1. Für die Geltendmachung einer Gebühr nach Nr. 3201 VV-RVG im Kostenfestsetzungsverfahren bedarf es jedenfalls dann keines substanziierten Vortrages und keiner Glaubhaftmachung der Erteilung eines Auftrages zur Erbringung anwaltlicher Leistungen in zweiter Instanz, wenn die Auftragserteilung nicht bestritten wird und der Rechtsanwalt bereits in erster Instanz für seinen Mandanten tätig war und einen positiven Prozessausgang erstritten hat.
2. Nimmt der Prozessbevollmächtigte eine gegen seinen Mandanten gerichtete Rechtsmittelschrift entgegen, ist anzunehmen, dass er anschließend prüft, ob etwas für den Mandanten zu veranlassen ist. Damit entfaltet er eine Tätigkeit, die die Gebühr nach Nr. 3201 VV-RVG zum Entstehen bringt; die Einreichung eines Schriftsatzes ist hierfür nicht erforderlich. Zugleich liegt in dieser Tätigkeit keine bloße Neben- bzw. Abwicklungstätigkeit der erstinstanzlichen Beauftragung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG.
3. Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes durch den Berufungsbeklagten zur Erbringung anwaltlicher Leistungen im Berufungsverfahren ist regelmäßig schon ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Berufungsschrift notwendig, und zwar selbst dann, wenn sie ohne Begründung versehen ist und ausdrücklich nur zur Fristwahrung eingelegt wurde.
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1. gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 31. Januar 2008 - Geschz.: 37 O 187/06 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.493,81 EUR festgesetzt.
I.
Die Beschwerdeführerin legte gegen ein sie erstinstanzlich verurteilendes Urteil des Landgerichts Berlin Berufung ein. Die Berufung wurde der schon erstinstanzlich für den Kläger tätigen Prozessbevollmächtigten zugestellt und sodann noch vor Einreichung einer Berufungsbegründung sowie noch vor Einreichung eines Meldeschriftsatzes der klägerischen Prozessbevollmächtigten zurückgenommen. Nach Erlass des Kostenbeschlusses durch das Berufungsgericht gemäß § 516 Abs. 3 ZPO setzte das Landgericht durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31. Januar 2008, der Beschwerdeführerin zugestellt am 6. Februar 2008, zu Gunsten des Klägers eine 1,1-Gebühr gemäß Nr. 3201 KV-RVG für das Tätigwerden der klägerischen Prozessbevollmächtigten im Berufungsverfahren fest. Hiergegen richtet sich das als Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel der Beschwerdeführerin vom 20. Februar 2008, eingegangen bei Gericht am selben Tage. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Anwaltskosten des Klägers im Berufungsverfahren seien nicht notwendige Kosten im Sinne von § 91 ZPO, weil die Berufung noch vor dem Einreichen einer Begründung zurückgenommen wurde. Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 10. März 2008 nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht vorgelegt.
II.
1. Das eingelegte Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde im Sinne von § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO auszulegen. Denn gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss findet allein dieses Rechtsmittel statt; das Rechtsmittel der einfachen €Beschwerde€ gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ist dem Recht unbekannt.
2. Die sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 104 Abs. 3, 567 Abs. 2, 569 ZPO zulässig; über sie hat nach § 568 Satz 1 und 2 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden.
3. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
a) Dem Kläger sind Kosten in Höhe einer 1,1-Gebühr gemäß Nr. 3201 VV-RVG entstanden.
aa) Der Senat hat davon auszugehen, dass die klägerische Prozessbevollmächtigte mit der Erbringung anwaltlicher Leistungen in zweiter Instanz vom Kläger beauftragt wurde.
7Dies ist zwischen den Parteien nicht streitig und liegt im Übrigen nahe, weil der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte in aller Regel, zumal wenn er - wie vorliegend - für seinen Mandanten einen positiven Prozessausgang in erster Instanz erstritten hat, auch zweitinstanzlich beauftragt wird. Auf die in der obergerichtlichen Rechtsprechung diskutierte Frage, ob im Falle bestrittener Auftragserteilung vermutet wird, dass der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte ab Zustellung der Berufungsschrift mit der Interessenwahrnehmung in zweiter Instanz beauftragt wurde (so OLG Koblenz , Beschl. v. 6.8.2007 - 14 W 578/07, OLGR 2008, 284, Rdnr. 4 zit. nach Juris), oder der Berufungsbeklagte dies gesondert glaubhaft zu machen hat (so vormals, aber nunmehr offenbar überholt OLG Koblenz , Beschl. v. 7.11.2006 - 14 W 626/06, OLGR 2007, 146, Rdnr. 10 zit. nach Juris; hierzu wohl ebenfalls neigend KG , 27. Zivilsenat, Beschl. v. 22.9.2005 - 27 W 180/05, OLGR 2006, 413 [413]), kommt es daher vorliegend nicht an.
8bb) Die klägerische Prozessbevollmächtigte begann auftragsgemäß tätig zu werden, und brachte damit die Gebühr der Nr. 3201 VV-RVG zum Entstehen (vgl. Hartmann , Kostengesetzes, 37. Aufl. 2007, VV-RVG 3100 Rdnr. 13, VV-RVG Rdnr. 1).
9Denn hierfür genügte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Entgegennahme der Rechtsmittelschrift durch die klägerische Prozessbevollmächtigte, weil anzunehmen ist, dass sie anschließend prüfte, ob etwas für ihren Mandanten zu veranlassen war; die Einreichung eines Schriftsatzes war nicht erforderlich (Beschl. v. 6.4.2005 - V ZB 25/04, BGHR 2005, 2233, Rdnr. 6 zit. nach Juris; im Ergebnis ebenso KG, 1. Zivilsenat , Beschl. v. 9.5.2005 - 1 W 20/05, KGR 2005, 684, Rdnr. 3 zit. nach Juris; a.A. KG , 27. Zivilsenat, Beschl. v. 22.9.2005 - 27 W 180/05, OLGR 2006, 413 [413], jedoch ohne Auseinandersetzung mit BGHR 2005, 2233; a.A. offenbar ebenfalls OLG Koblenz , Beschl. v. 7.11.2006, a.a.O., jedoch ebenfalls ohne Auseinandersetzung mit BGHR 2005, 2233).
10Auch war die Entgegennahme der Rechtsmittelschrift und die hierdurch ausgelöste anwaltliche Prüftätigkeit keine bloße Neben- bzw. Abwicklungstätigkeit der erstinstanzlichen Beauftragung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 1. Alt. RVG. Dies hat der Bundesgerichtshof für die Vorgängernorm des § 19 Abs. 1 RVG, den § 37 Nr. 7 1. Alt. BRAGO, entschieden (ausdrücklich in Beschl. v. 17.12.2002 - X ZB 9/02, BGHR 2003, 412, Rdnr. 12 zit. nach Juris; stillschweigend in Beschl. v. 6.4.2005 - V ZB 25/04, BGHR 2005, 1150, Rdnr. 6 zit. nach Juris). Da § 37 Nr. 7 1. Alt. BRAGO einen mit § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 1. Alt. RVG identischen Wortlaut hat, muss diese Rechtsprechung für § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 1. Alt. RVG gleichermaßen gelten (im Ergebnis ebenso OLG Koblenz , Beschl. v. 6.8.2007, a.a.O., jedoch ohne nähere Erörterung; im Ergebnis ebenso KG, 1. Zivilsenat , a.a.O., wonach die Gebühr nach Nr. 3201 VV-RVG offenbar ungeachtet des Eingreifens von § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG entstehen soll; a.A. OLG Karlsruhe , Beschl. v. 18.1.2007 - 15 W 87/06, OLGR 2007, 543, jedoch ohne Erwähnung von BGHR 2003, 412, und ohne nachvollziehbare Begründung die Heranziehung von BGHR 2005, 1150 ablehnend).
b) Die Kosten des Klägers waren notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO.
12Denn in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist anerkannt, dass die Beauftragung eines Rechtsanwaltes durch den Berufungsbeklagter zur Erbringung anwaltlicher Leistungen im Berufungsverfahren regelmäßig schon ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Berufungsschrift notwendig ist, und zwar selbst dann, wenn sie ohne Begründung versehen ist und ausdrücklich nur zur Fristwahrung eingelegt wurde (Beschl. v. 17.12.2002 - X ZB 9/02, BGHR 2003, 412, Rdnr. 12 zit. nach Juris; Beschl. v. 3.6.2003 - VIII ZB 19/03, BGHR 2003, 1115, Rdnr. 6 zit. nach Juris; Beschl. v. 3.7.2007 - VI ZB 21/06, BGHR 2007, 1108, Rdnr. 5 zit. nach Juris). Die Sondersituation, die Gegenstand des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichtes vom 14.11.2007 - 3 AZB 36/07 (NJW 2008, 1340) war, ist vorliegend nicht gegeben. Denn anders als dort hat vorliegend das Berufungsgericht nicht mit der Zustellung der Berufungsschrift dem Berufungsbeklagten mitgeteilt, dass die Berufung unzulässig sei. Die prozessuale Lage des Klägers erschien daher bei Zustellung der Berufungsschrift nicht so risikolos, dass die Beauftragung eines Rechtsanwaltes vor Einreichung der Berufungsbegründung ausnahmsweise als überflüssig anzusehen war.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens entspricht gemäß § 3 ZPO dem Bruttobetrag, dessen Absetzung von den landgerichtlich festgesetzten Kosten die Beschwerdeführerin begehrt.
5. Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht zuzulassen. Zwar weicht die vorliegende Entscheidung von der Entscheidung des OLG Karlsruhe (a.a.O.) im Hinblick auf § 19 Abs. 1 RVG und von den Entscheidungen des OLG Koblenz (Beschl. v. 7.11.2006, a.a.O.) sowie des KG , 27. Zivilsenat (a.a.O.) im Hinblick auf die Vermutung anwaltlichen Tätigwerdens ab (s.o., Ziff. 3 Buchstabe a.bb.). Gleichwohl war die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Zwecke der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht geboten. Denn der Bundesgerichtshof hat beide Fragen bereits geklärt (s.o.). Der Senat hat sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes angeschlossen.