Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. März 2000
Aktenzeichen: 6 W (pat) 48/99

(BPatG: Beschluss v. 02.03.2000, Az.: 6 W (pat) 48/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 2. März 2000 (Aktenzeichen 6 W (pat) 48/99) die Beschwerden der Antragsteller als unzulässig verworfen.

In dem Verfahren ging es um die Zurückweisung der Patentanmeldung des Antragstellers zu 2) durch die Prüfungsstelle für Klasse E 01 B des Deutschen Patentamts. Gegen diesen Beschluss hatten die Antragsteller Beschwerde eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist beantragt.

Die Antragsteller führten zur Begründung der Wiedereinsetzung an, dass die Antragstellerin zu 1) ein Zivilurteil gegen den Anmelder erstritten und einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für die streitgegenständliche Patentanmeldung beantragt habe. Der Anmelder habe bereits vorher Ansprüche an die Antragstellerin zu 1) abgetreten. Die Antragstellerin zu 1) habe von dem Beschluss der Prüfungsstelle nichts gewusst und deshalb kein Rechtsmittel einlegen können.

Das Bundespatentgericht entschied, dass die Beschwerdefrist bereits am 10. Juni 1998 abgelaufen war, da der Beschluss der Prüfungsstelle am 7. Mai 1998 als zugegangen galt. Auch wenn das Deutsche Patentamt die Rechtskraft des Beschlusses erst zum 13. Juni 1998 festgestellt hatte, konnte die Wiedereinsetzung nicht gewährt werden. Es lagen keine Gründe vor, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigten. Eine falsche Einschätzung der Rechtslage ist nur in engen Grenzen ein Wiedereinsetzungsgrund. Die Antragsteller konnten auch nicht geltend machen, dass die Antragstellerin zu 1) Wiedereinsetzung hätte beantragen können, da sie vor dem 14. Juni 1998 kein Beschwerderecht hatte.

Die Details der Vereinbarung vom 31. Juli 1995 und des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wurden nicht weiter berücksichtigt, da sie für die Frage des Beschwerderechts irrelevant waren. Erst mit Vollzug der Umschreibung hätte die Antragstellerin zu 1) ein Beschwerderecht erworben. Bis dahin war nur der eingetragene Rechtsinhaber legitimiert.

Da die Antragsteller zu 1) vor Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht beschwerdeberechtigt war, war auch nicht zu klären, wie sich das Deutsche Patentamt nach dem 12. August 1998 zu der Patentanmeldung geäußert hat. Die Folgen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses waren ebenfalls nicht entscheidungserheblich.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 02.03.2000, Az: 6 W (pat) 48/99


Tenor

Die Beschwerden werden als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 30. April 1998 hat die Prüfungsstelle für Klasse E 01 B des Deutschen Patentamts die Patentanmeldung des Antragstellers zu 2) - nachfolgend als Anmelder bezeichnet - nach § 48 PatG zurückgewiesen. Dieser Beschluss ging am 7. Mai 1998 als Einschreiben zur Post.

Dagegen haben die Antragsteller am Montag, dem 14. Juni 1999, unter Einzahlung der Beschwerdegebühr mittels aufgeklebter Gebührenmarken Beschwerde eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist beantragt.

Zur Wiedereinsetzung bringen sie im wesentlichen vor, die Antragstellerin zu 1) habe gegen den Anmelder am 2. August 1998 (richtig: am 2. April 1998) ein Zivilurteil erstritten und am 15. Juli 1998 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ua für die streitgegenständliche Patentanmeldung beantragt. Schon vorher habe der Anmelder Ansprüche daraus an die Antragstellerin zu 1) übereignet. Offenbar deshalb habe er geglaubt, für ein Rechtsmittel nicht mehr befugt zu sein.

Die Antragstellerin zu 1) habe von dem nunmehr angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle nichts gewusst und deshalb kein Rechtsmittel einlegen können. Aus einer Antwort des Deutschen Patentamts auf ihre Anfrage vom 12. August 1998 habe sie auch entnehmen müssen, es sei nichts veranlasst.

Am 12. August 1998 hat die Antragstellerin zu 1) dem Deutschen Patentamt den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugeschickt, Eintragung in die Patentrolle beantragt und dabei erklärt, der Anmelder habe ihr Ansprüche aus der Patentanmeldung auch übereignet.

Im Beschwerdeverfahren hat die Antragstellerin zu 1) die Vereinbarung vom 31. Juli 1995 vorgelegt um zu belegen, dass sie dem Anmelder ein Darlehen gewährt habe und dass ihr der Anmelder alle Rechte bezüglich der vorliegenden Patentanmeldung abgetreten habe.

II.

Über die Wiedereinsetzung und die Zulässigkeit der Beschwerden kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 238 Abs 2 Satz 1 ZPO, § 79 Abs 2 PatG).

Die Beschwerde des Anmelders ist unzulässig, weil er die Frist nach § 73 PatG versäumt hat; sein Wiedereinsetzungsantrag hat keinen Erfolg.

Der Beschluss der Prüfungsstelle vom 30. April 1998 ging am 7. Mai 1998 als Einschreiben zur Post. Damit gilt er gem § 127 Abs 1 Nr 4 Satz 4 PatG (§ 4 Abs 1 VwZG) nach drei Tagen, also am 10. Mai 1998, als zugegangen - unabhängig vom Wochentag, da die drei Tage keine Frist sind, für die allein § 193 BGB gelten würde. Die Beschwerdefrist des § 73 PatG wäre am 10. Juni 1998 abgelaufen.

Das Deutsche Patentamt hat die Rechtskraft jedoch - aus in den vorgelegten Akten nicht nachvollziehbaren Gründen - zum 13. Juni 1998 festgestellt. Auch die Antragsteller gehen von diesem Tag aus. Zu ihren Gunsten kann das als richtig unterstellt werden; niemand hat bis 13. Juni 1998 Beschwerde eingelegt. Die Wiedereinsetzung haben die Antragsteller dann innerhalb der Jahresfrist nach § 123 Abs 2 Satz 4 PatG beantragt und zugleich die versäumte Handlung nachgeholt.

Es sind aber keine Gründe erkennbar, die insoweit eine Wiedereinsetzung rechtfertigen. Sollte der Anmelder sich tatsächlich gehindert gesehen haben, Beschwerde einzulegen, ginge ein diesbezüglicher Irrtum zu seinen Lasten. Eine falsche Einschätzung der Rechtslage ist nur in ganz engen Grenzen ein Wiedereinsetzungsgrund (vgl Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl, § 233 Rdn 23; Schulte, PatG, 5. Aufl., § 123 Rdn. 36, 41) - etwa, wenn eine Behörde zu dem Irrtum beigetragen hat oder wenn nach einer gesetzlichen Neuregelung Unsicherheit besteht (BGH NJW 1993, 3206; BGH in BPatGE 34, 281; vgl. auch BPatG, Beschluss vom 17. Januar 2000, 10 W (pat) 103/99). Die Antragsteller behaupten vorliegend jedoch einen Irrtum des Anmelders über seine Rechte auf Grund der Vereinbarungen zwischen ihnen, wozu das Deutsche Patentamt und der Gesetzgeber nicht beigetragen haben können.

Die Antragstellerin zu 1) kann ihrerseits keine Wiedereinsetzung geltend machen, weil sie jedenfalls vor dem 14. Juni 1998 kein Beschwerderecht hatte und damit die am 13. Juni 1998 ablaufende Frist nicht versäumt haben kann.

Sie war nicht am Verfahren beteiligt und hatte damit kein Beschwerderecht über § 74 Abs 1 PatG.

Welche Rechte ihr die Vereinbarung vom 31. Juli 1995 gab, kann offen bleiben. Die Vereinbarung ist interpretierungsbedürftig; der spätere Pfändungs- und Überweisungsbeschluss spricht gegen einen schon am 31. Juli 1995 erfolgten endgültigen Rechtsübergang. Eine rechtsgeschäftliche Bestellung eines Pfandrechts hätte nur eine Belastung, nicht aber einen Übergang der Anmeldung auf die Antragstellerin zu 1) bewirkt (vgl. BPatG, Beschluss vom 7. Februar 2000, 10 W (pat) 113/99).

Der Anmelder hätte aber selbst mit dem Verlust seiner materiellen Berechtigung sein Beschwerderecht nicht verloren (vgl. § 30 Abs 3 Satz 3 PatG; BPatGE 9, 196), so dass der Antragstellerin zu 1) kein eigenes Recht zugestanden werden muss, etwa damit keine Situation eintritt, in der niemand Beschwerde einlegen kann. Erst mit Vollzug der Umschreibung hätte die Antragstellerin ein Beschwerderecht erworben. Der materielle Rechtserwerb vollzieht sich unabhängig von der Eintragung in die Rolle. Nach § 30 Abs 3 PatG ist immer (nur) der Eingetragene legitimiert (vgl BPatGE 31, 146). Dies gewährleistet, dass jederzeit der richtige Adressat für Anmeldung und Patent feststeht. Fallen materielle Rechtslage und Eintragung auseinander, so bleibt der Eingetragene unabhängig von gutem oder bösem Glauben bis zur Umschreibung gegenüber DPMA, BPatG, Verletzungsgerichten und Dritten allein befugt. Der Eingetragene kann kraft seiner formalen Legitimation über fremdes Recht verfügen. Dem materiell Berechtigten bleibt ggf nur ein Schadensersatzanspruch. Die Legitimationsänderung tritt aus Gründen der Rechtssicherheit erst mit dem Vollzug der Umschreibung ein. Bis zur Umschreibung auf den Erwerber ist nur der eingetragene Rechtsinhaber legitimiert (BPatGE 25, 216; 26, 126; Schulte, PatG § 30, Rdn 21, 22).

Auf die Gründe, aus denen die Antragstellerin zu 1) später nicht tätig geworden ist, kommt es nicht mehr an. Jedenfalls bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist war sie nicht beschwerdeberechtigt. Deshalb ist nicht zu klären, wie sich das Deutsche Patentamt nach dem 12. August 1998 zu der streitgegenständlichen Anmeldung geäußert hat (Das Schreiben des DPA vom 6. Oktober 1998 betraf im übrigen gar nicht die vorliegende Anmeldung). Auch die Folgen des am 12. August 1998 vorgelegten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sind nicht entscheidungserheblich.

Rübel Riegler Sperling Dr. Albrecht Ko






BPatG:
Beschluss v. 02.03.2000
Az: 6 W (pat) 48/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/6c7eba0ae813/BPatG_Beschluss_vom_2-Maerz-2000_Az_6-W-pat-48-99




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share