Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juli 2006
Aktenzeichen: 9 W (pat) 403/03
(BPatG: Beschluss v. 26.07.2006, Az.: 9 W (pat) 403/03)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 26. Juli 2006 (Aktenzeichen 9 W (pat) 403/03) entschieden, dass ein Patent aufrechterhalten wird. Das Patent bezieht sich auf eine Klimaanlage für ein Fahrzeug mit einem Kältespeicher. Eine Firma hatte Einspruch gegen das Patent eingelegt. Die Patentinhaberin verteidigte das Patent mit Haupt- und Hilfsantrag und argumentierte, dass das Patent zulässig und patentfähig sei. Der Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag beschreibt eine Klimaanlage mit verschiedenen Merkmalen, wie einem Kältespeicher, einem optionalen Wärmetauscher und einer Verdampfer-Wärmetauscher-Einheit. Das Gericht entschied, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und daher nicht patentfähig ist. Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag hingegen ist neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das Gericht entschied, dass das Patent mit den beschränkten Unterlagen aufrechterhalten wird. Die Inhaltsangabe fasst die wichtigsten Punkte der Gerichtsentscheidung zusammen und macht sie für den Mandanten leicht verständlich.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 26.07.2006, Az: 9 W (pat) 403/03
Tenor
Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
- Patentansprüche 1 bis 4, als Hilfsantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung Spalte 1 bis Spalte 2 Zeile 20 gemäß Patentschrift,
- Beschreibung Seiten 3 bis 4, als Hilfsantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung Spalte 3 Zeile 47 bis Spalte 4 Zeile 68 gemäß Patentschrift,
- Beschreibung Seite 7, als Hilfsantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung Spalte 5 ab Zeile 37 bis Spalte 6 Zeile 38 gemäß Patentschrift,
- Beschreibung Seite 14, als Hilfsantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Zeichnung Figur 1 gemäß Patentschrift.
Gründe
I.
Gegen das am 23. Dezember 1998 angemeldete und am 26. Juni 2003 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung
"Klimaanlage für ein Fahrzeug mit einem Kältespeicher"
ist von A... AG Einspruch erhoben worden.
Die Patentinhaberin verteidigt das Patent in der mündlichen Verhandlung in beschränktem Umfang mit Haupt- und Hilfsantrag. Sie ist der Meinung, das jeweilige Patentbegehren nach Haupt- und Hilfsantrag sei zulässig und auch patentfähig.
Der Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag lautet:
"Klimaanlage für ein Fahrzeug mit einem Kältespeicher (2), der mit in einem Verdampfer (15) eines Primärkreislauf (10) erzeugter Kälte geladen werden kann, und mit einem optionalen Wärmetauscher (21), der in dem Kältespeicher (2) gespeicherte Kälte über einen Sekundärkreislauf (20) an den Fahrzeuginnenraum abgeben kann, wobei der Sekundärkreislauf (20) zumindest einen weiteren Wärmetauscher (25) enthält, der mit dem Verdampfer (15) des Primärkreises in wärmetauschender Beziehung steht und eine Verdampfer-Wärmetauscher-Einheit (15,25) bildet, dadurch gekennzeichnet, dass die Einheit (15, 25) einen Wärmetauscher bildet, der mit Luft beaufschlagbar oder in solch einer Weise in dem Kältespeicher (2) enthalten ist, dass der Verdampfer des Primärkreises (10) im Wesentlichen unter Zwischenschaltung des weiteren Wärmetauschers (25) des Sekundärkreises (20) mit dem Kältespeicher (2) in wärmetauschender Beziehung steht, indem der Verdampfer (15) des Primärkreises (10) im Wesentlichen in dem weiteren Wärmetauscher (25) des Sekundärkreises enthalten ist."
Diesem Patentanspruch schließen sich in den Ausgestaltungsvarianten mit Luftbeaufschlagung der Wärmetauschereinheit die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 und in den Ausgestaltungsvarianten mit Anordnung des Verdampfers im Wärmetauscher die rückbezogenen Patentansprüche 2 und 4 an.
Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag bezeichnet mit gleichlautendem Oberbegriff wie der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag nur die die Luftbeaufschlagung der Wärmetauschereinheit betreffenden Ausgestaltungsvarianten und ist dadurch gekennzeichnet, dass die Einheit (15,25) einen Wärmetauscher bildet, der mit Luft beaufschlagbar ist.
Diesem Patentanspruch 1 schließen sich die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 an.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1 bis 4, als Hauptantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung Spalte 1 bis Spalte 2 Zeile 20 gemäß Patentschrift,
- Beschreibung Seiten 3 bis 4, als Hauptantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung Spalte 3 Zeile 47 bis Spalte 4 Zeile 68 gemäß Patentschrift,
- Beschreibung Seite 7, als Hauptantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung Spalte 5 ab Zeile 37 bis Spalte 7 Zeile 40 gemäß Patentschrift,
- Beschreibung Seite 11, als Hauptantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung Spalte 8 Zeile 20 ab "dargestellt" bis Spalte 9 Zeile 58, wobei in Spalte 9 in den Zeilen 49 bis 52 der vollständige Satz gestrichen ist, gemäß Patentschrift,
- Zeichnungen Figuren 1 bis 6 gemäß Patentschrift, hilfsweise (sinngemäß),
- das Patent mit den im Beschlusstenor angegebenen Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten.
Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.
Sie vertritt die Auffassung, der jeweilige Gegenstand nach Haupt- und Hilfsantrag sei nicht neu bzw. beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zum Stand der Technik verweist sie auf die US 5 277 038 A, auf die DE 195 24 660 C1 sowie auf die Fachveröffentlichung von H. Kruse, H. Holdack-Janssen "Verfahren zur Kältespeicherung in Kfz-Klimaanlagen" in Ki Klima-Kälte-Heizung 6/1988, S. 285 bis 290. Schriftsätzlich hat sie noch auf die DE 196 29 114 A1 sowie nach Ablauf der Einspruchsfrist auf die nachveröffentlichte Druckschrift DE 198 38 880 A1 verwiesen.
Im Prüfungsverfahren war als weitere Entgegenhaltung noch folgende Fachliteratur in Betracht gezogen worden:
W. Pohlmann "Taschenbuch der Kältetechnik", 16. Auflage 1978, S. 229 ff.
II.
Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch §147 Abs. 3 Satz 1 PatG begründet.
Der Einspruch ist zulässig. Er hat teilweise Erfolg durch eine das Patent beschränkende Änderung der Patentansprüche.
1. Das Patent betrifft eine Klimaanlage für ein Fahrzeug mit einem Kältespeicher. In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift ist sinngemäß ausgeführt, dass die bekannten Klimaanlagen nach dem Stand der Technik mit Nachteilen behaftet seien, wie träges Ansprechverhalten, komplexer Aufbau sowie ein beträchtlicher benötigter Einbauraum.
Das dem Patent zugrundeliegende und mit der Aufgabe formulierte technische Problem sieht die Patentinhaberin daher sinngemäß darin, eine Klimaanlage der genannten Art so weiterzubilden, dass bei konstruktiv einfacher Ausgestaltung ein hoher Wirkungsgrad und ein schnelles Ansprechen erzielt wird. Außerdem soll auch im Fahrbetrieb dem Kältespeicher Kühlleistung entnommen werden können. Schließlich soll die Klimaanlage zum Einbau geringe Raumanforderungen stellen, so dass auch ein Einbau in einen PKW möglich ist.
Dieses Problem soll durch die Klimaanlage mit den im jeweiligen Patentanspruch 1 nach dem Haupt- und Hilfsantrag angegebenen Merkmalen gelöst werden.
2. Als Durchschnittsfachmann nimmt der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau an, der bei einem Kfz-Hersteller/-Zulieferer mit der Konstruktion von Kfz-Klimaanlagen befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt.
3. Die Prüfung durch den Senat hat ergeben, dass der erst nach Ablauf der Einspruchsfrist genannten Druckschrift DE 198 38 880 A1, die prioritätsälter, jedoch nachveröffentlicht und damit nur in Bezug auf Neuheit zu berücksichtigen ist, eine über die des übrigen Standes der Technik hinausgehende Bedeutung in Bezug auf den Gegenstand des Streitpatents nicht zukommt. Dieses Dokument ist somit nicht relevant. Das verspätete Vorbringen wird deshalb als unzulässig zurückgewiesen (vgl. Schulte PatG 7. Auflage Einleitung Rdn. 173 und § 59 Rdn. 210; BGH in "Gleichstromfernspeisung", PMZ 1977, 277).
4. Hauptantrag 4.1 Einer Entscheidung über die Zulässigkeit des Patentanspruchs 1 nach dem Hauptantrag 1 bedarf es nicht, da sein Gegenstand wie nachstehend ausgeführt nicht patentfähig ist.
4.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Zur Erleichterung von Bezugnahmen sind die Merkmale der mit Patentanspruch 1 beanspruchten Klimaanlage nachstehend folgendermaßen aufgegliedert:
1. Klimaanlage für ein Fahrzeug, 1.1 die Klimaanlage weist einen Kältespeicher (2) auf, 1.1.1 der Kältespeicher (2) kann mit in einem Verdampfer (15) eines Primärkreislaufs (10) erzeugter Kälte geladen werden, 1.2 die Klimaanlage weist einen optionalen Wärmetauscher (21) auf, 1.2.1 der optionale Wärmetauscher kann in dem Kältespeicher (2) gespeicherte Kälte über einen Sekundärkreislauf (20) an den Fahrzeuginnenraum abgeben, 1.3 der Sekundärkreislauf (20) enthält zumindest einen weiteren Wärmetauscher (25), 1.3.1 der weitere Wärmetauscher (25) steht mit dem Verdampfer (15) des Primärkreises in wärmetauschender Beziehung, 1.3.2 der weitere Wärmetauscher (25) bildet mit dem Verdampfer (15) des Primärkreises eine Verdampfer-Wärmetauscher-Einheit (15,25),
- Oberbegriff -
1.4 die Verdampfer-Wärmetauscher-Einheit (15,25) bildet einen Wärmetauscher, 1.4.1 der Wärmetauscher ist mit Luft beaufschlagbar, oder 1.5 der Wärmetauscher ist in dem Kältespeicher (2) enthalten, in solch einer Weise, 1.5.1 dass der Verdampfer des Primärkreises (10) im Wesentlichen unter Zwischenschaltung des weiteren Wärmetauschers (25) des Sekundärkreises (20) mit dem Kältespeicher (2) in wärmetauschender Beziehung steht, 1.5.2 indem der Verdampfer (15) des Primärkreises (10) im Wesentlichen in dem weiteren Wärmetauscher (25) des Sekundärkreises enthalten ist.
- Kennzeichen -
Dieser Patentanspruch kennzeichnet vier voneinander verschiedene Bauvarianten. Die Klimaanlage kann einen optionalen Wärmetauscher 21 aufweisen (Merkmale 1.2, 1.2.1), d. h. dieser Wärmetauscher ist entweder vorhanden oder nicht vorhanden. Die Merkmale 1.2/1.2.1 eröffnen somit zwei Varianten.
Des Weiteren sind das Merkmal 1.4.1 und die Merkmalsgruppe 1.5 durch eine oder -Kombination verknüpft. Dies führt auf die Varianten "Merkmal 1.4.1" oder stattdessen "Merkmalsgruppe 1.5". Diese beiden Varianten jeweils subsumiert unter die beiden Varianten aus den Merkmalen 1.2/1.2.1 des Oberbegriffs ergibt 2 x 2 = 4 Varianten.
Den möglichen Kombinationen der besagten Merkmale sind im Weiteren die Bezeichnungen "Variante 1" bis "Variante 4" zugeordnet, wobei zur jeweiligen Variante stets auch die übrigen Merkmale aus der obenstehenden Merkmalsgliederung gehören. Die Zuordnung ist in nachstehender Tabelle angegeben:
Variante/
Merkmal Variante 1 Variante 2 Variante 3 Variante 4 Merkmal 1.2/1.2.1 xx -
-
Merkmal 1.4.1 x -
x -
Merkmals- gruppe 1.5
-
x -
x Jede Variante für sich muss die Voraussetzungen für die Patentfähigkeit erfüllen, damit der Patentanspruch 1 patentfähig ist. Das ist bei der Variante 2 allerdings nicht der Fall.
Grafik Die DE 195 24 660 C1 zeigt eine Klimatisierungsanordnung für Nutzfahrzeuge. Die vorbekannte Klimaanlage weist einen Kältespeicher 24 im Sinne der o. g. Merkmale 1.1 und 1.1.1 auf, der mit in einem Verdampfer 36 eines Primärkreislaufs 16 erzeugter Kälte geladen werden kann (DE 195 24 660 C1, Spalte 9, Zeilen 54-59 und 62-67; vgl. auch nachstehend verkleinert wiedergegebene Figuren 3,4). Es ist eine Wärmetauschereinrichtung 8 vorgesehen, die in dem Kältespeicher gespeicherte Kälte über einen Sekundärkreislauf 2 an den Fahrzeuginnenraum abgeben kann (DE 195 24 660 C1, Spalte 9, Zeilen 46-51). Diese Wärmetauschereinrichtung 8 entspricht dem streitpatentgemäßen optionalen Wärmetauscher 21 nach den Merkmalen 1.2 und 1.2.1. Des Weiteren enthält der Sekundärkreislauf 2 einen weiteren Wärmetauscher im Sinne der Merkmale 1.3 und 1.3.1, der mit dem Verdampfer des Primärkreislaufs 16 in wärmetauschender Beziehung steht. Dies ergibt sich aus der Figur 3 (s. o.) und dem Anspruch 5, wonach die Kälteübernahme in den Sekundärkreislauf 2 in der Wärmetauscheinrichtung 14 stattfindet, für den Sekundärkreislauf dort also eine wärmetauschende Einrichtung zwingend vorhanden sein muss (DE 195 24 660 C1, Spalte 9, Zeilen 54-59). Dieser weitere Wärmetauscher bildet mit dem Verdampfer 36 des Primärkreises 16 eine Verdampfer- Wärmetauscher-Einheit gemäß Merkmal 1.3.2 (in obenstehender Figur 3 mit dem Bezugszeichen 14,36 versehen). Es ergibt sich weiter aus Figur 4 der DE 195 24 660 C1 (nebenstehend), dass diese Einheit einen Wärmetauscher bildet (Merkmal 1.4), denn sie steht als Ganzes in wechselseitigem Wärmetausch mit einem Kühlmittel 26 im Kältespeicher 24 (Spalte 9, Zeilen 62-67). Der Wärmetauscher ist dabei im Kältespeicher enthalten (Merkmal 1.5).
Grafik Nicht unmittelbar entnehmbar ist aus der DE 195 24 660 C1, dass die wärmetauschende Beziehung zwischen Verdampfer 36 und Kältespeicher 24 im Wesentlichen unter Zwischenschaltung des weiteren Wärmetauschers (Merkmal 1.5.1) geschieht und der Verdampfer in dem weiteren Wärmetauscher enthalten ist (Merkmal 1.5.2). Zur Wärmeübertragung in dem Kältespeicher ist aber ausgeführt, dass eine direkte metallische Wärmeübertragung durch eine metallische Wärmeleitverbindung 28 zwischen dem Kältekreislauf 16 und dem Wärmeträgerkreislauf 2 erfolgt (Spalte 6, Zeilen 65-68; Anspruch 9). Der Fachmann gewinnt hieraus die Vorstellung, dass es auf einen hohen Wärmestrom unmittelbar zwischen Verdampfer und Wärmetauscher maßgeblich ankommt. Denn eine Leitverbindung der angegebenen Art ermöglicht wegen der hohen Wärmeleitfähigkeit von Metallen einen hohen Wärmestrom. Überdies sieht der Fachmann die Notwendigkeit einer den hohen Wärmestrom ermöglichenden Verbindung auch aus praktischen Erwägungen. Ist nämlich der Innenraum des Fahrzeugs stark erwärmt und der Kältespeicher entleert, so ist bei Inbetriebnahme des Fahrzeugs zum schnellen Erhalt einer angenehmen Innentemperatur folgerichtigerweise vorrangig der Innenraum und erst nachrangig der Kältespeicher zu kühlen. Die vom Verdampfer erzeugte Kälte ist also mit überwiegendem Anteil auf das Kühlmittel im Sekundärkreis zu übertragen. Die Übertragung kann dabei nur über den Wärmetauscher des Sekundärkreises geschehen. Als konstruktive Realisierung schlägt die DE 195 24 660 C1 metallische Leitverbindungen 28 zwischen Verdampfer und Wärmetauscher vor, vgl. insbesondere Anspruch 9. Dem Fachmann ist indes schon aufgrund seines Fachwissens das im Fachgebiet der Wärmetauscher übliche Konstruktionsprinzip der "Ineinanderschachtelung" wärmetauschender Bauelemente zum Zwecke des Erhalts einer "Rangfolge" der Bauelemente im Hinblick auf den Wärmetransport bekannt. Er hat somit ohne Weiteres auch die Möglichkeit, dieses ihm geläufige Konstruktionsprinzip zur Verwirklichung dieser "Rangfolge" der am Wärmetausch beteiligten Bauteile anzuwenden und kommt somit ohne erfinderische Tätigkeit zur Ausgestaltung im Sinne der Merkmale 1.5.1 und 1.5.2.
Damit ist dem Fachmann eine Klimaanlage mit den Merkmalen der Variante 2 nach Patentanspruch 1 durch die DE 195 24 660 C1 nahegelegt. Patentanspruch 1 ist daher, wie oben ausgeführt, nicht gewährbar.
Mit ihm fallen die auf ihn rückbezogenen Patentansprüche.
5. Hilfsantrag 5.1 Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag enthält die in der unter 4.2 gezeigten Tabelle angegebenen Varianten 1 und 3. Diese umfassen insgesamt die Merkmale 1-1.4 und 1.4.1 (Variante 1) und die Merkmale 1-1.1.1 und 1.3-1.3.2, 1.4 sowie 1.4.1 (Variante 3).
5.2 Die Patentansprüche 1 bis 4 sind zulässig.
Das Patentbegehren ist der Patentschrift zu entnehmen und in den ursprünglichen Unterlagen offenbart.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag ergibt sich aus dem erteilten Patentanspruch 1. In den ursprünglichen Unterlagen findet sich die entsprechende Merkmalskombination in einer Verknüpfung des ursprünglichen Patentanspruchs 1 mit Angaben aus der Beschreibung (Seite 8, Zeilen 21-24).
Die geltenden Patentansprüche 2 bis 4 stimmen mit den erteilten Patentansprüchen 2 bis 4 und inhaltlich mit den ursprünglichen Patentansprüchen 2 und 4, 5 überein.
5.3 Die Klimaanlage nach dem Patentanspruch 1 ist neu.
Die Einsprechende ist der Auffassung, die US 5 277 038 A stehe der Klimaanlage nach diesem Patentanspruch 1 - zumindest ohne die Merkmale 1.2 und 1.2.1 (optionaler Wärmetauscher) - neuheitsschädlich entgegen. Sie meint insbesondere, der Verdampfer 152 des Primärkreises und der Wärmetauscher 20 des Sekundärkreises (vgl. nachstehend verkleinert wiedergegebene Figur 3) stünden in wärmetauschender Beziehung im Sinne des o. a. Merkmals 1.3.1. Diese wärmetauschende Beziehung ergebe sich aus den in der Figur 3 dargestellten Luftströmen sowie aus der Beschreibung (Spalte 6, Zeilen 45-55). Die aus dem Verdampfer 152 austretende kalte Luft, die durch den Wärmetauscher 20 strömt und dabei das im Sekundärkreislauf zirkulierende Fluid 40 kühlt, über eine vom Verdampfer 152 ausgehende Kühlwirkung auf den Wärmetauscher 20 im Sinne von "wärmetauschender Beziehung" nach Patentanspruch 1 aus.
Dieser Auffassung folgt der Senat insoweit, als der Sekundärkreislauf über die vom Primärkreislauf gekühlte Luft (Verdampfer 152) gekühlt werden kann und somit in der Tat eine Beeinflussung des Wärmetauschers 20 durch den Verdampfer 152 vorliegt. Die Einsprechende übersieht aber, dass nach dem Wortlaut des Patentanspruchs als Partner der wärmetauschenden Beziehung der Verdampfer des Primärkreises und der Wärmetauscher des Sekundärkreises genannt sind (Wärmetauscher mit dem Verdampfer). Hierunter ist nach Überzeugung des Senats nur ein unmittelbarer Austausch ausschließlich zwischen diesen beiden Komponenten zu verstehen. Damit liegt nicht allgemein einen Wärmetransport jedweder Art vor, sondern konkret die unmittelbare Wärmeübertragung von dem einen auf den anderen Wärmetauscher ohne Zwischenschaltung eines weiteren Mediums. Auf diese Weise ist immer ein Wärmefluss vorhanden, der vom hohen zum niedrigen Niveau (von höherer zu niedrigerer Temperatur) gerichtet ist, und es ist immer die Möglichkeit einer gegenseitigen Wechselwirkung gegeben. Für die streitpatentgemäße Klimaanlage ist dieses Prinzip aus der Streitpatentschrift auch für die konkrete Ausführung entnehmbar, z. B. dass bei abgeschaltetem Verbrennungsmotor - wenn der Primärkreis keine Kälte erzeugt und der Lüfter 31 steht - der weitere Wärmetauscher 25 den Verdampfer 15 kühlen kann (Spalte 6, Zeilen 11-20). Betrachtet man die in Figur 3 der US 5 277 038 A dargestellte Anordnung, so wird dagegen klar, dass die "wärmetauschende Beziehung" nicht unmittelbar zwischen dem Verdampfer des Primärkreises und dem Wärmetauscher des Sekundärkreises besteht, sondern stattdessen zwischen dem Verdampfer und dem Luftstrom einerseits und dem Luftstrom und dem Wärmetauscher andererseits. Dadurch fließt z. B. die Wärme des gegenüber dem Verdampfer 152 wärmeren Wärmetauschers 20 nicht etwa zum Verdampfer, wie sie es bei einer "wärmetauschenden Beziehung" im Sinne des Streitpatents tun müsste, sondern in die entgegengesetzte Richtung mit dem Luftstrom vom Verdampfer weg. Dies geschieht durch die bewegte Luft, die Wärme in Richtung der Strömung transportiert (erzwungene Konvektion). Somit beruht der Wärmetausch auf einem anderen Transport-Prinzip als beim Streitpatent.
Grafik Die Einsprechende führt hierzu an, ein wechselseitiger Wärmetausch sei auch bei der vorbekannten Klimaanlage nach der US 5 277 038 A möglich, nämlich infolge Wärmestrahlung. Der Senat stimmt der Einsprechenden hier zwar in der Sache zu, jedoch handelt es sich dabei nicht um einen Wärmetausch im oben dargelegten streitpatentgemäßen Sinn. Denn die Wärmetauscher der hier in Rede stehenden Art sind üblicherweise auf eine Wärmeübertragung durch Wärmeleitung bzw. Konvektion ausgelegt, so dass der über Strahlung übertragene Wärmeanteil keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt. Der Senat ist deshalb der Überzeugung, dass "in wärmetauschender Beziehung" im Zusammenhang mit Wärmetauschern von Klimaanlagen der in Rede stehenden Art nicht diese Art der Wärmeübertragung meint, sondern nur die oben dargelegte Bedeutung haben kann.
Eine wärmetauschende Beziehung zwischen Verdampfer des Primärkreises und Wärmetauscher des Sekundärkreises im Sinne des Merkmals 1.3.1 ist bei der Klimaanlage nach der US 5 277 038 A somit nicht vorhanden. Da dieses Merkmal der streitpatentgemäßen Klimaanlage sowohl in der Variante mit als auch in der Variante ohne optionalen Wärmetauscher (Merkmale 1.2 und 1.2.1) zu eigen ist, unterscheiden sich beide im Patentanspruch 1 enthaltenen Varianten schon hierdurch von der Klimaanlage nach der US 5 277 038 A. Dieser gegenüber ist die Klimaanlage nach dem Patentanspruch 1 somit neu.
Auch aus keiner der übrigen entgegengehaltenen Druckschriften geht eine Klimaanlage mit allen im Patentanspruch 1 genannten Merkmalen hervor. Insbesondere zeigt keine der Entgegenhaltungen eine aus Verdampfer des Primärkreises und Wärmetauscher des Sekundärkreises gebildete Verdampfer-Wärmetauscher-Einheit, die ihrerseits (als Einheit) einen Wärmetauscher bildet und mit Luft beaufschlagbar ist.
Mangelnde Neuheit gegenüber diesen Entgegenhaltungen hat die Einsprechende auch nicht geltend gemacht.
5.4 Die Klimaanlage nach dem Patentanspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Wie oben zur Neuheit (5.3) ausgeführt, ist eine wärmetauschende Beziehung zwischen Verdampfer des Primärkreises und Wärmetauscher des Sekundärkreises im Sinne des Streitpatents der aus der US 5 277 038 A bekannten Klimaanlage nicht zu eigen. Vielmehr findet hier der Wärmeaustausch zwischen den beiden besagten Aggregaten durch den erzwungenen Luftstrom statt. Der Fachmann hat keine Veranlassung, die aus dieser Druckschrift bekannte Klimaanlage zu der streitpatentgemäßen Ausgestaltung zu modifizieren. Denn ein Zusammenlegen von Verdampfer 152 und Wärmetauscher 20 der vorbekannten Klimaanlage erscheint schon deshalb abwegig, weil der Wärmetauscher 20 auch als Heizelement zum Aufheizen des Fahrzeuginnern verwendet werden kann (Spalte 7, Zeilen 1-21; Figur 5).
Die unmittelbar wärmetauschende Beziehung zeigt zwar die DE 195 24 660 C1, wie den obenstehenden Ausführungen zum Hauptantrag (4.2) entnehmbar ist. Hier sind nämlich der Wärmetauscher des Sekundärkreises und der Verdampfer des Primärkreises zu einer Einheit zusammengefasst (vgl. obenstehende Figuren 3, 4 der DE 195 24 660 C1; Wärmeleitverbindung 28). Die aus dieser Druckschrift bekannte Klimaanlage weist bis auf das Merkmal 1.4.1 alle Merkmale der Klimaanlage nach Patentanspruch 1 auf (vgl. obenstehende Ausführungen zum Hauptantrag). Dieses Merkmal 1.4.1 betrifft die Beaufschlagbarkeit der Verdampfer-Wärmetauscher-Einheit (15,25) mit Luft. Zu einer solchen Luftbeaufschlagung kann die DE 195 24 660 C1 indes keine Anregung geben, weil die gesonderte Wärmetauschereinrichtung 8 als fester und unverzichtbarer Bestandteil der Klimaanlage dargestellt und die Luftbeaufschlagung nur an dieser Stelle vorgesehen ist. Der Fachmann hat deshalb keine Veranlassung, zusätzlich eine weitere Luftbeaufschlagung an der Verdampfer-Wärmetauscher-Einheit vorzusehen. Dies erscheint auch deshalb abwegig, weil die Verdampfer-Wärmetauscher-Einheit im Heck des Fahrzeugs angeordnet ist und somit für einen Umluftbetrieb eine äußerst umständliche Luftführung erforderlich wäre. Der Fachmann kommt deshalb ausgehend von dieser Druckschrift nicht auf den Gedanken, zusätzlich oder alternativ zu der Luftkühlung an der Wärmetauschereinrichtung 8 Luft zur Kühlung des Innenraums an der Verdampfer-Wärmetauscher-Einheit vorbeizuführen. Diese Druckschrift vermag dem Fachmann die Ausgestaltung nach dem Patentanspruch 1 somit ebenfalls nicht nahezulegen.
Zu einer Zusammenschau der US 5 277 038 A und der DE 195 24 660 C1 besteht kein Anlass. Denn beide vorbekannte Klimaanlagen stellen in sich fertige Konstruktionen sowohl für die Beheizung als auch für die Kühlung dar, die als solche zum Erhalt einer vollen Funktionsfähigkeit keiner Änderung bedürfen. Der Fachmann wird deshalb entweder bei der einen oder statt dessen bei der anderen Konstruktion bleiben. Von einer Verknüpfung zu einer Ausgestaltung im Sinne des Patentanspruchs 1 wird er sogar abgehalten, weil beide vorbekannten Klimaanlagen sowohl für Kühl- als auch für Heizbetrieb vorgesehen sind und deshalb ein unmittelbarer Wärmetausch zwischen Verdampfer des Primärkreises und Wärmetauscher des Sekundärkreises abwegig erscheint. Eine solche Verknüpfung kann nach Überzeugung des Senats nur in Kenntnis der Erfindung zustandekommen.
Die übrigen Entgegenhaltungen liegen weiter ab und können deshalb ebenfalls nicht zu der Ausgestaltung nach dem Patentanspruch 1 führen. Diese Druckschriften hat die Einsprechende zu diesem Patentanspruch auch nicht in Betracht gezogen.
Die demnach aus dem Stand der Technik nicht herleitbare Lehre zur Schaffung einer Verdampfer-Wärmetauscher-Einheit aus Verdampfer des Primärkreises und Wärmetauscher des Sekundärkreises, die in oben dargelegter Weise in wärmetauschender Beziehung stehen und außerdem als Ganzes einen luftkühlenden Wärmetauscher bilden, ist sowohl in der Variante 1 als auch in der Variante 3 enthalten. Es ergibt sich somit, dass eine wie auch immer geartete Zusammenschau des in Betracht gezogenen Standes der Technik nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 (beide Varianten) führt. Der Senat hat auch kein Indiz dafür sehen können, dass die Klimaanlage nach dem Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag für den Durchschnittsfachmann auf der Hand gelegen hätte.
Mit der Klimaanlage nach dem Patentanspruch 1 sind auch die Gegenstände der rückbezogenen Unteransprüche patentfähig, die vorteilhafte Weiterbildungen der Klimaanlage nach dem Patentanspruch 1 betreffen und zumindest keine Selbstverständlichkeiten darstellen.
BPatG:
Beschluss v. 26.07.2006
Az: 9 W (pat) 403/03
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