Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 26. November 2007
Aktenzeichen: AnwZ (B) 105/06

(BGH: Beschluss v. 26.11.2007, Az.: AnwZ (B) 105/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Gerichtsentscheidung mit dem Aktenzeichen AnwZ (B) 105/06 wurde vom Bundesgerichtshof getroffen. In dem Fall hatte der Antragsteller, ein Rechtsanwalt, gegen den Beschluss des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 21. Oktober 2006 eine sofortige Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller forderte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und die Rücknahme des Widerrufs seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft.

Der Anwaltsgerichtshof hatte bereits mit Beschluss vom 22. August 2005 den Antrag zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Auch die sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 27. März 2006 als unzulässig verworfen. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Widerrufsverfügung vom 8. Juni 2005 wurde vom Anwaltsgerichtshof mit Beschluss vom 21. Oktober 2006 abgelehnt.

In der Begründung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs wurde festgestellt, dass die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft zu Recht widerrufen wurde. Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) kann die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen werden, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall gerät und dadurch die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet sind.

Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass der Antragsteller in ungeordnete finanzielle Verhältnisse geraten war und nicht in der Lage war, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Er war im vom Vollstreckungsgericht geführten Schuldnerverzeichnis eingetragen. Es lagen zudem rückständige Mietzinsforderungen vor, für die der Antragsteller keine Nachweise vorlegen konnte. Auch ein Vermögensstatus wurde nicht vorgelegt. Es wurde festgestellt, dass bei Erlass der Widerrufsverfügung keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren.

Es wurde auch festgestellt, dass der Antragsteller nicht nachgewiesen hat, dass der Widerrufsgrund nachträglich weggefallen ist. Er war weiterhin in einem Schuldnerverzeichnis eingetragen und es wurden weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet. Die Behauptungen über Zahlungen an Gläubiger konnten nicht hinreichend belegt werden. Zudem wurde auf einen rechtskräftigen Strafbefehl verwiesen, in dem der Antragsteller wegen Veruntreuung von Mandantengeldern verurteilt wurde.

Aufgrund dieser Gründe wurde die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs abgelehnt.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Antragsteller und er muss der Antragsgegnerin die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen erstatten. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 50.000 € festgesetzt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 26.11.2007, Az: AnwZ (B) 105/06


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 21. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wurde 1987 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Bereits mit Verfügung vom 13. Januar 2005 hatte die Antragsgegnerin die Zulassung wegen Vermögensverfalls nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO im Hinblick auf eine fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahme gegen den Antragsteller wegen eines Forderungsbetrages in Höhe von 43.427 € (Gläubiger R. ) widerrufen, diesen Widerrufsbescheid jedoch mit Schreiben vom 25. April 2005 wieder aufgehoben, nachdem der Antragsteller Nachweise über die Tilgung der der Zwangsvollstreckung zugrunde liegenden Forderung vorgelegt hatte. Mit Bescheid vom 8. Juni 2005 hat die Antragsgegnerin erneut, auch diesmal auf § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO gestützt, die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft widerrufen und zugleich die sofortige Vollziehung der Widerrufsverfügung angeordnet.

Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss vom 22. August 2005 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hat der Senat mit Beschluss vom 27. März 2006 - AnwZ(B) 105/05 als unzulässig verworfen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Widerrufsverfügung vom 8. Juni 2005 hat der Anwaltsgerichtshof mit Beschluss vom 21. Oktober 2006 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortige Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dies wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Dies war hier der Fall, da der Antragsteller in den Zwangsvollstreckungsverfahren 14 M /04 (Gläubiger: R. ) und 14 M /04

(Gläubiger: V. d. R. ) am 16. Februar 2005 die eidesstattliche Versicherung (§ 807 ZPO) abgegeben hatte. Darüber hinaus bestanden gegen den Antragsteller rückständige Mietzinsforderungen (Gläubiger: Dr. S. ) aus der Anmietung von Kanzleiräumen seit November 2004, deren Erledigung er nicht nachzuweisen vermochte. Einen Vermögensstatus hat er nicht vorgelegt. Dies geht zu seinen Lasten.

b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), ist nicht gegeben.

a) Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller nicht nachgewiesen. Er ist nach einer Mitteilung des Amtsgerichts H. vom 24. September 2007 weiterhin mit zwei Einträgen im dortigen Schuldnerverzeichnis eingetragen, so dass der Vermutungstatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO nach wie vor gegeben ist. Auch nach Erlass der angefochtenen Entscheidung sind weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn bekannt geworden. Zwar hat der Antragsteller zwischenzeitlich den Nachweis geführt, dass er die Forderungen, die den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zugrunde lagen, weitestgehend erfüllt hat. Allerdings bestanden beim V. d. R. nach einer Mitteilung vom 12. April 2007 weiterhin Beitragsrückstände in Höhe von 17.975,75 €, zu denen sich der Antragsteller nicht geäußert hat. Die behaupteten Zahlungen an den Gläubiger Dr. S. sind zudem nicht hinreichend belegt, da der Antragsteller insoweit lediglich Kopien von Durchschriften von Überweisungsträgern ohne Ausführungsvermerk des angewiesenen Kreditinstituts vorgelegt hat. Im Übrigenhat bereits der Anwaltsgerichtshof zutreffend darauf hingewiesen, dass der dem Antragsteller obliegende Nachweis der Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse nicht bereits dadurch geführt ist, dass die Erledigung einzelner bekannt gewordener Forderungen nachgewiesen wird. Zur Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls ist vielmehr eine umfassende Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse, insbesondere eine Aufstellung sämtlicher Verbindlichkeiten erforderlich (st. Rspr.; vgl nur Senatsbeschluss vom 16. April 2007 - AnwZ(B) 36/06 sowie Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Aufl., § 14 Rdn. 59). Dem hat der Antragsteller trotz wiederholter Hinweise nicht entsprochen.

b) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind. Vielmehr hat sich vorliegend diese Gefahr bereits in der Vergangenheit realisiert, wie der rechtskräftige Strafbefehl des Amtsgerichts H. vom 21. Juni 2005 aufzeigt, in welchem gegen den Antragsteller wegen Untreue (Veruntreuung von Mandantengeld) eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen verhängt worden ist.

Terno Ernemann Frellesen Schaal Wüllrich Frey Quaas Vorinstanz:

AGH Stuttgart, Entscheidung vom 21. Oktober 2006 - AGH 31/05 (I) -






BGH:
Beschluss v. 26.11.2007
Az: AnwZ (B) 105/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/6499cba36255/BGH_Beschluss_vom_26-November-2007_Az_AnwZ-B-105-06




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share