 2 geregelt ist, unwirksam, so führt dies dazu, dass auch die in Satz 1 normierte Verpflichtung des Klägers, seinen Geschäftsanteil gegen Abfindung zu übertragen, unwirksam ist, weil mit der als Gegenleistung genannten Abfindung diejenige gemeint ist, die in Satz 2 der Höhe nach bestimmt ist.
c) Das Landgericht hat den Beschluss vom 11.09.2002, der für die Abfindungshöhe im Falle des Klägers nach der Beschlussfassung vom 17.08.2006 maßgeblich sein soll, für nichtig erachtet, weil es sich hierbei nicht mehr um eine bloße Satzungsdurchbrechung, sondern um eine satzungsändernde Regelung handelt, die beurkundungsbedürftig ist.
Der Rechtsauffassung des Landgerichts ist zu folgen.
33Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages ist nur dann ohne Beurkundung wirksam, wenn sich die Wirkung des Beschlusses in dieser Maßnahme erschöpft, mithin nur eine konkrete Einzelmaßnahme getroffen wird (Baumbach//Hueck/Zöllner, GmbHG, 18. Aufl., § 53 GmbHG, Rdnr. 46). Im Streitfall sollte durch die Änderung der Abfindungsregelung ganz allgemein für die Zukunft eine anderweitige Regelung eingeführt werden. Die Änderung berührte fortan die Rechtsstellung eines jeden Gesellschafters, betraf also nicht € bloß € einen konkreten Einzelfall.
Das Vorbringen der Beklagten in der Anschlussberufung führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Zum besseren Verständnis ist vorab darauf hinzuweisen, dass es sich im Streitfall um die Übertragung eines Geschäftsanteils handelt, die nach dem Gesellschaftsvertrag erfolgt ist; es handelt sich also nicht um eine rechtsgeschäftliche Übertragung eines Geschäftsanteils.
Die Beklagte macht geltend (Seite 5 des Schriftsatzes vom 27.03.2008 € Bl. 403 d.A.), es handele sich bei der die Abfindung regelnden Beschlussfassung vom 11.09.2002 um eine in der Satzung vorgesehene Satzungsergänzung. Insofern bezieht sich die Beklagte auf § 15 Ziffer 2 der Satzung. In dieser Bestimmung ist geregelt, dass die Übertragung zu einem abweichenden Entgelt zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf.
Entgegen der Auffassung der Beklagten regelt § 15 Ziffer 2 der Satzung die Abfindung nur für die Fälle der rechtsgeschäftlichen Übertragungen. Die Bestimmung greift nicht ein für die Fälle, in denen die Übertragung eines Geschäftsanteils nach dem Gesellschaftsvertrag selbst erfolgt. Für diese Fälle ist nämlich in § 15 Ziffer 1 der Satzung die entsprechende Regelung getroffen, wonach sich die Abfindung allein nach § 15 Ziffer 3 der Satzung richtet. Das bedeutet, dass entgegen der Annahme der Beklagte die Regelung in § 15 Ziffer 2 keinen Vorbehalt für eine Satzungsänderung gemäß § 15 Ziffer 3 bereithält.
Mit der Bestimmung des § 15 Ziffer 2 soll gewährleistet werden, dass für die rechtsgeschäftliche Übertragung im Grundsatz die Abfindungsregelung gemäß § 15 Ziffer 3 eingreift. Soll davon abgewichen werden, dann bedarf es hierzu der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung. Der Sinn dieser Satzungsbestimmung besteht also darin, dass die Gesellschafterversammlung bei einer im Rahmen einer rechtsgeschäftlichen Übertragung abweichend vereinbarten Abfindung sich die Zustimmung vorbehält. Daraus lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass die Gesellschaft sich auch für die Fälle, in denen die Übertragung des Geschäftsanteils sich nach dem Gesellschaftsvertrag richtet, vorbehalten habe, die Abfindung anderweit festlegen zu dürfen. Dagegen spricht der eindeutige Wortlaut der Bestimmung in § 15 Ziffer 1, wonach €in allen Fällen, in denen nach diesem Vertrag die Übertragung eines Geschäftsanteils erfolgt oder in denen ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet€,sich die Abfindung nach § 15 Ziffer 3 ff. der Satzung richtet.
Die Beklagte kann dem Kläger auch nicht vorwerfen, er verhalte sich rechtsmissbräuchlich und verstoße gegen Treu und Glauben, wenn er sich auf den Formmangel berufe. Selbst wenn der Kläger in der Gesellschafterversammlung vom 11.09.2002 sich dahin geäußert hätte, er gehe davon aus, dass sich jedermann an den Beschluss halten werde (so die Beklagte auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 08.12.2006 € Bl. 35 d.A.), ändert dies nichts an der Formbedürftigkeit des die Satzung ändernden Beschlusses. Der Beurkundungsmangel führt zur Nichtigkeit, § 241 Nr. 2 AktG analog (Baumbach/Hueck/Zöllner, Anh § 47 GmbHG, Rdnr. 49). Der Einwand der Beklagte, der Kläger verhalte sich rechtsmissbräuchlich, geht daher ins Leere.
2. Dem Kläger steht als Abfindung über die vom Landgericht € in der berichtigten Fassung des Urteils (Bl. 348 d.A.) € zuerkannten 53.008,54 € hinaus weitere 343.260,94 € zu. Insgesamt schuldet die Beklagte dem Kläger daher einen Abfindungsbetrag in Höhe von 396.269,48 €.
a) Die Berechnung der Abfindung richtet sich €allein€, wie es auf Seite 8 des Urteils richtig heißt, nach der Regelung des § 15 Ziffer 3 Satz 1 der Satzung. Die Anschlussberufung der Beklagten, die sich gegen diesen € zutreffenden € Ansatz des Landgerichts wendet, ist unbegründet, weil die Abfindungsregelung in dem Beschluss vom 17.08.2006, die auf das im Beschluss vom 11.09.2002 getroffene Abfindungsentgelt Bezug nimmt, nichtig ist.
b) Wie sich aus der Berechnung auf Seite 8 unten des Urteils (Bl. 310 d.A.) ergibt, hat das Landgericht auf die Bilanz der Beklagten per 31.12.2005 abgestellt. Das ist richtig und entspricht auch dem Vortrag beider Parteien, die sich auf die Bilanz per 31.12.2005 beziehen und diese für die Bestimmung des Abfindungsentgelts des Klägers für maßgeblich halten. Die Beklagte hat auf Seiten 27, 28 des Schriftsatzes vom 06.06.2007 (Bl. 141, 142 d.A.) für die Ermittlung der Abfindung - unter Bezugnahme auf § 15 Ziffer 5 lit. b der Satzung € auf die Bilanz per 31.12.2005 abgestellt. Der Kläger hat ebenfalls die Bilanzpositionen 2005 (vom 26.06.2006 - siehe hierzu Bl. 250 d.A.) herangezogen, indem auch er € zutreffend € den Stichtag (31.12.2005) aus § 15 Ziffer 5 der Satzung hergeleitet hat (Seiten 16, 17 des Schriftsatzes vom 19.02.2007 € Bl. 72, 73 d.A.).
Als Ausgangsgröße für die Berechnung der Abfindung hat das Landgericht auf das Eigenkapital der Gesellschaft abgestellt.
Das Eigenkapital ist in der Tat die Ausgangsgröße. Die Satzung versteht in § 15 Ziffer 3 das zur Berechnung der Abfindung heranzuziehende €Reinvermögen€ als Eigenkapital. Beide Parteien sehen dies ebenso (Kläger: Seite 16 des Schriftsatzes vom 19.02.2007 € Bl. 72 d.A. € Beklagte: Seite 27 des Schriftsatzes vom 06.06.2007 € Bl. 141 d.A.).
c) Das Landgericht hat unter zwei Gesichtspunkten Abstriche von dem Eigenkapital vorgenommen. Zum einen hat es die Auffassung vertreten, die Kapitalrücklage (1.485.978, 11 €) sei nicht zu berücksichtigen. Zum anderen hat es gemeint, das Eigenkapital der Tochterunternehmen finde ebenfalls keine Berücksichtigung.
Gegen diese Ansätze wendet sich die Berufung des Klägers, wobei er hinsichtlich des auf die Tochterunternehmen entfallenden Eigenkapitals sein Rechtsmittel auf einen Teilbetrag von 6.000,00 € beschränkt hat. Die Berufung des Klägers ist nur im ersten Punkt erfolgreich.
aa) Die Beklagte hat in der Bilanz zum 31.12.2005 das Eigenkapital € unter Einschluss der Kapitalrücklage von 1.485.978,11 € - eingestellt (Bl. 198 d.A.). Die Kapitalrücklage in Höhe von 1.485.978,11 € ist bei richtigem Verständnis der Abfindungsregelung des § 15 Ziffer 3 der Satzung zu Gunsten des Klägers in Ansatz zu bringen.
Die Bestimmung des § 15 Ziffer 3 hat folgenden Wortlaut:
€Das Abfindungsentgelt besteht aus dem Geldbetrag in Höhe desjenigen Anteils am Reinvermögender Gesellschaft, der dem Verhältnis des eingezogenen Geschäftsanteils zum Stammkapital entspricht. Das Reinvermögen wird alsEigenkapitalunter der Bedingungdefiniert, dass der Anteil der steuerfreien Kapitaleinlagen aus der DM-Eröffnungsbilanz turnusmäßig durch die Gesellschafterversammlung festgelegt wird. Dieser Gesellschafterbeschluss muss einstimmig erfolgen.
Zunächst wird das für die Berechnung heranzuziehende €Reinvermögen€ alsEigenkapital definiert.
Soweit es den Anteil der steuerfreien Kapitaleinlagen aus der DM-Eröffnungsbilanz betrifft, enthält die Satzung eine alsBedingungbezeichnete Einschränkung. Die Einschränkung bedeutet, dass der Anteil dieser Kapitaleinlagen nur unter zwei Voraussetzungen in die Berechnung einfließen soll. Erstens, er muss turnusmäßig durch die Gesellschafterversammlung festgelegt worden sein, und zweitens, der Gesellschafterbeschluss muss einstimmig erfolgt sein.
Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Unter turnusmäßiger Festlegung durch die Gesellschafterversammlung ist die Feststellung des Jahresabschlusses zu verstehen, der gemäß § 46 Nr. 1 GmbHG der Bestimmung der Gesellschafter unterliegt.
Die Gesellschafterversammlung hat in den von ihr aufgestellten Bilanzen € und zwar namentlich auch in der maßgeblichen Bilanz zum 31.12.2005 (Bl. 198 d.A.) € den Anteil der genannten Kapitaleinlagen turnusmäßig festgelegt; dies folgt ohne weiteres aus der mit €Entwicklung der Eigenkapital-Sonderposten aus der DM- Eröffnungsbilanz€ überschriebenen Aufstellung der Beklagten (vorgelegt als Bl. 424, 425 d.A.). In dieser Aufstellung ist der hier interessierende Bilanzansatz jeweils bei Aufstellung der Bilanz, also turnusmäßig festgelegt worden. Dabei ist es ohne Bedeutung, dass der Anteil der steuerfreien Kapitalrücklage aus der DM-Eröffnungsbilanz zwischenzeitlich in eine freie Kapitalrücklage umgewandelt worden ist, was nach dem Vortrag beider Parteien der Fall ist (Kläger: Seite 6 der Berufungsbegründung € Bl. 345 d.A. € Beklagte: Seite 19 des Schriftsatzes vom 27.03.2008 € Bl. 417 d.A.). Der Bilanzansatz ist nur fortgeschrieben worden (Bl. 417 d.A.), das heißt, er ist als solcher auch unter dem Verständnis der € unverändert gebliebenen € Satzungsbestimmung des § 15 Ziffer 3 weiter heranzuziehen.
Der Jahresabschluss 2005, also die Bilanz zum 31.12.2005, ist durch die Gesellschafterversammlung vom 26.06.2006 (Bl. 250 € 255 d.A.) genehmigt worden; der Beschluss ist € wie in § 15 Ziffer 3 der Satzung vorausgesetzt € einstimmig gefasst worden (Bl. 253 unten d.A.).
bb) Das Landgericht hat zu Recht allein auf das Eigenkapital der Beklagten abgestellt und damit das Eigenkapital der Tochtergesellschaften zur Berechnung der Abfindung nicht herangezogen.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 15 Ziffer 3 der Satzung ist das €Reinvermögen€, also das Eigenkapitalder Gesellschaftmaßgeblich. Wenn und soweit Ausgründungen bzw. Neugründungen von Tochtergesellschaften vor Erstellung der Bilanz zum 31.12.2005 stattgefunden haben, ist deren Eigenkapital € nunmehr € nicht für die Berechnung der Abfindung des Klägers maßgeblich, da diese sich allein nach dem Kapitalder Gesellschaft, also der Gesellschaft zu richten hat, der er, der Kläger, angehört (hat), also nach dem Kapital der Beklagten.
d) Im Ergebnis ist daher unter Einbeziehung der Kapitalrücklage von 1.485.978,11 € das Eigenkapital mit 2.115.452,37 € in die Berechnung der Abfindung einzustellen. Dem Kläger sind auf seine Berufung folglich weitere 343.260,94 € als Abfindung zuzuerkennen.
Der Betrag von 343.260,94 € errechnet sich wie folgt: 2.115.452,37 € (Eigenkapital) x 23,1 % (Anteil des Klägers am Stammkapital) = 488.669,48 € .../. 46.200,00 € (Gewinnausschüttung 2006) .../. 46.200,00 € (auf die Abfindung bereits gezahlt) = 396.269,48 € .../. 53.008,54 € (vom Landgericht bereits zuerkannt) = 343.260,94 €. Insgesamt schuldet die Beklagte dem Kläger daher eine Abfindung in Höhe von 396.269,48 €.
3. Der geltend gemachte Zinsanspruch entspricht der Regelung des § 15 Ziffer 6 der Satzung.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 und 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwert im Berufungsrechtszug: 422.269,48 €. Davon entfallen auf die Berufung 349.260,94 € und auf die Anschlussberufung 73.008,54 € (20.000,00 € + 53.008,54 €).
Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 03.12.2008
Az: 7 U 186/07
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/5e621a262cf1/Brandenburgisches-OLG_Urteil_vom_3-Dezember-2008_Az_7-U-186-07