Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. April 2007
Aktenzeichen: 27 W (pat) 54/07

(BPatG: Beschluss v. 24.04.2007, Az.: 27 W (pat) 54/07)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 24. April 2007 (Aktenzeichen 27 W(pat) 54/07) den Beschluss der Markenstelle vom 22. November 2006 aufgehoben. Die Markenstelle hatte die Anmeldung der Wortmarke "Prophysis" für verschiedene Warenklassen mangels Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Anmelder hatten dagegen Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass "Prophysis" kein gebräuchliches Wort sei und die Verbraucher es nicht in eindeutiger Weise verstehen könnten. Das Bundespatentgericht entschied, dass die angemeldete Marke Unterscheidungskraft für die beanspruchten Waren besitzt und keine Schutzhindernisse vorliegen. Es stellte fest, dass "Prophysis" nicht allgemein als Sachhinweis verstanden wird und keine gängige Wortfolge ist. Zudem erfüllt die Marke nicht die Voraussetzungen des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Das Bundespatentgericht hob den Beschluss der Markenstelle daher auf und ordnete die Eintragung der Marke an. Es war keine Erstattung der Beschwerdegebühr notwendig.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 24.04.2007, Az: 27 W (pat) 54/07


Tenor

Der Beschluss der Markenstelle vom 22. November 2006 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke Prophysisfür folgende Waren Klasse 10: Chirurgische und ärztliche Instrumente und Apparate, orthopädische Artikel, medizinische Geräte für Körperübungen, Massagegeräte, Geräte für die Physiotherapie, Spezialmöbel für medizinische Zwecke, Klasse 20: Massagebank, Möbel, insbesondere für Massagetische Klasse 28: Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten, Bodybuilding-Geräte, Heimtrainer, Gymnastik- und Turngeräte, Geräte für Körperübungenhat die Markenstelle mit Beschluss vom 22. November 2006 mangels Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist den Anmeldern am 13. Dezember 2006 zugestellt worden.

Die Anmelder haben am 10. Januar 2007 dagegen Beschwerde eingelegt und dazu vorgetragen, "Prophysis" sei kein gebräuchliches Wort. Die Verbraucher analysierten seinen Gehalt nicht wie die Markenstelle. Zudem sei dieser nicht eindeutig festlegbar.

Die Anmelder beantragen sinngemäß, den Beschluss vom 22. November 2006 aufzuheben und die Marke einzutragen.

II.

1) Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die beanspruchten Waren keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.

a) Die angemeldete Bezeichnung entbehrt für die beanspruchten Waren nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 - HENKEL; BGH GRUR 2003, 1050 - CITYSERVICE).

Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf die Waren, für die sie angemeldet worden ist, und im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher zu beurteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verbraucher ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufnehmen, wie es ihnen entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 431 Rn. 53 - HENKEL; BGH GRUR 2001, 1151 - MARKTFRISCH).

Die extrem enge Formulierung in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, die Marken von der Eintragung ausschließt, wenn ihnen "jegliche Unterscheidungskraft" fehlt, zeigt, dass schon eine geringe Unterscheidungskraft in qualitativer und quantitativer Hinsicht für Markenschutz ausreicht. In quantitativer Hinsicht reicht es aus, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil der inländischen Verbraucher das Zeichen als Marke versteht. Dies ist hier der Fall, denn "Prophysis" wird nicht generell als Sachhinweis im Sinn von "Für den Körper" angesehen werden, weil es eine komplexe Wortbildung ist. Das aus dem Lateinischen stammende "pro" (für) ist zwar fester Bestandteil der deutschen Sprache und wird sowohl selbständig als auch in Wortverbindungen gebraucht, doch lässt sich nicht generell das "pro" durch "für" ersetzen; insbesondere ist es nicht üblich, "pro" im Sinn von "für" auf ein (nichtlateinisches) Substantiv zu beziehen (vgl. HABM R0248/99-2 - ProBank; BPatG, Beschlüsse vom 9. April 2003, Az.: 32 W (pat) 029/02 - Pro Leichtes Lernen; vom 31. Januar 2006 Az.: 27 W (pat) 033/05 - ProClip; vom 2. Mai 1995, Az.: 27 W (pat) 065/93 - PROTEX).

Es handelt sich bei "Prophysis" weder um ein gebräuchliches Wort noch um eine gebräuchliche Wortfolge, welche die Verbraucher, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen werden (BGH GRUR 2003, 1050 - CITYSERVICE).

b) Einer Registrierung der als Marke angemeldeten Wortfolge steht für die strittigen Waren auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen.

Diese Vorschrift verbietet die Eintragung von Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. STRÖBELE, FS für Ullmann, S. 425, 428).

"Prophysis" wird weder derzeit als Sachangabe verwendet, noch bestehen hinreichende Anhaltspunkte, dass dies künftig der Fall sein könnte, denn "Prophysis" ist nicht zur eindeutigen Beschreibung geeignet. Selbst wenn es die Verbraucher als "für den Körper" verstehen sollten, sagt dieser Begriffsinhalt nichts Eindeutiges darüber aus, wodurch oder inwiefern die beanspruchten Waren zum körperlichen Wohlergehen beitragen (vgl. BPatG, Beschluss vom 16. Januar 2002, Az.: 26 W (pat) 86/01 - pro Natur).

2) Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.






BPatG:
Beschluss v. 24.04.2007
Az: 27 W (pat) 54/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/702d056deedd/BPatG_Beschluss_vom_24-April-2007_Az_27-W-pat-54-07




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