Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 3. November 2010
Aktenzeichen: I-3 Wx 231/10

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 03.11.2010, Az.: I-3 Wx 231/10)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem Beschluss entschieden, dass der bei der Eintragung in das Handelsregister anzugebende Gegenstand des Unternehmens über allgemeine Angaben hinaus individualisiert werden muss. Die Vielfalt beabsichtigter Geschäfte schließt eine Individualisierung des Unternehmensgegenstandes nicht aus, solange der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für die beteiligten Wirtschaftskreise hinreichend erkennbar ist. Das Amtsgericht hatte die Eintragung des Unternehmensgegenstandes "Handel und Vertrieb von Verbrauchs- und Konsumgütern, soweit der Handel nicht einer besonderen Erlaubnis bedarf" abgelehnt und die Beschwerde der Gesellschaft zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und betonte, dass allgemeine Angaben wie "Handel mit Waren aller Art" nicht ausreichen, um den Unternehmensgegenstand konkret zu benennen. Die Individualisierung kann jedoch ohne Schwierigkeiten erfolgen, indem beispielsweise der Handel mit Waren verschiedener Art genannt wird. Die Kostenentscheidung wurde nicht getroffen. Der Geschäftswert wurde auf 3.000 Euro festgesetzt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Düsseldorf: Beschluss v. 03.11.2010, Az: I-3 Wx 231/10


GmbHG §§ 3 Abs. 1 Nr. 2; 10 Abs. 1 Satz 1

1.

Der bei der Eintragung in das Handelsregister anzugebende Gegenstand des Unternehmens ist regelmäßig über allgemeine Angaben (hier: „Handel und Vertrieb von Verbrauchs- und Konsumgütern, soweit der Handel nicht einer besonderen Erlaubnis bedarf“) hinaus zu individualisieren.

2.

Die Vielfalt beabsichtigter Geschäfte schließt eine Individualisierung des Unternehmensgegenstandes nicht aus, wenn der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für die beteiligten Wirtschaftskreise ohne besondere Schwierigkeiten (z. B. als „Handel mit Waren verschiedener Art, insbesondere (…)“) hinreichend erkennbar gemacht werden kann.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06. Oktober 2010 - I-3 Wx 231/10

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Geschäftswert: 3.000 Euro.

Gründe

I.

Der Gesellschaftsvertrag vom 25. Mai 2010 (UR.-Nr. 635/2010 des Notars Prof. Dr. W. B. in Wuppertal) lautet zu Ziffer 2:

"Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung von Dienstleistungen im

Mediaund Marketinggewerbe, Organisation von Events, Eingehen von

Vermittlungsgeschäften, die zum direkten oder indirekten Zweck der

Gesellschaft beitragen sowie der Handel mit Waren aller Art, soweit der Handel

nicht einer besonderen behördlichen Erlaubnis bedarf, die Inbetriebnahme

und Wartung von EWeb- und E-Commerce-Auftritten im Internet."

Die Gesellschaft hat unter dem 01. Juni 2010 (UR.-Nr. 659/2010 des Notars Prof. Dr. W. B. in Wuppertal) eine Anmeldung zum Register mit u. A. diesem Inhalt eingereicht.

Unter dem 14. Juli 2010 beanstandete der Registerrichter u. A., dass der Unternehmensgegenstand zum Teil zu weit gefasst sei ("Handel mit Waren aller Art").

Die Gesellschaft trat dem entgegen und machte u. A. geltend, eine weitere Einschränkung des Unternehmensgegenstandes sei nicht möglich. Die Gesellschaft werde Warenbestände aller Art bei unterschiedlichen Bezugsquellen (z.B. Kaufhäusern, die ebenfalls Waren aller Art verkaufen) beziehen und sie dann über eigenen Handel vertreiben. Dabei könne es sich sowohl um Restposten, an deren Vertrieb größere Handelshäuser kein Interesse mehr haben, handeln als auch um neu gefertigte Waren aller Art.

Unter dem 09. August 2010 wies der Registerrichter darauf hin, dass der Unternehmensgegenstand so individualisiert werden müsse, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit hinreichend erkennbar sei.

Darauf konkretisierte die Gesellschaft den anzumeldenden Unternehmensgegenstand entsprechend der UR.-Nr. 991/2010 W vom 09. August 2010 wie folgt:

"Gegenstand des Unternehmens ist

die Erbringung von Dienstleistungen im Mediaund Marketinggewerbe,

Organisation von Events, Eingehen von Vermittlungsgeschäften,

die zum direkten oder indirekten Zweck der Gesellschaft bei-

tragen,

die Erbringung von Consultingdienstleistungen auf dem Gebiet der Beratung und Unterstützung von Kunden bei der Entwicklung Gestaltung und Umsetzung von Strategien, der Handel und Vertrieb von Lizenzrechten sowie alle damit zusammenhängenden Geschäfte, die Inbetriebnahme und Wartung von Web- und E-Commerce-Auftritten im Internet, der Handel und Vertrieb von Verbrauchs- und Konsumgütern, soweit der Handel nicht einer besonderen Erlaubnis bedarf."

Unter dem 27. August 2010 beanstandete der Registerrichter, die unterbliebene Einreichung eines entsprechend geänderter Gesellschaftsvertrages sowie einen - auch nach der Ersetzung der Begriffe "Handel mit Waren aller Art" durch "Verbrauchs- und Konsumgüter …" nicht hinreichend konkretisierten Unternehmensgegenstand.

Die Gesellschaft reichte den geänderten Gesellschaftsvertrag nach, ohne den Unternehmensgegenstand im Sinne der Beanstandung zu ändern.

Mit Beschluss vom 01. September 2010 wies das Amtsgericht - Registergericht - den Eintragungsantrag unter Hinweis auf die zuvor geäußerten Bedenken zurück.

Hiergegen beschwert sich die Gesellschaft und macht im Wesentlichen geltend, der angefochtene Beschluss gebe die Gründe der Zurückweisung nicht an; der Unternehmensgegenstand sei jetzt "ausführlich und detailliert dargelegt".

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 17. September 2010 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Zur Begründung hat es u. A. ausgeführt, sowohl der ursprüngliche als auch der geänderte Unternehmensgegenstand sei unzulässig, da es an der erforderlichen Individualisierung der gehandelten Waren fehle. Soweit der Begriff "Waren aller Art" durch "Verbrauchs- und Konsumgüter" ersetzt werde, sei dies ebenso unbestimmt. Auch der Zusatz "soweit der Handel nicht einer besonderen behördlichen Erlaubnis bedarf", rechtfertige eine andere Beurteilung nicht. Dass eine Präzisierung der ausgeübten tatsächlichen Tätigkeit durchaus möglich sei, zeigten die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 15. Juli 2010, die allerdings in die (Neu-) Fassung des Unternehmensgegenstandes nicht eingeflossen seien. Die unzulängliche Spezifizierung des Unternehmensgegenstandes stelle ein Hindernis für die Ersteintragung der Gesellschaft (§ 9 c Abs. 2 Nr. 1 GmbHG) dar .

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 3, 382 Abs. 3 FamFG zulässige Beschwerde der Gesellschaft bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Zutreffend geht das Registergericht davon aus, dass eine ungenügende Individualisierung des Unternehmensgegenstandes ein Eintragungshindernis darstellt und, falls es nach Beanstandung nicht beseitigt wird, zur Zurückweisung der Anmeldung führt.

1.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG (vgl. auch § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG) muss der Gesellschaftsvertrag den Gegenstand des Unternehmens enthalten. Dieser ist bei der Eintragung in das Handelsregister anzugeben, § 10 Abs. 1 Satz 1 GmbHG.

Das Ziel der Regelung liegt darin, vor Allem nach außen den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für die beteiligten Wirtschaftskreise hinreichend erkennbar zu machen (BGH DB, 1981,466; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 19. Auflage 2010 § 3 Rdz. 7).

Die Angabe muss nach ihrer Zielsetzung für Dritte informativ, also entsprechend individualisiert sein (BGH a.a.O.). Sie muss den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft in groben Zügen erkennen lassen und ihre Zuordnung zu einem Geschäftszweig als Sachbereich des Wirtschaftslebens bzw. eine entsprechende Einordnung im nichtwirtschaftlichen Bereich ermöglichen (Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O. Rdz. 8).

Leerformeln wie "Betrieb eines Kaufmannsgeschäfts" (KGJ 34, 149), "Handel mit Waren aller Art" (BayObLG NJW-RR 2003, 686), "Produktion und Vertrieb von Waren aller Art" (BayObLG NJW-RR 1995, 31), reichen hierzu nicht aus (Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O.; Krafka/ Willer/Kühn Registerrecht 8. Auflage 2010 Rdz . 928).

Als ausreichende Bezeichnung (Krafka/ Willer/Kühn, a.a.O. Rdz. 929) bzw. gerade noch den Anforderungen genügender Grenzfall notwendiger Individualisierung (so Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O.) mag die vom Senat im Beschluss vom 13.01.1970 - 3 W 331/69 - tolerierte Beschreibung ("Verwaltung von Vermögen und Beteiligung an anderen Unternehmen") gelten (NJW 1970, 815).

Die zu verlangende Konkretisierung darf einerseits im Ergebnis nicht auf eine von den Gesellschaftern nicht gewollte Beschränkung der tatsächlich geplanten Unternehmungen hinauslaufen (Senat a.a.O.), anderseits können allgemeinere Angaben wie "Export und Import" allenfalls genügen, wenn tatsächlich eine sinnvollerweise nicht näher konkretisierbare Vielfalt von Geschäften getätigt wird bzw. beabsichtigt ist (vgl. Roth/Altmeppen, GmbGH 6. Auflage 2009 § 3 Rdz. 6 unter Hinweis auf Ulmer Rn 17.).

2.

a)

Dies vorausgeschickt hat das Amtsgericht zu Recht die Eintragung des Unternehmensgegenstandes "Handel und Vertrieb von Verbrauchs- und Konsumgütern, soweit der Handel nicht einer besonderen Erlaubnis bedarf" ebenso abgelehnt, wie es zuvor den zur Eintragung angemeldeten Unternehmensgegenstand "Handel mit Waren aller Art, soweit der Handel nicht einer besonderen behördlichen Erlaubnis bedarf", beanstandet hat.

b)

aa)

Hierbei handelt es sich nämlich um nur allgemein gehaltene, fast beliebige Aktivitäten im Handelsverkehr erfassende, Formulierungen. Eine Erkennbarkeit des Tätigkeitsbereichs für Dritte ist hiermit nicht verbunden, wobei sich auch durch die Herausnahme erlaubnispflichtiger Geschäfte (z. B. Börsenhandel, Lotterie, Waffen) eine hinreichende Individualisierung nicht ergibt.

Handel umschreibt den Ankauf von - nicht wesentlich veränderten oder verarbeiteten - Waren verschiedener Hersteller oder Lieferanten, die Beförderung, Bevorratung sowie ihren Verkauf an gewerbliche (Großhandel) oder private Abnehmer (Einzelhandel). Konsumgüter sind sämtliche Güter, die von Endverbrauchern (Konsumenten) konsumiert bzw. verwendet werden (vgl. Wirtschaftslexikon24.net), also Güter, die für den privaten Gebrauch oder Verbrauch hergestellt und gehandelt werden, sei es dass sie verbraucht werden (z.B. Lebensmittel, Benzin) oder allmählicher Entwertung durch Abnutzung unterliegen (z.B. Kfz., Sofa). Verbrauchsgüter gehen im Produktionsprozess unter, sie können nur einmal eingesetzt werden. Zu ihnen gehören Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (vgl. Wirtschaftslexikon24.net).

bb)

Diese allgemeinen Angaben sind zur notwendigen Individualisierung des Unternehmensgegenstandes allein allerdings nicht geeignet.

Sie können allenfalls genügen, wenn tatsächlich eine sinnvollerweise nicht näher konkretisierbare Vielfalt von Geschäften getätigt wird bzw. beabsichtigt ist.

Dies ist nicht schon der Darstellung der Gesellschaft, wonach sie Warenbestände aller Art bei unterschiedlichen Bezugsquellen (z.B. Kaufhäusern, die ebenfalls Waren aller Art verkaufen) beziehen und sie dann über eigenen Handel vertreiben werde, wobei es sich sowohl um Restposten, an deren Vertrieb größere Handelshäuser kein Interesse mehr haben, handeln könne als auch um neu gefertigte Waren aller Art, nicht zu entnehmen.

Gleichwohl ist auch in diesem Fall eine Individualisierung des Unternehmensgegenstandes keineswegs ausgeschlossen, sondern ohne besondere Schwierigkeiten, z. B. als "Handel mit Waren verschiedener Art, insbesondere (…)" ,darstellbar (Beispiel bei Krafka/ Willer/Kühn ( a.a.O. Rdz. 929), womit dem gesetzlichen Hauptziel (§ § 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG ; 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG), nach außen den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für die beteiligten Wirtschaftskreise hinreichend erkennbar zu machen (BGH DB, 1981,466; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 19. Auflage 2010 § 3 Rdz. 7), zur Geltung verholfen werden kann und muss.

Hiernach hat der Registerrichter die Eintragung zu Recht abgelehnt und war die hiergegen gerichtet Beschwerde der Gesellschaft zurückzuweisen.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.






OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 03.11.2010
Az: I-3 Wx 231/10


Link zum Urteil:
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