Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Mai 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 126/04
(BPatG: Beschluss v. 24.05.2005, Az.: 27 W (pat) 126/04)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 24. Mai 2005 die Beschwerde gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. März 2005 zurückgewiesen. Die Markenstelle hatte die Anmeldung der Marke "Velotaxi" für verschiedene Waren, wie z.B. Datenträger, Druckerzeugnisse und Taschen, als nicht unterscheidungskräftig abgelehnt. Zur Begründung führte sie aus, dass das Wort "Velotaxi" zur Beschreibung von Fahrrädern, die zur Personenbeförderung verwendet werden, benutzt wird. Der Begriff sei dem Durchschnittsverbraucher bekannt und würde von diesem als Teil einer Inhaltsbeschreibung und nicht als Hinweis auf die Herkunft der Ware verstanden werden. Zudem bestehe ein Freihaltebedürfnis, da Fahrradtaxis immer populärer würden und es daher allen Fahrradunternehmen ermöglicht werden müsse, den Begriff zu verwenden. Der Anmelder des Zeichens legte dagegen Beschwerde ein und argumentierte, dass das Zeichen für seine spezifischen Fahrradtaxi-Dienstleistungen verwendet wird und eine hohe Verkehrsgeltung besitzt. Das Bundespatentgericht wies die Beschwerde jedoch ab, da das Zeichen keine ausreichende Unterscheidungskraft besitzt. Es handelt sich um einen beschreibenden Begriff, der sich ausschließlich in der Beschreibung der angebotenen Waren erschöpft. Auch das Argument der Verkehrsgeltung konnte nicht überzeugen, da der Anmelder nicht nachweisen konnte, dass das Zeichen für die konkreten beanspruchten Waren eine Durchsetzung als Herkunftshinweis erreicht hat.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 24.05.2005, Az: 27 W (pat) 126/04
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. März 2005 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch zwei Beschlüsse, einen davon im Erinnerungsverfahren ergangen, die Anmeldung der Marke Velotaxiteilweise, und zwar für
"bespielte analoge und digitale Datenträger, insbesondere CD's, DVD's und Videobänder; Druckerzeugnisse, Fotografien; Waren aus Leder und Lederimitationen, soweit in Klasse 18 enthalten; Taschen und Beutel; Spiele und Spielzeug"
als nicht unterscheidungskräftige Angabe gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dem angemeldeten Zeichen werde ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet. Das Wort "Velotaxi" sei zwar lexikalisch nicht nachweisbar, es werde jedoch bereits zur Beschreibung von Fahrrädern, mit denen Taxidienstleistungen erbracht würden, benutzt. Da es mittlerweile in vielen Großstädten Fahrradtaxis gebe, sei dem Großteil der Verbraucher ein solches Beförderungsmittel bekannt. Das Wort "Velo" habe sich auch im deutschen Sprachgebrauch seit langem als Synonym für "Fahrrad" etabliert. In Verbindung mit dem Wort "Taxi" erschließe sich dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher ohne weiteres der damit verbundene Sinn. Daher würden die Abnehmer der mit dem Zeichen "Velotaxi" versehenen Datenträger, Druckerzeugnisse, Fotografien, Spiele und Spielzeuge dieses Wort nicht als Herkunftshinweis, sondern als Teil einer Inhaltsbeschreibung ansehen, nämlich dass diese Waren "Velotaxis" zum Gegenstand hätten. Im Zusammenhang mit Waren aus Leder und Lederimitationen sowie Taschen als Beuteln sei das Zeichen als Hinweis auf den Einsatz dieser Waren in oder an einem Fahrradtaxi verstehen. Ein darüber hinausgehender nicht beschreibender Inhalt sei für die beanspruchten Waren nicht erkennbar.
Für sämtliche zurückgewiesenen Waren sei auch ein Freihaltebedürfnis - insbesondere auch aufgrund der stetig zunehmenden Verbreitung von Fahrradtaxis - erkennbar. Es müsse sämtlichen Fahrradunternehmen freistehen, den Begriff "Velotaxi" auf als Werbematerial dienenden Datenträgern und Druckereierzeugnissen zur Beschreibung ihrer Waren und Dienstleistungen zu verwenden. Ebenso müsse der Begriff als Hinweis für den Einsatzzweck von Waren aus Leder, Lederimitationen, Taschen und Beuteln freigehalten werden, da diese Waren speziell für Fahrradtaxis angeboten werden könnten. Velotaxis könnten auch der Gegenstand von Spielen und Spielzeug sein.
Soweit Voreintragungen des Zeichens aus dem Jahr 1997 existierten, habe dies keinen Einfluss auf die vorliegende Anmeldung. Hinzu komme, dass der Bekanntheitsgrad von Fahrradtaxis, deren Verbreitung im Lauf der Jahre beständig zugenommen habe, stark gestiegen sei, so dass schon aus diesem Grunde kein Anspruch auf zukünftige Eintragungen ergeben könne.
Hiergegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde. Er hält das angemeldete Zeichen für alle beanspruchten Waren für unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig. Die Benutzung des Wortes "Velo" sei in Deutschland völlig unüblich. Die Links im deutschsprachigen Internet verwiesen entweder direkt auf das Unternehmen des Anmelder oder eines Lizenznehmers, oder es werde Bezug auf sein Unternehmen genommen. Der Begriff "Velotaxi" werde im deutschsprachigen Raum ausschließlich durch den Anmelder verwendet. Sein Unternehmen habe mit dem Konzept, auch in Deutschland Fahrrad-Rikscha-Dienste anzubieten, eine "gewisse 'Berühmtheit'" erlangt bzw. für eine starkes Aufsehen im In- und Ausland gesorgt. Das Zeichen "Velotaxi" werde speziell für die Fahrradtaxis des Anmelders bzw. seiner Lizenznehmer bzw. die damit verbundenen Dienstleistungen benutzt und nicht als allgemeiner Begriff für "Fahrradtaxi". Es besitze eine hohe Verkehrsgeltung.
Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Den hilfsweise gestellten Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat der Verfahrensbevollmächtigte des Anmelders nach Zustellung der Terminsladung zurückgenommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zutreffend hat die Markenstelle ausgeführt, dass der Eintragung für die beanspruchten Waren das absolute Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.
Nach dieser Vorschrift können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 20005, 258, 259 Roximycin). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m.w.N.). Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist einerseits auf die in Anspruch genommenen Waren, andererseits auf die vermutete Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittverbrauchers dieser Waren abzustellen (EuGH, GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2). Werden zwei rein beschreibende Begriffe zu einem einzigen zusammengesetzt, so bleibt der Gesamtbegriff ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sich durch die Wortkombination kein über den bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt (EuGH GRUR 2004, 680, 682, EG 43 - biomild).
Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke die Eignung zur Identifizierung der Herkunft der beanspruchten Waren. Sie entbehrt jeder Unterscheidungskraft, weil die in ihr enthaltene beschreibende Aussage "Fahrradtaxi" vollständig im Vordergrund steht. Sie besteht aus zwei Wörtern, die sich ausschließlich in der Beschreibung des Inhalts der angebotenen Waren erschöpfen. Insofern ist das von der Markenstelle mit zutreffender Begründung angeführte Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu bejahen, das der Senat nach erneuter eigener Prüfung ebenfalls für gegeben ansieht.
Hinzuzufügen ist lediglich Folgendes: Bei dem Begriff "Velotaxi" handelt es sich um einen Gattungsbegriff, der gleichbedeutend ist mit dem Verkehrsmittel Fahrradtaxi. Das Wort "Velo" entstammt dem schweizerisch/französischen Sprachgebrauch für Fahrrad, was auch der Anmelder nicht in Abrede stellt. Das Wort ist im Geltungsbereich des Markengesetzes jedoch entgegen der Auffassung des Anmelders bekannt und wird ohne weiteres als Synonym für Fahrrad verstanden, selbst wenn seine Verwendung in der Alltagssprache selbst ungebräuchlich sein dürfte. Jedoch sind der Begriff "Velodrom" und dessen Bedeutung als geschlossenes oder offenes Radrennstadion bekannt. Das Wort "Velo" wird zudem im Zusammenhang mit Fahrrädern ständig verwendet. So nennt der ADFC München beispielsweise seine Fahrradverkehrskonferenz "Velo City 2007", ebenso gibt es "Velo-Konzerte" als Unterhaltung für eine Pause bei einer Fahrradtour u.ä. Der Anmelder selbst verwendet zudem den Begriff auf der Homepage seines Unternehmens im Sinne eines Gattungsbegriffs für ein Fahrzeug (die "Velotaxler", das "Velotaxi-Fahren", "Velotaxi ist ... ein Fahrzeug für Veranstaltungen wie Messen Events...", "Velotaxi ist das ideale Fahrzeug für Stadtrundfahrten..., ... hervorragendes Transportmittel"). Gattungsbegriffe werden im Allgemeinen jedoch vom Verbraucher nicht - jedenfalls nicht ohne Verkehrsdurchsetzung - als Hinweis auf den Hersteller der damit gekennzeichneten Waren aufgefasst.
Wie die Markenstelle bereits ausgeführt hat, können sich die hier angemeldeten Datenträger ohne weiteres inhaltlich mit Velotaxis, etwa namentlich mit der betriebswirtschaftlichen Seite sowie der effizienten Vermarktung des Geschäftsmodells eines Velotaxi-Unternehmens befassen. Dasselbe trifft zu für Druckereierzeugnisse und Fotografien, etwa im Rahmen ihrer Verwertung als Werbematerial für das Geschäftsmodell oder die Nutzung von Velotaxis. Taschen und Beutel aus Leder bzw. Lederimitation können ebenfalls ohne weiteres der Verwendung an oder in Velotaxis dienen, etwa zur Aufnahme von zu transportierenden Gegenständen. Bei den angemeldeten "Spielen" und "Spielzeug" kommt ihre Herstellung und der Vertrieb zu Werbezwecken für Velotaxis in Betracht, denn es ist nicht unüblich, dass Spiele und Spielzeug als Marketing- bzw. Mitgehartikel für Kunden entwickelt und hergestellt werden, die sich inhaltlich mit dem zu bewerbenden Gegenstand, hier dem Velotaxi-Modell, befassen.
Danach kann dahinstehen, ob auch ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen ist. Dies liegt allerdings mit der Argumentation der Markenstelle äußerst nahe.
Ohne Erfolg macht der Anmelder geltend, das Zeichen "Velotaxi" besitze bei den beteiligten Verkehrskreisen hohe Verkehrsgeltung. Soweit er damit eine Eintragung der angemeldeten Marke kraft Verkehrsdurchsetzung im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG begehrt, sind die Voraussetzungen hierfür weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Eintragung einer Marke kraft Verkehrsdurchsetzung kommt ausschließlich für die Waren und Dienstleistungen in Betracht, für die eine Verkehrsdurchsetzung nachgewiesen worden ist. Daher muss der Anmelder grundsätzlich für alle in Anspruch genommenen Waren und Dienstleistungen die Durchsetzung glaubhaft machen (BGH GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHÖN; BPatG GRUR 1998, 57, 58 - Nicht immer, aber immer öfter; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl. § 8 Rn. 327; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 473 m.w.N.). Zwar ist anhand der Internet-Recherchen, die der Senat zur besseren Nachvollziehbarkeit des Vortrags des Anmelders vorgenommen hat, ohne weiteres festzustellen, dass das Geschäftsmodell des Anmelders mit Velotaxis eine recht weite Verbreitung in Deutschland und darüber hinaus auch in einigen weiteren Staaten gefunden hat und in diesem Zusammenhang mit dem Stichwort "Velotaxi" im Internet in großer Zahl Links aufzufinden sind, die ganz überwiegend auf den Anmelder bzw. sein Geschäftsmodell und die mit ihm verbundenen Unternehmen hinweisen. Daraus lässt sich aber auch nicht ansatzweise ein Indiz für die erforderliche Verkehrsdurchsetzung des Zeichens für die hier konkret zur Frage stehenden Waren ableiten, so dass es eines Hinweisesseitens des Gerichts auf die mangelnde Glaubhaftmachung der (pauschalen) Behauptung des Anmelders nicht mehr bedurfte.
Dr. van Raden Schwarz Prietzel-Funk Na
BPatG:
Beschluss v. 24.05.2005
Az: 27 W (pat) 126/04
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