Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juli 2003
Aktenzeichen: 11 W (pat) 41/01

(BPatG: Beschluss v. 07.07.2003, Az.: 11 W (pat) 41/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 7. Juli 2003 (Aktenzeichen 11 W (pat) 41/01) die Beschwerde gegen einen Aufrechterhaltungsbeschluss des Deutschen Patent- und Markenamts zurückgewiesen. In dem besagten Aufrechterhaltungsbeschluss hatte die Patentabteilung 24 des Deutschen Patent- und Markenamts das angemeldete Patent zur Herstellung eines Verbundelements aus einem keramischen Innenteil und einem Blechmantel aufrechterhalten. Das Patent umfasst ein Verfahren zur Herstellung des Verbundelements, bei dem der keramische Einsatz in den Blechmantel geschoben wird und der Blechmantel von außen aufgeheizt wird, sodass sich der Einsatz aufgrund seiner Gewichtskraft allein nach unten in die Verbundposition verschiebt. Die Beschwerde richtete sich gegen diesen Beschluss und wurde von der Einsprechenden aufgrund von Ausführungsmängeln und fehlender Neuheit bestritten. Das Bundespatentgericht entschied jedoch, dass die patentgemäße Lehre ausreichend offenbart und neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Daher wurde die Beschwerde zurückgewiesen und das Patent in vollem Umfang aufrechterhalten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 07.07.2003, Az: 11 W (pat) 41/01


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit Beschluß vom 18. Mai 2001 hat die Patentabteilung 24 des Deutschen Patent- und Markenamts nach Prüfung eines Einspruchs das am 14. Dezember 1998 angemeldete Patent 198 57 639 mit der Bezeichnung

"Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung eines Verbundelements aus einem keramischen Innenteil und einem Blechmantel"

gemäß PatG § 61 Abs 1 Satz 1 aufrechterhalten.

Der erteilte, dem Aufrechterhaltungsbeschluss zugrundeliegende und weiterhin geltende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

1. Verfahren zur Herstellung eines Verbundelements aus einem kegelstumpfförmigen keramischen feuerfesten Einsatz (9), der von einem Blechmantel (8) umschlossen wird, dadurch gekennzeichnet, dass zuerst der feuerfeste Einsatz (9) in den Blechmantel (8) geschoben wird, der konische Blechmantel (8) mit der Öffnung, die den geringeren Durchmesser aufweist, nach unten auf einer Unterlage stehend von außen aufgeheizt wird, wobei keramischer Einsatz (9) und Blechmantel (8) stets in Berührung bleiben und dass das Aufheizen auf eine so hohe Temperatur erfolgt, dass der keramische Einsatz (9) allein aufgrund seiner Gewichtskraft unter Aufweitung des Blechmantels (8) sich nach unten in die Verbundposition verschiebt.

An diesen Patentanspruch 1 schließen sich der Unteranspruch 2 sowie der auf eine Vorrichtung zur Herstellung des Verbundelements gerichtete erteilte, rückbezogene Anspruch 3 an.

Folgende Entgegenhaltungen sind im Verfahren:

(1) DE 196 53 747 A1

(2) DE 40 21 259 A1

(3) DE 36 42 623 A1

(4) DE 35 27 793 A1

(5) EP 0 466 971 B1.

Im Aufrechterhaltungsbeschluss ist das geltende Patentbegehren als nicht zu beanstanden bewertet sowie die Neuheit und erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Herstellungsverfahrens nach Anspruch 1 gegenüber dem Stand der Technik, insbesondere auch der Schrift (5) anerkannt worden. Im Stand der Technik gebe es weder ein Vorbild noch eine Anregung, den keramischen Einsatz ohne weitere Hilfsmittel, alleine aufgrund seiner Gewichtskraft unter Aufweitung des aufgeheizten Blechmantels nach unten in die Verbundposition zu verschieben.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.

In ihrer Beschwerde stützt sich die Einsprechende alleine auf die Schrift (5) und trägt zur Begründung unter anderem vor, dass die patentgemäße Lehre an mangelnder Offenbarung bzw. Ausführbarkeit leide, weil darin weder die Abkühlung an sich, noch deren Bedingungen festgelegt seien, die Art und Weise der Berührung zwischen Keramikeinsatz und Blechmantel nicht definiert sei hinsichtlich Kontaktfläche, Konizität der Körper usw. und schließlich auch die Temperaturhöhe für das Aufheizen nicht ausreichend deutlich und genau angegeben sei.

Außerdem fehle es dem Patentgegenstand gegenüber der EP 0 466 971 B1 (5) sowohl an der Neuheit als auch an einer erfinderischen Tätigkeit. So nenne (5) ein gattungsgemäßes Aufschrumpfverfahren und eine Vorrichtung dazu, beispielsweise für Gasspülkegel sowie das Zusammenfügen des kegelstumpfförmigen keramischen Innenteils mit dem Außenmantel vor dem Erwärmen, das gleichmäßige Aufheizen des beispielsweise metallischen Außenmantels sowie das Positionieren des Innenteils im aufgeheizten Außenmantel ohne Hantieren des heißen Außenmantels. Nach Sp 7, Z 18 u. 19 kann der Induktor für die Erwärmung, der an die Form der Gasspülkegel angepasst ist, auch oben offen und unten geschlossen sein, was bedeute, dass der konische Blechmantel mit seiner Öffnung geringeren Durchmessers nach unten auf einer Unterlage stehe, während er aufgeheizt werde. Weil zudem die Relativverschiebung in die Verbundposition zwischen Innen- und Außenteil mit etwa 0,8 mm nur minimal sei, geschehe nach (5) bereits das, was patentgemäß beansprucht sei (fehlende Neuheit) bzw. wirke eine Einrichtung zur Verschiebung des Keramikinnenteils in dessen vorbestimmte Verbundposition im aufgeheizten Außenmantel offensichtlich in Richtung Schwerkraft, was dem Fachmann nahelege, den Keramikeinsatz schon alleine aufgrund seiner Gewichtskraft in die Verbundposition des Blechmantels verschieben zu lassen, wie dies beansprucht ist (fehlende erfinderische Tätigkeit). Auch die Ansprüche 2 und 3 enthielten gegenüber Entgegenhaltung (5) nichts patentfähiges.

Die Einsprechende stellt den Antrag, den Beschluss der Patentabteilung aufzuheben und das angefochtene Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, die Beschwerde gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 2001 zurückzuweisen.

Sie widerspricht den Ausführungen der Einsprechenden in allen Punkten und hält die beanspruchte Lehre für ausreichend offenbart sowie gegenüber dem Stand der Technik für neu und auf erfinderischer Tätigkeit beruhend.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Patent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines Verbundelementes nach den Merkmalen aus dem Oberbegriff des Anspruchs 1 und von Anspruch 3.

Nach Sp 2, Z 12 bis 19 der Streitpatentschrift DE 198 57 639 C1 liegt die Aufgabe vor, die Nachteile beim Aufschrumpfen eines separat aufgeheizten heißen Blechmantels auf einen kälteren keramischen Einsatz zu vermeiden und in einem einfachen Verfahren ohne induktive Aufheizung des Blechmantels und ohne mechanische Einrichtungen zum Zusammenführen mit dem keramischen Einsatz einen gleichmäßigen Verbund zwischen Blechmantel und keramischem Einsatz zu erreichen.

Die Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 bzw. 3 gelöst.

Die geltenden Patentansprüche leiten sich aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen her und vermitteln eine vollständige nacharbeitbare Lehre. Sie sind daher entgegen der Meinung der Einsprechenden zulässig.

Die Lehre des Streitpatents wendet sich an den zuständigen Fachmann, im vorliegenden Fall an einen Maschinenbauingenieur mit Fachhochschulabschluss, der über mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der Fertigungstechnik, speziell auch für die Herstellung von Verbundelementen wie beispielsweise Keramikkörpern in Blechhüllen z.B. für Gasspülkegel verfügt.

Für einen solchen Fachmann ist es offensichtlich und selbstverständlich, dass zur Vollendung der patentgemäßen Schrumpfverbindung aus Keramikeinsatz und Blechmantel nach dem Verschieben des Einsatzes im aufgeheizten Mantel in die Verbundposition sowie zur Weiterverwendung des Verbundelementes auch eine Abkühlung gehört. Da diese jedoch üblich und ihre Ausführung unkritisch ist und sie beispielsweise unter Umgebungsbedingungen stattfinden kann, muss sie als Selbstverständlichkeit nicht in der Patentanspruch 1 aufgenommen werden. Die Abkühlung ist beispielsweise in der Beschreibung Sp 2, Z 37 und Sp 3, Z 53 als solche genannt. Die Vermeidung von Behandlungsfehlern liegt dabei stets im Bereich des fachmännischen Handelns.

Dies gilt auch für die Berührung zwischen Blechmantel und Keramikeinsatz, die der Fachmann selbstverständlich möglichst flächig wählt, also auch durch weitgehend gleiche axiale Konizität und radiale Rundheit der Fügeflächen von Einsatz und Mantel. Auch hierfür erübrigt sich eine Festlegung im Patentanspruch.

Schließlich lehrt der Patentanspruch 1 ein Aufheizen auf so hohe Temperatur, dass sich der Keramikeinsatz alleine aufgrund seiner Gewichtskraft unter Aufweitung des Blechmantels nach unten in die Verbundposition verschiebt. Geeignete Temperaturen kann der Fachmann danach ohne weiteres beim Aufheizen feststellen und zweckentsprechend wählen. In der Beschreibung des Streitpatents Sp 4, Z 9 sind als Hinweis beispielsweise 900 Grad C genannt. Eine Festlegung von Temperaturen im Anspruch ist deshalb für die Nacharbeitbarkeit nicht notwendig.

Die patentgemäße Lehre ist somit ausreichend deutlich, klar und vollständig offenbart.

Der Patentgegenstand ist zweifellos auch gewerblich anwendbar.

Das beanspruchte Herstellungsverfahren ist neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit.

Aus der nächstkommenden Entgegenhaltung (5) geht in Übereinstimmung mit dem Streitpatent ein Verfahren zur Herstellung eines Verbundelements aus einem kegelstumpfförmigen (Anspruch 4) keramischen Einsatz (Innenteil 11), beispielsweise nach Anspruch 14 und 15 für die Verwendung bei metallischen Schmelzen, also aus feuerfestem Material hervor, der von einem kegelstumpfförmigen (Anspruch 4) vorzugsweise metallischen (So 2, Z 56) Außenmantel 6 umschlossen wird.

Dabei wird nach einer Alternative gemäß Anspruch 2 bzw. Anspruch 6 zuerst das Innenteil 11 in den Außenmantel 6 geschoben. Erst danach wird der Außenmantel 6 aufgeheizt auf Temperaturen zwischen 500 und 1000 Grad C sowie das Innenteil 11 in seine vorbestimmte Verbundlage verschoben bzw. positioniert.

Gemäß (5) kann wie nach dem Streitpatent der kegelstumpfförmige Außenmantel 6 auch mit der Öffnung, die den geringeren Durchmesser aufweist, nach unten auf einer Unterlage stehend aufgeheizt werden, weil nach Anspruch 18 von (5) der Außenmantel und das Innenteil von oben in den Induktor eingeführt werden kann, d. h. entsprechend Anspruch 22, dass die offene Seite des Induktorinnenraums 4 oben liegt und gemäß Sp 7, Z 18 u. 19 dass er unten geschlossen ist, wobei zur Verringerung der Wärmeverluste gemäß Sp 2, Z 46 bis 51 der Induktorinnenraum 4 mit kleinem Luftspalt an den Außenmantel 6 angepasst sein soll.

Im Gegensatz zur Lehre des Streitpatents werden gemäß Sp 2, Abs 3 und Anspruch 2 bzw. 6 von (5) das Innenteil und der Außenmantel nach dem Zusammenführen zuerst induktiv erwärmt. Erst danach wird das Innenteil in dem Außenmantel in seiner vorgesehenen Verbundlage positioniert, während dessen die Temperatur gehalten wird. Gemäß Sp 6, letzter Abs und Sp 7, erster Abs von (5) erwärmt sich der Außenmantel 6 im Innenraum 4 des Induktors und dehnt sich aus. Dann erst wird der Gasspülkegel 11 mittels Hubeinrichtung 13 in Richtung des Pfeils A weitergeschoben, bis er in seiner Verbundlage positioniert ist. Eindeutig lehrt (5) somit, dass das Positionieren des Innenteils in der Verbundlage des Außenmantels erst nach dem Aufheizen und mittels einer eigenen Einrichtung 13 geschieht.

Im Gegensatz dazu lehrt das Streitpatent nach Anspruch 1, dass der keramische Einsatz 9 und der Blechmantel 8 stets in Berührung bleiben, wenn von außen aufgeheizt wird und dass das Aufheizen auf eine so hohe Temperatur erfolgt, dass der keramische Einsatz 9 allein aufgrund seiner Gewichtskraft unter Aufweitung des Blechmantels 8 sich nach unten in die Verbundposition verschiebt, also selbsttätig positioniert.

Die patentgemäße Lehre, dass also Einsatz und Mantel beim Aufheizen ständig in Berührung bleiben - was der Fachmann als Anlage der Mantelflächen versteht - und der Einsatz sich alleine durch sein Gewicht nach unten in die Verbundposition bei Aufweitung des Blechmantels verschiebt, betrifft somit das Verbundpositionieren während des Aufheizens alleine durch Schwerkraft.

Diese Maßnahme geht aus (5) und den übrigen Entgegenhaltungen weder hervor, noch ist sie nahegelegt. Immer ist gemäß (5) das Aufheizen zeitlich getrennt vom Positionieren, z.B. Anspruch 6: "der Außenmantel ... aufgeheizt wird, dass das Innenteil 11 dann ... positioniert wird" und Sp 2, Abs 3: "das Verbundteil einer ... Wärmequelle ausgesetzt wird und dass danach das Innenteil in dem ... Außenmantel positioniert wird" sowie "erhitzt den Außenmantel stärker als das Innenteil, so dass sich der Außenmantel gegenüber dem Innenteil ausdehnt und das Innenteil danach ... in die Position gebracht werden kann".

Zum Positionieren in die Verbundlage lehrt (5) ausschließlich eine Hubeinrichtung 13, während die Gewichtskraft dafür weder genannt noch einfach herleitbar ist, auch nicht bei einem oben offenen Induktor. Das verhindert schon die generelle zeitliche Trennung von Aufheizen und Positionieren gemäß (5), die auch für den oben offenen Induktor nach den Ansprüchen 19 und 22 gilt. Ein Positionieren nur mit der Gewichtskraft geht aber nur gleichzeitig mit dem Aufheizen entsprechend der Lehre des Streitpatents. Das kann der Fachmann aus (5) nicht ohne weiteres erkennen und er müsste zudem seine Bedenken überwinden, eine verbundsichere Positionierung auch ohne Hubeinrichtung erreichen zu können. Dass die Maßnahme des Positonierens beim Aufheizen alleine durch Schwerkraft dem Fachmann aus (5) nicht nahegelegt ist, belegen auch die fast sieben Jahre zwischen der Veröffentlichung von (5) und der Anmeldung des Streitpatents trotz einem ständigen Bedürfnis nach Vereinfachung.

Die Entgegenhaltung (3) geht über den Inhalt von (5) nicht hinaus. Die Schriften (1), (2) und (4) liegen dem Streitgegenstand ferner und können zu dessen beanspruchter Lehre nichts beitragen.

Der Gegenstand nach Anspruch 1 ist somit neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit. Der Anspruch 1 ist daher bestandsfähig.

Mit ihm hat auch der darauf rückbezogenen Ansprüche 2, der keine Selbstverständlichkeiten beinhaltet, Bestand.

Der Anspruch 3 betrifft eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2. Der Gegenstand des Anspruchs 3 macht dabei von den erfindungswesentlichen Maßnahmen des Anspruchs 1 Gebrauch, die dessen Neuheit und dessen Beruhen auf erfinderischer Tätigkeit ausmachen. Der Anspruch 3 hat daher aus den gleichen Gründen Bestand.

Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.

Dellinger Dr. Henkelv. Zglinitzki Harrer Na






BPatG:
Beschluss v. 07.07.2003
Az: 11 W (pat) 41/01


Link zum Urteil:
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