Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. März 2010
Aktenzeichen: 30 W (pat) 100/09
(BPatG: Beschluss v. 25.03.2010, Az.: 30 W (pat) 100/09)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 25. März 2010 (Aktenzeichen 30 W (pat) 100/09) entschieden, dass die Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Markenanmeldung abgewiesen wird. Die angemeldete Marke "STATE OF BALANCE" wurde vom Deutschen Patent- und Markenamt wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Markenstelle hatte argumentiert, dass der Begriff "STATE OF BALANCE" eine sprachregelgerechte Kombination von englischen Begriffen sei und vom Verkehr im Sinne von "Zustand des Gleichgewichts" verstanden werde. Die angemeldete Marke gebe lediglich einen Hinweis auf die Ausrichtung der Dienstleistungen, nämlich die Herstellung eines Gleichgewichtszustandes. Der Anmelder hat Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt und argumentiert, dass "STATE OF BALANCE" keine Eigenschaften der Dienstleistungen beschreiben könne. Das Bundespatentgericht bestätigte jedoch die Entscheidung der Markenstelle und erklärte, dass die angemeldete Marke eine beschreibende Angabe im Sinne des Markenrechts sei. Die Kombination der Wörter "STATE" und "BALANCE" ergebe keine aussagekräftige Bedeutung, die über die einzelnen Wörter hinausgehe. In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen könne die angemeldete Bezeichnung als Beschreibung der Art, Beschaffenheit und Bestimmung der Dienstleistungen verstanden werden. Das Gericht stellte fest, dass dies nicht darauf ankomme, ob die Dienstleistungen selbst als "Gleichgewichtszustand" beschrieben würden, sondern ob die angemeldete Bezeichnung hierauf Bezug nehme oder mit diesem Begriff in Verbindung gebracht werde. Das Bundespatentgericht betonte, dass es nicht erforderlich sei, dass die angemeldete Marke bereits im Verkehr bekannt sei oder verwendet werde, um das Eintragungsverbot aufgrund eines Freihaltebedürfnisses zu begründen. Schließlich entschied das Gericht, dass die angemeldete Marke nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel auffasse, da sie eine deutliche und unmissverständliche beschreibende Angabe sei.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 25.03.2010, Az: 30 W (pat) 100/09
Tenor
BPatG 152 Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung STATE OF BALANCE für die Dienstleistungen
"Dienstleistungen eines Physiotherapeuten; Dienstleistungen eines Heilpraktikers; Dienstleistungen eines Osteopathen und Sportosteopathen; Heilbehandlung mit Nadelstichen (Akupunktur); Dienstleistungen eines Homöopathen; Sportphysiotherapeutische Behandlungen; Medizinische Trainingstherapie".
Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patentund Markenamtes hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen -einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen -wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Wortfolge "STATE OF BALANCE" stelle eine sprachregelgerecht gebildete Kombination von Begriffen des englischen Grundwortschatzes dar und werde vom Verkehr daher im Sinne von "Zustand des Gleichgewichts" verstanden. Die angemeldete Marke gebe lediglich einen Sachhinweis auf die inhaltliche Ausrichtung bzw. Zweckbestimmung der angemeldeten Dienstleistungen nämlich die Herstellung eines Gleichgewichtszustandes, der sich auf das körperliche oder seelische Befinden beziehe. Derartige Therapieansätze fänden sich z. B. in der integrativen Medizin oder auch der chinesischen Medizin. Der Erinnerungsprüfer hat ergänzend ausgeführt, dass der Ansatz der ganzheitlichen Medizin -Gesundheit sei nur in einem Zustand des seelischen und körperlichen Gleichgewichts möglich -gerade in Deutschland besonders populär sei, so dass verschiedene Verwendungen des angemeldeten Ausdrucks bezogen auf Gesundheitsdienstleistungen zu belegen seien. Der Bezug sei auch deshalb so eng, weil zum Dienstleistungsverzeichnis gerade die Gesundheitsdienstleistungen zählen, die nicht von einem Arzt erbracht würden, und bei denen die Interessenten andere Lösungsansätze als in der klassischen Medizin erwarteten.
Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt und ausgeführt, der Begriff "Gleichgewichtszustand" beschreibe keine (medizinische) Vorgehensweise, sondern stehe allenfalls für das Ergebnis einer solchen Tätigkeit. Die Beurteilung der Markenstelle beruhe auf einer unzulässigen analysierende Betrachtungsweise, da "STATE OF BALANCE" als Ergebnis einer Tätigkeit keine Eigenschaft der Dienstleistungen beschreiben könne. Es werde auch bezweifelt, ob der Verkehr das englische Wort "State" mit Status übersetze, die Bedeutung "Staat" sei nahe liegender. Aber auch das Wort "Status" habe mehrere Bedeutungen. Selbst bei einem Verständnis von "Gleichgewichtszustand" würden weder Eigenschaften unmittelbar beschrieben noch bestehe ein enger beschreibender Bezug. Es sei auch nicht ersichtlich, wieso Konkurrenten die englische Bezeichnung benötigten. Es sei auch nicht belegt, dass die Wortfolge beschreibend verwendet werde oder als Schlagwort bekannt sei.
Der Anmelder beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG ist, der darüber hinaus auch die erforderliche Unterscheidungskrafti. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.
1. Nach § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können.
Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums vor allem als Folge des gemeinsamen europäischen Markts nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 26) -Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 -LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 -Test it; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 326, 327 m. w. N.).
Insbesondere ist eine Marke, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren/Dienstleistungen beschreibt, insgesamt beschreibend im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wortinhalt und der bloßen Summe des Inhalts seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 -BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 -KPN-Postkantoor).
Auf die Frage der geltend gemachten Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 -DOUBLE-MINT). Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck "dienen können".
Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Begriffskombination "STATE OF BALANCE" vor. Die Wortmarke "STATE OF BALANCE" stellt eine Zusammensetzung aus zwei zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wörtern dar -verbunden durch die englische Genitiv-Präposition, die gleichlautend bzw. nahezu gleichlautend auch in der deutschen Sprache existieren. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 -BioID). Der Bestandteil "state" bedeutet u. a. "Status, Zustand", das Element "balance" bedeutet "Gleichgewicht, Übereinstimmung, ausgewogenes Verhältnis, Ausgleich" (vgl. Duden-Oxford-Großwörterbuch Englisch 3. Aufl. Mannheim 2005 (CD-ROM); LEO-Online Lexikon der TU München unter dict.leo.org; PONS Großwörterbuch für Experten und Universität, 1. Aufl. 2001).
Der Bestandteil "state" wird in dieser Bedeutung in englischen Zusammensetzungen mit Substantiven verwendet, welche die Art eines Zustands näher konkretisieren, wie z. B. "state of war (Kriegszustand), state of business (Geschäftslage), state of preservation (Erhaltungszustand), state of awareness (Bewusstseinslage), state of dependance (Abhängigkeitsverhältnis), state of emergency (Notlage), state of equilibrium (Gleichgewichtszustand)" oder um bezogen auf eine Person deren Gemütslage bzw. Verfassung zu beschreiben wie z. B. "to be in a state of excitement/sadness/anxiety (aufgeregt, traurig, ängstlich sein), state of shock (Schockzustand), state of exhaustion (Erschöpfungszustand), state of rest (Ruhezustand), state of trance (Trancezustand)" (vgl. Duden-Oxford-Großwörterbuch Englisch a. a. O., LEO-Online Lexikon a. a. O.).
Das Wort "balance", das mit der allgemeinen Bedeutung "Gleichgewicht" in den deutschen Sprachschatz übergegangen ist (vgl. Duden -Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl., [CD-ROM], Mannheim 2007), wird in Verbindung mit Mitteln zur Körper-, Schönheitsund Gesundheitspflege im weitesten Sinne in der Werbung sehr häufig als sachbezogene Angabe verwendet. In diesem Bereich wird das Wort "balance" von den Verkehrskreisen mit der Bedeutung "ins Gleichgewicht bringend" und im übertragenen Sinne als "wohltuend" verstanden (vgl. BPatG 24 W (pat) 13/08 -Sensitive Balance). Die englische Zusammensetzung "STATE OF BALANCE" reiht sich in die genannten, vergleichbar gebildeten Zusammensetzungen zwanglos ein, so dass sie von den fachlich interessierten Verkehrskreisen ohne weiteres im Sinne von "Zustand von Gleichgewicht, Wohlgefühl, Ausgeglichenheit" und/oder "ins Gleichgewicht bringend, beruhigend und wohltuend" verstanden wird. Der Verkehr ist in der Werbesprache und insbesondere im vorliegend relevanten Bereich der Gesundheitsdienstleistungen, die oft an im angloamerikanischen Bereich entstandene Behandlungskonzepte sowie Trendund Fitnessbewegungen anknüpfen, an die englische Sprache sowie an englische Wortneuschöpfungen -auch als schlagwortartige Wortkombinationen -gewöhnt, weshalb sich ihm der Sinngehalt von "STATE OF BALANCE" ohne weiteres erschließen wird.
Die aus beschreibenden Bestandteilen sprachüblich zusammengesetzte Wortfolge "STATE OF BALANCE" in ihrer Gesamtheit enthält damit keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile hinausgeht (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 29 -BioID).
In Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen ergibt die angemeldete Bezeichnung "STATE OF BALANCE" die zur Beschreibung geeignete, naheliegende Sachaussage, dass es sich nach Art, Beschaffenheit und Bestimmung um Dienstleistungen handelt, die entweder zur Erlangung oder Sicherung eines Gleichgewichtszustands oder Zustands des Wohlgefühls dienen, sich hierauf beziehen, hierfür bestimmt sind oder sich inhaltlich damit beschäftigen.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die beanspruchten Dienstleistungen selbst mit "Gleichgewichtszustand" beschrieben werden, da es sich bei "State of Balance" auch um eine beschreibende Angabe zu Bestimmung und Verwendung der so gekennzeichneten Dienstleistungen handeln kann. Wie aus den dem Anmelder übersandten Belegen ersichtlich, können alle beanspruchten Dienstleistungen im Bereich der sog. ganzheitlichen Medizin angewendet werden. Diese geht davon aus, dass Krankheiten oder deren Symptome nur dann auftreten, wenn der Körper aus dem Gleichgewicht geraten ist, so dass die Heilbehandlung darauf abzielt, diesen Zustand des Gleichgewichts wieder zu erreichen. Akupunkturbehandlungen, osteopathische Behandlungen und Behandlungen bei psychosomatischen Beschwerden, die sowohl von Ärzten wie auch von Heilpraktikern und Physiotherapeuten angeboten werden, haben die Wiederherstellung eines Gleichgewichtszustandes zum Ziel (vgl. "Durch gezielte Impulse kann der Osteopath den Körper dazu veranlassen, sich selbst zu korrigieren sowie ein neues inneres Gleichgewicht zu erlangen". Dadurch wird der Körper in die Lage versetzt, sich selbst zu heilen" aus "Ostheopathische Medizin unter www. markusnagel.de...;" Durch ein komplexes Gleichgewichtssystem hat der Körper eine Tendenz zur Selbstregulierung ... um Krankheiten zu überwinden. Die osteopathische Behandlung hat zum Ziel die Wiederherstellung der Homöostase = Gleichgewicht ..." aus "Was ist Ostheopathie" unter www. osteopathiekraichau.de; "Das Prinzip der Akupunktur beruht auf dem Verständnis der Traditionellen Chinesischen Medizin, bei der das Gleichgewicht zwischen Yin und Yang erhalten werden soll. Wenn dieses Gleichgewicht gestört wird, kommt es nach Ansicht der TCM zu Krankheiten. Damit die Lebensenergie wieder ungehindert ... fließen kann, wird das Gleichgewicht durch die Anwendung von Akupunkturnadeln stimuliert oder sediert." aus "Die Akupunktur zur Behandlung von Krankheiten unter www.paradisi.de...; "Der Körper befindet sich optimalerweise in einem Zustand des Gleichgewichts. Psychosomatische Krankheiten werden als Reaktion auf Überlastung und Überforderung sowohl körperlicher als auch seelischer Natur gesehen, die zu einem Verlust des Gleichgewichts des Körpers führt" aus "Stressmanagement, Psychologische Beratung" unter www.beratungtherapie.de).
Wie aus der dem Anmelder übersandten Internetrecherche weiter ersichtlich, wird die angemeldete Kombination "STATE OF BALANCE" schon verwendet als Bezeichnung für ein spezielles Entspannungstraining (vgl. "Das Verfahren State of Balance" unter www. kroeberkom.de) sowie als Verfahren bei der craniosacralen Behandlung (vgl. "Einführung in grundlegende Behandlungsprinzipien wie: Arbeit mit ... dem "state of balance" unter www.craniosacralhealing.de.).
Der Anmelder selbst beschreibt es als das Ziel seines Behandlungskonzepts, den nachhaltigen Zustand eines stabilen gesundheitlichen Gleichgewichts zu erreichen (vgl. "Newsletter 3 -2009" unter www.tcurbach.de).
Entgegen der Ansicht des Anmelders steht die Bedeutung "Gleichgewichtszustand" in Bezug auf die hier beanspruchten Dienstleistungen deutlich im Vordergrund. Auch mögliche Bedeutungsvarianten der Einzelbestandteile führen nicht zur Schutzfähigkeit, da es nicht erforderlich ist, dass der Verkehr die angemeldete Bezeichnung in allen Bedeutungsmöglichkeiten als Sachangabe versteht (vgl. EuGH a. a. O. -DOUBLEMINT; a. a. O. -BIOMILD). Eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für Waren und Dienstleistungen setzt insbesondere nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (vgl. BGH GRUR 2008, 900 -903 -SPA II).
Auch steht nicht jede begriffliche Unbestimmtheit der Annahme einer beschreibenden Sachangabe entgegen. So können auch relativ allgemeine Angaben als verbraucherorientierte Sachinformationen in Betracht kommen, insbesondere, wenn sie allgemeine Sachverhalte beschreiben sollen. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich warenoder dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können (vgl. BGH GRUR 2003, 1050 -Cityservice). Dies ist hier der Fall, da "STATE OF BALANCE" in der Art eines übergeordneten Behandlungskonzepts oder Behandlungsziels alle beanspruchten Dienstleistungen ihrem Zweck nach in werblich anpreisender Form beschreibt. Selbst wenn der Begriff "STATE OF BALANCE" auf eine Wortschöpfung durch den Anmelder zurückzuführen wäre, so ist er doch sprachüblich gebildet, ohne weiteres verständlich und deshalb zur Beschreibung der Dienstleistungen geeignet, so dass seine freie Benutzung durch Dritte gewährleistet sein muss (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 580 -LOKMAUS).
Entgegen der Ansicht des Anmelders bedarf es -soweit die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist -für die Begründung des Eintragungsverbots wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angemeldete Marke als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. BGH a. a. O. SPA II; Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 240 m. w. N.).
Es spielt auch keine Rolle, ob Synonyme zur Beschreibung der Merkmale der Dienstleistungen zur Verfügung stehen, da es im Allgemeininteresse liegt, dass jedes Unternehmen solche Zeichen oder Angaben frei nutzen kann, um ein beliebiges Merkmal seiner eigenen Dienstleistungen zu beschreiben (vgl. EuGH GRUR a. a. O -Postkantoor).
2. Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschriebene Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Bezeichnung dienen kann. Die angesprochenen Verkehrskreise werden dies daher auch nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel auffassen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
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BPatG:
Beschluss v. 25.03.2010
Az: 30 W (pat) 100/09
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