Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. September 2009
Aktenzeichen: 21 W (pat) 73/05
(BPatG: Beschluss v. 24.09.2009, Az.: 21 W (pat) 73/05)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 24. September 2009 die Beschwerde eines Patentanmelders zurückgewiesen. Es ging um eine Patentanmeldung für ein Verfahren zur Herstellung eines Stoffgemisches aus Wassermolekülen und Ionen des Wassers, das im Körper von Menschen und Tieren enthalten ist.
Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 N des Deutschen Patentund Markenamts hatte die Anmeldung zurückgewiesen, da der neu eingereichte Patentanspruch unzulässig erweitert sei. Der Anmelder hatte daraufhin eine Beschwerde eingereicht und die Aufhebung des Beschlusses der Prüfungsstelle beantragt. Das Bundespatentgericht entschied jedoch, dass das Verfahren nach dem Patentanspruch nicht mehr neu gegenüber dem Stand der Technik ist. Deshalb erübrigte sich eine Prüfung auf unzulässige Erweiterung des ursprünglichen Gegenstands der Anmeldung.
Trotz der Zurückweisung der Beschwerde ordnete das Gericht die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an. Dies wurde damit begründet, dass die Prüfungsstelle dem Anmelder das Recht, sich zu äußern, verfahrensfehlerhaft verweigert hat.
Inhaltsangabe (mindestens ein Fünftel bis ein Drittel der Textlänge):
Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss die Beschwerde eines Patentanmelders zurückgewiesen. Es ging um eine Patentanmeldung für ein Verfahren zur Herstellung eines Stoffgemisches aus Wassermolekülen und Ionen des Wassers, das im Körper von Menschen und Tieren enthalten ist. Die Prüfungsstelle hatte die Anmeldung zurückgewiesen und der Anmelder hatte daraufhin Beschwerde eingelegt. Das Gericht entschied jedoch, dass das Verfahren nicht mehr neu gegenüber dem Stand der Technik ist. Dennoch ordnete das Gericht die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an, da die Prüfungsstelle dem Anmelder das Recht auf eine Anhörung verweigert hatte.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 24.09.2009, Az: 21 W (pat) 73/05
Tenor
1.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
BPatG 154
Gründe
I Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 101 10 899.0-54 wurde am 7. März 2001 unter der Bezeichnung "Fahrgastzellen, Wohnund Arbeitsbereiche, Krankenzimmer und Ställe für den Aufenthalt von Menschen und Tieren, die durch ecotrope Viren und infektiöse Prionen gefährdet oder infiziert sind" beim Deutschen Patentund Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 26. September 2002.
Im Prüfungsverfahren sind die Druckschriften D1 DE19929077A1 D2 DE19911303A1 D3 DE19911304A1 D4 DE19747622A1 D5 DE4117246A1 D6 DE3700074A1 in Betracht gezogen worden.
Der Anmelder hat am 23. November 2004 neue Patentansprüche 1 bis 6 eingereicht.
Patentanspruch 1 lautet danach wie folgt (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
M1 Herstellung eines Stoffgemisches aus Wassermolekülen und Ionen des Wassers, das im Körper von Menschen und Tieren enthalten ist, durch M2 Abschirmung von Wänden, Decken, Körpern und elektrischen Betriebsmitteln, die Teil von Fahrgastzellen, Wohnund Arbeitsbereichen, Krankenzimmern und Ställen sind, gegen technisch erzeugte elektrische Felder M3 und Abschirmung von elektrischen Leitungen zur Verhinderung der Emission technisch erzeugter elektrischer Felder M4 und Vermeidung von Vorrichtungen zur Erzeugung anderer elektromagnetischer Felder in den Fahrgastzellen, Wohnund Arbeitsbereichen, Krankenzimmern und Ställen, M5 und in den Fahrgastzellen, Wohnund Arbeitsbereichen, Krankenzimmern und Ställen sich Menschen aufhalten, oder Jung-Tiere gehalten oder aufgezogen werden, oder Babys sich aufhalten M6 und durch infektiöse Prionen oder durch ecotrope Viren gefährdet sind, oder Träger von diesen sind, oder an einer Verminderung der Immunfunktion, oder einer Autoimmunerkrankung, oder einer Nervenkrankheit, vornehmlich multipler Sklerose (MS), leiden.
Der nebengeordnete Patentanspruch 2 lautet wie folgt (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
N1 Anordnung zur Herstellung eines Stoffgemisches nach Anspruch 1, N2 wobei der Aufenthaltsbereich von Menschen oder Tieren im Wirkungsbereich von Vorrichtungen zur Erzeugung von quasistatischen oder niederfrequenten magnetischen Feldern liegt.
Der nebengeordnete Patentanspruch 6 lautet wie folgt (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
P1 Herstellung von Gemischen des Stoffes Wasser und seiner Ionen durch Magnetfelder P2 wobei die Einwirkung des Magnetfeldes auf Menschen, Tiere oder Lebensmittel erfolgt, die mögliche Träger von infektiösen Prionen oder ecotropen Viren sind P3 und die Einwirkung von zeitlich begrenzter Dauer, vornehmlich im Bereich von Minuten liegt, P4 oder die Einwirkung lokal begrenzt ist und vornehmlich durch Permanentmagnete erzeugt wird.
Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 N des Deutschen Patentund Markenamts hat mit Beschluss vom 11. Juli 2005 die Anmeldung zurückgewiesen, da der Gegenstand der Anmeldung durch den neu eingereichten Patentanspruch 1 vom 23. November 2004 unzulässig erweitert sei. Das Gleiche gelte auch für die nebengeordneten Patentansprüche 2 und 6. Ein Angebot des Anmelders "ein persönliches Gespräch über die anstehenden Fragen zu führen", hat die Prüfungsstelle mit dem Hinweis, die Durchführung einer Anhörung wäre als nicht sachdienlich anzusehen, abgelehnt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders der beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 N des Deutschen Patentund Markenamts vom 11. Juli 2005 aufzuheben und das Patent zu erteilen mit den Patentansprüchen 1 bis 6, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 23. November 2004, im Übrigen mit den Unterlagen gemäß Offenlegungsschrift, sowie die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist aber nicht begründet, denn das Verfahren nach Patentanspruch 1 ist nicht mehr neu gegenüber dem Stand der Technik nach Druckschrift D1. Es kann daher dahinstehen, ob der Gegenstand der Anmeldung durch den Patentanspruch 1 unzulässig erweitert ist.
Trotz der Zurückweisung der Beschwerde ist die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, da die Prüfungsstelle dem Anmelder das Recht, sich zu äußern, verfahrenfehlerhaft versagt hat, § 80 Abs. 3 PatG.
1.
Dem Anmeldungsgegenstand liegt die Aufgabe zugrunde, die Belastungen zu beseitigen, die ursächlich sind für Nervenkrankheiten, die auf einer Zerstörung oder Beeinträchtigung der Schutzschichten um die Nerven beruhen, wie MS [= multiple Sklerose], nvCJD [= neue Variante der Creutzfeldt-Jacobschen Krankheit] und BSE [= bovine spongiforme Enzephalopathie]. Als Belastung werden u. a. technisch erzeugte 50/60 Hz elektrische Felder angesehen (vgl. Offenlegungsschrift, Seite 8, Abs. [0056] und [0057]).
2.
Das zur Lösung dieser Aufgabe im geltenden Patentanspruch 1 beanspruchte Verfahren ist nicht mehr neu, so dass dahinstehen kann, ob es sich beim Beanspruchten möglicherweise um ein nach § 2a Abs. 1 Nr. 2 S. 1 PatG dem Patentschutz nicht zugängliches Therapieverfahren handelt oder ob eine unzulässige Erweiterung gegenüber dem ursprünglichen Gegenstand der Anmeldung vorliegt, aus der gemäß § 38 Satz 2 PatG keine Rechte hergeleitet werden können.
2.1. Der Patentanspruch 1 hat nach seinem Wortlaut die Herstellung eines Stoffgemisches aus Wassermolekülen und Ionen des Wassers, das im Körper von Menschen und Tieren enthalten ist, zum Gegenstand. Durch die Beeinflussung des natürlichen Körperwassers soll "neues" Wasser mit veränderter Zusammensetzung hinsichtlich des Anteils an Wassermolekülen und Ionen im Körper von Menschen und Tieren entstehen.
2.1.1. Die unter M5 angegebenen Merkmale bringen lediglich zum Ausdruck, dass sich in Fahrgastzellen, Wohnund Arbeitsbereichen oder Krankenzimmern Menschen oder Babys aufhalten, oder dass in Ställen Jungtiere gehalten oder aufgezogen werden, was üblicherweise der Fall ist, denn Fahrgastzellen oder Wohnund Arbeitsbereiche sind bestimmungsgemäß für den Aufenthalt von Menschen vorgesehen. Gleiches gilt sinngemäß für den Aufenthalt von Jungtieren in Ställen. Ein Bezug zu der beanspruchten Herstellung eines Stoffgemisches ist weder ersichtlich noch vom Anmelder vorgetragen worden. Gleiches gilt für die unter M6 angegebenen Merkmale, die lediglich zum Ausdruck bringen, dass die genannten Menschen, Jungtiere oder Babys durch bestimmte Krankheiten gefährde sind oder an diesen Krankheiten leiden.
Weder die Merkmale M5 noch die Merkmale M6 beinhalten konkrete Maßnahmen, die die Herstellung des beanspruchten Stoffgemisches beeinflussen. Sie sind lediglich schmückendes Beiwerk, das das beanspruchte Herstellungsverfahren in keiner Weise tangiert. Da die genannten Merkmale nicht auf die Lösung der dem Anmeldungsgegenstand zugrunde liegenden technischen Aufgabe Einfluss nehmen, sind sie für die Beurteilung der Patentfähigkeit ohne Bedeutung.
Möglicherweise wollte der Anmelder mit den Merkmalen M5 und M6 zum Ausdruck bringen, dass sich das anspruchsgemäß hergestellte Stoffgemisch besonders für die Vermeidung von Infektionen oder Krankheiten eignet, aber diese Eignung beträfe ein im Hinblick auf § 2a Abs. 1 Nr. 2 PatG nicht patentfähiges Heilverfahren, wie dem Anmelder in der Verhandlung im Einzelnen erläutert worden war.
2.1.2. Die weiteren in dem von den oben genannten gehaltlosen Anweisungen (Merkmale M5 und M6) entkleideten Patentanspruch 1 angegebenen Verfahrensschritte (vgl. Merkmale M1 bis M4) sind nicht mehr neu. Die Merkmale M1 bis M4 erschöpfen sich in der Lehre, ein Stoffgemisch aus Wassermolekülen und Ionen des Wassers, das im Körper von Menschen und Tieren enthalten ist, dadurch herzustellen, dass während der "Herstellung" des Stoffgemisches im Körper von Menschen und Tieren eine "Abschirmung" vorgenommen wird, indem Wände, Decken usw. gegen technisch erzeugte elektrische Felder "abgeschirmt" und auch eventuell vorhandene elektrische Leitungen "abgeschirmt" werden sollen. Wie dem Anmelder in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden war, besitzen z. B. die den Aufenthaltsort von Menschen oder Tieren umgebenden Wände stets eine gewisse abschirmende Wirkung, d. h. jeglicher Aufenthalt von Menschen oder Tieren in irgendwelchen Räumen mit Wänden, Decken usw. nimmt die beanspruchte Lehre neuheitsschädlich vorweg, denn beim Aufenthalt der Menschen oder Tiere in den genannten Räumen läuft automatisch das beanspruchte "Herstellungsverfahren" ab.
Konkrete Abschirmmaßnahmen oder konkrete Abschirmwerte sind nicht Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 und im Übrigen aus der D1 bekannt, in der in Spalte 2, Zeilen 30 bis 35, nicht nur darauf hingewiesen wird, dass die Bauweise der heutigen Gebäude den Menschen vor wichtigen natürliche Schwingungen weitgehend abschirmen, sondern dass auch die technischen Feldeinflüsse abgeschirmt werden müssen (vgl. bspw. Spalte 3 Zeile 38 bis Spalte 4, Zeile 47). Die D1 stellt auch die technischen Mittel bereit, um die gewünschte Abschirmwirkung zu erzielen. Insbesondere setzt sich die D1 in Spalte 2, Zeilen 28 und 29 mit der Vermeidung der biologisch wichtigen Schumann-Resonanzen auseinander, die auch beim Anmeldungsgegenstand eine Rolle spielen.
Der Druckschrift D1 entnimmt der zuständige Fachmann -ein Elektrotechniker mit Hochschulbildung und beruflicher Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Abschirmeinrichtungen gegen elektromagnetische Felder - als Maßnahme gegen "Elektrostress" die Abschirmung von Wänden, Decken, Körpern und elektrischen Betriebsmitteln, die Teil von Fahrgastzellen, Wohnund Arbeitsbereichen und Krankenzimmern sind (vgl. Beschreibung, Spalte 4, Zeilen 26 - 37; Spalte 5, Zeilen 49 - 51; Spalte 6, Zeilen 18 - 41; und Spalte 7, Zeilen 35 -47), gegen technisch erzeugte elektrische Felder mittels eines universell einsetzbaren, aus mit Silber beschichteten Fäden hergestellten, leitenden Spezialgewebes 1 (vgl. die Figuren 1 bis 7 mit Beschreibung). Dadurch soll erreicht werden, dass sich in dem abgeschirmten Bereich feldfreie Zonen ausbilden (vgl. Beschreibung, Spalte 7, Zeilen 20 bis 28). Für den Fachmann ist klar, dass mit dem leitenden Spezialgewebe auch Ställe abgeschirmt werden können [= Merkmal M2]. Außerdem kann das leitende Spezialgewebe bspw. in Form eines Paravent 11 (vgl. die Figur 5) vor eine Wand gestellt werden. In dieser Wand verlaufende elektrische Leitungen sind dann ebenfalls abgeschirmt [= Merkmal M3]. Aus der Druckschrift D1 ist auch die Vermeidung von Vorrichtungen zur Erzeugung anderer elektromagnetischer Felder in Fahrgastzellen, Wohnund Arbeitsbereichen, Krankenzimmern und Ställen bekannt. Dort ist als bekannte Maßnahme gegen nächtlichen "Elektrostress" bspw. der Einsatz von Netzfreischaltgeräten in Schlafräumen genannt (vgl. Beschreibung, Spalte 4, Zeilen 23 bis 25) [= Merkmal M4].
Die die beanspruchte Herstellung des Stoffgemisches mit veränderter Zusammensetzung hinsichtlich des Anteils an Wassermolekülen und Ionen des Wassers im Körper von Menschen und Tieren, ergibt sich somit zwangsläufig (naturgemäß) als Wirkung der bekannten technischen Maßnahmen.
2.2.
Daran, dass das beanspruchte Verfahren nach Patentanspruch 1 somit mangels Neuheit nicht gewährbar ist, ändert auch der Hinweis des Anmelders auf § 2a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 PatG nichts. Wie der Anmelder in der mündlichen Verhandlung zutreffend geltend gemacht hat, sind nach dieser Vorschrift Erzeugnisse, insbesondere Stoffe oder Stoffgemische, zur Anwendung in einem Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers grundsätzlich patentfähig. Auch das nach dem beanspruchten Verfahren hergestellte Stoffgemisch aus Wassermolekülen und Ionen des Wassers, das im Körper von Menschen und Tieren enthalten ist, soll nach den Ausführungen des Anmelders in der mündlichen Verhandlung der therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers dienen. Der Anmelder hat aber bei seiner Argumentation übersehen, dass die genannten Stoffe oder Stoffgemische unabhängig davon, auch wenn sie grundsätzlich dem Patentschutz zugänglich sind, neu seien und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen müssen. Das beanspruchte Verfahren nach Patentanspruch 1 und somit auch das mittels dieses Verfahrens hergestellte Stoffgemisch ist jedoch, wie vorstehend aufgezeigt, nicht mehr neu und deshalb nicht patentfähig.
3.
Ein Patent darf regelmäßig nur so erteilt werden, wie es vom Patentanmelder beantragt ist. Ihm allein obliegt es, anzugeben, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG). Daher darf das Patent nicht in einer Fassung erteilt werden, die der Anmelder nicht gebilligt hat. Aufgrund dieser Antragsbindung fallen mit dem nicht gewährbaren Patentanspruch 1 auch die weiteren Ansprüche 2 bis 6 (vgl. BGH GRUR 1997, 120 ff. -Elektrisches Speicherheizgerät).
4.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist, wie beantragt, anzuordnen (§ 80 Abs. 3 PatG).
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt dann in Betracht, wenn es auf Grund besonderer Umstände nicht der Billigkeit entspricht, die Gebühr einzubehalten (vgl. Benkard, Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz, 10. Aufl., § 80 PatG, Rdn. 21 und 25; Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 73, Rdn. 124). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der Anmelder hat in seiner Stellungnahme vom 20. November 2004 angeboten, ein persönliches Gespräch mit der Prüfungsstelle über die anstehenden Fragen zu führen. Dieses Gesprächsangebot des nicht anwaltlich vertretenen Anmelders musste im vorliegenden Falle als Antrag zur Durchführung einer Anhörung aufgefasst werden, und ist so auch von der Prüfungsstelle gemäß ihrem Beschluss vom 11. Juli 2005 verstanden worden. Die Prüfungsstelle hat dem Anmelder die Anhörung verweigert, ohne dass dies die von ihr dafür genannten oder auch andere Gründe rechtfertigen könnten. Der Anmelder hat mit seiner Bescheidserwiderung am 23. November 2004 neue Patentansprüche eingereicht, in denen ein Teil der von der Prüfungsstelle zuvor in ihrem Bescheid vom 9. Juni 2004 gerügten Mängel beseitigt war, und im Übrigen den Bedenken der Prüfungsstelle gegen das Patentbegehren widersprochen.
Zur Frage der Sachdienlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Prüfungsverfahren hat der 7. Senat in seiner Leitsatzentscheidung 7 W (pat) 57/03 vom 22. Juni 2005 (BPatGE 49, 111 = Mitt. 2005, 554 = BlPMZ 2006, 66 (LS) -Anhörung im Prüfungsverfahren) ausgeführt: "Widerspricht der Anmelder unter Angabe von Gründen im Einzelnen den mit dem einzigen Prüfungsbescheid geäußerten Bedenken der Prüfungsstelle gegen das Patentbegehren und beantragt zugleich, für den Fall des Fortbestehens der Bedenken der Prüfungsstelle, die Anberaumung einer Anhörung, ist die Anhörung in der Regel sachdienlich, auch wenn keine geänderten Patentansprüche vorgelegt werden". Bei einem solchen Verfahrensstand ist eine Anhörung in der Regel sachdienlich, denn sie kann das Verfahren fördern, indem dem Anmelder und dem Prüfer die Möglichkeit geboten ist, ihre gegensätzlichen Auffassungen ausführlich in Rede und Gegenrede zu erörtern und gegebenenfalls zu einem Einvernehmen bezüglich einer gewährbaren Anspruchsfassung zu gelangen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. April 2009, 21 W (pat) 41/05). Danach wäre eine Anhörung im vorliegenden Fall ohne Einschränkungen sachdienlich gewesen.
Auch der vorliegend von der Prüfungsstelle zur Begründung der Ablehnung der beantragten Anhörung genannten Entscheidung des 23. Senats vom 22. Oktober 1998 (23 W (pat) 35/97) lag ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, da dort auch auf den zweiten - zur Wahrung des rechtlichen Gehörs erlassenen - Prüfungsbescheid hin der Anmelder keine neuen Ansprüche eingereicht hat.
Dr. Winterfeldt Baumgärtner Dr. Morawek Veit Pü
BPatG:
Beschluss v. 24.09.2009
Az: 21 W (pat) 73/05
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