Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Dezember 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 149/05
(BPatG: Beschluss v. 13.12.2006, Az.: 26 W (pat) 149/05)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in diesem Beschluss eine Beschwerde abgewiesen, die gegen die Eintragung einer Wortmarke eingelegt wurde. Die Beschwerdeführerin hatte Widerspruch gegen die Eintragung der Wortmarke "303 66 109 hpifleet assist" eingelegt, da sie bereits eine ähnliche Wortmarke "302 27 928 FLEET ASSISTANT" eingetragen hatte. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hatte den Widerspruch bereits zurückgewiesen und die Beschwerdeinstanz hat diese Entscheidung bestätigt. Die Markenstelle argumentierte, dass es keine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken gäbe, da sie sich in Schriftbild, Klangbild und Bedeutung deutlich voneinander unterscheiden. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der Bestandteil "fleet assist" in beiden Marken prägend sei und daher eine Verwechslungsgefahr bestehe. Das Gericht hat jedoch festgestellt, dass der Bestandteil "fleet assist" eine beschreibende Bedeutung hat und somit kein ausreichendes Unterscheidungspotenzial besitzt. Aufgrund dieser Entscheidung wird die Beschwerde abgewiesen und die Kosten des Verfahrens werden jeder Partei auferlegt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 13.12.2006, Az: 26 W (pat) 149/05
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die Eintragung der Wortmarke 303 66 109 hpifleet assistfür die Waren und Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 37, 39 und 42:
Verwaltung und Organisation von Kfz-Fuhrparks, Leasing oder Vermietung von Kraftfahrzeugen, Vermittlung und Abrechnung der Versorgung von Fahrzeugen mit Kraft- und Betriebsstoffen, Vermittlung von Verträgen über den Verkauf, das Leasen und die Anmietung von Kraftfahrzeugen, Pflege, Wartung, Instandhaltung, Reparatur, Reinigung von Kraftfahrzeugen, Vermittlung von Versicherungen, Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen, nämlich Bereitstellung eines Zugangs über das Internet zu einem Datenverarbeitungswerkzeug zur elektronischen Fahrzeugkonfiguration und Leasingratenberechnung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Leasinggeber im Markt und der jeweiligen Dienstwagenordnung des Kundenunternehmensist Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke 302 27 928 FLEET ASSISTANT eingetragen für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38, 39 und 42:
Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Daten, Ton und Bild, insbesondere Geräte zur Gewinnung, Übertragung, Auswertung und Erkennung von Informationen, wie Sprach-, Video- und Datensignalen; Geräte der Funk- und Nachrichtentechnik, der Telekommunikation sowie Geräte für die Navigation, Peilung und Ortung; Sender, Sendeempfänger, Empfänger, Antennen, Sensoren, Steuer- und Kontrollgeräte; Telefone; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Kommunikationsgeräte; mit Programmen versehene maschinenlesbare Datenträger aller Art; Software; Betrieb von Rechenzentren zur Datenverarbeitung und Datenverwaltung für Dritte; Telekommunikation; Sammeln, Bereitstellen und Übermitteln von Nachrichten; Kommunikation über Rundfunk, Telegrafie und Telefon, computergestützte Übertragung von Informationen, Texte, Zeichnungen und Bilder im Internet oder über Computernetzwerke, Übertragung von Informationen, Nachrichten und Telegrammen; Nachrichtenübermittlung über Telefon und Telematik; Telekommunikations-Dienstleistungen, nämlich Verkehrsinformationsdienste; Bereitstellung eines elektronischen Marktplatzes auf Computernetzwerken; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, Bereitstellung von Reise- und Verkehrsinformationen, Vermittlung von Verkehrsleistungen, Verkehrsinformationsdienste (soweit in Klasse 39 enthalten); Erstellung und Wartung von Computerprogrammen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen, Computern und Telekommunikationsapparaten.
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen, zuletzt mit Beschluss vom 14. September 2005, den Widerspruch und die gegen den Erstbeschluss eingelegte Erinnerung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es bestehe keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Zwar könnten die sich gegenüberstehenden Marken für im engsten Ähnlichkeitsbereich liegende Waren und Dienstleistungen eingesetzt werden. Die hiernach an den Abstand der Marken zu stellenden strengen Anforderungen würden jedoch eingehalten. In ihrer Gesamtheit unterschieden sich die gegenüberstehenden Marken deutlich voneinander. Das Schriftbild der angegriffenen Marke erscheine wesentlich länger als dasjenige der Widerspruchsmarke. Zudem beinhalte es eine Wortverbindung, in der zwei einzelne Bestandteile durch einen Bindestrich verbunden seien. Auch in klanglicher Hinsicht sei ein genügender Abstand gegeben, da sich die beiden Marken im Klangbild und insbesondere am Wortanfang deutlich voneinander unterschieden. Eine isolierte Kollisionsprüfung nur anhand des gemeinsamen Bestandteils "fleet assist" komme nicht in Betracht, weil diesem Bestandteil innerhalb der angegriffenen Marke keine prägende Bedeutung zukomme. Dies würde voraussetzen, dass das weitere Wortelement "hpi" in den Augen des Verkehrs derart in den Hintergrund trete, dass es für den Gesamteindruck des Zeichens vernachlässigt werden könne. Davon könne aber schon deswegen nicht ausgegangen werden, weil es sich bei dem Begriff "fleet assist" lediglich um eine Zusammensetzung gängiger englischer Begriffe handele, die so kennzeichnungsschwach seien, dass sie den Gesamteindruck des angegriffenen Zeichens nicht mitprägten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, der wegen der bestehenden Warenidentität von der angegriffenen Marke zu fordernde weite Zeichenabstand sei nicht eingehalten. Der Bestandteil "hpi" der angegriffenen Marke werde vom Verkehr als Firmenbestandteil erkannt und vernachlässigt, so dass die angegriffene Marke von dem weiteren Bestandteil "fleet assist" geprägt werde. Dieser mit der Widerspruchsmarke weitgehend identische Bestandteil könne weder in der Widerspruchsmarke noch in der angegriffenen Marke als kennzeichnungsschwach angesehen werden.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle vom 3. März 2005 und 14. September 2005 aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Ausführungen der Markenstelle als zutreffend und hält eine Verwechslungsgefahr für ausgeschlossen.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle hat die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i. S. d. §§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zutreffend verneint.
Nach diesen Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2006, 859, 861 - Malteserkreuz; GRUR 2005, 427, 428 - Lila-Schokolade; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May).
Nach diesen Grundsätzen hat die Markenstelle die Verwechslungsgefahr zutreffend verneint, insofern kann auf ihre Ausführungen Bezug genommen werden.
Hinzuzufügen ist Folgendes:
Die Auffassung der Widersprechenden, das Wort "fleet assist" präge die angegriffene Marke, ist für die Entscheidung des Falles unerheblich. Maßgeblich ist vielmehr, dass zunächst die Widerspruchsmarke selbst von diesem Begriff geprägt sein müsste, damit ein verwechslungsrelevanter Bereich im Hinblick auf die angegriffene Marke in Betracht gezogen werden könnte. Davon kann jedoch keine Rede sein, denn die Widerspruchsmarke selbst lautet "FLEET ASSISTANT". Es ist weder ersichtlich noch behauptet die Widersprechende selbst, dass ihre Marke "fleetassist" ausgesprochen und die Endsilbe "-ant" dabei vernachlässigt wird und deswegen mit der angegriffenen Marke zu verwechseln sei. Ungeachtet dessen trifft die Auffassung der Widersprechenden auch der Sache nach nicht zu. Der Schutzumfang ihrer Marke ist denkbar gering. Hiervon ist auszugehen, wenn Marken oder Markenbestandteile an eine beschreibende Angabe angelehnt sind und nur wegen einer (geringfügigen) Veränderung gegenüber der Originalangabe selbst als Marke eingetragen werden konnten, wobei der Schutzumfang nach Maßgabe der Eigenprägung und Unterscheidungskraft zu bemessen ist, die dem Zeichen - trotz seiner Anlehnung an die freizuhaltende Angabe - die Eintragungsfähigkeit verleiht (vgl. BGH GRUR 2003, 963, 964 - ANTIVIR/ANTIVIRUS; GRUR 1989, 264, 265 - REYNOLDS R 1/EREINTZ; GRUR 1989, 349, 350 - ROTH-HÄNDLE-KENTUCKY/Cenduggy; GRUR 1999, 238, 240 - Tour de culture). Das Wort "fleet assistant" weist nur ein Minimum an Kennzeichnungskraft auf. Der Senat hat in einer anderen Sache mit Beschluss vom 25. Januar 2006 - 26 W (pat) 185/04 - die Beschwerde gegen die vom Deutschen Patent- und Markenamt abgelehnte Eintragung der Wortmarke "fleet assist" zurückgewiesen, weil jene Marke wegen ihres beschreibenden Inhalts für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen, die in großen Teilen Übereinstimmungen mit den hier beiderseits beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufweisen, als nicht unterscheidungskräftig anzusehen ist. Dem Markenwort "fleet assist" ist vielmehr zu entnehmen, dass die damit gekennzeichneten Dienstleistungen dazu geeignet und bestimmt sind, einem Fuhrpark (Flotte) bzw. dessen Betreiber zu assistieren, ihm bei der Verwaltung und Betreuung einer Fahrzeugflotte zu helfen. Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Widerspruchsmarke, die im einschlägigen Waren- und Dienstleistungsbereich ohne weiteres verstanden wird und "Flottenassistent" bedeutet. Der danach nur äußerst geringe Schutzumfang der Widerspruchsmarke wird vorliegend entsprechend den Ausführungen der Markenstelle, denen insoweit in jeder Hinsicht zuzustimmen ist, von der angegriffenen Marke nicht tangiert.
III.
Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, nach dem jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.
BPatG:
Beschluss v. 13.12.2006
Az: 26 W (pat) 149/05
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/6ed7fce1c548/BPatG_Beschluss_vom_13-Dezember-2006_Az_26-W-pat-149-05