Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. April 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 180/00

(BPatG: Beschluss v. 11.04.2001, Az.: 32 W (pat) 180/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in diesem Beschluss über einen Widerspruch gegen die Eintragung einer Marke entschieden. Die Markeninhaberin hatte eine Wortmarke für "Kühlanlagen mit solargestützter Kühlung" eingetragen, während gegen diese Eintragung Einspruch erhoben wurde wegen einer älteren Marke für "Kühlschränke und Kühltruhen für den Hausgebrauch und deren Zubehör". Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte den Widerspruch bereits stattgegeben und die Marke gelöscht. Die Markeninhaberin legte daraufhin Beschwerde ein.

Das Bundespatentgericht hob nun die Entscheidung des Amtes auf. Es stellte fest, dass die beiden Marken sich zwar auf ähnliche Waren beziehen, jedoch nicht identisch sind, da Kühlschränke und Kühlanlagen unterschiedliche Produkte sind. Zudem wurde die Kennzeichnungskraft der älteren Marke als durchschnittlich angesehen. Das Gericht führte aus, dass die Aufmerksamkeit des Fachverkehrs in diesem Bereich hoch ist und daher ein durchschnittlicher Markenabstand ausreicht.

Das Gericht entschied weiter, dass keine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Marken besteht. Es fehlt schon aufgrund der unterschiedlichen Wortlänge die Möglichkeit einer Verhörung oder eines Verschreibens. Auch die von der Widersprechenden herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs war im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Schließlich stellte das Gericht fest, dass keine Gefahr besteht, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Es sei nicht ausreichend, dass beide Marken ein identisches Element enthalten. Vielmehr müsse dieses Element im Zeichen selbstständig hervortreten und einen Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke haben. Das sei hier nicht der Fall, da in der angegriffenen Marke "Arktis" mit "Sol-" zu "Solar-" verschmilzt. Auch die Nutzung von weiteren Serienmarken mit ähnlichem Bestandteil durch die Widersprechende sei nicht ausreichend, um eine Verbindung herzustellen. Das Gericht entschied daher, den Widerspruch zurückzuweisen.

Es wurde keine Entscheidung über Kosten getroffen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 11.04.2001, Az: 32 W (pat) 180/00


Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. März 2000 aufgehoben und der Widerspruch aus der Marke 843 191 zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die für

"Kühlanlagen mit solargestützter Kühlung"

am 7. August 1997 eingetragene Wortmarke SOLARKTIS ist Widerspruch erhoben aus der seit 4. März 1968 für

"Kühlschränke und Kühltruhen für den Hausgebrauch und deren Zubehör, nämlich Regel- und Überwachungsgeräte"

eingetragenen Wortmarke 843 191 Arktis.

Die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs gelöscht. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß bei identischen Waren der Markenabstand nicht ausreiche, da die angegriffene Marke und die Widerspruchsmarke gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Es bestehe eine assoziative Verwechslungsgefahr, da der übereinstimmende Markenbestandteil "Arktis" als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke gewertet werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält die Widerspruchsmarke für Kühlschränke so kennzeichnungsschwach, daß ihr kein Hinweischarakter entnommen werden könne. Im übrigen handele es sich um kein Serienzeichen, das geeignet sei, auf den Inhaber der Widerspruchsmarke hinzuweisen; ferner werde die Benutzung bestritten, da tatsächlich als Kennzeichen "Arctis" und nicht die eingetragene Form verwendet worden sei.

Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. März 2000 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, daß neben der von der Markenstelle angenommenen mittelbaren Verwechslungsgefahr auch eine unmittelbare Gefahr von Verwechslungen der Marken bestehe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei eine Ausnahme vom Grundsatz, daß die Wortanfänge stärker beachtet würden, dann gegeben, wenn die Betonung einer dreisilbigen angegriffenen Marke, bei der die letzten beiden Silben mit der Widerspruchsmarke identisch sind, auf derselben Silbe erfolge wie bei der zweisilbigen Widerspruchsmarke. Im übrigen führe sie noch das Serienzeichen "ÖKO-ARCTIS" für Kühlschränke ua.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Nach § 9 Abs 1 Nr 2, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl BGH MarkenR 2000, 359, 360 - Bayer/BeiChem).

Die von der angegriffenen Marke beanspruchten Kühlanlagen sind mit den durch die Widerspruchsmarke geschützten Kühlschränken und Kühltruhen für den Hausgebrauch nicht identisch. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Kühlanlagen eine aus mehreren aufeinander abgestimmten Einzelteilen bestehende Einheit, während Kühlschränke und Kühltruhen für den Hausgebrauch üblicherweise aus nur einem Gerät bestehen. Diese Annahme wird gestützt durch die mit den Beteiligten erörterte Internetrecherche, wonach bei Eingabe des Begriffs Kühlanlage in üblichen Suchmaschinen des Internets bei den ersten 30 Treffern kein bekannter Anbieter von Haushaltsgeräten auftaucht.

Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte geht der Senat von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus. Es mögen zwar durchaus Anhaltspunkte vorhanden sein, daß bei Verwendung eines Kältepols der Erde als Kennzeichen für Kühlgeräte die Assoziation an Kälte geweckt wird. Die Herstellung einer Beziehung zwischen einem kalten Gebiet und einer Marke für Haushaltskühlgeräte allein enthält aber noch keine beschreibenden Anklänge, die eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zur Folge hätten. Ebensowenig kann jedoch von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft ausgegangen werden. Eine solche hat die Markeninhaberin bestritten. Im Registerbeschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht kann eine erhöhte Kennzeichnungskraft nur dann angenommen werden, wenn der zugrundeliegende Sachverhalt liquide ist, was dann anzunehmen wäre, wenn er unbestritten oder gerichtsbekannt ist. Beides ist hier nicht der Fall, zumal der Vortrag von Verkaufszahlen, die in keinerlei Relation zu Marktanteilen gestellt werden, in der Regel nicht geeignet ist, Schlüsse auf eine erhöhte Kennzeichnungskraft zu rechtfertigen.

Von beiden Marken gemeinsam wird nur der Fachverkehr angesprochen. Kühlanlagen werden im allgemeinen nur von Fachleuten und in relativ seltenen Fällen erworben, so daß nach der Lebenserfahrung zumindest mit einer gewissen Aufmerksamkeit Kennzeichnungen gegenüber zu rechnen ist. Somit sind an den Markenabstand nur durchschnittliche Anforderungen zu stellen, den die angegriffene Marke einhält.

Es besteht keine unmittelbare Verwechslungsgefahr der Zeichen. Wegen der unterschiedlichen Wortlänge scheidet ein Verhören oder Verschreiben ersichtlich aus. Eine andere Beurteilung rechtfertigt auch nicht die von der Widersprechenden herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 1993, 972, 975 Sana/Schosana). Dort handelte es sich nicht um einen vergleichbaren Fall. Bei schosana liegt eine identische Silbenbildung wie bei sana vor, was im vorliegenden Fall nicht der Fall ist (solarktis/arktis).

Es besteht auch keine Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Dabei ist davon auszugehen, daß allein das Vorhandensein eines übereinstimmenden Elements in beiden Marken noch nicht für die Annahme einer Zuordnung beider Zeichen zu demselben Geschäftsbetrieb ausreicht. Vielmehr ist es zusätzlich erforderlich, daß dieser Bestandteil im Zeichen eigenständig hervortritt und ihm Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommt (vgl Althammer/Ströbele/Klaka, aaO, § 9 Rdn 213). Dies ist nicht der Fall. "Arktis" tritt in der angegriffenen Marke nicht selbständig hervor, da es hier mit "Sol-" zu "Solar-" (Anklang an Solartechnik) verschmilzt. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß die Widersprechende den Verkehr bereits durch die Benutzung mehrerer eigener entsprechend gebildeter Serienmarken an diesen Stammbestandteil gewöhnt hat. Dabei kann es dahinstehen, ob lediglich zwei Arktis-Marken die Voraussetzungen einer Serie erfüllen.

Jedenfalls handelt es sich bei "SOLARKTIS" nicht um eine entsprechende Wortbildung wie "Öko-ARCTIS", da im angegriffenen Zeichen "Arktis", wie dargelegt, nicht in den Vordergrund tritt. Für eine gedankliche Verbindung aus anderen Gründen fehlt jeder Anhaltspunkt.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt.

Winkler Dr. Albrecht Sekretaruk Hu






BPatG:
Beschluss v. 11.04.2001
Az: 32 W (pat) 180/00


Link zum Urteil:
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