Bundesverfassungsgericht:
Beschluss vom 17. September 1998
Aktenzeichen: 2 BvR 1278/98
(BVerfG: Beschluss v. 17.09.1998, Az.: 2 BvR 1278/98)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 17. September 1998 (Aktenzeichen 2 BvR 1278/98) entschieden, dass die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wird. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung erledigt sich somit.
Die Verfassungsbeschwerde wurde als unzulässig eingestuft, da sie weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung hat, noch zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers erforderlich ist. Zudem ist die Verfassungsbeschwerde verfristet, da der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO keine schlüssige und substantiierte Gehörsrüge enthielt.
Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 7. Mai 1998 – 3 VG A 3264/97 – ist somit nichtig. Auch die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Juni 1998 – 3 VG A 1521/98 – ist unzulässig, da der Beschwerdeführer zuvor erneut die Abänderung nach § 80 Abs. 7 VwGO im fachgerichtlichen Eilverfahren hätte beantragen müssen, um gegen den behaupteten Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vorzugehen.
Das Bundesverfassungsgericht weist darauf hin, dass bei einer Entscheidung über einen weiteren Abänderungsantrag der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht unzumutbar eingeschränkt werden darf. Die Anforderungen an das Verhalten des Beschwerdeführers dürfen nicht überspannt werden. Die vom Verwaltungsgericht gestellten Anforderungen an die Darlegungspflicht des Beschwerdeführers, insbesondere in Bezug auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Publikation seines Fotos, sind verfassungsrechtlich bedenklich.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist unanfechtbar.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BVerfG: Beschluss v. 17.09.1998, Az: 2 BvR 1278/98
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung
angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen
Anordnung.
Gründe
Der Verfassungsbeschwerde kommt weder
grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist
ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG
genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a
Abs. 2 BVerfGG). Sie ist bereits unzulässig.
1. Die Verfassungsbeschwerde gegen den
Beschluß des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 7. Mai 1998 - 3
VG A 3264/97 - ist verfristet (§ 93 Abs. 1 BVerfGG). Der
(vermutlich) binnen Monatsfrist gestellte Antrag nach § 80
Abs. 7 VwGO enthielt keine schlüssige und substantiierte
Gehörsrüge (Art. 103 Abs. 1 GG), welche die Monatsfrist
für die Verfassungsbeschwerde (§ 93 Abs. 1 Satz 1
BVerfGG) hätte offen halten können (vgl.
Kammerbeschlüsse vom 4. Oktober 1994 - 2 BvR 2838/93 -,
NVwZ-Beilage 1995, S. 2 und vom 24. April 1998 - 2 BvR 1598/96 - in
JURIS veröffentlicht; grundlegend zum Erfordernis der
Einhaltung der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG auch bei im
fachgerichtlichen Verfahren nicht fristgebundenen, zur
Rechtswegerschöpfung erforderlichen Anträgen: BVerfGE 76,
107 <115 f.>). Er stellt sich vielmehr als "echter"
Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO dar, da
mit der Vorlage des Artikels im "Spiegel" die Abänderung
aufgrund eines im ursprünglichen Eilverfahren unverschuldet
nicht geltend gemachten Umstandes beantragt wurde. Die übrigen
Ausführungen im Abänderungsantrag enthalten trotz der
gewählten Formulierung "das Gericht übersieht..."
bloße (zum Teil unschlüssige, zum Teil unsubstantiierte)
Anmerkungen zu einigen Gesichtspunkten im ursprünglichen
Beschluß. Damit wird die Frist zur Geltendmachung von
Verfassungsverstößen in der ursprünglichen
Eilentscheidung nicht offengehalten (vgl. hierzu auch
Roeser/Hänlein, NVwZ 1995, S. 1082 <1084>).
2. Gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts
vom 15. Juni 1998 - 3 VG A 1521/98 - ist die Verfassungsbeschwerde
im Hinblick auf ihre Subsidiarität unzulässig (§ 90
Abs. 2 BVerfGG). Der Beschwerdeführer müßte
zunächst - erneut - die Abänderung nach § 80 Abs. 7
VwGO im fachgerichtlichen Eilverfahren beantragen, da er u.a.
Verstöße gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügt. In einem
solchen Fall ist die Verfassungsbeschwerde insgesamt
unzulässig, wenn nicht zuvor im Hinblick auf den behaupteten
Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ein
Abänderungsverfahren durchgeführt wurde (vgl. BVerfGE 70,
180 <187 ff.>, Beschlüsse der Kammer vom 21. Dezember
1993 - 2 BvR 2758/93 - und vom 10. März 1997 - 2 BvR 323/97 -,
beide in JURIS veröffentlicht).
Für eine Entscheidung über einen weiteren
Abänderungsantrag gibt die Kammer zu bedenken: Unbeschadet der
nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen bestehenden
Möglichkeit einer Abänderung darf durch Verneinung der
Statthaftigkeit des Abänderungsantrages nach § 80 Abs. 7
Satz 2 VwGO der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG geschützte
Anspruch auf effektiven - auch vorläufigen - Rechtsschutz
nicht unzumutbar eingeschränkt werden. Insbesondere darf das
Gericht nicht die Anforderungen an das Verhalten des
Beschwerdeführers überspannen, mit dem dieser im
ursprünglichen Verfahren unverschuldet nicht geltend gemachte
Umstände darlegt (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 78, 88 <99>; 88, 118 <124>). Hieran gemessen bestehen gegen
das vom Verwaltungsgericht aufgestellte Erfordernis, der
Beschwerdeführer hätte mittels Nachforschung in der
Bildredaktion des "Spiegel" darlegen müssen, zu welchem
Zeitpunkt er von der Publikation seines Fotos (einschließlich
des Artikels) Kenntnis erlangte, von Verfassungs wegen Bedenken.
Der Beschwerdeführer hatte hierzu im fachgerichtlichen
Verfahren unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seiner
Cousine vorgetragen. Die vom Verwaltungsgericht darüber hinaus
gestellten Anforderungen an seine Darlegungspflicht beruhen auf
einer - auch angesichts der Regelung in § 22 KunstUrhG wegen
der Ausnahmen nach § 23 KunstUrhG und der Möglichkeit
einer vorsorglich erteilten Einwilligung - bislang nicht belegten
Annahme, die Publikation eines Fotos in der Presse erfolge nur in
Ausnahmefällen ohne Wissen des jeweils Dargestellten.
Von einer weiteren Begründung wird
gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
BVerfG:
Beschluss v. 17.09.1998
Az: 2 BvR 1278/98
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/730c93a06b53/BVerfG_Beschluss_vom_17-September-1998_Az_2-BvR-1278-98