Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 26. September 1991
Aktenzeichen: 1 S 2086/91
(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 26.09.1991, Az.: 1 S 2086/91)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In dieser Gerichtsentscheidung geht es um Streitwertbeschwerden, die von den Prozessbevollmächtigten der Kläger im Namen der Kläger eingereicht wurden. Das Gericht stellt fest, dass diese Streitwertbeschwerden unzulässig sind, da den Klägern das Rechtsschutzbedürfnis für die beantragte Erhöhung des Streitwerts fehlt. Die Kläger werden durch die zu niedrige Streitwertfestsetzung nicht beeinträchtigt, da sie nur einen Teil der Verfahrenskosten selbst tragen müssen. Die Kläger haben auch kein Interesse daran, dass die Beklagte höhere Verfahrenskosten trägt. Es besteht Uneinigkeit darüber, ob eine honorarvereinbarung die Annahme einer Beschwer rechtfertigt, jedoch bleibt diese Frage im vorliegenden Fall unbeantwortet, da keine Honorarvereinbarung vorliegt.
Das Gericht ändert jedoch den vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert von 6.000,-- DM auf 12.000,-- DM. Grund dafür ist, dass das Begehren der Kläger zwei verschiedene Streitgegenstände betrifft, für die jeweils der gesetzliche Auffangstreitwert festzusetzen ist.
Das Gericht betont, dass es trotz der Unzulässigkeit der Streitwertbeschwerden berechtigt ist, die Streitwertfestsetzung von Amts wegen zu ändern. Eine unzulässige Streitwertbeschwerde kann dazu führen, dass das Verfahren in der Rechtsmittelinstanz schwebt und somit der Streitwert von Amts wegen geändert werden kann. Im vorliegenden Fall ermöglicht die Änderung der Streitwertfestsetzung die vom Gesetz angestrebte einheitliche Streitwertfestsetzung für das Verfahren in beiden Rechtszügen. Bedenken gegen die Änderung der Streitwertfestsetzung bestehen auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Umgehung gesetzlicher Zulässigkeitsvorschriften, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Kläger die unzulässigen Streitwertbeschwerden nur erhoben haben, um die Änderung der Streitwertfestsetzung von Amts wegen zu erreichen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 26.09.1991, Az: 1 S 2086/91
1. Eine im Namen des Beteiligten erhobene Streitwertbeschwerde ist grundsätzlich unzulässig, wenn sie auf eine Erhöhung des Streitwerts gerichtet ist.
2. Eine unzulässige Streitwertbeschwerde kann dem Beschwerdegericht Anlaß geben, die Streitwertfestsetzung von Amts wegen zu ändern.
Gründe
Die Streitwertbeschwerden, welche die Prozeßbevollmächtigten der Kläger ausdrücklich nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Kläger eingelegt haben, sind unzulässig. Für die begehrte Erhöhung des Streitwerts fehlt es den Klägern am Rechtsschutzbedürfnis. Soweit sie die Verfahrenskosten -- zu einem Viertel -- zu tragen haben, werden sie durch die zu niedrige Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts nicht beschwert. Soweit die Verfahrenskosten von der Beklagten zu tragen sind, gilt grundsätzlich nichts anderes, da die Kläger kein schutzwürdiges Interesse daran haben, daß die Beklagte höhere Verfahrenskosten trägt. Durch eine zu niedrige Streitwertfestsetzung könnten die Kläger allenfalls dann beschwert sein, wenn sie mit ihren Bevollmächtigten eine höhere als die gesetzliche Vergütung vereinbart hätten (§ 3 BRAGO). Ob eine Honorarvereinbarung die Annahme einer solchen Beschwer rechtfertigt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (verneinend: Hartmann, Kostengesetze, 23. Aufl. 1989, § 25 GKG Anm. 4 Ab; offen lassend: BayVGH, Beschluß vom 8.3.1976, BayVBl. 1976, 350; OVG Münster, Beschluß vom 3.2.1978, DÖV 1978, 816; OVG Bremen, Beschluß vom 25.4.1983, Jur. Büro 1983, 1350; bejahend: OVG Lüneburg, Beschluß vom 20.12.1971, NJW 1972, 788; BayVGH, Beschluß vom 4.11.1974 BayVBl. 1975, 541; Hess. VGH, Beschluß vom 28.1.1975, ZMR 1977, 112; jeweils m.w.N.). Im vorliegenden Fall kann diese Frage offen bleiben, da das Vorliegen einer Honorarvereinbarung weder vorgetragen noch ersichtlich ist.
Indessen ist der vom Verwaltungsgericht auf 6.000,-- DM festgesetzte Streitwert von Amts wegen (§ 25 Abs. 1 Satz 3 GKG) auf 12.000,-- DM zu ändern, weil das Begehren der Kläger zwei verschiedene Streitgegenstände betraf, für die jeweils der gesetzliche Auffangstreitwert (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG) festzusetzen ist; die Einzelstreitwerte sind in entsprechender Anwendung des § 5 ZPO zusammenzurechnen. An der Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ist der Senat nicht dadurch gehindert, daß die Streitwertbeschwerden der Kläger unzulässig sind. Ob eine unzulässige Streitwertbeschwerde ausnahmslos dazu führt, daß das Verfahren in der Rechtsmittelinstanz "schwebt" und folglich der Streitwert von Amts wegen geändert werden kann (so OVG Münster, Beschluß vom 3.2.1978, aaO.; a.A. Hartmann, aaO., § 25 GKG Anm. 3 Bb), kann dahingestellt bleiben. Aus Anlaß einer unzulässigen Streitwertbeschwerde kann die Streitwertfestsetzung von Amts wegen jedenfalls dann geändert werden, wenn dadurch die vom Gesetz grundsätzlich angestrebte einheitliche Streitwertfestsetzung für das Verfahren in beiden Rechtszügen erstmals ermöglicht wird. So liegt es hier. An einer Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts während der Anhängigkeit der Berufung war der Senat gehindert, da das Verwaltungsgericht den angefochtenen Streitwertbeschluß erlassen hat, nachdem die Hauptsache bereits beim Senat anhängig war, und der Senat von der abweichenden Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts erstmals durch die Streitwertbeschwerde der Kläger Kenntnis erlangt hat. Bedenken gegen eine Änderung der Streitwertfestsetzung bestehen auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Umgehung gesetzlicher Zulässigkeitsvorschriften. Anhaltspunkte für die Annahme, daß die Kläger die unzulässigen Streitwertbeschwerden allein zu dem Zweck erhoben haben, um die Änderung der Streitwertfestsetzung von Amts wegen zu erreichen, bestehen nämlich schon deswegen nicht, weil sich das Ziel einer Streitwerterhöhung ohne weiteres durch eine gleichgerichtete Beschwerde ihrer Prozeßbevollmächtigten hätte erreichen lassen (vgl. § 9 Abs. 2 BRAGO).
VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 26.09.1991
Az: 1 S 2086/91
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