Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. März 2004
Aktenzeichen: 29 W (pat) 125/03

(BPatG: Beschluss v. 03.03.2004, Az.: 29 W (pat) 125/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seiner Entscheidung vom 3. März 2004 das Markenzeichen "Kabelanschluss. Die Welt erleben." für diverse Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 41 im Markenregister zurückgewiesen. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung abgelehnt, da die Wortfolge eine freihaltebedürftige, unmittelbar beschreibende Angabe ohne jegliche Unterscheidungskraft sei. Die Wortfolge deutet lediglich darauf hin, dass die Dienstleistungen einen Kabelanschluss zur Voraussetzung haben, um die Welt erleben zu können. Da alle Dienstleistungen auf die Ausstrahlung von Kabelfernsehsendungen abzielen könnten, sei das Markenzeichen nicht geeignet, als Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu dienen.

Die Anmelderin hat gegen die Zurückweisung Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass die Wortfolge unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend für die technischen und inhaltlichen Dienstleistungen sei. Sie vermittelt den angesprochenen Verkehrskreisen, dass man durch die Dienstleistungen "die Welt erleben" könne. Die Wortfolge sei metaphorisch und regt die Verkehrskreise dazu an, ihre eigene Bedeutung zu ergründen. Die Anmelderin beantragt die Aufhebung des Beschlusses.

Das Bundespatentgericht ist der Meinung, dass der angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt. Das Zeichen ist sprach- und werbeüblich gebildet und enthält keine herkunftshinweisenden Elemente. Die Wortfolge bedeutet im Wesentlichen, dass der Kunde durch die Nutzung eines Kabelanschlusses die Welt erleben kann. Es ist zwar möglich, dass die Wortfolge Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit aufweist, allerdings handelt es sich dabei um eine allgemeine Werbeaussage, die nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Die Wortfolge wird in der Werbung und in anderen Kontexten häufig verwendet und hat keine eindeutige Beziehung zu den beanspruchten Dienstleistungen. Daher fehlt der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft.

Das Bundespatentgericht sieht keinen Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da die aufgeworfene Rechtsfrage bereits in einer früheren Entscheidung des Bundesgerichtshofs geklärt wurde.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 03.03.2004, Az: 29 W (pat) 125/03


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Kabelanschluss. Die Welt erleben.

soll für die Dienstleistungen der Klasse 35: Fernseh- und Rundfunkwerbung, insbesondere Werbefernsehen;

Klasse 38: Ausstrahlung von Kabelfernsehsendungen, insbesondere Einspeisung, Weiterleitung und Verbreitung von Fernsehsendungen in analoger und digitaler Form in Breitband-Kabelnetzen; Ausstrahlung von Rundfunksendungen, insbesondere Einspeisung, Weiterleitung und Verbreitung von Fernsehsendungen in analoger und digitaler Form in Breitband-Kabelnetzen; Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen zu lokalen, regionalen, überregionalen und weltweiten Netzwerken, insbesondere auch zum Internet (WWW); Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, Telefondienste, E-Mail-Dienste und elektronische Nachrichtenübermittlung; Entwicklung und Betrieb von technischen Plattformen zur Verbreitung digitaler Programmformate in Breitbandkabelnetzen;

Klasse 41: Zusammenstellen von Fernsehprogrammen und Rundfunkprogrammen, insbesondere zum Betrieb spartenorientierter Fernsehkanäle in den Bereichen Sport und Unterhaltungin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 17. Februar 2003 zurückgewiesen, da die angemeldete Wortfolge für die beanspruchten Dienstleistungen eine freihaltebedürftige, unmittelbar beschreibende Angabe ohne jegliche Unterscheidungskraft sei. Das Zeichen weise lediglich darauf hin, dass die entsprechend gekennzeichneten Dienstleistungen einen Kabelanschluss zum Gegenstand hätten, wodurch es dem Kunden ermöglicht werde, die Welt zu erleben. Da sämtliche Dienstleistungen auf die Ausstrahlung von Kabelfemsehsendungen gerichtet sein könnten bzw. diese zum Teil ausdrücklich zum Gegenstand hätten, sei das Anmeldezeichen als unmittelbar beschreibende Sachangabe für Mitbewerber freizuhalten und als Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft nicht geeignet.

Mit ihrer gegen die Zurückweisung gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin geltend, dass die Wortfolge "Kabelanschluss. Die Welt erleben". unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend für die technischen und inhaltlichen mit dem Versenden und Empfangen von Kabelrundfunksendungen zusammenhängenden Dienstleistungen sei. Vielmehr vermittle das Zeichen den angesprochenen Verkehrskreisen, dass man mit den Dienstleistungen der Anmelderin "die Welt erleben" könne. Durch diesen knappen, eingängigen metaphorischen Satz werde der Verkehr dazu veranlasst, den hinter diesem Bild stehenden Bedeutungsgehalt für sich selbst zu ergründen. Werbeslogans, die mehr als nur eine Interpretationsmöglichkeit böten und die angesprochenen Verkehrskreise zum Nachdenken über die Mehrdeutigkeit anregten, seien in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als unterscheidungskräftig anerkannt. Die Wortfolge "Kabelanschluss. Die Welt erleben". drücke eine positive Geisteshaltung und ein Leitbild für das individuelle Handeln aus, was von den angesprochenen Verkehrskreisen nur mittelbar mit den Dienstleistungen der Anmelderin verbunden werde und sie in keiner Weise direkt auf die angebotenen Dienstleistungen verweise. Mangels eines eindeutigen und unmittelbar beschreibenden Inhalts für die in Frage stehenden Dienstleistungen bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis.

Nach Übersendung der Internet-Rechercheunterlagen des Senats zum Suchbegriff "Die Welt erleben" hat die Anmelderin ihren Standpunkt bekräftigt, dass das Zeichen einen für die Unterscheidungskraft erforderlichen phantasievollen Überschuss enthalte und eine anregende Übertreibung darstelle, so dass die angesprochenen Verkehrskreise den Slogan nicht als sachlichen Hinweis auf die angebotenen Dienstleistungen verstehen würden.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Februar 2003 aufzuheben.

Für den Fall der Zurückweisung beantragt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde, da es vorliegend um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, nämlich insbesondere die Frage der Unterscheidungskraft und des Freihaltebedürfnisses gehe.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da dem angemeldeten Zeichen für die beanspruchten Dienstleistungen die Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice, BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK). Kann einem Zeichen ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihr die Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001 1042 - REICH UND SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK). Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen wie Slogans oder Redewendungen auszugehen, ohne dass gegenüber anderen Wortmarken unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft gerechtfertigt sind (BGH GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft m.w.N).

Danach verfügt die Anmeldemarke nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft.

Zwar können die Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge Indizien für deren Eignung sein, die Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden. Auch können die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten (vgl. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 f. - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Das angemeldete Zeichen ist zwar kurz und weist auch eine gewisse Prägnanz auf. Insgesamt ist aber entscheidend, ob die Wortfolge einen im Vordergrund stehenden auf die beanspruchten Dienstleistungen bezogenen Inhalt besitzt oder es sich um eine allgemeine Werbeaussage handelt, die nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Dies ist hier der Fall.

Das Zeichen ist sprach- und werbeüblich gebildet und beschränkt sich auf eine rein sachbezogene Angabe ohne erkennbaren herkunftshinweisenden Gehalt. Der Sinngehalt von "Kabelanschluss. Die Welt erleben". ist klar und bedeutet nichts anderes als dass der Zuschauer durch die Nutzung eines Kabelanschlusses die Welt erleben, d.h. mithilfe des Kabelanschlusses am weltweiten Geschehen teilhaben kann. Bei dieser abstrakten Aussage steht zwar nicht fest, auf welcher Art und Weise und/oder in welchem konkreten Bereich die Welt erlebt werden kann. Daraus folgt aber nicht, dass die Wortfolge über die erforderliche Unterscheidungskraft verfügt, da diese Offenheit am sachbezogenen Inhalt nichts ändert. Denn die durch den Kabelanschluss möglichen Erlebnisse können auf allen denkbaren geografischen, kulturellen, religiösen, politischen, sportlichen etc. Gebieten mit allen für den Einzelnen denkbaren Gefühlen und Eindrücken stattfinden. Damit ist die Aussage sachbezogen. Sie umfasst in der Art einer Sammelbezeichnung Erlebnisse unterschiedlichster Art und entspricht gleichzeitig sowohl dem Wesen der über Kabelanschluss zugänglichen Medien und deren umfassenden Möglichkeiten, als auch den individuellen Unterschieden, Dinge und Geschehnisse zu erleben (vgl BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt). Wie sich aus dem Ergebnis der Internetrecherche ergibt, wird die Wortfolge "Die Welt erleben" sowohl in der Werbung als auch im sonstigen Sprachgebrauch in diesem allgemeinen Sinn häufig verwendet, insbesondere in Bezug auf Medien. Dies zeigt besonders deutlich die Bücherserie "Die Welt erleben und verstehen" (gefunden bei www.amazon.de), aber auch der Aufsatz "Am Computer die Welt erleben - Die Bedeutung des Internet für die Entwicklung der Kinder" (www.kebemsland.de). Unabhängig davon, dass sich bei den exemplarischen Beispielen aus der Google-Suche kein Übergewicht von reisebezogenen Fundstellen feststellen lässt, kommt es auch nicht entscheidend darauf an, in welcher konkreten Sparte die Aussage "Die Welt erleben" vorkommt. Wesentlich ist vielmehr der Kern der Aussage, dass auf Grund von Wahrnehmungen aus Büchern, aus dem Internet, auf Grund von Erfahrungsaustausch (www.fixekiste.de; www.20six. de), und von Reisen oder aber, wie hier, aus über Kabelanschluss zugängliche Medien Eindrücke von Teilbereichen der Welt entstehen, die zu Erlebnissen verarbeitet werden. Für die hier beanspruchten Dienstleistungen, die - wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat - sämtlich auf die Ausstrahlung von Kabelfernsehsendungen gerichtet sein können bzw. diese zum Teil ausdrücklich zum Gegenstand haben, weist die Wortfolge "Kabelanschluss. Die Welt erleben" werbeüblich verkürzt auf den Vorteil eines Kabelanschlusses hin, der eine unbegrenzte Erlebniswelt eröffnet. Damit ist das Zeichen wegen seines im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts nicht als individualisierender Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb geeignet und daher nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

III.

Der Senat hat im vorliegenden Fall keinen Anlass gesehen, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die von der Anmelderin aufgeworfene Rechtsfrage ist vom Bundesgerichtshof bereits in der oben zitierten Entscheidung "Bücher für eine bessere Welt" entschieden worden (BGH a.a.O.). Der Senat ist von den Grundsätzen dieser Entscheidung nicht abgewichen. Dies gilt auch bezüglich der von der Anmelderin zitierten Entscheidungen (BGH GRUR 2000, 321 - Radio von hier, Radio wie wir; GRUR 2000, 323 - Partner with the best), in denen der Bundesgerichtshof von mangelnder Unterscheidungskraft bei Werbeslogans ausgeht, die wie hier beschreibende Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art darstellen. Eine unklare, grammatikalisch nicht korrekten Verkoppelung der Zeichenbestandteile (vgl BGH aaO - Partner with the best) ist vorliegend ebenso wenig gegeben wie das Zeichen "Kabelanschluss. Die Welt erleben". einen bloßen Hinweis auf nur mittelbar mit den beanspruchten Dienstleistungen in Beziehung stehende Vertriebsmodalitäten oder sonstige die Dienstleistungen selbst nicht unmittelbar betreffende Umstände darstellt (BGH GRUR 1998, 465 - BONUS). Die Entscheidung Bundesgerichtshof zu "CHANCE" (BGH GRUR 1998, 813) schließlich befasst sich mit der hier nicht entscheidungserheblichen Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

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BPatG:
Beschluss v. 03.03.2004
Az: 29 W (pat) 125/03


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